- Theorie sozialer Vergleichsprozesse
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Die Theorie des sozialen Vergleichs (social comparison theory) wurde 1954 durch Leon Festinger aufgestellt. Die Theorie geht davon aus, dass der Vergleich mit anderen Menschen unsere Selbsteinschätzung beeinflusst. Im Rahmen der theoretischen Annahmen wird untersucht, bei welchen Gelegenheiten und mit welchen Personen ein sozialer Vergleich stattfindet.
Die Grundannahmen der Theorie:
- Menschen haben das Bedürfnis, ihre Fähigkeiten und Meinungen zu evaluieren. Dieses Bedürfnis ist dann besonders groß, wenn adäquate Selbsteinschätzung wichtig ist. Beispiel: Versuchspersonen haben ein größeres Bedürfnis nach sozialem Vergleich, bevor sie eine aus mehreren, unterschiedlich schwierigen Aufgaben zur Bearbeitung wählen sollen, als nach der Erledigung dieser Aufgabe (Experiment von Jones & Reagan, 1974).
- Sozialer Vergleich findet dann statt, wenn ein objektiver Maßstab fehlt. Beispiel: Eine Schulklasse bekommt einen neuen Lehrer. Schüler A bekommt seine Klausur und hat eine 3. Da er den Lehrer nicht kennt und nicht weiß, ob dieser eher gute oder eher schlechte Noten gibt, ist die Note in diesem Fall ein wenig objektives Kriterium zur Bewertung der eigenen Leistung und Schüler A wird sich mit seinen Klassenkameraden vergleichen.
- Menschen sind motiviert, die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verbessern.
- Menschen vergleichen sich eher mit Personen, die ähnliche Fähigkeiten und Meinungen wie sie selbst haben.
- Menschen sind motiviert, Meinungsdiskrepanzen mit anderen Menschen zu reduzieren. Dazu passen sie entweder ihre eigene Meinung an (v.a. wenn sie in der Minderheit sind) oder versuchen, ihr Gegenüber von ihrer Position zu überzeugen (v.a. wenn sie die Mehrheitsposition vertreten).
Diskussionspunkte:
- Dient der soziale Vergleich eher der akkuraten Selbsterkenntnis oder der Erhöhung des Selbstwertes? Es gibt zu beiden Theorien stützende Befunde: Menschen nutzen z.B. sozialen Vergleich, um sich für eine Aufgabe zu entscheiden (siehe oben unter 1.). Krebspatienten neigen eher dazu, sich mit Personen zu vergleichen, denen es schlechter geht, als ihnen selbst ("Downward Comparison"), was selbstwertschützend wirkt (Taylor & Lichtman, 1985).
- Bevorzugen Menschen wirklich immer objektive Informationen? Eine Studie von Klein (1997) gibt Anlass zu Zweifeln. In einem ersten Durchgang sollten die Versuchspersonen Kunstwerke beurteilen. Sie bekamen daraufhin ein manipuliertes Feedback über ihr ästhetisches Urteilsvermögen (40 % vs. 60 % korrekte Antworten) sowie die ebenfalls manipulierte Information, dass sie besser bzw. schlechter als der Durchschnitt abgeschnitten hätten. Daraufhin bekamen sie das Angebot, eine weitere Aufgabe zu lösen. Wenn sie mehr als 50 % richtig beurteilen würden, würden sie 10 $ bekommen. Die Personen, die glaubten, zu 60 % richtig geurteilt zu haben, stimmten erwartungsgemäß zu. Diejenigen, welche laut Feedback nur 40 % richtig gehabt hatten, machten es hingegen davon abhängig, ob sie besser oder schlechter gewesen waren als der Durchschnitt. Die die glaubten, überdurchschnittlich abgeschnitten zu haben, machten sehr viel häufiger mit, obwohl nach rationalen Gesichtspunkten eigentlich allein ihre objektive Leistung ausschlaggebend hätte sein sollen.
- Bevorzugen Menschen immer Vergleichspersonen, die ihnen ähnlich sind bezüglich Fähigkeiten und Meinungen? Die "Related Attributes"-Hypothese (Goethals & Darley) schlägt vor, dass Vergleichspersonen eher nach Ähnlichkeit auf leistungsrelevanten Attributen ausgewählt werden. Beispiel: Wenn ein Schüler die Note 3 in einer Klausur geschrieben hat, wird er sich nicht mit denen vergleichen, die auch eine 3 haben (dies würde die 4. Grundannahme postulieren), sondern vielleicht mit den Schülern, die ähnlich viel Zeit in die Vorbereitung der Klausur investiert haben. Dies wäre ein relevantes Attribut.
Literatur
- Leon Festinger: A Theory of Social Comparison Processes. (in: Human Relations 1954; 7; 117).
Klein, W. M. (1997). Objective standards are not enough: Affective, self-evaluative, and behavioral responses to social comparison information. Journal of Personality and Social Psychology, 72, 763-774.
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