- Victor Kugler
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Victor Kugler (* 5. oder 6. Juni 1900 in Hohenelbe; † 16. Dezember 1981 in Toronto) war einer der Menschen, die den Familien Frank und van Pels sowie Fritz Pfeffer dabei halfen, sich vor der nationalsozialistischen Besatzung der Niederlande zu verstecken. In Anne Franks posthum veröffentlichtem Tagebuch wurde er „Herr Kraler“ genannt.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kugler [1] trat während des Ersten Weltkriegs in die österreichisch-ungarische Armee ein, nachdem er eine Ausbildung abgeschlossen hatte. Er wurde 1918 entlassen, nachdem er verwundet wurde. Er zog nach Deutschland und arbeitete dort als Elektriker.
1920 zog er nach Utrecht, um für das Unternehmen Pomosin aus Frankfurt am Main Pektin zu verkaufen. Mehrere Jahre lang hatte er bei dem Utrechter Unternehmen gearbeitet, das die Lizenz zum Verkauf von Pektin an Marmeladenfabriken erworben hatte. Diese Firma hatte ihn anfangs mit der Vorbereitung einer Amsterdamer Opekta-Niederlassung beauftragt. Als sich herausstellte, dass ihm das nicht gelang (Miep Gies, 19. Februar 1985), hatte Otto Frank diese Aufgabe übernommen. Über den Pektinhandel lernten Victor Kugler und Otto Frank einander kennen. Kugler wurde 1933 einer der ersten Mitarbeiter in Otto Franks neu gegründetem Amsterdamer Opekta-Handel, mehr oder weniger als dessen rechte Hand. Als Otto Frank seinen Betrieb um eine Firma für Gewürzmischungen (Pectacon) erweiterte, war Victor Kugler maßgeblich daran beteiligt.[2]
Im Mai 1938 erlangte er die niederländische Staatsbürgerschaft. 1940 ermöglichte ihm diese und auch die Tatsache, dass er nicht jüdisch war, die Enteignung von Pectacon zu verhindern. Er liquidierte Pectacon und übernahm die Leitung der von ihm neu gegründeten Firma „Gies & Co“.[2]
Er und seine Frau Laura Maria Buntenbach-Kugler (* 10. Mai 1895; † 6. Dezember 1952) lebten während des Krieges in Hilversum, ca. 25 Kilometer entfernt von Amsterdam.
Von Juli 1942 bis August 1944 half er seinen Kollegen Miep Gies, Johannes Kleiman und Bep Voskuijl beim Verstecken von acht Menschen in einem versiegelten Nebengebäude ihres Firmensitzes in Amsterdam vor den Nazis, darunter auch Anne Frank. Am 4. August 1944 wurde er von einem unbekannten Informanten an die Gestapo verraten.
Er wurde in der Gestapo-Zentrale in der Euterpestraat verhört, dann am selben Tag in ein Gefängnis für Juden und „politische Gefangene“, die auf die Abschiebung warteten, transportiert. Am 7. September wurde er in das Gefängnis in Weteringschans verlegt, in eine Zelle mit zum Tode verurteilten Menschen. Es folgte vier Tage später, am 11. September, die Verlegung ins Durchgangslager Amersfoort, wo er für den Transport nach Deutschland ausgewählt wurde. Am 17. September wurde der Bahnhof von Amersfoort durch einen Bombenanschlag zerstört und am 26. September wurde Kugler mit etwa 1.100 anderen Männern nach Zwolle gebracht und zum Ausheben von Anti-Panzer-Gräben gezwungen.
Kugler wurde erneut vom 30. Dezember 1944 bis zum 28. März 1945 von der SA nach Wageningen zur Zwangsarbeit verlegt. Als rund 600 Häftlinge von Wageningen durch Renkum, Heelsum, Oosterbeek, Arnheim, Westervoort und Zevenaar marschierten, mit der Absicht am folgenden Tag nach Deutschland weiter zu gehen, erfolgte ein Luftangriff und Kugler nutzte die Verwirrung, um zu entkommen. Er wurde von einem Landwirt für ein paar Tage versteckt, lieh sich ein Fahrrad und machte sich auf den Weg zurück nach Hilversum. Er erreichte die Stadt im April 1945. Dort versteckte er sich bis zur Befreiung der Niederlande am 5. Mai 1945.
Nach dem Kriegsende gab es dann die Firmen Opekta und Gies & Co in der Prinsengracht 263. Gesetzliche Maßnahmen der Exil-Regierung in London verpflichteten die IHK’s infolge deutschen Verordnungen liquidierte Firmen bei Forderungen der ursprünglichen Inhaber wieder zu registrieren. Frank und Kleiman (und Kugler) konnten so Pectacon wieder fortsetzen. Gies & Co blieb aber dennoch bestehen.[2]
Laura Kugler starb am 6. Dezember 1952. Drei Jahre später heiratete Victor Kugler Lucie (Loes) van Langen und zog nach Kanada, wo sein Bruder, seine Schwester und seine Mutter bereits lebten.
1973 erhielt er von der Gedenkstätte Yad Vashem die Medaille der Gerechten und 1977 verlieh ihm die kanadische Anti-Defamation League einen Preis, dotiert mit 10.000 Dollar, in Anerkennung seiner Unterstützung beim Verstecken der Familien Frank und van Pels.
Literatur
- Rick Kardonne, Victor Kugler: The Man Who Hid Anne Frank. Gefen Publishing House 2008. ISBN 978-9652294104
- Das Tagebuch der Anne Frank: The Revised Kritische Edition, Anne Frank, herausgegeben von David Barnouw und Gerrold van der Stroom, übersetzt von Arnold J. Pomerans, zusammengestellt von HJJ Hardy, zweite Auflage, Doubleday 2003 .
- Anne Frank Remembered, Miep Gies, Alison Leslie Gold, Simon and Schuster 1988.
- Rosen aus der Erde: die Biographie von Anne Frank, Carol Ann Lee, Penguin 1999.
- Anne Frank: The Biography, Melissa Müller, Vorwort von Miep Gies, Bloomsbury 1999.
- Den Spuren von Anne Frank, Ernst Schnabel, Pan 1988.
- The Hidden Life of Otto Frank, Carol Ann Lee, Penguin 2002.
Einzelnachweise
- ↑ Leben und Wirken von Victor Kugler
- ↑ a b c Die Daten basieren auf dem Schriftverkehr mit dem Anne-Frank-Haus in Amsterdam.
Weblinks
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