Ballade Nr. 1 (Chopin)

Ballade Nr. 1 (Chopin)

Die Ballade Nr. 1 g-Moll op. 23 von Frédéric Chopin ist sein erstes Werk dieser Gattung. Sie wurde 1831 in Wien skizziert und 1835 in Paris fertiggestellt. Sie erschien 1836 gleichzeitig in Leipzig, Paris und London und ist dem Baron Nathaniel von Stockhausen gewidmet.

Inhaltsverzeichnis

Analyse

Chopin Ballade 1.png
  • Eine kurze Unisono-Einleitung (Largo) endet mit einem Vorhalt-Akkord (Quartsextnonenakkord), der alle Themen der Ballade motivisch bestimmt und in den ersten beiden Takten des Moderato seine Auflösung findet.
  • Das kantable 1. Thema im wiegenden 6/4-Takt wird nach einer leichten und eleganten Fioritur von einem 2. Thema abgelöst, das agitato und sempre più mosso durch eine Verkürzung des thematischen Materials aus dem 1. Thema und durch eine Ausweitung über die gesamte Klaviatur eine große dynamische Steigerung erfährt, die callando und smorzando ausläuft.
  • Sie mündet im Meno mosso, das sotto voce eine Kantilene in Es-Dur als 3. Thema vorstellt, das im Wechsel mit dem 1. Thema und dem umspielten 2. Thema großartige Steigerungen erfährt. Über dem Orgelpunkt D beendet das 1. Thema den Hauptteil in einem offenen Schluss.
  • Es führt aus dem pp zum forte possibile und weiter zur im Alla-breve-Takt gehaltenen Presto con fuoco überschriebenen, strettaartigen Coda. Das erreichte g-Moll wird in einer Codetta im Wechsel von beidhändigen Tonleitern, Piano-Akkorden und einem rhapsodischen an die Einleitung der Ballade mit ihrem Unisono und ihrem Vorhaltakkord sowie an den zweiten Teil des 2. Themas erinnernden Motiv gefestigt. Eine letzte Steigerung erhält der Schluss durch chromatische Oktavpassagen in Gegenbewegung und im Unisono, die mit ihren Viertel-Triolen an den 6/4-Takt des Hauptteils gemahnen.

Trotz der unterschiedlichen epischen, lyrischen und dramatischen Inhalte ergibt sich eine stringent einheitliche Wirkung, da „hier die Elemente noch nicht getrennt sondern, wie in einem lebendigen Ur-Ey zusammen sind.“[1] Gewährleistet wird das durch die alle Themen charakterisierenden Vorhalte mit nachfolgenden Sekundschritten. Diese originär musikalische Gestaltungsweise bedarf daher keiner außermusikalische Inhalte vermutenden Interpretation. Der Hinweis des allem Poetisieren abholden Chopin, über den Robert Schumann berichtete, er sei durch Gedichte von Adam Mickiewicz zur Komposition angeregt worden[2], bezieht sich nicht auf einzelne Inhalte benennbarer Gedichte, sondern eher allgemein auf deren epische, lyrische und dramatische Qualitäten.

Rezeption

Obwohl von Chopin wohl keine Programmatik beabsichtigt war, wurde und wird die Ballade gern als Nationalmusik interpretiert. Hintergrund ist das Entstehungsjahr 1831, das von der Verschärfung der russischen und preußischen Besatzung Polens nach dem gescheiterten Novemberaufstand geprägt war. Ein Beispiel für die Rezeption als Nationalmusik ist der Film Der Pianist, in dem Władysław Szpilman nach seiner Begegnung mit einem deutschen Offizier diesem die Ballade vorträgt und sich trotz widriger Umstände in pianistische Höchstleistungen steigert.

Der Dichter Detlev von Liliencron, der selbst ein passabler Pianist war, übertrug 1890 die gegensätzlichen Stimmungsgehalte des Werkes in seinem Gedicht „Ballade g-Moll“[3]ins Rauschhafte und Sentimentale.

Literatur

  • Tadeusz A. Zielinski: Chopin – Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, deutsch: Bergisch-Gladbach 1999, S. 442-447

Einzelnachweise

  1. Johann Wolfgang Goethe über die literarische Ballade in: Über Kunst und Altertum. Bd. 3, H. 1, Stuttgart 1821, S. 50
  2. Robert Schumann: Gesammelte Schriften über Musik und Musiker. Hrsg. von M. Kreisig, 5. Auflage, Leipzig 1914, Bd. 3, S. 32
  3. Liliencron: Ballade g-Moll

Weblinks


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