Virtuelle Organisation

Virtuelle Organisation

Eine Virtuelle Organisation (VO) ist eine Form der Organisation, bei der sich rechtlich unabhängige Unternehmungen und/oder auch Einzelpersonen virtuell (meist über das Internet) für einen gewissen Zeitraum zu einem gemeinsamen Geschäftsverbund zusammenschließen. Gegenüber Dritten bzw. Auftraggebern tritt das Virtuelle Unternehmen wie ein einheitliches Unternehmen auf. Durch die Virtualität ist der physische Standort der einzelnen Teilnehmer nicht von Bedeutung. Es wird hierbei versucht die Wertschöpfungskette durch kooperative Zusammenarbeit von Partnern mit spezifischen Kernkompetenzen zu optimieren und dadurch besonders kundenorientierte und wettbewerbsfähige Leistungserstellung zu erreichen. Der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) kommen in diesem Zusammenhang elementare Bedeutung zu, da sie die geforderte Überwindung von Raum und Zeit erst ermöglichen.

Die Teilnehmer an virtuellen Organisationen (A-J) können sich dynamisch gruppieren, um verschiedene Ressourcenkombinationen (z. B. Datenbanken) zu nutzen

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Merkmale der virtuellen Organisation sind Flexibilität, keine direkte Kommunikation und Kundenorientierung. Virtuelle Unternehmen kooperieren ohne dafür ein Unternehmen zu gründen, einen Standort zu suchen, Personal einzustellen und eine Organisation aufzubauen. Es werden zeitlich begrenzte Marktpotentiale durch Kooperation ausgenutzt. Im Gegensatz zu anderen Kooperationen wie z. B.: Joint Ventures wird auf die Institutionalisierung von zentralen Managementfunktionen verzichtet. Es kommt zu keiner Spezialisierung auf einen Teilbereich der Wertschöpfungskette, sondern es kann die ganze Kette umfasst werden. Einzelne Teilprozesse werden auf die Kooperationspartner je nach Kernkompetenz verteilt und dann dezentralisiert bearbeitet. Die virtuelle Organisation eignet sich vor allem für die Herstellung von kundenindividuellen Lösungen, da für Massenproduktion traditionelle Organisationsformen besser geeignet sind.

Rechtliche Einordnung

Da es sich bei virtuellen Organisationen nur um den Zusammenschluss rechtlich unabhängiger Teilnehmer handelt, entsteht keine Gesellschaftsform. Die Kooperation erfolgt meist nur nach Leistungsaustauschverträgen. In Deutschland fällt das virtuelle Unternehmen unter die BGB-Gesellschaft, außer man regelt eine andere gesellschaftliche Form, wie z. B. GmbH oder AG. Somit sind auch steuerliche Aspekte zu beachten.

Vor- und Nachteile

Als großer Vorteil muss hier vor allem das enorme Kosteneinsparungspotential genannt werden, das durch den Wegfall der Raum-, Organisations- bzw. Reisekosten entsteht. Durch traditionelle Unternehmensformen wäre es nicht möglich, sich so gut und flexibel wie mit Virtuellen Organisationen auf neue Markterfordernisse in einem dynamischen Umfeld einzustellen. Da jeder Teilnehmer seine Kernkompetenz einbringt, kommt es zu einem sehr effizienten Arbeitsergebnis. Des Weiteren werden durch die Zusammenarbeit die Markterschließungskosten aufgeteilt und Markteintrittsbarrieren gesenkt.

Oft werden nur die Vorteile dieser Organisation gesehen, doch bei genauerer Betrachtung ist die flexible, lockere projektorientierte Struktur der Virtuellen Organisation mehreren Gefahrenquellen ausgesetzt. Die lose Organisation ist schwierig zu kontrollieren. Durch die starke Abhängigkeit zwischen den Partnern kann es vorkommen, dass einzelne Partner diese zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen (z. B. Weitergabe von vertraulichen Daten an Dritte). Sanktionen für solche Teilnehmer sind nur schwer durchzusetzen. Deshalb ist es ratsam, Virtuelle Organisationen nur mit „vertrauenswürdigen“ bzw. langjährigen Geschäftspartnern einzugehen.

Auch für die Mitarbeiter kann es zu Problemen kommen. Sie können nur schwierig ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln und sich mit dem Unternehmen identifizieren. Des Weiteren darf bezweifelt werden, dass sämtliche Kommunikation vollständig virtuell durchgeführt werden kann. Außerdem muss die totale Abhängigkeit von einer voll funktionsfähigen Informations- und Kommunikationstechnologie als Nachteil angesehen werden.

Virtuelles Unternehmen

  • Ausnutzung zeitlich begrenzter Marktpotentiale durch Kooperation
  • Verzicht auf Institutionalisierung zentraler Managementfunktionen

Anwendungsgebiete

  • Grid-Computing
  • Zusammenschluss von Experten, die in den verschiedensten Ländern der Welt beheimatet sind, zu einem Expertenpool.
  • Kooperation auf Märkten mit hoher Produktkomplexität und Marktunsicherheit
  • Entwicklung von Open Source Software (z. B.: der Linux Kernel)

Literaturquellen

  1. vgl. Mowshowitz, A. 1986
  2. vgl. (Hakansson/Johanson 1998)
  3. vgl. Gora / Scheid 2001
  4. vgl. Gesmann – Nuissl 2001
  5. vgl. Picot, A.; Reichwald, R.; Wigand, R. T., Die grenzenlose Unternehmung, Wiesbaden 2003
  6. vgl. Fimmen,P.; Virtuelle Unternehmen - Innovative Strategien für die Internationalisierung von KMU, Saarbrücken 2005

Literatur


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