- Gebärmutterhalskrebs
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Klassifikation nach ICD-10 C53 Bösartige Neubildung der Cervix uteri C53.0 Endozervix C53.1 Ektozervix C53.8 Cervix uteri, mehrere Teilbereiche überlappend C53.9 Cervix uteri, nicht näher bezeichnet ICD-10 online (WHO-Version 2006) Das Zervixkarzinom (lateinisch Carcinoma cervicis uteri), auch Kollumkarzinom (von lateinisch Collum für „Hals“) oder Gebärmutterhalskrebs genannt, ist ein bösartiger (maligner) Tumor des Gebärmutterhalses. Es ist der zweithäufigste bösartige Tumor bei Frauen, und histologisch in der Mehrheit der Fälle ein Plattenepithelkarzinom. Die häufigste Ursache für ein Zervixkarzinom ist eine Infektion mit humanen Papillomviren. Das Zervixkarzinom verursacht zunächst keine Schmerzen, nur gelegentlich treten leichte Schmierblutungen auf. Erst wenn der Tumor größer wird und mit Geschwürbildung zerfällt, kommt es zu fleischwasserfarbigem, süßlich riechendem Ausfluss. Im Frühstadium ist die vollständige Entfernung der Veränderung durch eine Konisation ausreichend, im fortgeschrittenen Stadium die Entfernung der Gebärmutter, manchmal auch weiterer Organe notwendig. Eine Untersuchung zur Früherkennung ist der Pap-Test. Eine Impfung mit dem HPV-Impfstoff beugt einer Infektion durch die zwei bzw. vier häufigsten humanen Papillomvirus-Typen vor und verringert damit das Risiko der Entstehung eines Zervixkarzinoms.
Inhaltsverzeichnis
Epidemiologie
Das Zervixkarzinom ist der zweithäufigste bösartige Tumor bei Frauen (2002). Weltweit waren 2002 fast 500.000 Frauen erkrankt, 273.000 starben daran. In der weltweiten Todesursachenstatistik der gynäkologischen Malignome steht besonders das in das umgebende Gewebe hineinwuchernde (invasive) Zervixkarzinom damit auf Rang eins, mit einer Sterblichkeit (Letalität) von über 60 Prozent.[1]
Häufigkeit
Die Häufigkeit (Inzidenz) beim Gebärmutterhalskrebs unterscheidet sich weltweit erheblich. Sie liegt in Finnland bei 3,6 und in Kolumbien bei 45 pro 100000 Frauen pro Jahr. In Deutschland lag sie 2002 bei 13,3 pro 100000. Die Inzidenz höhergradiger Präkanzerosen der Cervix uteri liegt um das 50- bis 100-fache höher.[2][3] Früher war es der häufigste Genitalkrebs der Frau, doch durch Früherkennungsuntersuchungen konnte die Häufigkeit in Mitteleuropa auf zirka 25 Prozent aller Genitalkarzinome gesenkt werden. Dagegen zeigt die Inzidenz zervikaler Krebsvorstufen eine steigende Tendenz.[2] In Deutschland war der Gebärmutterhalskrebs 2002 die achthäufigst diagnostizierte Krebsart. Gleichzeitig ist die Erkrankung die achthäufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle. Jährlich erkranken in Deutschland etwa über 6000 Frauen neu an einem Zervixkarzinom, etwa 1800 sterben daran.[4] Damit liegt der Gebärmutterhalskrebs bei den Krebsneuerkrankungen der Frau an zehnter Stelle.[5] Die 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit der in der Regel relativ jungen Patientinnen beträgt etwa 60 Prozent.[6]
Erkennungsalter
Das Zervixkarzinom wird am häufigsten im Alter von 45 bis 55 Jahren diagnostiziert, Vorstufen können schon bei 20- bis 30-jährigen Patientinnen auftreten. Das mittlere Alter bei der Erstdiagnose des Zervixkarzinoms sank in den letzten 25 Jahren um 14 Jahre und liegt derzeit bei etwa 52 Jahren.[2][3] In der Altersverteilung findet man einen Gipfel zwischen dem 35. und 54. Lebensjahr sowie einen weiteren Anstieg ab dem 65. Lebensjahr.[2] 2003 zeigte die Erkrankungshäufigkeit eine veränderte Altersverteilung, weil die Diagnose deutlich häufiger bei Frauen in einem Alter zwischen 25 und 35 Jahren gestellt wurde als bei Frauen, die über 65 Jahre alt waren.[3] Die Erkrankung kann auch in der Schwangerschaft auftreten. Die Inzidenz beträgt hier 1,2 pro 10000 Schwangerschaften.[1]
Ursachen
Man geht davon aus, dass ein großer Teil der Gebärmutterhalskarzinome von den humanen Papillomviren (HPV) verursacht werden. Die auch Kondyloma-Viren genannten Erreger wurden früher zur Familie der Papovaviridae gezählt. Es sind kugelförmige, unbehüllte, doppelsträngige DNA-Viren (dsDNA) (aus der Gruppe der Papillomaviridae), von denen insgesamt zirka 200 verschiedene Typen bekannt sind. Die meisten davon sind für den Menschen relativ harmlos, können aber unangenehme Feigwarzen im Genitalbereich verursachen. Die Typen 16 und 18 können in 70 Prozent der Zervixkarzinome, der zervikalen intraepithelialen Neoplasie und dem Adenokarzinom in situ nachgewiesen werden. Außerdem treten sie auch häufig beim Analkarzinom auf. Die Typen 6 und 11 sind für eher gutartige (d. h. nicht metastasierende oder invasiv wachsende) Tumoren wie Genitalwarzen verantwortlich und finden sich auch bei anderen Tumoren, wie z. B. bei Papillomen im Oropharynx. Außer diesen hat man aber bereits noch mindestens 18 weitere HP-Virentypen in Gebärmutterhalstumoren entdeckt. Nach dem heutigen Wissensstand kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch andere Typen krankheitserregend (pathogen) sind.
