- Ubiquitinylierung
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Ubiquitin Bändermodell Größe 76 Aminosäuren Bezeichner Gen-Namen RPS27A; UBA52; UBB; UBC Externe IDs OMIM: 191321 UniProt: P62988 Vorkommen Übergeordnetes Taxon Eukaryoten Ubiquitin ist ein Protein, das in allen eukaryotischen Zellen, (also ubiquitär) zu finden ist. Das Protein selbst hat keinerlei Einfluss auf die Physiologie der Zelle, sondern verändert die Eigenschaften anderer Proteine, an die es reversibel (umkehrbar) gebunden wird. Je nach Art und Anzahl der Ubiquitin-Bindungen werden dadurch deren Halbwertszeit, Funktion oder Verteilung innerhalb der Zelle (Lokalisation) reguliert. Das Ubiquitin-System ist unter anderem am Protein-Abbau, der Signaltransduktion und der Kontrolle des Zellzyklus beteiligt. Es dient somit der Veränderung bereits translatierter Proteine (Posttranslationale Modifikation) und kann des Weiteren an der Entstehung verschiedener Krankheiten beteiligt sein. Zusammen mit Proteinen wie Sumo1, Nedd8 und anderen gehört Ubiquitin zur Ubiquitin-Protein-Familie. Jüngste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass gewisse Prokaryoten ein zu Ubiquitin analoges Protein besitzen.[1]
Für die Erforschung der Grundlagen des Ubiquitin-Systems Anfang der 1980er Jahre wurden Aaron Ciechanover, Avram Hershko und Irwin Rose 2004 der Nobelpreis für Chemie verliehen.[2]
Inhaltsverzeichnis
Struktur
Ubiquitin besteht aus 76 Aminosäuren und hat eine Molekülmasse von 8,5 kDa.[3] Sein Aufbau veränderte sich im Laufe der Evolution wenig, es ist somit hoch konserviert. So unterscheiden sich das Protein beim Menschen und bei dem Einzeller Hefe Saccharomyces cerevisiae in nur 3 der 76 Aminosäuren.
Ubiquitin hat eine globuläre Form, lediglich die letzten vier C-terminalen Aminosäuren ragen hervor. Als funktionelle Aminosäuren dienen das C-terminale Glycin an der 76. Stelle (G76) und die Lysine an der 48. und 63. Stelle der Aminosäuren-Sequenz (K48 und K63). Über das Glycin wird Ubiquitin an das zu markierende Protein kovalent gebunden. Über die Lysine können weitere Ubiquitinmoleküle an ein bereits gebundenes Ubiquitin angehängt und so eine Ubiquitinkette gebildet werden. Da Ubiquitin insgesamt sieben Lysine enthält, sind mindestens sieben verschiedene Verbindungsarten eines Ubiquitins möglich.
Die humane Aminosäuresequenz für Ubiquitin im Einbuchstabencode (K48, K63 und G76 sind hervorgehoben):
N-Terminus MQIFVKTLTGKTITLEVEPSDTIENVKAKIQDKEGIPPDQQRLIFAGKQLEDGRTLSDYNIQKESTLHLVLRLRGG C-Terminus Mechanismus der Ubiquitinierung
Der Prozess des Markierens von Zielproteinen wird Ubiquitinierung oder auch Ubiquitinylierung genannt. Dementsprechend spricht man bei der Modifikation von Proteinen durch Sumo1 und Nedd8 von Sumoylierung und Neddylierung. Der Mechanismus ist bei allen drei Proteinen gleich und wird von drei Enzymen katalysiert, die nach der Reaktionsfolge als E1, E2 und E3 (auch E3-Ligase) bezeichnet werden. Im ersten Schritt wird Ubiquitin (durch eine Thioesterbindung) zwischen einem Cystein des E1-Enzyms und der C-terminalen Carboxylgruppe des Ubiquitin gebunden und dadurch „aktiviert“. Diese Aktivierung ist energieabhängig; die Energie wird durch die Spaltung von ATP zu AMP und Pyrophosphat bereitgestellt. Für jedes modifizierende Protein gibt es genau ein E1-Enzym, was spezifisch für dessen Aktivierung ist (lediglich in Pflanzen gibt es für Ubiquitin zwei E1-Enzyme).[4] Nachdem Ubiquitin an E1 gebunden wurde, wird das Ubiquitin an das Enzym E2 überführt. Während für Sumo1 und Nedd8 je ein spezifisches E2-Enzym existiert, sind für Ubiquitin allein in der Hefe über elf verschiedene E2-Enzyme bekannt. In höheren Organismen ist ihre Anzahl noch größer.