- Verbundtarif
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Ein Verkehrsverbund ist ein rechtlicher und organisatorischer Zusammenschluss von Gebietskörperschaften, in Deutschland also Landkreisen oder kreisfreien Städten, historisch gelegentlich auch mit den Verkehrsunternehmen einer Region, zur gemeinsamen und abgestimmten Durchführung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Er besteht meist in der Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bei der die Kreise bzw. Städte und oft auch das jeweilige Bundesland Gesellschafter sind.
Grundziele sind
- ein einheitlicher Tarif,
- von allen Verkehrsunternehmen anerkannte einheitliche Fahrscheine,
- abgestimmte Fahrpläne,
- einheitliche Fahrplaninformationen und
- die Anschlusssicherung, unabhängig von den Verkehrsunternehmen.
Dem Verkehrsverbund als Organisationseinheit können von den beteiligten Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen weitere Aufgaben z. B. im Bereich Planung, Koordinierung und Service übertragen werden. Seit dem Inkrafttreten des Regionalisierungsgesetzes, mit dem der öffentliche Personenverkehr auf der Schiene Aufgabe der Bundesländer wurde, haben viele Verkehrsverbünde zugleich die Funktion des Bestellers von Leistungen wahrzunehmen; manchmal direkt (durch Ausschreibung oder Direktbestellung im Rahmen bestehender Verträge), oft auch indirekt über die regional zuständige Gesellschaft für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV).
Inhaltsverzeichnis
Verkehrsgemeinschaft
Im Unterschied zu einem Verkehrsverbund handelt es sich bei einer Verkehrsgemeinschaft um eine Kooperation der beteiligten Verkehrsunternehmen. Bedingt durch rechtliche Vorgaben auf europäischer Ebene, die grundsätzlich die Ausschreibung öffentlicher Beförderungsleistungen vorsehen, ist nach dem Auslaufen der bestehenden Linienkonzessionen damit zu rechnen, dass es mittelfristig keine Verkehrsgemeinschaften mehr geben wird.
Tarifverbund/-gemeinschaft
Ein Tarifverbund oder eine Tarifgemeinschaft garantieren lediglich einen einheitlichen Tarif, manchmal auch die gegenseitige Anerkennung von Fahrscheinen. Die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen wird aber auch hier, wie bei den Verkehrsgemeinschaften, mittelfristig dazu führen, dass reine Tarifverbünde nicht mehr bestehen werden.
Grundsätzliches
Einheitlich gilt die entsprechende EU-Richtlinie über den öffentlichen Personennahverkehr. Intention dieser Richtlinie ist, den ÖPNV für den Wettbewerb zu öffnen. Da eine echte Konkurrenz aber nicht sinnvoll ist und es sich bei vielen ÖPNV-Linien zudem um Relationen handelt, die nicht kostendeckend betrieben werden können, ein weiterer Betrieb aber gewünscht und im Rahmen der Daseinsvorsorge auch rechtlich notwendig ist, erfolgt die Umsetzung der Richtlinie durch die Schaffung von Linienbündeln, die ausgeschrieben werden; dabei werden natürlich auch weitere Kriterien wie etwa die Beschaffenheit der Fahrzeuge o. Ä. vorgegeben. Der Zuschlag ist – unter Beachtung der üblichen Kriterien wie fachliche Kompetenz und Zuverlässigkeit – dem Unternehmen zu erteilen, welches das höchste Gebot abgibt bzw. den niedrigsten Zuschuss verlangt. Für die Umsetzung haben alle deutschen Bundesländer unterschiedliche Gesetze über den öffentlichen Personennahverkehr erlassen, die auf die Verbünde teilweise unterschiedliche Auswirkungen haben.
Für alle Verkehrsverbünde gilt, dass in ihrem Bereich (meist eine Region) im Personennahverkehr alle Verkehrsmittel aller Betreiber zum gleichen Tarif, also mit nur einer Fahrkarte, benutzt werden können. Zusätzlich sollen Parallelverkehre (also die Bedienung zwischen gleichen Haltestellen auf demselben Linienweg durch unterschiedliche Verkehrsträger) möglichst vermieden werden. Die Tendenz geht in den letzten Jahren erkennbar in die Richtung der Schaffung größerer Verbundgebiete, wobei auch vermehrt Übergangstarife vereinbart werden.
Das Verbundgebiet wird meistens in Tarifgebiete, so genannte Waben oder Zonen, gegliedert. Der immer noch entfernungsabhängige Fahrpreis wird dabei nicht nach der Länge der mit den jeweiligen Verkehrsmitteln zurückgelegten Strecke im Kilometern bemessen, sondern orientiert sich an der Zahl der durchfahrenen Zonen, die unter Umständen noch verschiedenen Preisstufen angehören können.
