Trophische Kaskade

Trophische Kaskade

Unter einer trophischen Kaskade versteht man die nachhaltige Veränderung in der Nahrungskette eines Ökosystems.

Jede Spezies kann einem Trophieniveau zugeordnet werden, also einer Ebene in der Nahrungskette, wenn man vereinfachend davon ausgeht, die Nahrungsketten wären gerichtet. Die weiter „oben“ angesiedelten Spezies fressen in diesem Modell die weiter „unten“ positionierten. Stellt man die in jeder Ebene vorhandene Biomasse als Breite der jeweiligen Ebene dar, entsteht das Bild der Nahrungspyramide.

Die Populationsdichte jeder Spezies schwankt typischerweise zwischen zwei Extremen. Häufig mischen sich dabei regelmäßige Oszillationen, die beispielsweise jahreszeitlich bedingt sind, mit chaotisch auftretenden Schwankungen, die beispielsweise aus der Konkurrenz um Nahrungsquellen resultieren.

Solche Schwankungen wirken sich auf die Populationsdichte anderer Spezies aus. Eine Zunahme einer Spezies führt zur

  • Zunahme der Populationsdichte auch der Spezies, die die zunehmende Spezies konsumieren, aufgrund des besseren Nahrungsangebots
  • Abnahme der Populationsdichte der von der zunehmenden Spezies konsumierten (gefressenen) Spezies, aufgrund des gestiegenen Jagddrucks

Aus diesen sekundären Veränderungen resultieren weitere Veränderungen bei weiteren Spezies, die nun zwei Stufen über und unter der ursprünglichen Spezies stehen, oder direkte Konkurrenten auf der gleichen Stufe sind, und so weiter. Die komplexen Wechselwirkungen, die so entstehen, begünstigen das Entstehen chaotischer Schwankungen. Man spricht auch von einem dynamischen Gleichgewicht, denn trotz permanenter Veränderungen im Detail bleibt das Ökosystem als Ganzes stabil.

Die dynamische Struktur erlaubt dem Ökosystem, auf äußere Einflüsse (Wetter usw.) zu reagieren, ohne Spezies gleich komplett zu verlieren. Übersteigen die Einflüsse jedoch eine gewisse Toleranzschwelle, können Spezies aussterben. Beispiele: Klimaveränderung, Konkurrenz oder Konsumption durch eingeschleppte oder eingewanderte Spezies, Bejagung.

Ist eine Spezies in einem Ökosystem erst ausgestorben, so sorgen auch günstiger werdende Bedingungen nicht automatisch für die Rückkehr. Unter Umständen ist eine Wieder-Einwanderung aus einem benachbarten Lebensraum möglich. Zunächst hat sich das Ökosystem jedoch verändert. Es wird sich ein neues ökologisches Gleichgewicht einstellen, bei dem unter Umständen noch weitere Spezies aussterben, andere dominant werden oder Populationen innerhalb neuer Grenzen schwanken. Man kann sagen, das System kippt in eine neue, stabile Lage.

Da sich eine solche Veränderung kaskadenartig auf weitere Spezies des Ökosystems auswirken kann, die in der Nahrungskette an ganz anderer Stelle stehen können, spricht man von einer trophischen Kaskade. Erst wenn sie durchlaufen ist, hat sich das neue Gleichgewicht eingestellt.

Ein Beispiel für eine trophische Kaskade ist das Aussterben von Wolf und Luchs in weiten Teilen Mitteleuropas, was zu größeren Populationen von Rehwild führt, woraus vermehrte Verbissschäden an jungen Bäumen resultieren. Die weiteren Auswirkungen, speziell auf Kleinflora und -fauna, und letztlich auf den Wald als gesamtem Ökosystem, sind noch Teil von Forschungsvorhaben.

Die dargestellten Zusammenhänge machen plausibel, warum ein Ökosystem zunächst robust gegenüber menschlichen Eingriffen ist, dann aber ein Punkt erreicht werden kann, an dem eine kleine Veränderung der Randbedingungen zu tiefgreifenden Veränderungen im Ökosystem führt, nämlich dann, wenn eine trophische Kaskade ausgelöst wird.


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