Für alle genannten HP-Virenarten ist im Gegensatz zum Beispiel zu den Influenza-Viren allein der Mensch der Haupt- oder Reservoirwirt. Die Viren haben sich dem menschlichen Organismus angepasst. Eine Schädigung ihres Reservoirwirts hat für sie keinen vorteilhaften Effekt, da sie ja zur eigenen Vermehrung auf diesen angewiesen sind. Die dennoch von diesen Viren beim Reservoirwirt ausgelösten Gebärmutterhalskarzinome sind letztlich nur Nebeneffekte der Infektion.
Weitere Faktoren wie Rauchen, genitale Infektionen, die Langzeiteinnahme von oralen Kontrazeptiva[7][8], eine hohe Zahl an vorangegangenen Geburten (hohe Parität) sowie die Suppression des Immunsystems stehen in der Diskussion, bei High-risk-HPV-Infektionen die Krebsentstehung zu fördern. [2][9]
Bekannt sind aber auch einige Erkrankungen bei teilweise sehr jungen Frauen ohne erkennbare Risikofaktoren. Eine der ersten wurde bereits 1887 beschrieben.[10]
HPV-Infektion
Die Infektion mit diesen Viren erfolgt meist in jugendlichen Jahren durch Kontaktinfektion beziehungsweise Schmierinfektion bei den ersten Sexualkontakten. Anschließend können diese Viren oft jahrelang inaktiv bleiben. Nach heutigem Kenntnisstand erhöht sich das Erkrankungsrisiko durch frühen ersten Geschlechtsverkehr, häufigen Partnerwechsel, mangelnde Hygiene durch die damit verbundenen Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV). Allerdings ist auch ohne Sexualkontakt eine Infektion möglich, beispielsweise während der Geburt. Hier kommt es durch die HPV-Typen 6 und 11 zu Wucherungen (Larynxpapillome) am Kehlkopf bei den Säuglingen.[11] Eine Übertragung anderer HPV-Typen auf diesem Weg scheint möglich. Eine Übertragung durch anderen Körperkontakt, wie zwischen Händen und Genitalien, scheint ebenfalls möglich.[12] Andere Übertragungswege, wie über Schwimmbäder oder kontaminierte Toiletten, werden diskutiert, konnten aber bislang nicht bewiesen werden.
Wenn es den Viren gelungen ist, in die Basalzellen (in tiefen Zellschichten von Epithelien auf oder in der Nähe der Basalmembran liegende Zellen) des Gebärmutterhalses einzudringen, bringen sie diese dazu, ihr Virenerbgut und die Eiweiße der kugelförmigen Virenhülle herzustellen, was sie selbst nicht können. Die Zellen müssen daher auch zur Teilung angeregt bzw. im Teilungszustand gehalten werden, damit sie das Virenerbgut herstellen können. Und genau bei diesem Vorgang treten folgende Fehler auf: Die Erregerviren schalten die Kontrollmoleküle der Gebärmutterhalszellen aus, die gewöhnlich eine Zellteilung begrenzen bzw. bei einem fehlerhaften Teilungsvorgang die Zelle in den programmierten Zelltod (Apoptose) schicken können (p53 und pRB). Die Tumorbildung setzt noch zusätzlich den Einbau des Virusgenoms in das Genom der Wirtszelle voraus. Dieser Vorgang ereignet sich spontan (zufällig), er ist nicht enzymatisch gesteuert. Dies genügt in der Regel noch nicht für die Tumorbildung, begünstigt aber weitere Schädigungen, die letztlich zur Tumorbildung führen. Sobald die Tumorzellen die Basalmembran durchbrochen haben, können sie auch in anderen Körperregionen so genannte Tochtergeschwüre (Metastasen) setzen.
Normalerweise erkennt ein gesundes und abwehrstarkes Immunsystem derartig veränderte Zellen und tötet sie ab. Etwa 70 Prozent der infizierten Patienten haben nach zwei Jahren das jeweilige Virus eliminiert.
Allerdings schaffen es die betreffenden Erreger bei manchen Frauen, auf eine noch nicht bekannte Weise das Immunsystem zu überwinden. Bei Hochrisiko-HPV-Typen ist dies bei jeder 10. Infektion der Fall. Man spricht in solchen Fällen von einer persistierenden Infektion, die nach heutiger Kenntnis Voraussetzung für die virusbedingte Entstehung von Krebs ist, wenn die Viren länger als 6 bis 18 Monate nachweisbar sind. Sind bei einer Frau 18 Monate nach der Erstdiagnose der HPV-Infektion noch Hochrisikotypen nachweisbar, ist die Wahrscheinlichkeit, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, für die Frau etwa 300-mal so hoch wie für eine nicht (mehr) infizierte Frau.[13] Bei den betreffenden Frauen kann dann innerhalb von 10 bis 20 Jahren nach der Infektion ein Gebärmutterhalskrebs entstehen. Dieser Zusammenhang erklärt auch, warum dieser Krebs derzeit besonders bei Frauen im Alter von 35 bis 40 Jahren festgestellt wird und in letzter Zeit eine deutliche Tendenz zum jüngeren Alter zeigt. Es passt zu der in modernen Gesellschaften bestehenden Tendenz zu früherer sexueller Aktivität und der durchschnittlich größeren Zahl von Sexualpartnern.
