Wurzel-Kriterium

Wurzel-Kriterium

Das Wurzelkriterium ist ein mathematisches Konvergenzkriterium, also ein Mittel zur Entscheidung, ob eine unendliche Reihe konvergent oder divergent ist.

Inhaltsverzeichnis

Formulierungen

Sei eine unendliche Reihe S = \sum_{n=0}^\infty a_n mit reellen oder komplexen Summanden an gegeben. Falls man nun

\limsup_{n\to\infty}\sqrt[n]{|a_{n}|}<1 oder
\sqrt[n]{|a_{n}|}\le C für ein C<1 und fast alle Indizes n

nachweisen kann, so konvergiert die Reihe S, und das sogar absolut. Ist jedoch

\limsup_{n\to\infty}\sqrt[n]{|a_{n}|}&amp;gt; 1 oder
\sqrt[n]{|a_n|} \ge 1 für unendlich viele Indizes n,

so divergiert die Reihe, da die Reihenglieder keine Nullfolge bilden. Im Fall

\limsup_{n\to\infty}\sqrt[n]{|a_{n}|}= 1 und
\sqrt[n]{|a_n|} &amp;lt; 1 für fast alle Indizes n

lässt sich nichts über die Konvergenz der Reihe aussagen. So lässt sich beispielsweise mit dem Wurzelkriterium keine Aussage über die Konvergenz der allgemeinen harmonischen Reihe \sum_{n=1}^\infty \frac{1}{n^\alpha} für \alpha\ge 1 machen, da

\limsup_{n\to\infty}\sqrt[n]{|a_n|}=\lim_{n\to\infty}\sqrt[n]{1/n^\alpha}=\left(\lim_{n\to\infty}\sqrt[n]{1/n}\right)^\alpha= 1.

Für α = 1 ist die allgemeine harmonische Reihe divergent, für α > 1 konvergent; das Wurzelkriterium kann aber die beiden Fälle nicht unterscheiden.

Beweisskizze

Das Wurzelkriterium wurde erstmals von Augustin Louis Cauchy bewiesen. Es folgt mit dem Majorantenkriterium aus Eigenschaften der geometrischen Reihe:

  • Denn gilt für alle n\in\mathbb N:\;\sqrt[n]{|a_{n}|}\le C&amp;lt;1, so ist das Majorantenkriterium \forall n\in\mathbb N:\;|a_{n}|\le C^n mit einer konvergenten geometrischen Reihe \sum_{n=0}^\infty C^n=\frac1{1-C} als Majorante erfüllt.
  • Daran ändert sich auch nichts, falls dieses Kriterium für die ersten N Glieder der Reihe nicht

erfüllt ist.

  • Gilt \limsup_{n\to\infty}\sqrt[n]{|a_{n}|}=C&amp;lt;1, so ist \sqrt[n]{|a_{n}|}\le \frac{1+C}2&amp;lt;1 für fast alle n erfüllt, nach Definition des größten Häufungspunktes, womit wieder eine Majorante konstruiert werden kann.

Restgliedabschätzung

Ist die Reihe nach dem Wurzelkriterium konvergent, erhält man noch eine Fehlerabschätzung, d.h. eine Abschätzung des Restglieds der Summe nach N Summanden:

S-S_N = \sum_{n=N+1}^\infty a_n \le C^{N+1} \frac1{1-C}.

Das Wurzelkriterium ist schärfer als das Quotientenkriterium

Sei (a_n)\, eine positive Folge und sei

\alpha=\liminf \frac{a_{n+1}}{a_n} \quad , \quad \alpha'=\liminf \sqrt[n]{a_n} \quad , \quad 
\beta'=\limsup \sqrt[n]{a_n} \quad , \quad \beta=\limsup \frac{a_{n+1}}{a_n}.

Liefert bei einer Reihe das

Quotientenkriterium eine Entscheidung (das heißt β < 1 im Falle der Konvergenz bzw. α > 1 im Falle der Divergenz)

so liefert auch das Wurzelkriterium eine Entscheidung (das heißt β' < 1 im Falle der Konvergenz bzw. α' > 1 im Falle der Divergenz).

Dies wird induziert durch die Ungleichungskette

0\le \alpha\le \alpha'\le \beta'\le \beta\le \infty

Ist ohne Einschränkung \alpha&amp;gt;0\, und \beta&amp;lt;\infty so gibt es zu jedem noch so kleinen (&amp;lt;\alpha\,) aber positivem \varepsilon eine Indexschranke m\, ab der gilt

\alpha-\varepsilon&amp;lt;\frac{a_{k+1}}{a_k}&amp;lt;\beta+\varepsilon \qquad \forall k\ge m

Multipliziert man die Ungleichung durch von k=m\, bis n-1\, so erhält in der Mitte ein Teleskopprodukt.

(\alpha-\varepsilon)^{n-m}&amp;lt;\frac{a_n}{a_m}&amp;lt;(\beta+\varepsilon)^{n-m}

Multipliziert man anschließend mit a_m\, durch und zieht die n\,-te Wurzel so ist

\sqrt[n]{a_m}\,(\alpha-\varepsilon)^{1-\frac{m}{n}}&amp;lt;\sqrt[n]{a_n}&amp;lt;\sqrt[n]{a_m}\,(\beta+\varepsilon)^{1-\frac{m}{n}}

Für n\to\infty konvergiert die linke Seite gegen \alpha-\varepsilon und die rechte Seite gegen \beta+\varepsilon. Daher ist

\alpha-\varepsilon\le \liminf \sqrt[n]{a_n}     und     \limsup \sqrt[n]{a_n}\le \beta+\varepsilon

Das \varepsilon\, durfte anfangs beliebig gewählt klein gewählt werden daher

\alpha\le \alpha'     und     \beta'\le \beta


Sind beispielsweise die Reihenglieder a_{2n}=\frac1{2^{2n}} und a_{2n+1}=\frac4{2^{2n+1}} dann ist \frac{a_{2n+1}}{a_{2n}}=2 und \frac{a_{(2n+1)+1}}{a_{2n+1}}=\frac18.

Hier ist \alpha=\frac18\le 1 und \beta=2\ge 1 wonach das Quotientenkriterium keine Entscheidung liefert.

Das Wurzelkriterium liefert hier aber eine Entscheidung weil \alpha'=\beta'=\lim \sqrt[n]{a_n}=\frac12 ist.

Aus \beta'=\frac12&amp;lt;1 folgt die Konvergenz von \sum a_n. Das Wurzelkriterium ist also echt schärfer als das Quotientenkriterium.[1]

Quellen

  1. Konrad Knopp. Theorie und Anwendung der unendlichen Reihen. 5. Auflage, Springer Verlag 1964, ISBN 3-540-03138-3. S 286, Satz 161

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