- Vom Machandelbaum
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Vom Machandelbaum ist ein Märchen (Typ 720 nach Aarne-Thompson), das in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 47 auf Plattdeutsch enthalten ist (KHM 47). Der Maler Philipp Otto Runge schrieb eine solche Mundartfassung des Märchens nieder und schickte sie an die Brüder Grimm.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Die fromme Frau eines reichen Mannes wünscht sich beim Schälen eines Apfels unter dem Wacholderbaum, wobei sie sich in den Finger schneidet, ein Kind so rot wie das Blut und so weiß wie der Schnee. Sie wird schwanger, stirbt bei der Geburt des Sohnes und wird unter dem Baum begraben.
Nach der Trauer heiratet der Mann eine Frau, die mit ihm eine Tochter hat, aber den Stiefsohn hasst. Als einmal die Tochter einen Apfel will, nimmt sie ihn ihr weg, um erst dem Bruder einen anzubieten. Als er sich aber in die Truhe bückt, schlägt sie ihm mit dem Deckel den Kopf ab. Erschrocken setzt sie ihn wieder auf, bindet ein Halstuch um und setzt ihn mit dem Apfel in der Hand vors Haus. Sie lässt die Tochter ihm eins auf die Ohren geben, da er nicht antwortet, so dass der Kopf abfällt. Dann kocht sie ihn in der Suppe, und die Tochter weint hinein. Der Vater ist traurig, als er hört, sein Sohn sei plötzlich weggegangen, aber die Suppe schmeckt ihm.
Die Tochter sammelt die Knochen und legt sie weinend in ein Seidentuch unter dem Baum. Da wird ihr licht, die Wacholderzweige bewegen sich wie Hände, und aus einem Feuer im Nebel fliegt ein schöner singender Vogel. Die Knochen sind weg. Der Vogel singt auf dem Dach eines Goldschmieds, eines Schusters und auf dem Lindenbaum vor einer Mühle. Für die Wiederholung verlangt er eine Goldkette, rote Schuhe und einen Mühlstein. Dann singt er zu Hause auf dem Wacholderbaum, wodurch dem Vater wohl und der Mutter angst wird. Er wirft dem Vater die Kette um den Hals, der Schwester die Schuhe auf den Boden und der Mutter den Mühlstein auf den Kopf. Der Sohn ersteht aus Dampf und Flamme wieder. Die drei essen vergnügt.
Sprache
Das Märchen ist auf plattdeutsch abgedruckt. Das Lied des Vogels (das im Gegensatz zum Rest des Märchens bis auf die letzte Zeile hochdeutsch ist) lautet:
- „Mein Mutter, der mich schlacht',
- mein Vater, der mich aß,
- mein Schwester, der Marlenichen,
- sucht alle meine Benichen,
- bind't sie in ein seiden Tuch,
- legt's unter den Machandelbaum.
- Kywitt, kywitt, wat vör'n schöön Vagel bün ik!“
Typisierung und verwandte Märchen
Vom Machandelbaum gehört zu den Stiefmuttermärchen wie Schneewittchen oder Aschenputtel, es ist auch verwandt mit Geschwistermärchen wie Brüderchen und Schwesterchen, wo die Schwester den Bruder verliert und erlöst. Der Totenvogel ist sehr ähnlich in De drei Vügelkens, ferner Der Räuberbräutigam, Der singende Knochen (Flöte), Hänsel und Gretel (Hänsels "Täubchen"), Märchen von der Unke, Das singende springende Löweneckerchen, Fitchers Vogel.
Adaptionen
- Johann Wolfgang von Goethe verwendet das Märchen vom Machandelbaum am Ende von Faust I; Gretchen singt das Lied des Vogels in etwas abgewandelter Form, als sie im Kerker sitzt.
- Roderick Watkins schrieb eine Oper mit dem Märchenstoff: The Juniper Tree, An Opera in One Act (aufgeführt auf der Musikbiennale für neues Musiktheater, Frühjahr 1997 in München)
Literatur
- Belgrader, M.: Das Märchen von dem Machandelboom. Frankfurt, Bern, Cirencester 1980.
- Burkert, W.: Vom Nachtigallenmythos zum Machandelboom. In: Mythos in unseren Märchen. Veröffentlichungen der Europ. Märchengesellschaft Nr. 6, 1984. S. 113-125.
- Derungs, K.: Archaische Naturmotive in der Zaubermärchen. In: Die ursprünglichen Märchen der Brüder Grimm. Bern 1999.
- Harva, U.: Die religiösen Vorstellungen der altaischen Völker. Helsinki 1938.
- Just, G.: Magische Musik. Frankfurt 1991.
- Meuli, K.: Bettelumzüge im Totenkultus, Opferritual und Volksbrauch. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Nr. 28, 1927, S. 1-38 oder in: Gesammelte Schriften. Basel, Stuttgart 1976.
- Oberfeld, C.: Der Wacholderbeem, ein Mythenmärchen? In: Hessische Blätter für Volkskunde Nr. 51/52, 1960, S. 218-223.
- Uhsadel-Gülke, C.: Knochen und Kessel. Meisenheim 1972.
Weblinks
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