- VEB Robotron-Elektronik Riesa
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Der VEB Kombinat Robotron, kurz Robotron genannt, war ein Industriekombinat im Bereich des Ministeriums für Elektrotechnik und Elektronik der DDR. Das Wort „Robotron“ ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den Wortteilen Roboter und Elektronik.
Der Schriftzug robotron war auch ein eingetragenes Warenzeichen des Industriezweiges Datenverarbeitungs- und Büromaschinen der DDR.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
1965 gab es die erste Vereinigung Volkseigener Betriebe zur VVB robotron 300. Dies war ein Kooperationsverband mit dem Namen des hergestellten Produktes R300, der vom VEB Elektronische Rechenmaschinen Karl-Marx-Stadt angestoßen wurde und vom VEB Rafena Radeberg geleitet wurde. Daraus wurde im Rahmen der NÖSPL einer zentral eingeleiteten Umstrukturierung der DDR-Industrie ein Kombinat gebildet. Gegründet wurde es am 1. April 1969, als Stammbetrieb und Sitz der Kombinatsleitung wurde zunächst das Fernsehwerk VEB Rafena in Radeberg genutzt. Anfang der 1970er Jahre waren die die neuen Kombinatsgebäude zwischen Blüherpark und Rathaus in Dresden fertiggestellt, dazu kamen Neubauten an den Außenstellen in Riesa und Hoyerswerda hinzu. Mit der Neuverteilung der Aufgaben und Produktionstandorte wurde die Kombinatsleitung mit einem Großteil der Rechentechnik nach Dresden verlegt. Die Belegschaft des Kombinates betrug bis zu 70.000 Beschäftigte. 1979 wurde das Schreibmaschinen-Werk mit der Erika-Produktion (ehemals. Seidel & Naumann) in den VEB Robotron eingegliedert.[1]
In den 1980er Jahren erlangte Robotron auch für den westdeutschen Markt Bedeutung, indem einerseits Peripheriegeräte wie Drucker für Heimcomputer angeboten wurden. Diese wurden unter dem Namen Präsident und Sömtron angeboten. Aber es wurde auch eine staatlich geförderte Kooperation mit dem (west)deutschen Zweig von Commodore etabliert, bei der Robotron die Mechanik für die schnellen Typenraddrucker CBM 8028 und CBM 8229 herstellte, während die Elektronik von einer westdeutschen Firma und die Firmware von Commodore selbst kamen.
Der erste Generaldirektor war Dr. Siegfried Zugehör, ihm folgte in mehrjähriger erfolgreicher Arbeit Prof. Wolfgang Sieber. Der letzte langjährige Generaldirektor war Friedrich Wokurka.
Leistungsprofil des Kombinates
Zum Leistungsprofil (Produktions- und/oder Vertriebsprogramm) des Kombinates Robotron gehörten
- Elektronische Datenverarbeitungssysteme, darunter
- Komplette Rechenzentren als Hauptauftragnehmer
- Zentraleinheiten und periphere Geräte aus dem Systembestand des ESER (IBM-360/370-Architektur)
- Basisrechner, darunter
- Zentraleinheiten und periphere Geräte aus dem Systembestand des SKR (DEC-VAX-Architektur)
- Kommerzielle Kleinrechnersysteme
- Bildverarbeitungssysteme
- Prozessrechnersysteme
- Mikrorechner-Entwicklungssysteme
- Arbeitsplatz- und Heimcomputer, darunter
- Personal- und Bürocomputer MS-DOS-kompatibel
- Personal- und Bürocomputer CP/M-kompatibel
- Heim- und Unterrichtscomputer Z-80-Architektur
- Datenerfassungstechnik, Ein- und Ausgabegeräte, darunter
- Betriebsdaten- und Zeiterfassungssysteme
- Datenübertragungseinrichtungen
- Terminals
- Typenrad-, Nadel- und Thermodrucker
- Plotter
- Digitalisierungsgeräte
- Schreibtechnik, darunter
- Elektronische Büro- und Kleinschreibmaschinen
- Mechanische Büro- und Kleinschreibmaschinen, auch in arabischen Ausführungen
- Blindenschrift-, Dokumenten- und andere Sonderschreibmaschinen
- Kopiergeräte
- Zeichenanlagen und -geräte: REISS-Erzeugnisprogramm
- EDV-Zubehör, Organisationsmittel und Bürochemie
- Richtfunktechnik
- Elektronische Messtechnik
- Unterhaltungselektronik, darunter
- Farbfernseher
- Stereo- und Mono-Rundfunkgeräte
Als wesentliche Leistungen gehörten zum Profil des Kombinates auch die
- Entwicklung oder Adaption sowie Wartung der Betriebssysteme
- Entwicklung oder Adaption sowie Wartung von Standardsoftware
- Entwicklung und Wartung spezieller Problemlösungen
- Schulung der Anwender für die Nutzung und Wartung der Hard- und Softwareprodukte
- Ersatzteilhandel und Technischer Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Bürotechnik
Betriebe des Kombinates
Das Kombinat Robotron bestand Anfang 1990 aus folgenden Betrieben:
- VEB Robotron-Elektronik Dresden – Stammbetrieb des VEB Kombinat Robotron
- VEB Robotron-Projekt Dresden – Leitbetrieb für Softwareproduktion
- VEB Robotron-Rationalisierung Weimar
- VEB Robotron-Büromaschinenwerk „Ernst Thälmann“ Sömmerda
- VEB Robotron-Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt
- VEB Robotron-Optima Büromaschinenwerk Erfurt
- VEB Robotron-Elektronik Radeberg
- VEB Robotron-Elektronik Zella-Mehlis
- VEB Robotron-Meßelektronik „Otto Schön“ Dresden
- VEB Robotron-Elektronik und Zeichentechnik Bad Liebenwerda
- VEB Robotron-Elektronik Riesa
- VEB Robotron-Elektronik Hoyerswerda
- VEB Robotron-Elektroschaltgeräte Auerbach
- VEB Robotron-Goldpfeil-Magnetkopfwerk
- VEB Robotron-REMA Stollberg
- VEB Robotron-Stahlleichtbau Pirna
- VEB Robotron-Vertrieb Berlin – Leitbetrieb für Vertrieb und Service
- VEB Robotron-Vertrieb Erfurt
- VEB Robotron-Bürotechnik Karl-Marx-Stadt
- VEB Robotron-Anlagenbau Leipzig
- Robotron Export-Import – Volkseigener Außenhandelsbetrieb
Dazu kamen Teilbetriebe und Betriebsteile in weiteren 64 Orten der DDR sowie Handelsvertretungen und Servicebüros in 28 Ländern.