Rauchen
Rauchen stellt einen unabhängigen Risikofaktor für das Zervixkarzinom dar.[14] High-risk-HPV-infizierte Raucherinnen haben ein höheres Erkrankungsrisiko als high-risk-HPV-infizierte Frauen, die nie geraucht haben. Dabei ließ sich insbesondere ein erhöhtes Risiko für Plattenepithelkarzinome nachweisen, nicht für Adenokarzinome. Das Risiko ist offenbar abhängig von der Zahl der pro Tag gerauchten Zigaretten und dem Alter, in dem mit dem Rauchen begonnen wurde, und besteht auch bei ehemaligen Raucherinnen weiter. Krebserregende Abbauprodukte des Tabakrauchs ließen sich in der Gebärmutterhalsschleimhaut nachweisen. HPV-Infektionen bleiben bei Raucherinnen länger bestehen, so dass es hier öfter zu persistierenden Infektionen kommt.[15][16]
Andere Genitalinfektionen
Es besteht der Verdacht, dass eine zusätzliche Infektion des Genitalbereichs mit anderen sexuell übertragbaren Erregern wie Chlamydien und Herpes simplex 2 zur Krebsentstehung beitragen kann, wenn bereits eine Infektion mit high-risk-HPV besteht.[17][18]
Entstehung
Die Erkrankung entsteht durch Veränderungen von Zellen und schließlich Gewebestrukturen stufenweise aus einer sogenannten Zervikalen intraepithelialen Neoplasie (englisch Cervical Intraepithelial Neoplasia) (CIN I bis III). Dabei gelten die dysplastischen Zellveränderungen bei CIN I und II als rückbildungsfähig. CIN III stellt dagegen eine obligate Präkanzerose dar. Das heißt, mehr als 30 Prozent entwickeln sich innerhalb von fünf Jahren in eine Krebserkrankung. Dabei werden unter CIN III wegen des gleichen biologischen Verhaltens die hochgradige Dysplasie und das Carcinoma in situ (CIS) zusammengefasst.[2]
Zervikale Intraepitheliale Neoplasien im histologischen Bild unter dem Mikroskop:
Krankheitsverlauf/Symptome
Es entwickeln sich nur bei 2 bis 8 Prozent der HPV-infizierten Frauen Zellveränderungen, die ein Vorstadium für eine Krebserkrankung darstellen, oder sogar anschließend ein Karzinom.
Zervixkarzinome bilden sich in der Regel völlig unauffällig und ohne Schmerzen. Nur gelegentlich können mehr oder minder leichte Schmierblutungen auf ein solches Geschehen hinweisen. Erst wenn der Tumor größer wird und unter Geschwürbildung zerfällt, kommt es zu fleischwasserfarbigem, süßlich riechendem Ausfluss, unregelmäßigen Blutungen und Kontaktblutungen beim Geschlechtsverkehr.
Unbehandelt wächst der Tumor in Harnblase, Mastdarm und andere Strukturen des kleinen Beckens wie die Harnleiter ein, zerstört diese und führt zu Folgeerscheinungen, wie einer Stauung der Nieren oder Lymphödemen der Beine. Außerdem kann es zu Metastasen in anderen Körperregionen kommen, weil sich Tumorzellen über die Lymphgefäße (lymphogen) und den Blutkreislauf (hämatogen) im Körper verteilen können.[19]
Eine Schwangerschaft beeinflusst den Krankheitsverlauf nicht. Auch für die Kinder besteht keine direkte Gefahr.[1]
Untersuchungsmethoden
Die Diagnose eines Zervixkarzinoms kann nur durch histologische Untersuchung von Gewebestücken gestellt werden. Diese werden entweder durch eine gezielte Probenentnahme aus einem bei der Kolposkopie auffälligen Bereich am Muttermund, eine Konisation nach wiederholt auffälligem Pap-Test oder eine Ausschabung bei Verdacht auf eine im Gebärmutterhalskanal befindliche Veränderung gewonnen. Bei nachgewiesenem Karzinom sind zur Stadienbestimmung eine Röntgenuntersuchung der Lunge, eine Sonografie durch die Scheide, eine Sonografie beider Nieren und der Leber, eine Zystoskopie und Rektoskopie zum Ausschluss oder Nachweis eines Tumoreinbruchs in Harnblase oder Enddarm notwendig. Ab dem Stadium FIGO IB2 wird zur Feststellung der Tumorausdehnung eine Kernspintomographie (MRT) empfohlen, da diese in Ergänzung zur Tastuntersuchung geeignet ist, die Größe des Tumors im kleinen Becken, die Beziehung zu den Nachbarorganen und die Eindringtiefe zu bestimmen.[2]
Pathologie
