- Totale mesometriale Resektion des Uterus
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Die Totale Mesometriale Resektion des Uterus (TMMR) ist ein 1998 vom deutschen Gynäkologen Michael Höckel (Universität Leipzig) entwickeltes neues Operationsverfahren zur chirurgischen Therapie des Zervixkarzinoms.
Inhaltsverzeichnis
Probleme der bisherigen Standardtherapie
Der derzeitigen Standardtherapie in Form der abdominalen radikalen Hysterektomie (Wertheim-Meigs-Operation), welche bereits 1898 erstmalig durchgeführt wurde, liegen naturgemäß historische Vorstellungen über die Anatomie des weiblichen Beckens und die lokale Turmorausbreitung zugrunde. Trotz der Radikalität der Operation ist nach der Operation bei vielen Patientinnen mit histopathologisch nachgewiesenen Risikofaktoren eine zusätzliche Strahlentherapie oder Chemoradiotherapie notwendig. Trotzdem ist mit einer lokoregionären Rezidivrate von 10 bis 15 Prozent zu rechnen.[1] Die Rate behandlungsbedingter moderater und schwerer Morbidität ist mit 30 Prozent hoch, da in der chirurgischen Anatomie die autonomen Beckennerven ignoriert und die Grenzen gegenüber dem Rektum- und Harnblasenkompartiment nicht klar definiert werden.[2]
Konzept
Die totale mesometriale Resektion (TMMR) basiert auf einem neuen onkologischen Radikalitätsprinzip auf entwicklungsbiologischer Grundlage: die Resektion eines bösartigen Tumors in den Grenzen der morphogenetischen Einheit seiner Entstehung. Die für die lokale Ausbreitung des Zervixkarzinoms relevante uterovaginale morphogenetische Einheit kann aus der Embryonalentwicklung abgeleitet werden. Anatomische Strukturen, die nicht zu dieser Einheit gehören, können trotz der räumlichen Nähe zum Tumor erhalten werden. [3] In Kombination mit einer nervenschonenden Lymphonodektomie lässt sich mit der TMMR ohne zusätzliche Strahlentherapie eine sehr hohe lokoregionäre Rezidivfreiheit bei vergleichsweise geringer behandlungsbedingter Morbidität erreichen.[4] Daher könnte die TMMR die bisherige Standardtherapie in naher Zukunft ablösen.[5] Die Möglichkeit, auf die Strahlentherapie, die sonst bei bis zu 73 Prozent der Patientinnen notwendig ist, zu verzichten, bietet auch Frauen in Entwicklungsländern eine Heilungschance.[6]
Die Totale mesometriale Resektion besteht aus der
- en bloc Resektion der Gebärmutter, des oberen Anteils der Vagina und Mesometrium als einer entwicklungsgeschichtlich definierten Einheit
- Entfernung des rectouterinen subperitonealen Bindegewebes bis zum Plexus hypogastricus inferior
- ausgedehnten pelvinen/paraaortalen Lymphknotenentfernung unter Schutz des Plexus hypogastricus superior
Ergebnisse
Erste Ergebnisse einer kleineren Studie waren, dass die lokale Tumorkontrolle mit 95 Prozent über dem der Standardbehandlung von 80 bis 85 Prozent bei einer moderaten und schweren Morbidität von nur 9 Prozent (Standard 25 bis 30 Prozent) liegt.[7] Letztere wird durch den Erhalt des Harnblasenmesos, des Mesorektums und der autonomen Nervenversorgung von Harnblase, Restscheide und Rektum ermöglicht.[8] Eine aktuelle prospektive Studie zur Effektivität der TMMR ohne Bestrahlung nach der Operation bei 212 Patientinnen mit Zervixkarzinom der Stadien FIGO IB, IIA und ausgewählten IIB von 1998 bis 2008 erbrachte folgende Ergebnisse: 134 der Patientinnen (63 Prozent) hatten histopathologische Hoch-Risiko-Faktoren. Bei einer Nachbeobachtungszeit von median 41 Monaten (5 bis 110 Monate) entwickelten drei Patientinnen eine Rezidiv im Becken, zwei ein Becken-Rezidiv und Fernmetastasen, und fünf Frauen Fernmetastasen. Das Rezidivfreie Intervall und die 5-Jahres-Überlebensrate betrug 94 Prozent (95 Prozent CI 91 bis 98) beziehungsweise 96 Prozent (93 bis 99).[9] Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Patientinnen mit Lymphknotenbefall betrug 91 Prozent, im Vergleich zu 68 bis 78 Prozent bei der herkömmlichen Chirurgie.[10]
Kritikpunkte
Die totale mesometriale Resektion ist eine vielversprechende Möglichkeit, die bislang jedoch nicht in prospektiv randomisierten oder multizentrischen Studien auf Morbidität und Mortalität untersucht worden ist.[11][10]
Siehe auch
Weblinks
- 2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Zervixkarzinoms der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. In: AWMF online (Stand 01/2008)
Einzelnachweise
- ↑ Höckel M, Dornhöfer N: The Hydra phenomenon of cancer: Why tumors recur locally after microscopically complete resection. Cancer Res, 65: 2997-3002, 2005 PMID 15833823
- ↑ Höckel M: Totale mesometriale Resektion: Ein neues Radikalitätsprinzip in der operativen Therapie des Zervixkarzinoms. Onkologe 12: 901-907, 2006, doi:10.1007/s00761-006-1110-y
- ↑ Höckel M. Totale mesometriale Resektion (TMMR): operative Therapie des Zervixkarzinoms auf der Grundlage einer aus der Embryonal- und Fetalentwicklung abgeleiteten chirurgischen Anatomie. GebFra 62, 1146-1152, 2003 doi:10.1055/s-2003-43458
- ↑ M. Höckel, L.-C. Horn, B. Hentschel, S. Höckel, G. Naumann: Total mesometrial resection: High resolution nerve-sparing radical hysterectomy based on developmentally defined surgical anatomy. Int J Gynecol Cancer 13: 791-803, 2003 PMID 14675316
- ↑ Böing C, Kimmig R. Stadienadaptierte Behandlung des Zervixkarzinoms. MMW Fortschr Med 12, S. 32-34, 2007 PMID 17674888
- ↑ Candelaria M et al. Radiation-sparing managements for cervical cancer: a developing countries perspective. World J Surg Oncol. 4: 77, 2006 PMID 17101048
- ↑ Höckel M. Totale mesometriale Resektion (TMMR). Gynäkologe 41(5) 2008: 361–368 doi:10.1007/s00129-008-2133-9
- ↑ Höckel M, Horn L-C, Fritsch H. Association between the mesenchymal compartment of uterovaginal organogenesis and local tumour spread in stage IB–IIB cervical carcinoma: a prospective study. Lancet Oncol, 6: 751-56, 2005 PMID 16198980
- ↑ Höckel M, Horn LC, Manthey N, Braumann UD, Wolf U, Teichmann G, Frauenschläger K, Dornhöfer N, Einenkel J: Resection of the embryologically defined uterovaginal (Müllerian) compartment and pelvic control in patients with cervical cancer: a prospective analysis. Lancet Oncology, Early Online Publication, 1 June 2009, doi:10.1016/S1470-2045(09)70100-7
- ↑ a b BBC Health News: Cervical cancer ‘surgery boost’. 1. Juni 2009 online
- ↑ M. W. Beckmann, S. Ackermann: Schlusswort (Diskussion). Deutsches Ärzteblatt 102, A3351, 2005 pdf
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