Mandatszuteilung

Mandatszuteilung
Dieser Artikel behandelt nur Rechenverfahren, mit denen bei der Verhältniswahl die Stimmenzahlen in Sitz-Anzahlen umgerechnet werden, entweder unmittelbar oder mit nachrangiger Rücksicht auf einen zweiten Proporz (etwa nach Regionen). Darüber hinausgehende Themen findet man in den Artikeln Verhältniswahl, Wahlsystem und Wahl.

Sitzzuteilungsverfahren sind Methoden der proportionalen Repräsentation, wie sie bei der Verhältniswahl benötigt werden, um Wählerstimmen in Abgeordnetensitze umzurechnen.

Nach dem Ende der Stimmenauszählung bestimmt das Sitzzuteilungsverfahren die Umrechnung der Stimmenzahlen in Abgeordnetensitze. Die Quoten der Parteien, also ihre Stimmenzahlen mal Gesamtmandatszahl geteilt durch Gesamtstimmenzahl, sind meistens keine ganzen Zahlen. Da keine Bruchteile von Abgeordnetensitzen vergeben werden können, bedarf es eines Sitzzuteilungsverfahrens als einer Regel, nach der aus den Stimmenanteilen der Parteien Sitzanzahlen als ganze Zahlen errechnet werden. Jede Regel erzeugt eine andere Art der Fehlerminimierung. Welche man als die beste betrachten kann, ist abhängig von den zu Grunde gelegten Gütekriterien für die Sitzzuteilung.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

Für die Sitzzuteilung gibt es vielerlei vertretbare Forderungen (auch Qualitätsanforderungen, Anforderungen, Kriterien, Gütekriterien, Bedingungen). Die Tabelle hat Forderungen als Spalten und Sitzzuteilungsverfahren als Zeilen. Ein Eintrag „erfüllt“, „maximal“ oder „minimal“ gilt für jedes Wahlergebnis. Ist ein Feld leer, so gilt die Aussage nicht immer.

Verfahren, die nicht zur Erfüllung einer definierten Forderung dienen, sind willkürlich, allenfalls von akademischem Interesse.

Die Divisorverfahren in der folgenden Tabelle (von D'Hondt bis Adams) stehen in der Reihenfolge abnehmender Begünstigung großer und zunehmender Begünstigung kleiner Parteien.

Quoten-
kriterium
Haus- und
Stimmen-
mono-
tonie
neutral
bezüglich
Partei-
größe
kleinster
Vertre-
tungswert
Streuung
der
Erfolgs-
werte
größter Un-
terschied der
relativen
Erfolgswerte
größter Unter-
schied der
Vertre-
tungswerte
größter
Vertre-
tungswert
Mehrheits-
kriterium
Hare-Niemeyer
= Hamilton
erfüllt   erfüllt            
D’Hondt
= Jefferson
  erfüllt   maximal         erfüllt*
Sainte-Laguë
= Webster
  erfüllt erfüllt   minimal        
Hill-Huntington   erfüllt       minimal      
Dean   erfüllt         minimal    
Adams   erfüllt           minimal  

* Das D'Hondt-Verfahren erfüllt immer das schwache Mehrheitskriterium, bei ungerader Gesamt-Sitzzahl auch das starke.

In den folgenden Kapiteln steht das Wort „Parteien“ auch für Listen, Listenverbindungen, Bundesstaaten, Départements und ähnliche Wettbewerber um Sitze; „Stimmen“ steht bei Verteilung nach Bevölkerungszahlen für diese. – Ohne Beschränkung der Allgemeinheit bleibt der Fall unbeachtet, dass zwei oder mehr Parteien denselben Idealanspruch (dieselbe Quote) haben, dieser Anspruch aber nur für einen Teil dieser Parteien erfüllbar ist. Tritt dieser Fall auf, so kann man vor der Sitzzuteilung losen, welche dieser Parteien welchen Bruchteil einer Stimme zu ihrer Stimmenzahl hinzugezählt bekommt (zum Beispiel bei drei Parteien nichts oder 0,01 Stimmen oder 0,02 Stimmen). Dann sind alle Idealansprüche verschieden.

Arten von Sitzzuteilungsverfahren

Man unterscheidet zwei Gruppen von Sitzzuteilungsverfahren:

Quotenverfahren

Bei diesen Verfahren wird zuerst die Quote (Stimmenzahl mal Gesamtsitzzahl geteilt durch Gesamtstimmenzahl) jeder Partei oder Liste berechnet und diese dann nur noch auf- oder abgerundet.

Das Hare-Niemeyer-Verfahren (Quotenverfahren mit Restzuteilung nach größten Bruchteilen; im angelsächsischen Raum: Hamilton-Verfahren) ist das klassische Quotenverfahren, bei dem im ersten Schritt jeder Partei ihre abgerundete Quote zugeteilt wird und im zweiten Schritt die verbleibenden Restsitze nach größten Bruchteilen an die Parteien verteilt werden.

Alternativ zum Hare-Niemeyer-Verfahren können die verbleibenden Restsitze Zug um Zug nach einem bestimmten Divisorverfahren verteilt werden. Wenn einer Partei hierbei ein zweiter Sitz zufällt, wird dieser zur Erfüllung der Quotenbedingung an die Partei mit dem nächstkleineren Anspruch vergeben.

