Bayessches Filter

Bayessches Filter

Das (auch: der) bayessche Filter (auch als bayesisches Filter und meistens als Bayes-Filter bezeichnet) ist ein statistischer Filter, der auf dem bayesschen Wahrscheinlichkeitsbegriff aufbaut. Sein Name leitet sich vom englischen Mathematiker Thomas Bayes (etwa 1702−1761) ab.

Markow-Filter stellen eine Weiterentwicklung dar, bei der nicht nur einzelne Wörter, sondern ganze Wortketten und Kombinationsmöglichkeiten bewertet werden.

Inhaltsverzeichnis

Anwendung in E-Mails

E-Mails werden mit Hilfe des bayesschen Filters folgendermaßen untersucht: Von charakteristischen Wörtern in einer E-Mail (Ereignis) wird auf die Eigenschaft geschlossen, als SPAM eingeordnet zu werden. Dieses statistische Filtern, zuerst 1998 von Sahami et al.[1] vorgeschlagen und ab 2002 durch einen einflussreichen Artikel von Paul Graham[2] popularisiert, soll vorhersagen, ob eine E-Mail Spam ist oder nicht. Das Filter wird von vielen Antispam-Programmen benutzt und ist beispielsweise in den E-Mail-Clients von Opera und Mozilla Thunderbird implementiert.

Statistische Gegenmaßnahmen basieren auf Wahrscheinlichkeits-Methoden, abgeleitet vom Bayestheorem. Bayessche Filter sind oft „lernend“ (auch „selbstlernend“) organisiert und setzen auf Worthäufigkeiten in bereits vom Benutzer erhaltenen und klassifizierten E-Mails. Ein bayessches Filter wird durch seinen Benutzer trainiert, indem dieser seine E-Mails in erwünschte (Ham) und unerwünschte (Spam) einteilt. Das bayessche Filter stellt nun eine Liste mit Wörtern zusammen, die in unerwünschten E-Mails vorkommen. Hat der Benutzer z.B. E-Mails mit den Begriffen „Sex“ und „Viagra“ als Spam gekennzeichnet, haben alle E-Mails mit diesen Begriffen eine hohe Spamwahrscheinlichkeit. Begriffe aus erwünschten E-Mails wie „Verabredung“ oder „Bericht“ führen dann zu geringer Spamwahrscheinlichkeit. Allerdings reichen einzelne Schlüsselwörter nicht aus, relevant ist die Gesamtsumme der Bewertungen der einzelnen Wörter.

Das Filter schafft bereits nach kurzem Training mit zirka 30 E-Mails erstaunlich hohe Trefferquoten − auch wenn für die produktive Nutzung ein Training mit mindestens mehreren hundert Mails beider Kategorien empfohlen wird. Es wird von vielen Providern zum Abfangen von Spam verwendet.

Das entscheidende Risiko besteht für den Benutzer, dass ihm eine reguläre Mail entgeht, also die falsch-positiven Fälle. Für einen Privatmann, der zusätzlich mit Whitelists arbeitet, kann dies noch hinnehmbar sein, jedoch riskieren Firmen demgegenüber, dass wichtige Anfragen von Neukunden verlorengehen. Wichtig ist nur, dass man vor allem in der Anfangsphase des Trainings nicht nur die unerwünschten Mails markiert, sondern auch die regulären.

Die Versender von Spam sehen aber auch nicht tatenlos zu. Werbebotschaften werden z.B. in Bildern untergebracht, damit sie der Filter nicht findet, und verdächtige Begriffe werden bewusst falsch (z.B. „V|agra“ oder „Va1ium“) oder mit eingestreuten Leerzeichen geschrieben. Allerdings bewertet der Filter auch HTML-Tags wie „img“ und „src“ negativ, so dass Bilder in E-Mails ein recht guter Hinweis auf Spam sind, ebenso wie die falsch geschriebenen Wörter, die vom Filter ja ebenfalls gelernt und natürlich mit einer extrem hohen Spamwahrscheinlichkeit bewertet werden.

In jüngerer Zeit ist häufig eine Methode zu beobachten, bei der zufällige Zitate oder ganze Kapitel aus der Weltliteratur (evtl. in weißer Schrift oder als Meta-Tag unlesbar) eingefügt werden, um die statistischen Maßnahmen auszutricksen. Dies ist aber ebenfalls keine sehr erfolgreiche Strategie, weil zufällig ausgewählte ‚harmlose‘ Begriffe oder Sätze weder eine besonders hohe noch eine besonders niedrige Spamwahrscheinlichkeit haben, so dass sie in der Gesamtbewertung aller in der Mail vorkommenden Begriffe keine Rolle spielen.

Eine Besonderheit in nicht englischsprachigen Ländern entsteht daraus, dass Spam überwiegend in englischer Sprache verfasst ist. Die Trefferwahrscheinlichkeit eines bayesschen Filters dürfte daher in diesen Ländern höher liegen, aber auch die Gefahr, dass eine erwünschte englischsprachige Mail fälschlicherweise als Spam erkannt wird.

Das Filtern auf statistischen Grundlagen ist eine Art Text-Klassifikation. Eine Anzahl von Forschern der angewandten Linguistik, die sich mit maschinellem Lernen befassen, haben sich bereits diesem Problem gewidmet.

Mathematische Grundlage

Das Bayestheorem lautet

P(A|B) \; = \; \frac {P(B|A) \cdot P(A)} {P(B)},

wobei P(A | B) die bedingte Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A unter der Voraussetzung genannt wird, dass (vorher) Ereignis B eingetreten ist.