Die Mehrheit aller invasiven Zervixkarzinome sind Plattenepithelkarzinome (80 Prozent), gefolgt von den Adenokarzinomen (5-15 Prozent). Andere Tumorformen, wie Adenokankroide, adenosquamöse und mukoepidermoide Karzinome, sind selten. Als Besonderheit treten, ebenfalls selten, sogenannte Gartnergangkarzinome auf. Sie gehen vom Gartnerschen Gang, einem kleinen Teil des rückgebildeten Wolffschen Ganges aus. Da sich dieser Tumortyp in der Tiefe entwickelt und erst im Verlauf in den Gebärmutterhalskanal durchbricht, hilft die übliche Früherkennung hier nicht.[19] Sarkome der Gebärmutter können sehr selten auch die Zervix befallen.[20] Eine Sonderstellung nehmen dabei die Müllerschen Mischtumoren ein, bei denen karzinomatöse und sarkomatöse Komponenten im gleichen Tumor auftreten. Auch sie befallen eher den Gebärmutterkörper als die Zervix.[21]
Die Tumortypisierung erfolgt nach der WHO-Klassifikation, die Stadieneinteilung vor einer Operation klinisch nach der FIGO-Klassifikation. Nach einer operativen Behandlung erfolgt die Stadieneinteilung nach der pTNM-Klassifikation, welche eine histologische Beurteilung durch einen Pathologen einschließt und in der Stadienbezeichnung durch ein vorangestelltes kleines p angezeigt wird.[2] Der Differenzierungsgrad des Krebsgewebes wird nach der UICC (Union Internationale Contre le Cancer) beurteilt.[21]Stadien nach TNM-Klassifikation und FIGO (Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique):[2]
TNM FIGO Kriterien TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden T0 Kein Anhalt für einen Tumor Tis 0 ("Carcinoma in situ") Kein Durchbruch durch die Basalmembran ins gesunde Gewebe, entspricht einem CIN 3 T1 I Zervixkarzinom begrenzt auf die Gebärmutter 1a1 IA1 Nur mikroskopisch sichtbar, Stromainvasion weniger als 1 mm 1a2 IA2 Nur mikroskopisch sichtbar, Stromainvasion 1-5 mm (unter 7mm Ausdehnung), sogenanntes Mikrokarzinom 1b IB Klinisch erkennbare Läsionen, begrenzt auf die Cervix uteri oder subklinische Läsionen mit größeren Maßen als Stadium IA 1b1 IB1 Klinisch erkennbare Läsionen, nicht größer als 4 cm 1b2 IB2 Klinisch erkennbare Läsionen, größer als 4 cm T2 II Zervixkarzinom, das die Gebärmuttergrenze überschritten hat, aber weder die Beckenwand noch das untere Drittel der Vagina erreicht 2a IIA Ohne Infiltration des Parametriums 2b IIB Mit Befall des Parametriums T3 III Befall des unteren Drittels der Vagina und/oder der Beckenwand und/oder Nierenstauung und/oder Nierenausfall 3a IIIA Befall des unteren Drittels der Vagina, kein Befall der Beckenwand 3b IIIB Befall der Beckenwand und/oder Hydronephrose oder Nierenausfall T4 IV Befall der Blase, des Enddarmes, Fernmetastasierung 4 IVA Befall von Blase oder Rektum und/oder Überschreitung des kleinen Beckens 4 IVB Fernmetastasen oder keine Beurteilung der Fernmetastasen Nx Es kann keine Aussage zu regionären Lymphknotenmetastasen getroffen werden. N0 Keine Metastasen in den regionären Lymphknoten. N1 Metastasen in den regionären Lymphknoten. Mx Es kann keine Aussage zu Fernmetastasen getroffen werden. M0 Keine Fernmetastasen nachweisbar. M1 Der Tumor hat Fernmetastasen gebildet. 1a Metastasen in anderen Lymphknoten (nicht regionäre Lymphknoten). 1b Metastasen in den Knochen. 1c Metastasen in anderen Organen und/oder Strukturen.
Typisierung der Zervixkarzinome:[21][22]Plattenepithelkarzinome
(„Squamous lesion“)Adenokarzinome
(„Glandular lesions“)Spezielle Erscheinungsformen
(„Other epithelial lesion“)verhornende Karzinome
nicht verhornende Karzinome
verruköse Karzinome
typische Adenokarzinome
endometriode Karzinome
Klarzellkarzinome
muzinös-papilläre Karzinome
serös-papilläre Adenokarzinome
muzinös-kolloide (Gallert-)Karzinome
Spezielle Varianten der Adenokarzinome:
mesonephritische Karzinome
adenoid-zystische Karzinome
Mischtypenadenosquamöse Karzinome
adenozystische Karzinome
Neuroendokrine Karzinome:
Karzinoidtumore
kleinzellige Karzinome
undifferenzierte kleinzellige „nonendokrine“ Karzinome
Behandlung
Die Therapie des Zervixkarzinoms und seiner Vorstufen richtet sich nach dem jeweiligen Stadium:
Behandlung der Krebsvorstufen
Eine Zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN) I kann über maximal 24 Monate im Abstand von 6 Monaten regelmäßig zytologisch und kolposkopisch beobachtet werden, wenn die Veränderungen im äußeren Bereich der Portio gut zu kontrollieren sind. Dabei können sich die Veränderungen zurückbilden oder weiterentwickeln. Voraussetzung dafür ist die sichere Diagnose durch Probeentnahme und histologische Untersuchung. CIN I im Inneren des Gebärmutterhalses (intrazervikaler Sitz, nicht gut beobachtbar) sollten bald mit einer Konisation behandelt werden. Eine Verlaufskontrolle und damit eine Verschiebung der Behandlung ist auch bei der CIN II und III in einer Schwangerschaft möglich, um die Lebensfähigkeit des Kindes abzuwarten.[1] Außerhalb einer Schwangerschaft sollte bei einer CIN II, die über 12 Monate bestehen bleibt, und bei der CIN III eine Operation durchgeführt werden.[2]