Divisorverfahren

Hier teilt man die Stimmenzahlen der Parteien durch einen – zu schätzenden – Divisor und rundet die Quotienten nach einer festgelegten Regel auf ganze Zahlen. Eine gute Schätzung ist immer der Quotient aus Gesamtstimmenzahl und Gesamtsitzzahl. Ist die Summe der gerundeten Zahlen kleiner oder größer als die Anzahl der zu vergebenden Sitze, wird das Verfahren mit einem etwas kleineren bzw. größeren Divisor wiederholt (Intervallschachtelung).

Jedes Divisorverfahren kann in Form fünf verschiedener, zum selben Ergebnis führender Algorithmen verwendet werden: als Zweischrittverfahren mit fester Rundungsregel, als Höchstzahlverfahren, als Rangmaßzahlverfahren, als iteratives Wahlzahlverfahren und als Paarweiser-Vergleich-Verfahren. Näheres steht im Unterabschnitt Berechnungsalgorithmen.

Die Bezeichnung Quotientenverfahren ist auch möglich, kann aber zur Verwechslung mit Quotenverfahren führen.

Divisorverfahren mit konstanter Rundungsgrenze

Die klassischen Divisorverfahren mit konstanter Rundungsgrenze sind

Beim D’Hondt-Verfahren wird der Sitzanspruch stets auf die nächste ganze Zahl abgerundet, beim Adams-Verfahren aufgerundet. Bei beiden Verfahren liegt die Rundungsgrenze damit beim Nachkommawert 0. Beim Sainte-Laguë-Verfahren werden die Sitzansprüche kaufmännisch gerundet. Die Rundungsgrenze liegt damit beim Nachkommawert 5. Alternativ kann eine beliebige andere Rundungsgrenze festgelegt werden, wobei ein solches Verfahren keines der im nächsten Kapitel aufgeführten Gütekriterien erfüllt. Große Parteien profitieren von der Abrundung, kleine von der Aufrundung. Daher verhält sich nur das Divisorverfahren nach Sainte-Laguë neutral zur Größe der Parteien. Verfahren mit einer Rundungsgrenze oberhalb des Nachkommawerts 5 begünstigen systematisch größere Parteien. Verfahren mit einer Rundungsgrenze unterhalb des Nachkommawerts 5 begünstigen systematisch kleinere Parteien. Unter den selbstabbildenden Verfahren werden große Parteien am stärksten durch das D’Hondt-Verfahren, kleine Parteien am stärksten durch das Adams-Verfahren begünstigt.

Divisorverfahren mit variabler Rundungsgrenze

Die klassischen Divisorverfahren mit variabler Rundungsgrenze sind

Rundungsregel beim Dean-Verfahren: Um zu wissen, ob beim Dean-Verfahren auf- oder abgerundet wird, ist das harmonische Mittel zwischen dem nächstgrößeren und nächstkleineren ganzzahligen Sitzanspruch zu errechnen. Dieser bildet die Rundungsgrenze. Das harmonische Mittel ist das reziproke arithmetische Mittel der reziproken Merkmalswerte. Das harmonische Mittel aus 1 und 2 ergibt sich also aus dem reziproken arithmetischen Mittel aus 1 und 1/2. Das arithmetische Mittel aus 1 und 1/2 beträgt 3/4. Das reziproke arithmetische Mittel aus 1 und 1/2 und damit das harmonische Mittel aus 1 und 2 beträgt 1 1/3. Das harmonische Mittel aus 0 und 1 ist als 0 definiert (populär: 1/[unendlich+1] = 0). Daher teilt das Dean-Verfahren einer Partei bereits bei nur einer einzigen Stimme einen Sitz zu. Das harmonische Mittel aus 2 und 3 beträgt 2,4. Bei Vergrößerung der Zahlenpaare nähert sich das harmonische Mittel immer weiter dem Nachkommawert 5, erreicht diesen aber nie.

Rundungsregel beim Hill-Huntington-Verfahren: Um zu wissen, ob beim Hill-Huntington-Verfahren auf- oder abgerundet wird, ist das geometrische Mittel zwischen dem nächstgrößeren und nächstkleineren ganzzahligen Sitzanspruch zu errechnen. Dieser bildet die Rundungsgrenze. Das geometrische Mittel ist die n-te Wurzel aus dem Produkt der n Merkmalswerte. Das geometrische Mittel aus 1 und 2 ergibt sich also aus der zweiten Wurzel (Quadratwurzel) aus dem Produkt aus 1 und 2. Es beträgt rund 1,4142. Das geometrische Mittel aus 0 und 1 beträgt 0. Daher teilt das Hill-Huntington-Verfahren einer Partei bereits bei nur einer einzigen Stimme einen Sitz zu. Das geometrische Mittel aus 2 und 3 beträgt rund 2,4495. Bei Vergrößerung der Zahlenpaare nähert sich das geometrische Mittel immer weiter dem Nachkommawert 5, erreicht diesen aber nie.

