Thermoelektrischer Effekt

Thermoelektrischer Effekt

Unter Thermoelektrizität versteht man die gegenseitige Beeinflussung von Temperatur und Elektrizität und ihre Umsetzung in einander. Seebeck-Effekt (auch thermoelektrischer Effekt), Peltier-Effekt und Thomson-Effekt beschreiben jeweils eine umkehrbare Wechselwirkung zwischen den beiden physikalischen Größen.

Inhaltsverzeichnis

Seebeck-Effekt

Beim Seebeck-Effekt entsteht zwischen zwei Punkten eines elektrischen Leiters, die unterschiedliche Temperaturen aufweisen, eine elektrische Spannung. Dieser Effekt wird bei Thermoelementen und thermoelektrischen Generatoren genutzt.

Die Spannung entsteht durch Thermodiffusionsströme:
Ein elektrischer Leiter besteht aus freien Elektronen und positiv geladenen Atomrümpfen. Eine bestimmte Temperatur bedeutet, dass sich die im Material gespeicherte thermische Energie auf die Bewegungsenergie der Elektronen (elektronische Wärmekapazität, elektronische Wärmeleitung) und die Schwingungsenergie der Atomrümpfe (phononische Wärmekapazität, phononische Wärmeleitung) aufteilt. Das Verhältnis ist hierbei eine für das jeweilige Material typische Konstante. Folglich besitzen die Elektronen am heißen Ende eine höhere Bewegungsenergie als die Elektronen am kalten Ende des Leiters. Die größere Bewegungsenergie bewirkt nun, dass sich die „heißen“ Elektronen im Leiter stärker verteilen als die „kalten“, was zu einem Ungleichgewicht führt, da die Elektronendichte am kalten Ende zunimmt. Dies geschieht genau so lange, bis die durch dieses Ungleichgewicht aufgebaute elektrische Spannung dafür sorgt, dass ein gleich großer Strom „kalter“ Elektronen auf die heiße Seite fließt. Die entstehende Spannung ist bestimmt durch:

U_{\rm Seebeck} = \alpha \cdot \Delta T

mit
ΔT - Temperaturdifferenz zwischen den Leiterenden
α - Seebeck-Koeffizient oder so genannte „Thermokraft“

Der Seebeck-Koeffizient hat die Dimension einer elektrischen Spannung pro Temperaturdifferenz (V/K).
Die Temperaturabhängigkeit dieser Konstante ist relativ gering. Für die Größe dieses Koeffizienten siehe Thermoelektrische Spannungsreihe.

Technisch lässt sich dieser Effekt so zunächst nicht anwenden, da die Abgriffpunkte für die Spannung i. A. auf gleicher Temperatur sind und somit zwei Temperaturgradienten existieren, die sich in Ihrer Wirkung gegenseitig aufheben.
Zur technischen Anwendung sind zwei verschiedene elektrische Leiter nötig, die sich in ihrer elektronischen Wärmekapazität bzw. ihrem Seebeck-Koeffizienten unterscheiden, d.h. bei gleicher Temperatur haben die Elektronen in beiden Leitern unterschiedliche Bewegungsenergien. Bringt man diese verschiedenen Leiter miteinander in Kontakt, entsteht ein Thermoelement. Es wird ein Diffusionsstrom höherenergetischer Elektronen in Richtung des Leiters mit den niederenergetischen Elektronen entstehen, bis wiederum ein Gleichgewicht entsteht. Auch hierbei wird man bei Fehlen eines Temperaturgradienten noch keine Spannung messen.

Wenn man jedoch zwei Leitermaterialien, hier bezeichnet mit A und B, in der Reihenfolge A-B-A in Kontakt bringt, deren Anschlüsse am Anfang und am Ende von A die Temperatur TU (in der Regel die Umgebungstemperatur) haben, der Übergang A-B auf der Temperatur TH und der Übergang B-A auf der Temperatur TC ist, so tritt an den Anschlüssen eine Spannung (die Thermospannung) auf. Die Thermospannung U beträgt:

U = \alpha_A \cdot (T_U - T_H) 
+ \alpha_B \cdot (T_H - T_C) 
+ \alpha_A \cdot (T_C - T_U)

U = (\alpha_B - \alpha_A) \cdot (T_H - T_C)

mit
αA - Seebeck-Koeffizient des Leiters A
αB - Seebeck-Koeffizient des Leiters B

Wie man sieht, ist die entstehende Spannung unabhängig von der Umgebungstemperatur und lediglich von der Temperaturdifferenz (THTC) der Kontaktstellen abhängig.

