Titan (Jean Paul)

Titan (Jean Paul)
Erstdruck (Titelblatt und zeitgenössische Einbände)

Der Titan, erschienen in vier Bänden zwischen 1800 und 1803, ist ein Roman von Jean Paul.

Inhaltsverzeichnis

Der Kapitalroman

Jean Paul nannte den Titan seinen „Kardinal- und Kapitalroman“. Der Roman umfasst circa 900 Seiten und erzählt die Bildungsgeschichte des Helden Albano de Cesara vom leidenschaftlichen Jüngling zum gereiften Mann, der am Ende den Thron des kleinen Fürstentums Pestitz besteigt. In Sprache und Stil weicht der Roman auffällig von anderen Texten Jean Pauls ab. Die Erzählung ist straffer organisiert und enthält weniger Abschweifungen und Randnotizen. Die Forschung sah darin häufig eine (stilistische) Annäherung an den Klassizismus Weimars, mit dem sich Jean Paul in dieser Zeit intensiv und kritisch auseinandersetzte. Die bilderreiche und (im damaligen Sinne) „witzige“ Sprache Jean Pauls bleibt jedoch auch im Titan erhalten; der Roman ist also trotzdem eine herausfordernde Lektüre für heutige Leser.

Themen

Jean Paul äußerte sich über den Titan in einem Brief, er müsse eigentlich „Anti-Titan“ heißen, weil darin „jeder Himmelsstürmer seine Hölle“ finde. Sein Ziel sei es gewesen, die „allgemeine Zuchtlosigkeit des Säculums“ zu geißeln, und die „Trennung des Ichs von der Beschauung“ anzuprangern: In den Figuren des Romans (Roquairol, Schoppe, Gaspard, Liane, Linda) kristallisiert Jean Paul verschiedene Problemkomplexe der Zeit um 1800. Am Ende müssen alle Charaktere, außer dem Helden, auf Grund ihrer Einseitigkeit scheitern. In Schoppe wird die idealistische Philosophie Fichtes verurteilt, in Roquairol das ästhetizistische l'art pour l'art wie es Jean Paul in Weimar vorzufinden meinte, in Gaspard Kälte und politische Berechnung, in Liane eine schwärmerische Religiosität (Pietismus, Herrnhuter Brüdergemeine), in Linda die vermeintlich ungebührliche Hybris emanzipierter Frauen. An allen diesen Einseitigkeiten soll sich der Held bilden und zum harmonischen, „vielkräftigen“ statt „einkräftigen“ Individuum heranreifen. Es ist allerdings häufig festgestellt worden, dass die eigentlich zum Scheitern verurteilten Personen mehr Spannung und Interessantheit besitzen als die manchmal allzu glatt und ideal wirkende Hauptfigur Albano.

Rezeption

Gustav Mahler wurde vom Titan bei der Komposition seiner ersten Sinfonie inspiriert und gab dieser deshalb zu Beginn den Untertitel Titan, der später aufgrund diverser Neukonzeptionen der Sinfonie entfiel. Außerdem ließ sich Erich Heckel, Mitglied der expressionistischen Künstlergruppe Die Brücke, von der Figur des Roquairol zu einem Bildnis seines früheren Freundes und Kollegen Ernst Ludwig Kirchner inspirieren.[1]

Einzelnachweise

  1. Blitze über dem Männerbund. In: Der Spiegel. Nr. 30, 1992 (20. Juli 1992, online).

Weblinks


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