Beim Carcinoma in situ ist nach vollständiger Entfernung der Veränderung durch eine Konisation oder – im Falle einer abgeschlossenen Familienplanung – nach kompletter Gebärmutterentfernung (Hysterektomie) keine weitere Behandlung nötig. Bei unvollständiger Entfernung besteht die Möglichkeit einer erneuten Konisation. Eine Konisation kann bei strenger Indikationsstellung auch in der Schwangerschaft durchgeführt werden. Bei einem Carcinoma in situ mit vollständiger Entfernung der Veränderungen durch die Konisation kann die Schwangerschaft ausgetragen werden, das Risiko einer Frühgeburt ist dann erhöht. Eine normale Geburt ist möglich. Sechs Wochen nach der Geburt sollte dann eine erneute kolposkopische und zytologische Kontrolle erfolgen. [1]
Behandlung des Gebärmutterhalskrebses
Im Stadium FIGO IA1 kann, wie bei den Krebsvorstufen, eine Konisation ausreichend sein, wenn der Tumor vollständig entfernt wurde und noch Kinderwunsch besteht, wobei dabei das Risiko für eine Zervixinsuffizienz oder auch einer Zervixstenose in der Schwangerschaft erhöht ist. Ohne Kinderwunsch sollte eine einfache Gebärmutterentfernung erfolgen. Bei Lymphgefäßeinbrüchen ist eine zusätzliche pelvine Lymphknotenentfernung angezeigt.
In den Stadien IA2, IB, IIA, IIB ist eine erweiterte Hysterektomie (radikale Hysterektomie) und systematische pelvine, stadienabhängig gegebenenfalls eine paraaortale Lymphonodektomie (Entfernung aller an der Aorta gelegenen Lymphknoten) angezeigt. Hier kommt bislang die Wertheim-Meigs-Operation als Standardtherapie zum Einsatz. Bei Plattenepithelkarzinomen können bei jungen Frauen die Eierstöcke erhalten bleiben. Liegt ein Adenokarzinom vor, wird wegen einer höheren Metastasierungswahrscheinlichkeit in die Eierstöcke eine Entfernung auch bei jungen Frauen empfohlen. Je nach histologischem Befund ist nach der Operation eine Strahlentherapie oder Radiochemotherapie nötig.
Als Alternativen stehen heute an Zentren die Totale mesometriale Resektion (TMMR) mit einer nervenschonenden Präparationstechnik (gezieltes Freilegen) in anatomisch-embryonalen Entwicklungsgrenzen, die laparoskopisch assistierte vaginale radikale Hysterektomie (LAVRH) mit nervenschonender vaginaler Radikaloperation und laparoskopischer Lymphknotenentfernung sowie die laparoskopische radikale Hysterektomie (LRH) mit vollständiger laparoskopischer Präparation zur Verfügung. Bei noch bestehendem Kinderwunsch kann in den Stadien IA2 und IB1 mit Tumoren < 2 cm über eine radikale Trachelektomie mit Lymphonodektomie und damit ein Erhalt der Fruchtbarkeit nachgedacht werden, wenn es sich um ein Plattenepithelkarzinom handelt, die Lymphknoten tumorfrei sind und keine weiteren Risikofaktoren vorliegen. Diese Verfahren stellen derzeit keine Routine dar, sie können jedoch sowohl durch Schonung der für die Harnblasen- und Darmentleerung verantwortlichen Nerven, wie eine Vermeidung einer Nachbestrahlung nach der Operation bei der TMMR, oder dem Erhalt der Fruchtbarkeit bei der Trachelektomie, den Patientinnen Vorteile bieten.[2]
In den Stadien III und IV ist eine primäre kombinierte Strahlentherapie oder besser eine simultane Radiochemotherapie erforderlich.[1] Bei einem zentralen Tumorsitz mit Blasen- und/oder Rektuminfiltration ist auch im Stadium IV eine Operation in Form einer Exenteration möglich, wenn die Beckenwand tumorfrei ist.[2]
Behandlung in der Schwangerschaft
Im Stadium IA1 mit vollständiger Entfernung der Veränderungen durch eine Konisation kann die Schwangerschaft, wie bei der CIN III, ausgetragen und das Kind auf vaginalem Weg geboren werden. Sechs Wochen nach der Geburt ist eine kolposkopische und zytologische Kontrolle notwendig.
In den Stadien IB bis IIA sollte bei einer frühen Schwangerschaft die entsprechende chirurgische Behandlung durchgeführt werden und damit die Schwangerschaft abgebrochen werden.