Begünstigung kleiner Parteien: Da die Rundungsgrenzen beim Dean- und Hill-Huntington-Verfahren stets kleiner sind als der Nachkommawert 5, werden hier kleine Parteien begünstigt. Allerdings wird der Vorteil mit Ansteigen der Quote (die ja auch von der Gesamtsitzzahl abhängt!) minimal, da sich die Rundungsgrenze asymptotisch (also beliebig weit) von unten dem Nachkommawert 5 nähert. Nach Dean und Hill-Huntington wird der erste Sitz wie nach Adams vergeben. Für den zweiten Sitz liegt die Rundungsgrenze nach Dean bei 1,3333, für den dritten bei 2,4 und für den vierten bereits bei 3,4286. Der Vorteil ist also schon recht geringfügig. Für den zweiten Sitz liegt die Rundungsgrenze nach Hill-Huntington bei 1,4142, für den dritten bei 2,4495 und für den vierten bereits bei 3,4641. Hier ist der Vorteil noch geringfügiger als nach Dean.

Willkürliche Wahl der Rundungsgrenzen: Alternativ zum Dean- und Hill-Huntington-Verfahren können die Rundungsgrenzen auch willkürlich uneinheitlich gewählt werden. Möchte man die Sitzzuteilung zum Beispiel nach Dean oder Hill-Huntington berechnen, aber abweichend davon verhindern, dass eine Partei bereits mit sehr kleinem Stimmenanteil einen Sitz erhält, legt man die Rundungsgrenze zwischen 0 und 1 (kein Sitz oder ein Sitz) zum Beispiel auf 0,1; 0,5; 0,9 oder auch auf 1 fest. Je höher die Rundungsgrenze, desto mehr Stimmen benötigt eine Partei für ihren ersten Sitz. Genauso kann man die Rundungsgrenze zwischen 1 und 2, 2 und 3, 3 und 4 Sitzen usw. willkürlich festlegen und variieren. Es ist keine mathematisch formulierte Forderung bekannt, zu deren Erfüllung solche Willkür dienen könnte.

Berechnungsalgorithmen

1. Zweischrittverfahren: Die Stimmenzahlen der Parteien werden durch einen geeigneten Divisor dividiert und die daraus resultierenden Sitzansprüche nach einer festgelegten Rundungsregel auf ganze Zahlen gerundet. Wenn hierbei zu wenig oder zu viele Sitze vergeben werden, ist der Divisor ungeeignet und muss entsprechend angepasst werden, bis die festgelegte Gesamtsitzzahl vergeben wird.

2. Höchstzahlverfahren: Die Stimmenzahlen der Parteien werden durch eine Divisorreihe geteilt und die Sitze in der Reihenfolge der größten sich hieraus ergebenden Höchstzahlen vergeben. Die Divisorreihe lässt sich problemlos aus der festgelegten Rundungsregel herleiten. Beim D’Hondt-Verfahren lautet die Divisorreihe 1; 2; 3; 4; 5 usw., beim Sainte-Laguë-Verfahren 0,5; 1,5; 2,5; 3,5; 4,5 usw., beim Adams-Verfahren 0; 1; 2; 3; 4 usw. Legt man die Rundungsgrenze auf 1/3 fest, lautet die Divisorreihe 1/3; 1 1/3; 2 1/3; 3 1/3; 4 1/3 usw. Beim Dean-Verfahren lautet sie 0; 1 1/3; 2 2/5; 3 3/7; 4 4/9 usw. (Bildung des harmonischen Mittels), beim Hill-Huntington-Verfahren 0; Wurzel 2; Wurzel 6; Wurzel 12; Wurzel 20 usw. (Bildung des geometrischen Mittels). Legt man die Rundungsgrenze für den ersten Sitz (willkürlich) auf 0,8, für den zweiten auf 1,7, für den dritten auf 2,5, für den vierten auf 4, für den fünften auf 4,9 fest, und sollen alle weiteren Sitze nach Sainte-Laguë vergeben werden, lautet die Divisorreihe 0,8; 1,7; 2,5; 4; 4,9; 5,5; 6,5; 7,5 usw.

Die Divisorreihen können mit einem beliebigen Faktor multipliziert werden, ohne dass dies einen mathematischen Unterschied macht. So kann beim Sainte-Laguë-Verfahren z. B. auch die Divisorreihe 1; 3; 5; 7; 9 usw. oder 500; 1500; 2500; 3500; 4500 usw. verwendet werden.

Interpretation der Höchstzahlen: Wenn die Divisorreihe nicht mit einem beliebigen Faktor multipliziert wird, bedeutet die Höchstzahl x des letzten vergebenen Sitzes nach D’Hondt, dass jede Partei für x Stimmen einen Sitz, für weniger als x Reststimmen aber keinen Restsitz erhält. Die Höchstzahl x des letzten vergebenen Sitzes nach Sainte-Laguë bedeutet, dass jede Partei für x Stimmen einen Sitz und für mindestens 0,5x Reststimmen noch einen Restsitz erhält. Die Höchstzahl x des letzten vergebenen Sitzes nach Adams bedeutet, dass jede Partei für x Stimmen einen Sitz und für mindestens eine Reststimme noch einen Restsitz erhält.

