Familiäre adenomatöse Polyposis

Familiäre adenomatöse Polyposis
Klassifikation nach ICD-10
D12 Gutartige Neubildung des Kolons, des Rektums, des Analkanals und des Anus
D12.6 Kolon, nicht näher bezeichnet
Polyposis coli (hereditär)
ICD-10 online (WHO-Version 2011)
Dickdarmschleimhaut mit zahlreichen Polypen bei einer Darmspiegelung

Die Familiäre adenomatöse Polyposis (syn. FAP, Polyposis coli) ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung bei der es zu einem massenhaften Befall des Dickdarms mit Polypen kommt. Unbehandelt liegt die Wahrscheinlichkeit der Entartung eines oder mehrerer dieser Polypen zu Darmkrebs bei nahezu 100%.

Inhaltsverzeichnis

Häufigkeit

Die Erkrankung ist selten. Es wird geschätzt dass einer von 5.000 bis einer von 10.000 Menschen von der Genmutation betroffen sind.[1]

Ursache

Ursache der Erkrankung ist eine Keimbahnmutation des APC-Gens (Adenomatous Polyposis of the Colon). Dieses auf Chromosom 5 5q21-q22 liegende Tumorsuppressorgen ist dabei inaktiviert. Beim Gesunden bindet APC-Protein an β-Catenin und vermittelt über Ubiquitinylierung dessen Abbau im Proteasom. Kann β-Catenin nicht mehr ubiquitinyliert werden, enthalten die Zellen dadurch große Mengen an β-Catenin. Dieses transloziert in den Zellkern und wirkt dort gemeinsam mit anderen Faktoren als Transkriptionsfaktor. Dadurch wird das Zellwachstum gefördert und Telomerase gebildet, die Zellen immortaliert (den Zelltod verhindert). Es kommt zu einem beschleunigten Ablauf der Adenom-Karzinom-Sequenz.

Klinische Erscheinungen

Die Polypen des Dickdarms treten typischerweise im dritten Lebensjahrzehnt auf. Symptome folgen jedoch meist erst in der vierten Lebensdekade. Diese bestehen aus peranalen Blut- oder Schleimabgängen sowie Bauchschmerzen. Zum Zeitpunkt der ersten Symptome kann bereits ein invasives Karzinom bestehen. Ebenso finden sich häufig Polypen des Magens oder Zwölffingerdarms. Letztere besitzen ebenso eine Entartungstendenz.[2]

Untersuchungsmethoden

Als frühestes Merkmal der Erkrankung ist bei der Geburt vorhandene Vermehrung des Pigmentepithels der Regenbogenhaut erkennbar. Zur sicheren Diagnosestellung sollten die Familienmitglieder per Darmspiegelung untersucht werden, da sie ebenso das typische Bild einer Vielzahl von Polypen zeigen.[3]

Therapie und Verlauf

Durch eine vollständige Entfernung des Dickdarms kann die Entwicklung eines Dickdarmkarzinoms ausgeschlossen werden. Dabei wird ein Reservoir aus Anteilen des Ileums gebildet. Als Alternative kann eine unvollständige (subtotale) Dickdarmentfernung durchgeführt werden, bei der der Mastdarm erhalten bleibt. Dieser erreicht bezüglich Kontinenz und Lebensqualität bessere Ergebnisse. Allerdings kommt es in 10% der Fälle zu einem Rektumkarzinom.[2]

In einigen Fällen treten allerdings Dünndarmkarzinome und progressiv wachsende Desmoidtumore auf.

Attenuierte familiäre adenomatöse Polyposis (aFAP)

Die AFAP ist eine besondere Form der FAP. Sie ist eine mildere Form, bei der sich die klinische Symptomatik nicht so schnell entwickelt. Als Ursache werden Mutationen des APC-Gens, aber auch des MUTYH-Gens gefunden. Bei Patienten mit aFAP kommt es durchschnittlich erst ab dem 31. Lebensjahr zu Symptomen. Polypen sind ebenfalls weniger vorhanden und beschränken sich auf eine Anzahl von unter 100. Meist sind diese Polypen im aufsteigendem Dickdarm (Colon ascendens) zu finden.

Siehe auch

Literatur

  • Becker Horst-Dieter,Hohenberger Werner, Junginger Theodor, Schlag Peter Michael (Hrsg.) Chirurgische Onkologie. Thieme, Stuttgart 2002, ISBN 3-13-126111-0
  • Gardner EJ. A genetic and clinical study of intestinal polyposis, a predisposing factor for carcinoma of the colon and rectum. Am J Hum Genet 1951;3:167-76. PMID 14902760
  • Polymnia Galiatsatos und William D. Foulkes Familial Adenomatous Polyposis. In American Journal of Gastroenterology, 2006, Am. Coll. of Gastroenterology, ISSN 0002-9270, S. 385-398
  • V. Fendrich und D.K. Bartsch, Hereditäre gastrointestinale Neoplasien. In Z Gastroenterol 2005; 43:219-225, Georg Thieme Verlag KG Stuttgart/New York, ISSN 0044-2771

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Piper : Innere Medizin, Heidelberg, 2007, S. 378
  2. a b Doris Henne-Bruns, Michael Dürig, Bernd Kremer : Chirurgie, 2. Auflage, Stuttgart, 2003 S. 422-424
  3. Rüdiger Siewert : Chirurgie, 8. Auflage, Heidelberg, 2006 S. 619
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