Ist die Schwangerschaft bereits weiter fortgeschritten, ist eine baldige Geburt des Kindes mittels Schnittentbindung und anschließender radikaler Hysterektomie mit Lymphknotenentfernung anzuraten.[1]Behandlung des Rezidivs
Die Behandlung des Zervixkarzinomrezidivs ist abhängig vom Befund und der vorangegangenen Behandlung. Eine Operation beim zentralen, also in Beckenmitte gelegenem Rezidiv ist möglich, meist im Sinne einer radikalen Hysterektomie nach früherer Strahlenbehandlung oder Exenteration nach bereits erfolgter Gebärmutterentfernung. Nicht vorbestrahlte Patientinnen können eine Strahlentherapie erhalten. Die Wertigkeit einer Radiochemotherapie beim Rezidiv ist noch nicht endgültig geklärt. Bei bereits vorbestrahlten Patientinnen mit Beckenwandrezidiv bestehen eingeschränkt kurative Behandlungsansätze in speziellen Therapieverfahren: operativ (Lateral erweiterte endopelvine Resektion, LEER) sowie die intraoperative Radiotherapie (IORT) oder die Kombination von beiden (Combined operative radiotherapy, CORT).[23]
Vorbeugung
Primäre Prävention
Die primäre Prävention besteht in einer Vermeidung von Risikofaktoren, wie genitalen Infektionen, häufigem Partnerwechsel und Rauchen. Seit dem Jahr 2006 besteht die Möglichkeit einer Impfung der Frau gegen einige der krebsauslösenden HP-Viren. Auch die Benutzung von Kondomen sowie die Zirkumzision des Mannes führen zu einer Senkung des Krebsrisikos, anders jedoch als bei anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen, die einen zusätzlichen Risikofaktor darstellen, bietet das Kondom keinen sicheren Schutz vor Infektion.[24][25]
Impfung
Hauptartikel: HPV-Impfstoff
2006 wurde ein erster HPV-Impfstoff zugelassen, nämlich das von Sanofi Pasteur MSD auf Grundlage von Forschungsergebnissen des Deutschen Krebsforschungszentrums und des amerikanischen National Institute of Health entwickelte Gardasil (quadrivalenter Impfstoff = wirksam gegen die vier HPV-Typen 6, 11, 16 und 18). 2007 wurde in der Europäischen Union ein bivalenter Impfstoff (wirksam gegen die zwei HPV-Typen 16 und 18) von der Firma GlaxoSmithKline unter dem Handelsnamen Cervarix zugelassen. Beide derzeit zugelassenen Impfstoffe beugen der Entwicklung cervikaler intraepithelialer Neoplasien vor. Eine bereits bestehende HPV-Infektion kann nicht behandelt bzw. beseitigt werden. Ebenso wenig können die Folgen einer solchen Infektion, wie beispielsweise Gebärmutterhalskrebs oder dessen Vorstufen, mittels einer Impfung behandelt werden. Die Vorsorgeuntersuchung zur frühzeitigen Erkennung des Gebärmutterhalskrebses (Pap-Test) wird auch für geimpfte Frauen weiterhin empfohlen, da die Impfung nur gegen einen Teil der Papillomaviren wirksam ist.
Nach einer Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ende Juni 2007 übernehmen alle gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland die Kosten der Impfung bei Mädchen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren.[26]
Inwieweit eine Impfung von Männern einen Einfluss auf die Prävention des Zervixkarzinoms hat, ist bislang nicht abschließend geklärt. Es gibt jedoch Hinweise auf einen positiven Einfluss auf die Vermeidung der HPV-Infektionen.[27][28]
Beschneidung des Mannes
Es ließen sich Zusammenhänge aufzeigen zwischen der Beschneidung des Mannes und dem Risiko der Frau, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, da man bei beschnittenen Männern in geringerem Maße HP-Virus-Infektionen und Peniskarzinome findet. Letztere Tatsache ist am ehesten durch die Vermeidung hygienischer Probleme erklärbar. Für die geringere Rate an HPV-Infektionen scheint die deutliche Verringerung der Schleimhautfläche verantwortlich sein, die anfälliger für kleinste Verletzungen und Infektionen ist als Haut oder dickere Epithelien, wie auf der Glans penis des Penis.[29][30][31] Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2007 konnte nach einer Literaturanalyse jedoch keinen Zusammenhang nachweisen.[32] Allerdings bestehen Zweifel an der Korrektheit der Studie und damit auch deren Aussage.[33]
Sekundäre Prävention (Früherkennung von Krebsvorstufen)
Die Früherkennung des Zervixkarzinoms in Form einer Screening-Untersuchung ist eine sogenannte sekundäre Prävention durch Erkennung von Vorstufen eines Karzinoms durch Abstrichuntersuchungen (Pap-Test). In Deutschland sind die Mindestanforderungen für das Screening gesetzlich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss geregelt. Ab dem 20. Lebensjahr steht Frauen die Untersuchung einmal jährlich zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung.[34] Die zytologische Abstrichentnahme erfolgt unter Spiegeleinstellung gezielt, möglichst unter kolposkopischer Kontrolle, von der Portiooberfläche sowie aus dem Zervikalkanal (mit einem Spatel oder einer kleinen Bürste). Ist bei der Spekuloskopie oder Kolposkopie vom makroskopischen Erscheinungsbild der Verdacht einer Veränderung vorhanden, sollte eine engmaschige Wiederholung der Abstrichuntersuchung durchgeführt werden. Bei wiederholt verdächtigen Befunden ist die Diagnostik um eine histologische Probenentnahme zu erweitern.