3. Rangmaßzahlverfahren: Das Rangmaßzahlverfahren ist eine Abwandlung des Höchstzahlverfahrens. Die Rangmaßzahlen sind die Kehrwerte der Höchstzahlen. Da es sich hierbei um sehr kleine Zahlen handelt, bietet es sich an, mit der Gesamtstimmenzahl zu multiplizieren. Die Rangmaßzahlen geben den Zugriffsrang für einen Sitz an. Die Sitze werden in der Reihenfolge der kleinsten Rangmaßzahlen vergeben.

Nicht selbstabbildende Verfahren

Ein Verfahren ist selbstabbildend, wenn es bei einem Wahlergebnis, welches bei jeder Partei zu einer ganzzahligen Quote führt, jeder Partei Sitze entsprechend ihrem Idealanspruch (ihrer Quote) zuteilt. Beispiel: Wenn 100 Sitze zu vergeben sind und Partei A eine Quote von 50,0, Partei B eine Quote von 30,0 und Partei C eine Quote von 20,0 hat, lautet die Sitzverteilung bei jedem selbstabbildenden Verfahren 50 - 30 - 20.

Die Selbstabbildung ist – neben der Konstanz der Rundungsgrenze – ein eigenständiges Kriterium. Ein Divisorverfahren mit konstanter oder variabler Rundungsgrenze kann selbstabbildend oder nicht selbstabbildend sein.

Nicht selbstabbildende (disproportionale) Verfahren werden dem Grundsatz der Proportionalität nicht gerecht, verstoßen somit gegen die Gleichheit der Wahl und haben daher bei Wahlen keine praktische Bedeutung. Auch ist keine mathematisch formulierte Forderung bekannt, zu deren Erfüllung ein nicht selbstabbildendes Verfahren dienen könnte.

Nicht selbstabbildende Verfahren mit konstanter Rundungsgrenze

Das Imperiali-Verfahren bevorzugt massiv größere Parteien. Rundungsregel: Abrundung minus 1. Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 2; 3; 4; 5; 6 usw. Im Beispiel seien 1000 Stimmen abgegeben worden. Somit müssen auf Partei A 500, auf Partei B 300 und Partei C 200 Stimmen entfallen. Die Sitzverteilung lautet 51 - 30 - 19 (geeigneter Divisor: 9,6). Nach der Rundungsregel Abrundung minus 5 lautet die Divisorreihe 6; 7; 8; 9; 10 usw. Im Beispiel ergibt sich die Sitzverteilung 53 - 29 - 18 (geeigneter Divisor: 8,6). Nach der Rundungsregel Abrundung minus 145 ergibt sich die Sitzverteilung 99 - 1 - 0 (geeigneter Divisor: 2,045). Ab der Rundungsregel Abrundung minus 148 erhält Partei A alle 100 Sitze (geeigneter Divisor: 2,015). Fazit: Für jedes beliebige Wahlergebnis kann ein Sitzzuteilungsverfahren kreiert werden, welches der stärksten Partei, und sei sie dies nur mit einer einzigen Stimme Vorsprung, die Gesamtzahl der zu vergebenden Sitze zuteilt.

Das Gegenstück zum Imperiali-Verfahren ist das Verfahren mit der Rundungsregel Aufrundung plus 1. Es bevorzugt massiv kleinere Parteien. Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 0; 0; 1; 2; 3; 4 usw. Im Beispiel ergibt sich die Sitzverteilung 49 - 30 - 21 (geeigneter Divisor: 10,5). Nach der Rundungsregel Aufrundung plus 5 lautet die Divisorreihe 0; 0; 0; 0; 0; 0; 1; 2; 3; 4 usw. Im Beispiel ergibt sich die Sitzverteilung 47 - 31 - 22 (geeigneter Divisor: 11,95). Nach der Rundungsregel Aufrundung plus 32 ergibt sich die Sitzverteilung 34 - 33 - 33 (geeignete Divisoren: alle von 301 bis 499). Fazit: Für jedes beliebige Wahlergebnis kann ein Sitzzuteilungsverfahren kreiert werden, welches die Gesamtzahl der zu vergebenden Sitze mit maximaler Gleichmäßigkeit auf die Parteien verteilt, und seien die Unterschiede in den Parteistärken noch so groß. Voraussetzung ist lediglich, das jede Partei mindestens eine einzige Stimme bekommt.

Weitere nicht selbstabbildende Verfahren mit konstanter Rundungsgrenze

  • Verfahren mit der Rundungsregel „kaufmännische Rundung minus 1“: Bevorzugung größerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 1,5; 2,5; 3,5; 4,5; 5,5 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „kaufmännische Rundung minus 2“: Noch stärkere Bevorzugung größerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 2,5; 3,5; 4,5; 5,5; 6,5 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „kaufmännische Rundung plus 1“: Bevorzugung kleinerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 0; 0,5; 1,5; 2,5; 3,5 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „kaufmännische Rundung plus 2“: Noch stärkere Bevorzugung kleinerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 0; 0; 0,5; 1,5; 2,5 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „Rundungsgrenze beim Nachkommawert 4 mit Subtraktion von 1“: Bevorzugung größerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 1,4; 2,4; 3,4; 4,4; 5,4 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „Rundungsgrenze beim Nachkommawert 4 mit Addition von 1“: Bevorzugung kleinerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 0; 0,4 1,4; 2,4; 3,4 usw.