P(\text{Suchwort kommt vor}|\text{Spam})\,

wäre demnach die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das betreffende Suchwort in einer E-Mail vorkommt, wenn es sich bei ihr um eine Spam-Mail handelt, und umgekehrt

P(\text{Spam}|\text{Suchwort kommt vor})\,

die in diesem Zusammenhang interessierende Wahrscheinlichkeit, dass eine E-Mail Spam ist, wenn sie das betreffende Suchwort enthält. Gemäß der obigen Bayes-Formel lässt diese Wahrscheinlichkeit sich nun wie folgt berechnen:

P(\text{Spam}|\text{Suchwort kommt vor}) \; = \; \frac {P(\text{Wort kommt vor}|\text{Spam}) \cdot P(\text{Spam})} {P(\text{Suchwort kommt vor})}.

Siehe auch

Weitverbreiteter und ausgezeichneter[3][4][5][6] Freie-Software-Spamfilter, der den Bayesschen Filter implementiert und der sowohl auf Benutzer- als auch auf Mailserver-Ebene eingesetzt werden kann

Weblinks

  • spambayes kostenloser Bayesscher Spamfilter, erhältlich als Outlook-Plugin oder als Proxy-Lösung für alle anderen Mail-Clients
  • b8 ein in PHP implementierter Bayes-Filter für Weblogs oder Gästebücher (bilingual: Deutsch und Englisch)
  • Spamihilator sehr guter Filter, Freeware, deutsch
  • Thunderbird-Erweiterung MailClassifier, ein auf dem Bayesschen Filter beruhender E-Mail-Filter zur automatisierten Klassifizierung und Kategorisierung von E-Mails
  • Die Mathematik im Bayes Spamfilter, die benötigten Hilfsmittel und ein Rechenbeispiel

Einzelnachweise

  1. M. Sahami, S. Dumais, D. Heckerman, E. Horvitz: A Bayesian approach to filtering junk e-mail, AAAI'98 Workshop on Learning for Text Categorization, 1998.
  2. P. Graham: A Plan for Spam, August 2002.
  3. The 2003 OSDir.com Editor's Choice Awards in Open Source (osdir.com)
  4. SpamAssassin Takes Top Anti-Spam Honors (earthweb.com)
  5. Datamation.com Announces Product of the Year Winners 2006 (earthweb.com)
  6. Linux New Media Awards 2006 (linuxnewmedia.com)

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Bayessches Theorem — Das Bayestheorem (auch Satz von Bayes) ist ein Ergebnis der Wahrscheinlichkeitstheorie, benannt nach dem Mathematiker Thomas Bayes. Es gibt an, wie man mit bedingten Wahrscheinlichkeiten rechnet. Inhaltsverzeichnis 1 Formel 2 Interpretation 3… …   Deutsch Wikipedia

  • Thomas Bayes — Bild Thomas Bayes , wohl nicht authentisch Thomas Bayes [bɛi:z] (* um 1701? in London; † 7. April 1761 [1] in Tunbridge Wells) war ein englischer Mathematiker und …   Deutsch Wikipedia

  • Konditionale Wahrscheinlichkeit — Bedingte Wahrscheinlichkeit (auch konditionale Wahrscheinlichkeit) ist die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses A unter der Bedingung, dass ein Ereignis B bereits vorher eingetreten ist. Es wird geschrieben als P(A | B), der… …   Deutsch Wikipedia

  • Totale Wahrscheinlichkeit — Bedingte Wahrscheinlichkeit (auch konditionale Wahrscheinlichkeit) ist die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses A unter der Bedingung, dass ein Ereignis B bereits vorher eingetreten ist. Es wird geschrieben als P(A | B), der… …   Deutsch Wikipedia

  • Verbundwahrscheinlichkeit — Bedingte Wahrscheinlichkeit (auch konditionale Wahrscheinlichkeit) ist die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses A unter der Bedingung, dass ein Ereignis B bereits vorher eingetreten ist. Es wird geschrieben als P(A | B), der… …   Deutsch Wikipedia

  • Bayes-Klassifikator — Ein Bayes Klassifikator (Aussprache: [bɛi:z], benannt nach dem englischen Mathematiker Thomas Bayes), ist ein aus dem Bayestheorem hergeleiteter Klassifikator. Er ordnet jedes Objekt der Klasse zu, zu der es mit der größten Wahrscheinlichkeit… …   Deutsch Wikipedia

  • HMM — Das Hidden Markov Model (HMM) ist ein stochastisches Modell, das sich durch zwei Zufallsprozesse beschreiben lässt. Ein Hidden Markov Model ist auch die einfachste Form eines dynamischen Bayesschen Netz. Der erste Zufallsprozess entspricht dabei… …   Deutsch Wikipedia

  • Hidden-Markov-Modell — Das Hidden Markov Model (HMM) ist ein stochastisches Modell, das sich durch zwei Zufallsprozesse beschreiben lässt. Ein Hidden Markov Model ist auch die einfachste Form eines dynamischen Bayesschen Netz. Der erste Zufallsprozess entspricht dabei… …   Deutsch Wikipedia

  • Hidden Markov Modell — Das Hidden Markov Model (HMM) ist ein stochastisches Modell, das sich durch zwei Zufallsprozesse beschreiben lässt. Ein Hidden Markov Model ist auch die einfachste Form eines dynamischen Bayesschen Netz. Der erste Zufallsprozess entspricht dabei… …   Deutsch Wikipedia

  • Hidden Markov model — Das Hidden Markov Model (HMM) ist ein stochastisches Modell, das sich durch zwei Zufallsprozesse beschreiben lässt. Ein Hidden Markov Model ist auch die einfachste Form eines dynamischen Bayesschen Netz. Der erste Zufallsprozess entspricht dabei… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”