Bei immunsupprimierten Frauen wird zu zwei Früherkennungsuntersuchungen der Zervix im Jahr, alle zwei Jahre mit zusätzlichem HPV-Test, geraten.[24][35]
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe empfiehlt unter Berücksichtigung neuer Studien in ihrer aktuellen Leitlinie zum Zervixkarzinom, bei Frauen ab 30 Jahren auch bei unauffälligem Pap-Test routinemäßig einen HPV-Test durchzuführen.[2][36]
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat jedoch aufgrund der derzeitig vorliegenden Studiendaten die Aufnahme einer HPV-Testung als auch der Dünnschichtzytologie, einer speziellen zytologischen Untersuchung, in das Krebsfrüherkennungsprogramm abgelehnt.[2]
Die Screening-Programme auf Gebärmutterhalskrebs unterscheiden sich in den Mitgliedsländern der Europäischen Union hinsichtlich der empfohlenen Zeitintervalle, der eingeschlossenen Altersgruppen und der Organisation des Screenings.[37]
Zytologische Befunde und histologischer Befund in Papanicolaou-Färbung:
In Deutschland werden die Befunde nach der Münchner Nomenklatur II klassifiziert, während in englischsprachigen Ländern meist die Bethesda-Klassifikation zum Einsatz kommt.[38][39] Eine international verbindliche Klassifikation gibt es derzeit nicht.[40]
Gegenüberstellung von Münchner Nomenklatur II mit Handlungsempfehlung und Bethesda-Klassifikation:[37][39][41][24][40]
Münchner Nomenklatur II / Pap Münchner Nomenklatur II / Zytologischer Befund Empfehlung Bethesda-Klassifikation I Normales Zellbild Routine-Kontrolle Kein Anhalt für intraepitheliale Läsion oder Malignität II Deutliche entzündliche oder degenerative Veränderungen, unreife Metaplasie, HPV-Zeichen ohne wesentliche Zellkernveränderungen Kontrolle in 1 Jahr Kein Anhalt für intraepitheliale Läsion oder Malignität, geringgradige intraepitheliale Läsion (LSIL = Low grade squamous intraepithelial lesion) (bei HPV-Zeichen)
IIw/k (kein offizieller Bestandteil der Münchner Nomenklatur II, jedoch häufig angewandt)
Meist unzureichende Abstriche, die für eine Beurteilung nicht ausreichen, sowie Abstriche mit Zellveränderungen, die zwar nicht als definitiv abnorm, aber auch nicht als normal eingestuft werden können Erneuter Abstrich (Abstrich wiederholen = w, Abstrich kontrollieren = k) Atypische Plattenepithelzellen unklarer Bedeutung (ASC-US = Atypical squamous cells of undetermined significance, geringgradige intraepitheliale Läsion (bei HPV-Zeichen), atypische Drüsenzellen (AGC = Atypical glandular cells)
III Schwere entzündliche oder degenerative Veränderung, die eine Beurteilung zwischen gut- und bösartig nicht zulässt. Auffällige Drüsenzellen, die eine Beurteilung zwischen gut- und bösartig nicht zulassen, ein Karzinom ist nicht sicher auszuschließen Je nach klinischem Befund kurzfristige zytologische Kontrolle oder histologische Abklärung Atypische Plattenepithelzellen unklarer Bedeutung, atypische Plattenepithelzellen – höhergradige intraepitheliale Läsionen (HSIL = High grade squamous intraepithelial lesion) nicht auszuschließen, atypische Drüsenzellen
IIID Zellen einer leichten Dysplasie oder mäßigen Dysplasie Erneute Abstrichuntersuchung und Kolposkopie in 3 Monaten, bei mehrfach auffälligen Befunden: histologische Klärung Geringgradige intraepitheliale Läsion: milde Dysplasie, höhergradige intraepitheliale Läsion: mäßige Dysplasie
IVa Hochgradig veränderte Zellen, (schwere) Dysplasie Erneute Abstrichuntersuchung und Kolposkopie sowie histologische Klärung. Höhergradige intraepitheliale Läsion: schwere Dysplasie, IVb Zellen einer schweren Dysplasie oder eines Carcinoma in situ, invasives Karzinom nicht auszuschließen
Erneute Abstrichuntersuchung und Kolposkopie sowie histologische Klärung Kein Äquivalent V Zellen eines invasiven Zervixkarzinoms oder eines anderen invasiven Tumors Histologische Sicherung Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom, andere bösartige Neubildung
0 Technisch unbrauchbare Abstriche (z.B. zu wenig Material oder unzureichende Fixierung) Sofortige Abstrichkontrolle Kein Äquivalent Heilungsaussicht
Bei den Krebsvorstufen CIN I und II ist eine vollständige spontane Rückbildung möglich. Nach einer Behandlung des CIN III und Carcinoma in situ ist von einer vollständigen Heilung auszugehen. Allerdings kann es zu einem erneuten Auftreten solcher Veränderungen kommen. Das Risiko dafür scheint erhöht, wenn eine HPV-Infektion nach einer Konisation weiter besteht.[42][43]
Die Prognose des invasiven Zervixkarzinoms ist abhängig von Stadium, Differenzierungsgrad, Lymphknotenbefall, der Tumorart und der Behandlung. Dabei haben Adenokarzinome eine etwas schlechtere Prognose als Plattenepithelkarzinome. Auch eine alleinige Strahlentherapie ist mit einer etwas schlechteren Prognose im Vergleich zur operativen Behandlung verbunden.[22] Insgesamt liegt die 5-Jahres-Überlebensrate in Deutschland bei ca. 64 %, die 10-Jahres-Überlebensrate bei etwa 60 %.[6]