Nicht selbstabbildende Verfahren mit variabler Rundungsgrenze

  • Verfahren mit der Rundungsregel „harmonische Rundung minus 1“: Bevorzugung größerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 1 1/3; 2 2/5; 3 3/7; 4 4/9; 5 5/11 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „harmonische Rundung minus 2“: Noch stärkere Bevorzugung größerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 2 2/5; 3 3/7; 4 4/9; 5 5/11; 6 6/13 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „harmonische Rundung plus 1“: Bevorzugung kleinerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 0; 0; 1 1/3; 2 2/5; 3 3/7 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel harmonische Rundung plus 2: Noch stärkere Bevorzugung kleinerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 0; 0; 0; 1 1/3; 2 2/5 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „geometrische Rundung minus 1“: Bevorzugung größerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: Wurzel 2; Wurzel 6; Wurzel 12; Wurzel 20; Wurzel 30 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „geometrische Rundung minus 2“: Noch stärkere Bevorzugung größerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: Wurzel 6; Wurzel 12; Wurzel 20; Wurzel 30; Wurzel 42 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „geometrische Rundung plus 1“: Bevorzugung kleinerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 0; 0; Wurzel 2; Wurzel 6; Wurzel 12 usw.
  • Verfahren mit der Rundungsregel „geometrische Rundung plus 2“: Noch stärkere Bevorzugung kleinerer Parteien, Divisorreihe bei Verwendung des Höchstzahlverfahrens: 0; 0; 0; Wurzel 2; Wurzel 6 usw.

Automatische Verfahren

Bei einem automatischen Verfahren wird die Gesamtsitzzahl nicht vorher festgelegt, sondern sie hängt ab von der Zahl der Wähler oder der Wahlbeteiligung. Statt einer feststehenden Gesamtsitzzahl gibt es eine feststehende Wahlzahl, durch die die Stimmenzahlen der Parteien geteilt und aus den Quotienten gemäß dem verwendeten Sitzzuteilungsverfahren die Sitzansprüche ermittelt werden: Die Quotienten werden nach der Rundungsregel des verwendeten Verfahrens gerundet; daraus ergeben sich die Sitzansprüche. Alle Divisorverfahren lassen sich als automatische Methode gestalten. Ihre Eigenschaften haben denselben Bestand wie bei Verwendung für die Zuteilung einer feststehenden Gesamtsitzzahl und können hier sogar besser veranschaulicht werden:

Bei einer Wahlzahl von 1000 erhält nach D’Hondt jede Partei für je 1000 Stimmen einen Sitz, für etwaige Reststimmen aber keinen Restsitz. D. h., bei einer Stimmenzahl von 1999 wird nur ein einziger Sitz zugeteilt. Dass dieses Verfahren kleine Parteien systematisch benachteiligt und große begünstigt, ist leicht erkennbar.

Das Gegenstück zum D’Hondt-Verfahren bildet das Adams-Verfahren. Jede Partei erhält für 1000 Stimmen einen Sitz und bei nur einer einzigen Reststimme noch einen Reststitz. D. h., bei einer Stimmenzahl von 1 wird bereits ein Sitz zugeteilt, in diesem Fall ein Restsitz. Für 2 Sitze werden mindestens 1001 Stimmen benötigt usw.

Bei einer Wahlzahl von 1000 wird nach Sainte-Laguë ab 500 Reststimmen ein Restsitz zugeteilt. D. h., für den ersten Sitz werden mindestens 500 Stimmen benötigt, für den zweiten mindestens 1500 usw.

Bei einer Wahlzahl von 1000 wird nach Dean für den ersten Sitz nur eine einzige Stimme benötigt, für den zweiten mindestens 1334, für den dritten mindestens 2400, für den vierten mindestens 3429; für den fünften mindestens 4445 usw. Beachte: Das harmonische Mittel ist immer auf die nächste ganze Zahl aufzurunden. 4444 Stimmen reichen für den fünften Sitz also nicht aus!

Bei einer Wahlzahl von 1000 wird nach Hill-Huntington für den ersten Sitz nur eine einzige Stimme benötigt, für den zweiten mindestens 1415, für den dritten mindestens 2450, für den vierten mindestens 3465; für den fünften mindestens 4473 usw. Beachte: Das geometrische Mittel ist immer auf die nächste ganze Zahl aufzurunden. 4472 Stimmen reichen für den fünften Sitz also nicht aus!

Quotenverfahren können aufgrund ihrer Inkonsistenz nicht als automatische Methode beschrieben werden: Der Sitzanspruch einer Partei hängt ab von den Kräfteverhältnissen zwischen anderen.

Biproportionales Verfahren

Ausgangslage für eine Sitzverteilung nach dem biproportionalen Verfahren ist ein in Wahlkreise eingeteiltes Wahlgebiet, wobei jeder Wahlkreis (z. B. gestützt auf seine Bevölkerungszahl) Anspruch auf eine bestimmte Zahl von Sitzen hat. Das biproportionale Sitzzuteilungsverfahren erfolgt in zwei Schritten.

