Versammlungsrecht

Versammlungsrecht

Versammlungsfreiheit' bezeichnet ein Grundrecht. Es wird unter anderem durch Artikel 8 des deutschen Grundgesetzes, Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 22 der Schweizer Bundesverfassung gewährleistet.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Die Versammlungsfreiheit ist in Artikel 8 des Grundgesetzes als Grundrecht garantiert. Artikel 8 lautet:

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Schutzbereich

  • alle Deutschen – aus Absatz 1 ist ersichtlich, dass es sich um ein Bürgerrecht handelt. Folglich können sich nur deutsche Staatsbürger auf Art. 8 Abs. 1 berufen. Das bedeutet gleichwohl nicht, dass Ausländer sich nicht versammeln dürfen. Das Recht dazu können sie allerdings nur aus der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG + Art. 11 EMRK) bzw. aus dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) ableiten. Zusätzlich sprechen einige Landesverfassungen der Bundesländer, so z. B. die Verfassung von Berlin, das Versammlungsrecht allen Menschen zu.
  • friedlich und ohne Waffen – auf das Grundrecht können sich nur Teilnehmer friedlicher und unbewaffneter Versammlungen berufen. Für feindselige, aufrührerische und bewaffnete Zusammenschlüsse gibt es keinen Grundrechtsschutz.
  • unter freiem Himmel – die Versammlung ist grundsätzlich frei, das heißt, dass es keine staatliche Kontrolle wie Genehmigungen gibt. Für Versammlungen unter freiem Himmel kann das Grundrecht jedoch nach Abs. 2 durch oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Wichtigstes Gesetz ist hier das Versammlungsgesetz, das für Versammlungen unter freiem Himmel regelmäßig eine Anmeldepflicht vorsieht. Unter freiem Himmel kennzeichnet hierbei einen Ort, welcher der Öffentlichkeit frei zugänglich ist. Versammlungen in privaten Innenhöfen beispielsweise fallen deshalb nicht in den Schutzbereich. Versammlungen, die nicht unter freiem Himmel stattfinden, werden nicht schrankenlos gewährt. Hier sind beschränkend die verfassungsunmittelbaren Schranken, also „friedlich“ und „ohne Waffen“ zu beachten.

Soweit Räumlichkeiten genutzt werden gilt die Verordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten und Beherbergungsstätten.

Einschränkungen

Einschränkungen in der Ausgestaltung der grundsätzlichen Versammlungsfreiheit ergeben sich in erster Linie aus dem Versammlungsgesetz:

  • Waffentrageverbot: Das Mitführen von Gegenständen, die eigens dazu bestimmt / hergestellt wurden, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beeinträchtigen oder zu beseitigen (technische Waffen) und Gegenstände, die ohne dazu bestimmt zu sein, jedoch aufgrund der Beschaffenheit, Handhabung und der Verwendungsabsicht des Teilnehmers dazu geeignet sind die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit eines Menschen zu beeinträchtigen oder abzuwehren (nichttechnische Waffen) stellt eine Straftat dar (siehe §§ 2 Abs 3, 27 Abs. 1 VersammlG)
  • Passive Bewaffnung: Bei Versammlungen und auf dem Weg dorthin ist es nach § 17a 1, 27 Abs. 2 Nr. 1 VersammlG eine Straftat, Schutzwaffen gegen Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen mit sich zu tragen.
  • Vermummungsverbot: Bei Versammlungen oder auf dem Weg dorthin ist es eine Straftat, sich in einer Weise aufzumachen, die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern. Als Ordnungswidrigkeit geahndet wird bereits das Mitführen von dazu geeigneten und bestimmten Gegenständen bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel, Aufzügen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltung unter freiem Himmel oder auf dem Weg dorthin (siehe §§ 17a Abs. 2, 28 VersammlG). Das Anlegen, also Tragen solcher Gegenstände bei oder auf den Weg zu solchen Veranstaltungnen stellt einen Straftatbestand dar. (siehe §§ 17a Abs. 2, 27 Abs. 2 Nr. 2 VersammlG).
  • Versammlungen an Gedenkstätten von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung, die an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnern, können seit dem 18. März 2005 verboten werden. (§ 15)
  • Auflösung/Verbot der Versammlung: Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist (§ 15 Abs. 1 VersammlG)
  • Anmeldepflicht: Eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel muss spätestens 48 Stunden vor Bekanntgabe ihrer Durchführung bei der zuständigen Behörde angemeldet werden (§ 14 VersammlG). Darüber hinaus müssen auch öffentliche Versammlungen u. f. H. angemeldet werden, die diese Anmeldefrist nicht rechtzeitig einhalten können (so genannte Eilversammlungen). Spontanversammlungen, die ungeplant und aus aktuellem Anlass entstehen unterliegen auch dem Schutz des Art. 8 Grundgesetz und benötigen gem. des Brokdorf-Beschlusses keine Anmeldung.
  • Minusmaßnahmen

Versammlungsbegriff

Der Begriff der Versammlung ist im Grundgesetz selbst nicht erklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat den Versammlungsbegriff im Sinne des Artikel 8 des Grundgesetzes definiert als

„eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung.“

Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit dem Loveparade-Urteil aus dem Jahr 2001 (1 BvQ 28/01, 1 BvQ 30/01 vom 12. Juli 2001) dem sogenannten engen Versammlungsbegriff angeschlossen, wonach die Versammlungsteilnehmer einen gemeinsamen Zweck verfolgen müssen, der von allgemeinem Interesse ist. Laut BVerfG wird bei der Loveparade nur ein Lebensgefühl zur Schau gestellt. Es handle sich um eine Massenparty. Demnach ist die Loveparade genauso wie der Hamburger G-Move nur eine Veranstaltung und wird daher nicht vom Art. 8 GG erfasst. Bloße Menschenansammlungen – beispielsweise die Schaulustigen bei Unfällen – gelten nicht als Versammlungen. Derartige Ansammlungen können durch die Polizei aufgelöst werden.

Wenn Polizisten im Rahmen ihres Dienstes eine Versammlung begleiten, dann gelten sie nicht als Versammlungsteilnehmer. Somit machen sie sich auch nicht gemäß dem Waffentrageverbot nach § 3 (1) Versammlungsgesetz strafbar. Gleichfalls gilt das Vermummungsverbot auch nur dann für Polizisten, wenn sie das Versammlungsrecht aus Art. 8 GG in Anspruch nehmen.

Siehe auch

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