Der älteste deutsche Verkehrsverbund entstand 1965 in Hamburg.
Schienenverkehr
In Deutschland wird allgemein beabsichtigt, auch die Leistungen des SPNV in Verkehrsverbünde zu integrieren. Nachdem die Länder durch das Regionalisierungsgesetz im Jahr 1994 diese Aufgabe übertragen bekamen und für die Bestellung der Leistungen zuständig wurden, haben diese zwei unterschiedliche Varianten zur Aufgabenerledigung gewählt:
- Zweckgemeinschaften und
- Verkehrsverbünde
Zweckgemeinschaften
Im Rahmen der Zweckgemeinschaften werden regelmäßig größere Gebiete eines Landes zusammengefasst, die dann ihren Bedarf an Leistungen im SPNV koordinieren und die finanzielle Machbarkeit abstimmen, um anschließend die Leistungen dann zu bestellen. Innerhalb einer Zweckgemeinschaft etwa bestehende Verkehrsverbünde werden zwar angehört, haben aber keinen unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung, im Idealfall sind Verbundgebiet und Zuständigkeitsbereich eines Zweckverbandes deckungsgleich.
Verkehrsverbünde als Besteller
Andere Länder haben im Rahmen ihrer Gesetzgebung festgelegt, dass grundsätzlich die Verbünde selber die SPNV-Leistungen bestellen und im Rahmen der Erlöse aus dem Fahrkartenverkauf bzw. der zugewiesenen Mittel auch bezahlen müssen.
Probleme
Verbundgrenzen
So vorteilhaft Verkehrsverbünde für die Fahrgäste im Verbundgebiet oft sind, so nachteilig kann dies sein, wenn man verbundübergreifend mit dem ÖPNV mobil sein möchte oder im Grenzgebiet eines Verbundes wohnt. Viele Verbünde haben mittlerweile Kooperationsabkommen mit benachbarten Verbünden oder sonstigen dort agierenden Verkehrsunternehmen geschlossen und bieten Übergangstarife an. Trotzdem ist das Thema bis heute oft noch problematisch, da nur selten eine umsteigefreie Fahrt möglich ist. Die Verkehrsleistung endet meist an der Verbundgrenze, der Mobilitätsbedarf aber nicht.
Tarife
Viele Verbünde bieten einen einheitlichen und oft sehr ausgetüftelten Tarif an. Gerade dies wird aber oft für auswärtige Besucher zum Problem, denen sowohl die Tarif- als auch die Ortskenntnisse fehlen und so enorme Schwierigkeiten haben, die passende Fahrkarte zu erwerben. Zusätzlich erschwert wird dies durch scheinbare Banalitäten, da ein Verbund immer die Entwertung erworbener Fahrscheine erwartet, ein anderer Verbund das Entwerterverfahren nicht kennt und der dritte Verbund sowohl bereits entwertete als auch noch zu entwertende Fahrscheine anbietet. Weiterhin ist es den Verkehrsverbünden bis heute nicht gelungen, einheitliche Tarifmerkmale oder Produktnamen zu schaffen – mal gilt die Tageskarte 24 Stunden, mal nur bis Betriebsschluss, es gibt Gruppen- oder Familienkarten, gelegentlich auch Fahrkarten „plus“, die zur Mitnahme weiterer Personen berechtigen usw.
Fernverkehr
Die Fernverkehrszüge (ICE, IC sowie einige andere Zuggattungen) der Deutschen Bahn sind regelmäßig nicht in die Verkehrsverbünde integriert, auch wenn ein oder mehrere aufeinander folgende Halte im Verbundgebiet liegen. Das hat zur Folge, dass diese Züge mit Verbundfahrkarten nicht bzw. in einigen Fällen nur mit zusätzlicher Ergänzungsfahrkarte genutzt werden können. Ausnahmen werden in Einzelfällen mit der örtlichen Betriebsleitung, z.B. bei Verspätungen oder Unfällen, vereinbart und örtlich (durch Lautsprecherdurchsagen z.B.) bekannt gemacht.
Siehe auch
- Liste deutscher Tarif- und Verkehrsverbünde
- Liste österreichischer Tarif- und Verkehrsverbünde
- Liste der Schweizer Tarif- und Verkehrsverbünde
Weblinks
Literatur
Knieps (2006): Vielfalt von Kooperationsformen Organisation der Verkehrsverbünde. In: Der Nahverkehr, Heft 12/2006, S. 7ff.
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