Oberzuteilung

Zunächst werden die Sitze innerhalb des ganzen Wahlgebiets auf die sog. Listengruppen verteilt (sog. Oberzuteilung). Listengruppen sind die zusammengezogenen Listen aller Wahlkreise mit gleicher Bezeichnung; faktisch entsprechen die Listengruppen also den politischen Parteien im Wahlkreis. Dies geschieht mit einem Divisorverfahren, z. B. jenem nach Sainte-Laguë (kaufmännische Rundung). Haben die Wahlkreise Anspruch auf unterschiedlich viele Sitze und hat jeder Wähler soviele Stimmen, wie Sitze im betreffenden Wahlkreis zu vergeben sind, so muss zunächst die Stimmkraft ausgeglichen werden: Die Listenstimmenzahl ist durch den Sitzanspruch des Wahlkreises zu dividieren und ergibt die sog. Wählerzahl. Die Oberzuteilung erfolgt aufgrund der addierten Wählerzahlen aller Listen einer Listengruppe.

Beispiel: Parlament mit 15 Sitzen. Das Wahlgebebiet ist in die Wahlkreise I, II und III eingeteilt, wobei die Wahlkreise Anspruch auf 4, 5 bzw. 6 Sitze haben. Es treten drei politische Parteien (Listengruppen) A, B und C an. Im Kern der nachfolgenden Tabelle sind die Listenstimmen angegeben, ferner kursiv die Wählerzahlen jeder Liste, ermittelt durch Division der Listenstimmen durch den Sitzanspruch des Wahlkreises. Die Spalte rechts weist das Total der Wählerzahlen jeder Listengruppe aus. Bei einem Wahlschlüssel von 1033 ergeben sich gestützt auf die Totale der Wählerzahlen die Ansprüche von 4, 5 und 6 Sitzen für die Listengruppen A, B und C.

WK I WK II WK III Total Wählerzahlen Wahlschlüssel Sitzanspruch (gerundet)
(4 Sitze) (5 Sitze) (6 Sitze)
Listengruppe A 5100 9800 4500
1275 1960 750 3985 ./. 1033 4 Sitze
Listengruppe B 6000 10000 12000
1500 2000 2000 5500 ./. 1033 5 Sitze
Listengruppe C 6300 10200 14400
1575 2040 2400 6015 ./. 1033 6 Sitze

Unterzuteilung

Im zweiten Schritte werden die den Listengruppen zugewiesenen Sitze an die einzelnen Listen dieser Gruppe weitergegeben. Dazu werden die Stimmenzahl einer Liste durch den Listengruppendivisor der betreffenden Listengruppe und durch den Wahlkreisdivisor des betreffenden Wahlkreises geteilt. Der gerundete Quotient ergibt den Sitzanspruch dieser Liste. Die Listengruppendivisoren und die Wahlkreisdivisoren werden dabei so groß gewählt, dass folgende Bedingungen erfüllt sind, wenn für alle Listen wie soeben beschrieben verfahren wird:

  1. Jede Listengruppe (politische Partei) erhält soviele Sitze, wie ihr bei der Oberzuteilung zugewiesen worden sind.
  2. Jeder Wahlkreis erhält soviele Sitze, wie ihm vorgängig (z. B. aufgrund der Bevölkerungszahl) zugewiesen worden sind.

Beispiel: In der nachfolgenden Tabelle sind links die Sitzansprüche der Listen eingetragen, wie sie sich aus der Oberzuteilung ergeben haben. Rechts sind die Listengruppendivisoren und unten die Wahlkreisdivisoren hinzugefügt. Der Tabellenkern nennt die Listenstimmen und – mit Bindestrich abgesetzt – den Sitzanspruch der Liste. Lesebeispiel: Die Liste A im WK I hat 5100 Parteistimmen gemacht. Dieser Wert geteilt durch den Divisor der Listengruppe A (=0.9) und den Divisor des Wahlkreises I (=4090) ergibt 1.26. Gerundet resultiert ein Anspruch von einem Sitz für diese Liste.


WK I WK II WK III Listengruppendivisor
(4 Sitze) (5 Sitze) (6 Sitze)
Listengruppe A 5100-1 9800-2 4500-1 0.9
(4 Sitze)
Listengruppe B 6000-1 10000-2 12000-2 1
(5 Sitze)
Listengruppe C 6300-2 10200-1 14400-3 1.025
(6 Sitze)
Wahlkreisdivisor 4090 6635 5150

Es kann mathematisch nachgewiesen werden, dass die Anwendung des Verfahrens eine eindeutige Sitzverteilung ergibt, d. h. dass es keine zwei verschiedenen Divisoren gibt, die sämtliche Bedingungen erfüllen, aber zu unterschiedlichen Sitzverteilungen führen.

Vor- und Nachteile

Der Hauptvorteil des Verfahrens ist die maximale Abbildungsgenauigkeit bei der Zusammensetzung des Parlaments hinsichtlich der Listengruppen (politischen Parteien). Denn bei der Oberzuteilung werden in einem einzigen Schritt alle Sitze verteilt. Der Nachteil liegt darin, dass innerhalb einer Listengruppe und innerhalb eines Wahlkreises keine direkte, sondern nur eine tendenzielle Proportionalität zwischen Stimmenzahl und Sitzanspruch besteht. Denn für jede Liste einer Listengruppe besteht zwar derselbe Listengruppendivisor; hingegen sind die Wahlkreisdivisoren der Listen dieser Listengruppe unterschiedlich.

