Willi Schlamm

Willi Schlamm

William S. Schlamm (* 10. Juni 1904 als Wilhelm Siegmund Schlamm in Wien; † 1. September 1978) war ein austro-amerikanischer politischer Publizist. Er konvertierte um 1937 vom Kommunismus zum Konservatismus.

Inhaltsverzeichnis

Die kommunistische Phase

In den zwanziger Jahren war Schlamm Redakteur der Roten Fahne, dem Zentralorgan der KPÖ. Die Ereignisse, die zum Wiener Justizpalastbrand am 15. Juli 1927 führten, wertet Schlamm als Zeichen eines Aufstands, der bis „zur siegreichen proletarischen Revolution, bis zur Diktatur des Proletariats voranzutreiben sei".

Im Wiener Jungwandervogel machte er Bekanntschaft mit Wilhelm Reich. Schlamm schreibt darüber in seinen Erinnerungen:

„Wir beide suchten erst im Jungwandervogel und dann in der revolutionären Bewegung einen Weg zur Überwindung jener absurden Welt, in der dieser grauenhafte, schmutzige und sinnlose Krieg möglich geworden war. In den späten zwanziger Jahren wuchs unsere zunächst recht unpersönliche Beziehung in eine herzliche Freundschaft. Paradoxerweise war das gerade die Zeit, als ich mit dem Kommunismus brach 1929 und er in die Partei eingetreten war." Tatsächlich wurde Schlamm 1929 als „Rechtsabweichler“ aus der KPÖ ausgeschlossen.

Die Zeit in Prag

1933 wurde er Redakteur der von Berlin nach Wien übersiedelten Weltbühne. Kurz darauf emigrierte er jedoch nach Prag. Dort war er Mitbegründer der Europäischen Hefte, in denen er für pazifistische und sozialistische Positionen eintritt. In seiner Prager Zeit entwickelte Schlamm eine vertrauliche Beziehung zu Milena Jesenska, der Freundin Franz Kafkas. Diese war es auch, die Schlamm 1938 half, die Tschechoslowakei zu verlassen und in die USA zu emigrieren. Kurz zuvor hatt er in seiner Schrift Die Diktatur der Lüge 1937 mit dem Kommunismus abgerechnet.

Die Jahre in den USA

In den Kriegsjahren schreibt er vor allem für Time und Life des Publishers Henry R. Luce. Von seinen ursprünglichen Positionen verabschiedete sich Schlamm mehr und mehr. 1942 wurde er zum Senior Editor der Zeitschrift Fortune ernannt. Über Whitaker Chambers und James Burnham hatte Schlamm Beziehungen zum Congress for Cultural Freedom und zur New Yorker Zeitschrift Partisan Review. Schlamm wandelte sich zu einem Konservativen, zu dessen Kreis auch Russell Kirk, eine Führungsfigur des amerikanischen Neokonservativismus, und die antikommunistische John Birch Society gehören.

Joseph McCarthy, der Vorsitzende des 1947 gegründeten House of Un-American Activities Committee verhalf Schlamm zu einer Karriere in den USA. Schlamms Angriffe galten nicht nur dem Sowjetkommunismus, er kritisierte auch das linksliberale Amerika. Er schrieb für den Freeman, drängte aber den jungen, streng konservativem Millionär Buckley zur Gründung einer ausdrücklich konservativen und streng antikommunistischen Wochenzeitschrift. Am 19. November 1955 erschien schließlich die erste Ausgabe der National Review. Schlamm war Mitherausgeber. Als ihre Aufgabe - wie es in einem Leitartikel hieß - verstand die Zeitung es, sich quer zur Geschichte zu legen und lauthals „Stop" zu schreien. Rasch wurde das Blatt zum Zentralorgan der konservativen Bewegung. Buckley gelang es, namhafte Vertreter aller konservativen Richtungen zur Mitarbeit zu bewegen. Zur Redaktion gehörten in den ersten Jahre Denker wie Schlamm, James Burnham, Willmoore Kendall, Whittaker Chambers und Frank Meyer. Russell Kirk steuerte 25 Jahre lang eine Kolumne bei. Die meisten der Autoren hatten einen christlichen (katholischen) Hintergrund.

Zurück in Europa

1959 kehrte er nach Europa zurück. Zunächst versuchte er von der Schweiz aus ein deutschsprachiges Journal zu gründen. Ende der fünfziger Jahre verpflichtet der deutsche Verleger Axel Springer als Kommentator für Die Welt. Auch von seinen pazifistischen Positionen hatte sich Schlamm verabschiedet und betrachtete die Drohung mit Krieg als legitimes Mittel der Diplomatie. Er hatte sich in jeder Hinsicht von seinen früheren, linken Idealen gelöst. In der Welt kritisierte Schlamm 1968, „dass die linken Medien einer verschandelten Jugend grinsend den Hof machten." 1972 gründete Schlamm mit Otto von Habsburg die „Zeitbühne".

Zitate

„Wir sind antitotalitär, antikommunistisch und antifaschistisch. Wir sind Verfechter eines abendländischen, geeinigten Europas, das den Nationalstaat nicht einfach (und unorganisch) verneint, sondern in eine höhere föderalistische Organisationsform des Westens einfügt. Wir sind endlich Anhänger der hellenistisch-judäisch christlichen Konzept von der menschlichen Person, ihrer Bestimmung und ihrer Beziehung zu Gott." (Schlamm an Torberg)

„Keine Nation der Erde wird geliebt. Man liebt Individuen. Man liebt eine Landschaft. Man liebt Musik. Aber man liebt ..."

Quellen

Franz Krahberger: „Doomsday, kalter Krieg und eiskalte Publizisten" ISSN 1026 -0293

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