- Weichselzopf
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Der Weichselzopf (auch Wichtel-, Wüchsel-, Schrötleins- oder Judenzopf, Haarschrötel, Trichoma, Cirragra, Plica polonica genannt) ist die historische Bezeichnung für eine massive Zusammenballung verfilzter Kopfhaare zu einem unentwirrbaren Geflecht ähnlich den heutigen Dreadlocks, die im Extremfall auch das Haupthaar als Ganzes betreffen kann. Der Begriff wurde auch im übertragenen Sinne für Gedankengänge und literarische Werke angewendet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Weichselzopf war im Mittelalter und noch bis zum 16. Jahrhundert auch in Deutschland nicht selten und soll sich in der Schweiz, in Belgien, im Elsass und am Rhein gefunden haben. Im 19. Jahrhundert kam er noch in den Donauländern und in Polen vor, woher die lateinische Bezeichnung plica polonica und die englische polish plait rühren.
Medizin
Der Weichselzopf geriet auch in den Fokus der Medizin, da er häufig von Hauterkrankungen begleitet war und mit in den ärmeren Bevölkerungsschichten verbreiteter mangelnder Hygiene einherging. Es entstand in diesen krankheitswertigen Fällen zunächst an einzelnen Punkten und später über die ganze Fläche der Kopfhaut ein nässender Ausschlag, der größtenteils zu Schorf eintrocknete und die Haare zu einem dichten, filzartigen Gebilde verklebte. Da ein Auskämmen des Haars zum Teil aufgrund der Schmerzhaftigkeit, zum Teil wegen abergläubischer Vorurteile vermieden wurde, lagerte sich in dem Haarfilz, abgesehen von dem Exsudat, Schmutz aller möglichen Art ab, der die Haarmasse noch dichter machte und auch Läuse beherbergen konnte, deren Nissen ebenfalls zur Verklebung beitrugen. Von medizinischer Seite wurde daher Sorge für Reinlichkeit der Haare und Haut gefordert, um diese Erscheinungen zu verhüten bzw. rückgangig zu machen.
So heißt es etwa in Meyers Konversations-Lexikon (4. Auflage von 1888–1890):
- „Nur schert man am besten frühzeitig das Haar ab und kämmt und bürstet sehr sorgfältig. Bei einem veralteten Weichselzopf wird am besten die Kur mit dieser Prozedur begonnen, um den weiterhin anzuwendenden örtlichen Mitteln die Möglichkeit gründlicher Einwirkung auf die erkrankte Kopfhaut zu geben.“
In humanmedizinischen und hygienischen Werken tauchen die Begriffe vor allem bis etwa 1910 und in abnehmenden Maße und in zunehmend historischer Betrachtung bis kurz nach 1920 auf, danach fast nur mehr in Wörterbüchern für eine Verfilzung der Haare durch die Nissen hochgradiger Kopfverlausung und Ekzemkrusten oder als Anmerkung. In tiermedizinischen Werken tauchte er vor allem im Zusammenhang mit Pferden auf.
Berühmte Träger
Die wohl bekannteste Person, die eine Haartracht im Stile des Weichselzopfs besaß, war der dänisch-norwegische König Christian IV. (1577–1648). Seine Frisur, die, um dem König zu schmeicheln, an seinem Hof imitiert wurde, hatte die Form eines „Schweineschwanzes“, der von der linken Seite seines Kopfes herabhing und mit einer roten Schleife verziert war.
Literatur
- Axel W. Bauer: Der „Weichselzopf“ in medizinhistorischer Perspektive. Eigenständige Hautkrankheit oder mythologisches Konstrukt? (The „Elflock“ in Medical History – Disease of its own or Mythological Fiction?) In: Aktuelle Dermatologie 30 (2004) 218-222.
- Friedrich Beschorner: Der Weichselzopf: Nach statistischen und physiologischen Beziehungen
- Anton Tantner: Wahrheitsproduktion durch Auskampelung. Zum Kampf gegen den Wichtelzopf, In: Martin Scheutz, Vlasta Valeš (Hrsg.): Wien und seine WienerInnen, Böhlau Verlag, Wien-Köln-Weimar 2008, ISBN 978-3-205-77707-6, S. 221
- Stanislaus Ostyk von Narbutt: Über den Weichselzopf Plica polonica, Diss. Universität Ingolstadt, 1879
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