Das Verfahren beruht auf einer Idee von Michel Balinski und wurde von Friedrich Pukelsheim für den Kanton Zürich operabel gemacht und ist dort unter dem Namen Doppelter Pukelsheim bekannt. Am 12. Februar 2006 wurde erstmals ein Parlament nach diesem Verfahren gewählt – jenes der Stadt Zürich. Im Jahr 2007 wird das Parlament des Kantons Zürich nach diesem Verfahren gewählt. Näheres zum Verfahren unter [1], Publikation 2004b.

Gütekriterien für die Auswahl eines Sitzzuteilungsverfahrens

Kein Sitzzuteilungsverfahren kann sämtliche Kriterien gleichzeitig erfüllen. Es bleibt daher Raum für die politische Setzung von Prioritäten bei der Auswahl des Zuteilungsverfahrens, soweit dem nicht verfassungsrechtliche Beschränkungen entgegenstehen. So leitet etwa die Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland aus dem Grundsatz der Wahlgleichheit bei Verhältniswahlen die Erfolgswertgleichheit der Wählerstimmen ab, was die Verwendung des, große Parteien bzw. deren Wähler bevorzugenden D’Hondt-Verfahrens eigentlich ausschließen müsste. Dieses Verfahren wurde trotzdem für verfassungsgemäß erklärt, da es – nach dem Wissensstand des Bundesverfassungsgerichts von 1963 – ein exakteres praktisch durchführbares System, das zu gerechteren Ergebnissen führen würde, nicht gibt (BVerfGE 16, 130 <144>). Die Prüfung der Erfüllung und Gewichtung der folgenden und vom Verfassungsgericht selbst priorisierten Gütekriterien fand damals und in vielen folgenden Verfahren nicht statt. Eine dazu vor dem Bundesverfassungsgericht anhängige Wahlprüfungsbeschwerde zur Bundestagswahl 2002 ist (Stand: Mai 2008) noch nicht entschieden.

Quotenbedingung und Konsistenz

Quotenbedingung (auch: Quotenkriterium, Idealrahmenbedingung, Idealrahmenkriterium):
Die Sitzzahl einer Partei darf nur um weniger als 1 von ihrem Idealanspruch (ihrer Quote) abweichen. Nur Quotenverfahren erfüllen immer die Quotenbedingung. Alle Divisorverfahren können sie verletzen.

Hausmonotonie (auch Sitz- oder Mandatszuwachskriterium):
Eine Vergrößerung der Gesamtzahl der zu verteilenden Sitze darf niemals die Anzahl der Sitze für eine Partei verringern und umgekehrt. Siehe auch Alabama-Paradoxon als Mandatszuwachsparadoxon. Nur Divisorverfahren erfüllen die Hausmonotonie.

Stimmenmonotonie (auch: Wählerzuwachskriterium):
Ein Stimmenzuwachs der einen Partei darf niemals zu Mandatsverschiebungen zwischen zwei anderen Parteien führen. Siehe auch Wählerzuwachsparadoxon. Nur Divisorverfahren erfüllen die Stimmenmonotonie.

Die Doppelforderung von Hausmonotonie und Stimmenmonotonie heißt Konsistenz. Ein Sitzzuteilungsverfahren kann nicht gleichzeitig konsistent sein und die Quotenbedingung erfüllen (Unmöglichkeitssatz von Balinski und Young). Alle Divisorverfahren sind konsistent, mit der Folge, dass Alabama-Paradoxon sowie Wählerzuwachsparadoxon bei diesen Verfahren nicht auftreten können.

Gleichheit der Wahl

Die Wahl sollte jedem Wähler die gleiche Möglichkeit geben, auf die Zusammensetzung des zu wählenden Gremiums Einfluss zu nehmen. Das erfordert eine möglichst proportionale Umrechnung der Wählerstimmen in politische Mandate, also eine Sitzzuteilung für jede Partei möglichst nahe an ihrem rechnerischen Idealanspruch. Ein geeignetes Maß dafür ist der Vertretungswert und ebenso sein Kehrwert, der Erfolgswert.

Der Vertretungswert (auch: das Vertretungsgewicht) einer Partei bei einer bestimmten Sitzzuteilung ist die Anzahl der Stimmen für diese Partei geteilt durch die Anzahl der Sitze, die dieser Partei zugeteilt werden. Der Vertretungswert einer Partei ist also derselbe für alle Sitze dieser Partei. Er ist eine reine Zahl, ohne Maßeinheit (im Gegensatz zu einem Wert, er ist also eine Vertretungszahl). Diese (Bruch-)Zahl besagt sehr anschaulich, wieviele Wähler im Mittel hinter jedem Abgeordneten der Partei stehen. – Gleichheit der Wahl erfordert, dass die Vertretungswerte für alle Parteien möglichst nahe beieinander (und nahe bei ihrem Mittelwert) liegen. – Den mittleren Vertretungswert einer Europawahl mit dem einer Kommunalwahl zu vergleichen hat dagegen wenig Sinn.