[5] Im letzten Schritt wird das Ubiquitin durch die E3-Ligase auf das Zielprotein übertragen. Hierbei wird eine Isopeptid-Bindung zwischen einem Lysin des Zielproteins und dem C-terminalen Glycin des Ubiquitins gebildet. Sie unterscheidet sich von einer klassischen Peptidbindung dadurch, dass nicht der α-Aminorest sondern der ε-Aminorest des Lysins als Bindungspartner dient. Davon abweichend wurde auch auf andere Verknüpfungsarten geschlossen, da auch lysin-freie Proteine ubiquitiniert vorgefunden wurden.[6][7] Die Vielfalt der von Ubiquitin modifizierten Zielproteine spiegelt sich in der Anzahl verschiedener E3-Enzyme wider. Berücksichtigt man alle Enzyme, die strukturell zu den drei Unterfamilien der E3-Enzyme (HECT, RING und U-Box) gehören, ist bei höheren Organismen von einer Zahl zwischen mehreren Hundert und Eintausend auszugehen.[4]
Arten der Ubiquitinierung
Je nach Anzahl der verbundenen Ubiquitin-Moleküle unterscheidet man zwischen einer Mono-, Oligo-, Multi- und Poly-Ubiquitinierung.[8] Wenn mindestens fünf Ubiquitinmoleküle als Kette mit einem Zielprotein verbunden sind, spricht man von einer Poly-Ubiquitinierung. Sind bei dieser die Moleküle durch das Lysin 48 miteinander verknüpft, wird das Zielprotein hauptsächlich dem Abbau durch das Proteasom zugeführt.[9] Verbindung durch Lysin 63 kann zum lysosomalen Abbau des Proteins führen.[10] Des Weiteren wurde beobachtet, dass diese Modifikation Einfluss auf die zelluläre Toleranz von DNA-Schäden, entzündliche Immunantworten, endozytotische Prozesse und die ribosomale Protein-Synthese hat.[11] Mono- und Multi-Ubiquitinierungen hingegen beeinflussen weniger die Stabilität einzelner Proteine als deren intrazelluläre Verteilung und können die Interaktion mit anderen Proteinen ermöglichen.[12] Oligo-Ubiquitinierung hat beispielsweise Einfluss auf die Aktivität eines Transkriptionsfaktors, ohne dessen Abbau zu initiieren.[13]
Beispiele für Ubiquitinierungen
Degradierung fehlerhaft gefalteter Proteine
Das Ubiquitin-Proteasom-System spielt eine bedeutende Rolle in der „Qualitätssicherung“ intrazellulär hergestellter Proteine.[14] Proteine sollten während und nach ihrer Produktion richtig gefaltet werden, damit sie funktionieren. Bei einigen Proteinen ist die Faltung so komplex und fehleranfällig, wie im Falle des Chlorid-Ionenkanals CFTR in Epithelzellen, bei dem bis zu 60–80 % der hergestellten Proteine fehlerhaft gefaltet sind.[15] Diese fehlerhaft gefalteten Proteine werden von sogenannten Chaperonen gebunden, Enzymen, die unter Umständen die richtige Faltung des Proteins fördern können. Bei einer „irreparabelen“ Missfaltung, wurde die Bildung eines Protein-Chaperon-Ubiquitin-E3-Ligase-Komplexes beobachtet, der das fehlgefaltete Protein poly-ubiquitiniert und damit die Degradierung durch das Proteasom ermöglicht.[14] Auf diese Weise wird dafür gesorgt, dass strukturell entartete Proteine (cytosolisch wie auch Membran-assoziiert) die Zellbiologie nicht beeinflussen.
Ereignet sich aber im Falle des Ionenkanals CFTR in der codierenden DNA eine Mutation, die sich in einer Mutation des Phenylalanins an Position 508 (F508) niederschlägt, führt dies zur Poly-Ubiquitinierung und dem vorzeitigen Abbau aller produzierten CFTR-Proteine.[16] Die Folge ist das Krankheitsbild der Mukoviszidose. Eine ordnungsgemäße Funktion des mutierten Ionenkanals ist prinzipiell nicht ausgeschlossen. Dieses Beispiel zeigt, dass sich das eigentlich positiv wirkende, strikte Kontrollsystem des Ubiquitin-vermittelten Abbaus strukturell falscher Proteine auch negativ auf den Organismus auswirken kann.
Regulation der Transkription
Der erste Schritt der Proteinbiosynthese ist die Transkription. Hierbei wird DNA über ein Enzym, die RNA-Polymerase, in RNA umgeschrieben. Für den Transkriptionsstart der Polymerase werden an der DNA verschiedene Transkriptionsfaktoren benötigt. Die Zugänglichkeit der DNA für die Transkriptionsfaktoren und die Polymerase kann von permanent DNA-gebundenen Proteinkomplexen, den Histonen, reguliert werden. Histone, die von DNA „umwickelt“ sind, werden Nukleosomen genannt.