Das Kombinat Robotron unterhielt intensive Kooperationsbeziehungen zu den Kombinaten Mikroelektronik Erfurt, Carl Zeiss Jena, RFT Stassfurt sowie zum Zentralinstitut für Kybernetik und Informationsprozesse der Akademie der Wissenschaften der DDR und zur Sektion Informatik der TU Dresden.
Nachfolgeunternehmen
Der nach der Währungsunion 1990 notwendige Transformationsprozess zur Anpassung an die marktwirtschaftlichen Bedingungen führte im Industriezweig zu gravierenden Veränderungen.
Das Kombinat als wirtschaftsleitendes Organ wurde aufgelöst, die bisherigen Kombinatsbetriebe in Kapitalgesellschaften mit der Treuhandanstalt als alleinigem Anteilseigener umgewandelt. Die im internationalen Vergleich deutlich geringere Produktivität der Betriebe ermöglichte allgemein keinen kostendeckender Absatz der Erzeugnisse. Das führte in den Folgejahren zur Liquidation der vormaligen Kombinatsbetriebe.
Vereinzelt wurden Betriebsteile, insbesondere für intelligenzintensive immaterielle Leistungen, als Joint Venture oder Management-Buy-out (MBO) ausgegründet, so
mit IBM Deutschland:
- CSD Computer Software-Dienste Chemnitz, jetzt IBM Global Services, IT-Services and Solutions GmbH (per 1. Juli 2008 IBM ITS GmbH)
- CSP Computer Service-Partner Berlin, jetzt IBM Global Services, csg Computer Service Gesellschaft mbH
- WBI Weiterbildungsgesellschaft für Informationstechnik Berlin, jetzt IBM Global Services, Bildungsstätte Berlin
mit SAP und Siemens-Nixdorf:
- SRS Software- und Systemhaus Dresden, bis 2008 SAP Systems Integration
als MBO:
- Robotron Datenbank-Software, Dresden [2]
- CVU Projekt, Berlin [3]
- CVU Büro und Technik, Berlin [4]
- BuS Elektronik GmbH, Riesa [5]
- Robotron Bildungs- und Beratungszentrum GmbH, Leipzig [6]
- ASCOTA-IT GmbH, Chemnitz
Von den 68.000 Beschäftigten des Kombinates konnten so nur weniger als 5% in branchennahe Nachfolgeunternehmen wechseln. Das Potential an hochqualifizierten Arbeitskräften förderte jedoch die weitere Unternehmensansiedlung im Großraum Dresden (Silicon Saxony), in Sömmerda, Chemnitz und anderen Standorten.
Literatur
- Gerhardt Ronneberger: Deckname „Saale“ – High-Tech-Schmuggler unter Schalk-Golodkowski. Dietz, Berlin 1999, ISBN 3-320-01967-8.
- Gerhard Merkel: VEB Kombinat Robotron - Ein Kombinat des Ministeriums für Elektrotechnik und Elektronik der DDR PDF-Dokument
Einzelnachweis
- ↑ Leonhard Dingwerth: Historische Schreibmaschinen, S.60, ISBN 9783866460416
- ↑ Robotron Datenbank-Software GmbH (RDS)
- ↑ CVU Projekt, Berlin
- ↑ CVU Büro und Technik, Berlin
- ↑ BuS Elektronik GmbH, Riesa
- ↑ Robotron Bildungs- und Beratungszentrum GmbH, Leipzig
Weblinks
- Robotron – Geschichte(n) und Technik beim Förderverein für die Technischen Sammlungen der Stadt Dresden
- www.eser-ddr.de Rechentechnik der DDR im ESER
- www.robotrontechnik.de Entwicklung der Computertechnik in der DDR
- heise 27. Oktober 2007: SAP soll bei Robotron abgekupfert haben
- Elektronische Datenverarbeitungssysteme, darunter
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