Verlängerte Werkbank

Verlängerte Werkbank

Der metaphorische Ausdruck verlängerte Werkbank wird ursprünglich für industrielle Fertigungsbetriebe (oder gar ganze Volkswirtschaften) verwendet, die keine eigene Forschung und Entwicklung betreiben, sondern nur Lohnfertigung von Produkten anbieten, die von anderen Unternehmen (oder in anderen Volkswirtschaften) entwickelt wurden.

Dieser Trend setzte in den Siebziger Jahren ein, als die ASEAN-Staaten anfingen sich in Richtung Westen zu öffnen und ausländische Investoren anzulocken. Auch in Südamerika gab es diese Tendenzen. Mit der einsetzenden Globalisierung, der Öffnung Osteuropas gen Westen und dem Ende der gelenkten Wirtschaft in Indien Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre breitete sich dieser Trend weiter aus.

Die verlängerte Werkbank bietet den investierenden Unternehmen mehrere Vorteile:

  • Nähe zu Rohstoffquellen
  • Niedriges Lohnniveau und (in vielen Ländern) schwache Gewerkschaften, fehlende Arbeitnehmerrechte (teilweise sogar die Ausnutzung von Kinderarbeit)
  • Direkte Unterstützung durch eine (oft) korrupte politische Klasse
  • Zugang zu inländischen Absatzmärkten

Nachteile und Risiken für die Wirtschaft sind dagegen

  • Instabile politische Systeme
  • Wechselkursrisiken (siehe Asienkrise)
  • unprofessionelle Banken

Für die einzelnen Länder sind die Vorteile

  • Aufbau der Infrastruktur
  • Ausbildung von Facharbeitern
  • Steuer- und Zolleinnahmen

Die Nachteile:

  • wachsende Abhängigkeit von der Weltwirtschaft und internationalen Finanzströmen
  • wachsende Umweltprobleme

Anfänglich wurden vor allem Bereiche der Leichtindustrie ausgelagert, die wenig Fachpersonal und geringe Investitionen voraussetzen, es folgte die Schwerindustrie, die mehr Kapital benötigt. Mit dem wachsenden Bildungsniveau in den entsprechenden Ländern umfasst das Outsourcing jedoch auch White Collar-Jobs und sogar Forschungs- und Entwicklungsabteilungen.

Der Effekt der "verlängerten Werkbank" verliert sich langsam und in den ehemaligen "Werkbank-Ländern" erwachsen vollwertige Zulieferer und sogar Konkurrenten. Inzwischen wird der Begriff verlängerte Werkbank auch allgemein für Sublieferanten benutzt, die Standardtätigkeiten oder Vorarbeiten für den eigentlichen Lieferanten erbringen.

Gründe dafür sind beispielsweise:

  • Der eigentliche Lieferant kann sich flexibler an einen schwankenden Kapazitätsbedarf anpassen.
  • Kostenersparnis
  • Prozesstechnische Gründe
  • Strategische Gründe


Beispiel:

Ein Unternehmen bietet an mehreren weltweiten Standorten die Reparatur und Überholung von Turbinen an. Da das eigentliche Werk, das die komplexen Reparaturprozesse durchführen kann, nur einmal existiert, gibt es für aussereuropäische Kunden eigenständige, zum Konzern gehörende Landesgesellschaften, die die Turbinen im Empfang nehmen, zerlegen, reinigen und für die eigentliche Überholung in das Reparaturwerk übersenden. Das reparierende Unternehmen spricht dabei von den ausländischen Landesgesellschaften als einer verlängerten Werkbank.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Werkbank — Hobelbank nennt sich die Werkbank des Tischlers …   Deutsch Wikipedia

  • Litauische Wirtschaft — Litauen hat in den vergangenen 20 Jahren mit dem Übergang von der sowjetischen Plan zur Marktwirtschaft große strukturelle Veränderungen hinter sich gebracht, die in einer sehr wechselvollen wirtschaftlichen Entwicklung ihren Niederschlag finden …   Deutsch Wikipedia

  • Abfüller — Kontraktpacker sind Subunternehmen, die Güter im Auftrag der eigentlichen Hersteller oder bloßer Rohwarenimporteure unter deren Markennamen oder als Handelsmarken verpacken, umpacken, bzw. zu Hauptprodukten beipacken. Andere Bezeichnungen sind… …   Deutsch Wikipedia

  • Auftragsproduzent — Die Artikel Auftragshersteller, Auftragsfertigung und Verlängerte Werkbank überschneiden sich thematisch. Hilf mit, die Artikel besser voneinander abzugrenzen oder zu vereinigen. Beteilige dich dazu an der Diskussion über diese Überschneidungen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Contract Packer — Kontraktpacker sind Subunternehmen, die Güter im Auftrag der eigentlichen Hersteller oder bloßer Rohwarenimporteure unter deren Markennamen oder als Handelsmarken verpacken, umpacken, bzw. zu Hauptprodukten beipacken. Andere Bezeichnungen sind… …   Deutsch Wikipedia

  • Copacker — Kontraktpacker sind Subunternehmen, die Güter im Auftrag der eigentlichen Hersteller oder bloßer Rohwarenimporteure unter deren Markennamen oder als Handelsmarken verpacken, umpacken, bzw. zu Hauptprodukten beipacken. Andere Bezeichnungen sind… …   Deutsch Wikipedia

  • Copacking — Kontraktpacker sind Subunternehmen, die Güter im Auftrag der eigentlichen Hersteller oder bloßer Rohwarenimporteure unter deren Markennamen oder als Handelsmarken verpacken, umpacken, bzw. zu Hauptprodukten beipacken. Andere Bezeichnungen sind… …   Deutsch Wikipedia

  • Lohnabfüller — Kontraktpacker sind Subunternehmen, die Güter im Auftrag der eigentlichen Hersteller oder bloßer Rohwarenimporteure unter deren Markennamen oder als Handelsmarken verpacken, umpacken, bzw. zu Hauptprodukten beipacken. Andere Bezeichnungen sind… …   Deutsch Wikipedia

  • Drježdźany — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • OEM-Version — Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung. Näheres ist auf der Diskussionsseite angegeben. Hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. Unter einem Original Equipment Manufacturer (abgekürzt OEM,… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”