Der Seebeck-Effekt beschreibt ausschließlich die Entstehung dieser Spannung. Ein durch äußere Beschaltung entstehender Stromfluss ist nicht Teil dieses Effektes und folgt lediglich aus dem Ohmschen Gesetz. Der Stromfluss bewirkt einen geänderten Wärmetransport über die Verbindungsstellen (Peltier-Effekt). Der Seebeck-Effekt beschreibt dabei die Quellenspannung, der Innenwiderstand wird lediglich durch den elektrischen Widerstand der Materialien begrenzt. Daher können mit Thermoelementen bei entsprechender Geometrie sehr hohe Ströme erzeugt werden.

Thomas Johann Seebeck entdeckte zufällig, dass zwischen zwei Enden einer Metallstange eine elektrische Spannung entsteht, wenn in der Stange ein Temperaturunterschied (Temperaturgradient) herrscht. Nach dem Verbinden beider Enden floss ein elektrischer Strom, dessen Magnetfeld er mit einer Kompassnadel nachwies. Es gelang Thomas Johann Seebeck 1821, diesen Effekt in einem ersten Thermoelement auszunutzen.

Thermoelemente aus Metallen wandeln thermische Energie jedoch nur sehr ineffizient in elektrische Energie um, sie werden daher nur zur Temperaturmessung eingesetzt.

Durch Einsatz von Halbleitermaterialien (Werkstoffe und Aufbau siehe bei Peltier-Element) lässt sich der Umwandlungswirkungsgrad auf 3–8 % steigern. Damit kann man thermoelektrische Generatoren bauen. Solche Generatoren bzw. Wandler finden u. a. in Isotopenbatterien Anwendung und wandeln verschleißfrei ohne bewegte Teile Wärmeenergie in elektrische Energie um.

Zurzeit strebt man danach, solche thermoelektrische Generatoren verstärkt auch zur Nutzung von Abwärme, z. B. in KFZ, Blockheizkraftwerken, Abwasseranlagen oder Müllverbrennungsanlagen einzusetzen.

Peltier-Effekt

Beim Peltier-Effekt liegen gegenüber dem Seebeck-Effekt umgekehrte Verhältnisse vor – ein äußerer Stromfluss bewirkt eine Änderung des Wärmetransportes. Während jedoch der Seebeck-Effekt das Entstehen einer Spannung beschreibt, tritt der Peltier-Effekt ausschließlich durch das Fließen eines äußeren Stromes auf. In einem stromdurchflossenen Thermopaar treten immer beide Effekte auf, bei metallischen Thermopaaren ist der Peltier-Effekt jedoch nur schwer nachweisbar. Die Entdeckung machte Jean Peltier 1834 daher erst dreizehn Jahre nach der Entdeckung des Seebeck-Effektes.

Der Peltier-Effekt tritt auf, wenn zwei Leiter mit unterschiedlichen elektronischen Wärmekapazitäten in Kontakt gebracht werden und durch einen von außen angelegten elektrischen Strom Elektronen aus dem einen Leiter in den anderen fließen.

Es können zwei Fälle auftreten:

  1. Fließt ein Strom aus dem Material mit den höherenergetischen Elektronen in den Leiter mit den niederenergetischen Elektronen, so geben die höherenergetischen Elektronen durch Stöße ihre Energie an die niederenergetischen Elektronen ab, welche dadurch selbst an Energie zunehmen, siehe auch Drude-Theorie. Dieser Energiezuwachs ist gleichbedeutend mit einer Erhöhung der Temperatur. Wärme wird in Festkörpern durch Phononen, Gitterschwingung, und frei bewegliche Elektronen transportiert.
  2. Fließen niederenergetische Elektronen in den Leiter mit den höherenergetischen Elektronen, so geben wiederum die höherenergetischen Elektronen durch Stöße ihre Energie an die niederenergetischen Elektronen ab. Dadurch verlieren die höherenergetischen Elektronen generell an Energie, was eine Verringerung der Temperatur bedeutet.