In der Backhefe wurde das Ubiquitin-verknüpfende Protein Rad6 entdeckt, welches die Transkription von ARG1 (Argininosuccinat-Synthase-Gen1) reguliert.[17] In der Abwesenheit von Rad6 können die Transkriptionsfaktoren und die Polymerase an den Promotor (eine regulatorische DNA-Sequenz) vor dem ARG1-Gen binden und die Transkription starten. In der Gegenwart von Rad6 verknüpft dieses ein Ubiquitin-Molekül mit dem Lysin K123 einer Histon-Untereinheit H2B. Dies führt zu Modifikationen eines H3-Histons im Nachbar-Nukleosom: Das Histon H3 wird an den Lysinen K4 und K49 methyliert. Infolge dessen wird der Promotor ruhiggestellt, sodass keine Transkriptionsfaktoren binden können. Durch dieses Gen-Silencing wird nun das Gen ARG1 nicht mehr exprimiert und das Enzym Argininosuccinat-Synthase in der Zelle nicht mehr hergestellt.[18]
Darüber hinaus war das Histon H2A aus der Taufliege das erste ubiquitinierte Protein, das beschrieben wurde.[19][20] In Säugetieren wurde der Ubiquitinierungszustand der Histone H2A und H2B zum ersten Marker für transkriptionell aktives Chromatin, der Gesamtheit aus der DNA und deren assoziierten Proteinen.[21]
Ubiquitin als Teil der Signaltransduktion
Ubiquitin ist ebenfalls an der intrazellulären Signal-Weiterleitung von äußeren Stimuli beteiligt, so zum Beispiel beim NF-κB-Signalweg (engl. nuclear factor kappa B).[22] Dieser kann durch das Signalmolekül Tumornekrosefaktor (TNF) aktiviert werden. Bindet TNF an den TNF-Rezeptor der Zellmembran, wird durch dessen Konformationsänderung die E3-Ligase TRAF2 an den intrazellulären Teil des Rezeptors rekrutiert. Diese poly-ubiquitiniert sich selbst und das Protein RIP über K63-Verbindungen.[23] Durch die ubiquitinierten Proteine RIP und TRAF2 werden verschiedene Kinasen, phosphorylierende Enzyme, aktiviert. Die Iκ-Kinase β letztendlich phosphoryliert das Protein IκB. Dieses setzt nun den vorher gebundenen und inaktiven NF-κB frei. NF-κB wandert in den Zellkern und aktiviert dort die Transkription bestimmter Gene.[24] IkB hingegen wird über K48 poly-ubiquitiniert und über das Proteasom abgebaut.[25]
Weitere Beispiele für Ubiquitinierungen
- Nach Ende der Mitose wird das am Zellzyklus beteiligte Cyclin durch Ubiquitinierung abgebaut.[26]
- Bei der HIV-Infektion werden anti-virale Enzyme der Zelle (ABOBEC3G) durch ein virales HIV-Protein (Vif) gebunden. Vif vermag gleichzeitig Teile der Ubiquitinierungs-Maschinerie zu binden. Vif wird dadurch ubiquitiniert und zusammen mit APOBEC3G degradiert, wodurch die Effizienz der HIV-Infektion gesteigert wird.[27]
Erkrankungen
Das Angelman-Syndrom ist eine neurologische Erkrankung, die sich u.a. durch eine verlangsamte kognitive und motorische Entwicklung äußert. Der häufigste genetische Defekt ist hierbei eine 4 Mio. (MBp) Basenpaar-Deletion auf dem mütterlichen Chromosom (15q11-13). Diese Region ist jedoch nur im Hippocampus und im Kleinhirn aktiv und codiert u.a. für die E3-Ubiquitinligase E6-AP[28]. Mäuse, denen diese Ligase fehlt, entwickeln Lern-Defizite beispielsweise bei der Konditionierung von Angst. Zudem ist die längerfristige neuronale Plastizität der Mäuse nicht mehr gegeben. Diese Defizite korrelieren teils mit den Beeinträchtigungen von Patienten mit Angelman-Syndrom.
- Im dominant vererbten Morbus Hippel-Lindau führt eine Mutation im Gen der VHL Ubiquitinligase zu einer Akkumulation des Transkriptionsfaktors Hypoxie-induzierter Faktor (HIF) und Tumorentstehung.
- Mutationen der Ubiquitinligase Parkin wurde bei bestimmten Formen der Parkinson-Krankheit nachgewiesen.[29]
- Mutationen der Cullin7-E3-Ubiquitinligase wurden als Ursache der autosomal-rezessiven Wachstumsstörung 3-M Syndrom identifiziert.[30]
Einzelnachweise
- ↑ Pearce MJ, Mintseris J, Ferreyra J, Gygi SP, Darwin KH: Ubiquitin-Like Protein Involved in the Proteasome Pathway of Mycobacterium tuberculosis. In: Science (New York, N.Y.). October 2008. doi:10.1126/science.1163885. PMID 18832610
- ↑ Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 2004 an Avram Hershko und Irwin Rose (englisch)
- ↑ UniProt P62988
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- ↑ Pickart CM. Mechanisms underlying ubiquitination. Annu Rev Biochem. 2001, 70, 503–533; PMID 11395416.
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- ↑ Ciechanover A, Ben-Saadon R.: N-terminal ubiquitination: more protein substrates join in. Trends Cell Biol. 2004 Mar, 14 (3), 103–106; PMID 15055197.
- ↑ Mukhopadhyay D, Riezman H.: Proteasome-independent functions of ubiquitin in endocytosis and signaling. Science. 2007 Jan 12, 315 (5809), 201–205; PMID 17218518.
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