Der Erfolgswert (auch: das Erfolgsgewicht) einer Wählerstimme für eine Partei ist der Quotient aus der Sitzanahl der gewählten Partei und der Anzahl ihrer Wählerstimmen, also der Kehrwert des Vertretungswerts. Er ist ein Maß für das Gewicht einer Wählerstimme bei der Zusammensetzung des zu wählenden Gremiums.

Da die idealen Sitzansprüche (Quoten) der Parteien auf ganze Zahlen gerundet werden müssen (die Vergabe von Sitzbruchteilen dürfte sich kaum realisieren lassen), entstehen zwischen den Parteien zwangsläufig Unterschiede beim Erfolgswert ihrer Wählerstimmen und folglich auch beim Vertretungswert ihrer Abgeordneten. Es gibt mehrere Maße solcher Unterschiede. Von den hier folgenden kann man immer nur eins optimieren, nicht zwei zugleich.

  • Maximierung des kleinsten Vertretungswerts:
    Der Vertretungswert der Partei mit dem niedrigsten Vertretungswert soll maximiert werden. Dieses Gütekriterium wird nur durch das Ergebnis des D'Hondt-Verfahrens erfüllt (unabhängig vom Rechenverfahren). Bei gegebenem Wahlergebnis gibt es keine andere Sitzzuteilung, bei der das Stimmen-Sitz-Verhältnis der Partei mit dem niedrigsten Stimmen-Sitz-Verhältnis höher wäre als das Stimmen-Sitz-Verhältnis der Partei mit dem niedrigsten Stimmen-Sitz-Verhältnis bei der Zuteilung nach D’Hondt. Der Beweis ist im Rechenverfahren von D'Hondt unmittelbar erkennbar: Die niedrigste Höchstzahl, für die dort ein Sitz zugeteilt wird, ist der kleinste Vertretungswert; jede andere Zuteilung ergäbe einen kleineren minimalen Vertretungswert. – Diese Maximierung ist (nach obiger Definition beider Werte) gleichbedeutend mit Minimierung des maximalen Erfolgswerts.
  • Minimierung des größten Unterschieds der relativen Erfolgwerte:
    Das Hill-Huntington-Verfahren minimiert den größten Unterschied der relativen Erfolgswerte und maximiert damit zugleich den kleinsten Unterschied der relativen Vertretungswerte, siehe http://www.wahlrecht.de/verfahren/hill-123.html. Beide Ziele sind streng positiv korreliert.
  • Minimierung des größten Vertretungswerts:
    Der Vertretungswert der Partei mit dem höchsten Vertretungswert soll minimiert werden. Dieses Gütekriterium wird nur durch das Ergebnis des Adams-Verfahrens erfüllt (unabhängig vom Rechenverfahren), siehe http://www.wahlrecht.de/verfahren/adams.html . Bei gegebenem Wahlergebnis gibt es keine andere Sitzzuteilung, bei welcher der Vertretungswert der Partei mit dem höchsten Vertretungswert niedriger wäre als der Vertretungswert der Partei mit dem höchsten Vertretungswert bei der Zuteilung nach Adams. – Diese Minimierung ist (nach obiger Definition beider Werte) gleichbedeutend mit Maximierung des minimalen Erfolgswerts.

Mehrheits- und Minderheitsbedingung

Mehrheitsbedingung (auch: Mehrheitskriterium, schwache Mehrheitsbedingung) Eine Partei, die mindestens 50 % der (zuteilungsberechtigten) Stimmen auf sich vereinigt, soll immer mindestens 50 % der Sitze erhalten. Nur Divisorverfahren mit Abrundung erfüllen die Mehrheitsbedingung.

Starke Mehrheitsbedingung: Soll darüber hinaus eine Partei mit absoluter Mehrheit der (zuteilungsberechtigten) Stimmen immer die absolute Mehrheit der Sitze erhalten, muss die Gesamtsitzzahl ungerade sein. Nur dann erfüllt das D’Hondt-Verfahren diese Bedingung. Beispiel: Es sind 10 Sitze zu vergeben. Partei A: 501 Stimmen, Partei B 499 Stimmen. Sitzzuteilung nach D’Hondt: Partei A: 5 Sitze, Partei B: 5 Sitze. Partei A kann zwar die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen, erhält jedoch nicht die absolute Mehrheit von (mindestens) 6 Sitzen.

Minderheitsbedingung (auch: Minderheitskriterium): Eine Partei, die höchstens 50 % der (zuteilungsberechtigten) Stimmen auf sich vereinigt, soll höchstens 50 % der Sitze erhalten. Nur Divisorverfahren mit Aufrundung erfüllen die Minderheitsbedingung.

Siehe auch: Optimierung (Mathematik), Abschnitt 4 (Zielfunktion).

Siehe auch

Literatur

  • Klaus Kopfermann: Mathematische Aspekte der Wahlverfahren, BI-Verlag 1991 ISBN 3-411-14901-9

2004, ISBN 3-8252-1527-X

Weblinks


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