FIGO-Stadienabhängige 5-Jahres-Überlebensrate in Deutschland[44]:
FIGO-Stadium 5-Jahres-Überlebensrate in Deutschland IA ca. 93 % IB ca. 92 % IIA ca. 63 % IIB ca. 50 % III ca. 40 % IV ca. 10 % Geschichte
1878 beschrieben der Pathologe Carl Ruge und der Gynäkologe Johann Veit den Gebärmutterhalskrebs erstmalig als eigenes Krankheitsbild. Bis dahin hatte man zwischen Gebärmutterhals- und Gebärmutterschleimhautkrebs (Endometriumkarzinom) nicht unterschieden. So hatte der deutsche Frauenarzt Adolf Gusserow 1870 als Erster ein Adenokarzinom (Adenoma malignum) des Gebärmutterhalses beschrieben. Er veröffentlichte die Erkenntnisse in seiner Arbeit Ueber Sarcome des Uterus.[45] Der österreichische Gynäkologe Walther Schauenstein entwickelte 1908 die bis heute gültige These der stufenweisen Pathogenese des Zervixkarzinoms. Seine Arbeit zu histologischen Untersuchungen bei atypischem Plattenepithel an der Portio war eine der ersten Beschreibungen des Oberflächenkarzinoms der Zervix. Erste Gebärmutterentfernungen bei Krebserkrankungen der Gebärmutter auf vaginalem und abdominalem Weg wurden 1813 von Konrad Johann Martin Langenbeck in Kassel und 1822 von Johann Nepomuk Sauter in Konstanz durchgeführt. Die erste wissenschaftlich fundierte und reproduzierbare einfache Entfernung einer von Krebs befallenen Gebärmutter mittels eines Bauchschnittes führte am 30. Januar 1878 Wilhelm Alexander Freund in Breslau aus,[46][47] Der Eingriff war jedoch damals noch sehr riskant.[48][49] Am 12. August 1879 gelang dem Chirurgen Vincenz Czerny in Heidelberg die Hysterektomie durch die Scheide.[50] Da die Ergebnisse besser waren als bei der Freundschen Operation, wurde in der Folgezeit die vaginale Operation bevorzugt.[51][52] Karl August Schuchardt führte 1893 in Stettin die erste erweiterte vaginale Gebärmutterentfernung durch, die 1901 von dem Wiener Gynäkologen Friedrich Schauta, später von Walter Stoeckel an der Charité in Berlin und Isidor Alfred Amreich in Wien weiterentwickelt wurde.[53] Der österreichische Gynäkologe Ernst Wertheim entwickelte 1898 eine radikale Operationsmethode über einen Bauchschnitt, die später der Amerikaner Joe Vincent Meigs weiterentwickelte.[54] Erich Burghardt, ein österreichischer Gynäkologe, trug mit seinen Untersuchungen wesentlich zur Verminderung der operativen Radikalität bei Frühstadien des Zervixkarzinoms bei, das heißt zur Verkleinerung der Operation bei gleichen Heilungsergebnissen. Hans Hinselmann, ein deutscher Gynäkologe, entwickelte 1925 mit der Kolposkopie das erste Verfahren zur Früherkennung des Gebärmutterhalskrebses. 1928 erarbeitete der griechische Arzt George Nicolas Papanicolaou mit dem Pap-Test ein weiteres Verfahren zur Frühdiagnostik dieses Tumors. Besondere Verdienste um die Einführung der Zytologie in Verbindung mit der Kolposkopie als Früherkennungsmethode erwarb sich Ernst Navratil, ein österreichischer Gynäkologe. Am 9. Februar 1951 wurden bei einer 31-jährigen Patientin Zervixkarzinomzellen vom Muttermund entnommen, die später in Zellkulturen vermehrt und bis heute zu Forschungszwecken genutzt werden. Die Zellen wurden, nach der Patientin benannt, als HeLa-Zellen bezeichnet.[55] 1971 erfolgte die Einführung des Zervixkarzinomscreenings als Programm in der Bundesrepublik Deutschland.[37] 1974 veröffentlichte Harald zur Hausen erste Berichte über eine mögliche Rolle von Papillomviren beim Zervixkarzinom.[56] Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts kommt es durch die Einführung neuer Operationstechniken, wie der Trachelektomie oder der Totalen mesometrialen Resektion des Uterus und der Möglichkeit der Lymphknotenentfernung mittels einer Laparoskopie, zu einer stärkeren Individualisierung der operativen Therapie des Zervixkarzinoms mit teilweise bewusst reduzierter, teilweise verbesserter Vollständigkeit (Radikalität) der chirurgischen Karzinomentfernung. Ziel dieser Entwicklung ist, behandlungsbedingte Probleme, wie Blasen- oder Darmentleerungsstörungen durch Nervenschädigungen, oder Folgen einer bislang häufigen Strahlentherapie nach vorangegangener Operation zu vermeiden. In einigen Fällen kann sogar die Erfüllung eines Kinderwunsches ermöglicht werden. 2006 wurde der erste Impfstoff gegen einige Typen von Papillomaviren, der Hauptursache des Gebärmutterhalskrebses, zugelassen.
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- Gebärmutterhalskrebs: Diagnose, Therapie, Nachsorge, Informationen des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums
- Gebärmutterhalskrebs: Früherkennung und Behandlung von Krebsvorstufen, Informationen des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums
- ZERVITA - Informationen und Aufklärung über Gebärmutterhalskrebs und HPV
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