Mit geeigneten Materialien gelingt es dadurch in Peltier-Elementen, mit elektrischem Strom beispielsweise zur Kühlung Temperaturdifferenzen zu erzeugen oder umgekehrt aus Temperaturdifferenzen elektrischen Strom zu erzeugen.

Die technische Anwendung zur Kühlung ist durch die phononische Wärmeleitung begrenzt, sie bewirkt insbesondere bei großen Temperaturdifferenzen einen entgegengerichteten Wärmestrom, der etwa ab 70 K den durch den Stromfluss hervorgerufenen Wärmestrom aufhebt. Aus dem gleichen Grund haben thermoelektrische Generatoren nur einen Wirkungsgrad von 3–8 %.

Thomson-Effekt

(nicht zu verwechseln mit dem Joule-Thomson-Effekt oder dem Gibbs-Thomson-Effekt)

Der Thomson-Effekt, benannt nach William Thomson, 1. Baron Kelvin 1856, beschreibt den geänderten Wärmetransport entlang eines stromdurchflossenen Leiters, in welchem ein Temperaturgradient vorliegt.

Jeder stromdurchflossene Leiter mit einer Temperaturdifferenz zwischen zwei Punkten wird, abhängig vom Metall, entweder mehr oder weniger Wärme transportieren, als dies ohne Stromfluss aufgrund der Wärmeleitfähigkeit der Fall wäre. Dieser Effekt überlagert sich jedoch mit der Erwärmung des elektrischen Leiters durch den Strom auf Grund seines Widerstandes und ist daher schlecht nachweisbar.

Eine Stromdichte J in einem homogenen Leiter verursacht eine Wärmeleistung pro Volumeneinheit von

q = \rho J^2 - \mu J dT/dx \,

wobei

ρ der spezifische Widerstand des Materials,

dT/dx der Temperaturgradient im Leiter und

μ der Thomson-Koeffizient sind.

Der erste Ausdruck ρJ2 ist die irreversible Joulesche Erwärmung. Der zweite Term ist die Thomson-Wärme, deren Vorzeichen mit der Richtung des Stromes wechselt.

Für den Thomson-Effekt gibt es noch keine technische Anwendung.

Neuere Entwicklungen

Die Wirkungsgrade von Peltier- und Seebeck-Elementen sind trotz aller Forschungsprogramme niedrig geblieben. Der schlechte Wirkungsgrad kommt durch die ungewollte Wärmeleitung zwischen den Metallen bzw. Halbleitern zustande. Ein neuerer Ansatz, diese zu unterbinden, verfolgt das Thermotunneling-Verfahren: Zwei Metalle werden durch einen minimalen luftleeren Spalt voneinander getrennt. Die Wärmeleitung über Gitterschwingungen wird so vollständig unterbunden. Der Vakuum-Spalt ist jedoch nur so breit, dass einzelne Elektronen über diesen Spalt quantenmechanisch „tunneln“ können.

Auf den ersten Blick scheint diese Unterbrechung der phononischen Wärmeleitung, d. h. die Wärmeleitung über Gitterschwingungen, äußerst effizient zu sein. Bei einer Spaltgröße, welche ein quantenmechanisches Tunneln ermöglicht, sind die elektromagnetischen Kräfte jedoch derart groß, dass eine nahezu ungehinderte Weiterleitung der Gitterschwingungen aufgrund von elektromagnetischer Kopplung stattfindet.

Bei üblichen Temperaturen, bei denen solche Elemente eingesetzt werden sollen, liegen die Wellenlängen der elektromagnetischen Emissionen im Bereich von einigen hundert Nanometern bis hin zu wenigen Mikrometern. Eine effiziente Entkopplung der Gitterschwingungen findet erst dann statt, wenn die Spaltgröße im Bereich der Wellenlängen liegt. Bei diesen Größen ist ein quantenmechanisches Tunneln jedoch praktisch nicht mehr möglich.

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