Wurzelökologie

Wurzelökologie

Die Wurzelökologie ist ein Lehr- und Forschungsgebiet in botanisch-ökologischen Pflanzenwissenschaften. Inhaltlicher Schwerpunkt ist das Studium umweltrelevanter Standortfaktoren in ihren Auswirkungen auf Wachstum, Verteilung und Tiefenwachstum der Pflanzenwurzeln. Die physiologischen Prozesse in den Wurzeln sind weitgehend Gegenstand der Wurzelphysiologie und werden meistens im Fachgebiet Pflanzenphysiologie wissenschaftlich bearbeitet. Da das Wurzelwachstum jedoch sowohl von äußeren als auch von inneren Faktoren gesteuert wird, ist eine scharfe Trennung zwischen Wurzelökologie und Wurzelphysiologie nicht möglich.

Zu den äußeren Standortfaktoren, die das Wurzelwachstum der Pflanzen maßgebend beeinflussen, gehören Licht, Wärme, Wasser, Gase, Salze und Bodentiere. Untersuchungsgegenstände der Wurzelökologie sind auch die Böden selbst. Kernfragen der Forschung sind z. B. der Einfluss von Bodenart, Bodentyp und Bodenverdichtung auf das Wurzelwachstum. Außerdem beschäftigt sich die Wurzelökologie mit der Wurzelkonkurrenz im Boden, dem Wurzelabbau bzw. der Humusbildung, mit Wurzelbeschädigungen durch Erosion und mit Auswirkungen von Wuchsstoffen und anderen Chemikalien auf die Morphologie der Wurzeln.

Aus den Ergebnissen der Wurzelökologie können Empfehlungen für eine standortgerechte Bewirtschaftung in der Land- und Forstwirtschaft abgeleitet werden. Deshalb beschäftigen sich vor allem Forscher aus praxisnahen Wissenschaften mit ökologischen Wurzeluntersuchungen. Zu diesen Disziplinen gehören u. a.: landwirtschaftlicher Pflanzenbau, Waldbau, Obstbau, Gemüsebau, Geobotanik, Pflanzenernährung, Bodenkunde und Landschaftsökologie.

Wurzelausgrabungen direkt am Wuchsort der Pflanzen waren lange Zeit ein methodisches Problem. John Ernest Weaver, von 1917 bis 1952 Professor für Pflanzenökologie an der Universität Nebraska, gebührt das Verdienst, die Ausgrabungstechniken von Pflanzen so verbessert zu haben, dass die freigelegten Wurzelsysteme bis zu den feinsten Seitenwurzeln an Ort und Stelle beschrieben, gemessen und gezeichnet werden können. Seine Techniken wurden von der österreichischen Botanikerin Lore Kutschera zu einer internationalen Standardmethode weiterentwickelt. Inzwischen gibt es für ökologische Wurzeluntersuchungen eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden.

Ihre wissenschaftliche Heimat hat die Wurzelökologie in der 1982 unter der Ägide von Lore Kutschera in Klagenfurt gegründeten International Society of Root Research gefunden. Die von dieser Fachgesellschaft herausgegebenen Tagungsbände sind informative Nachschlagewerke über den jeweils aktuellen Stand der Wurzelökologie und der anderen Teilgebiete der Wurzelforschung.

Literatur

  • John Ernest Weaver: Root Development of Field Crops. McGraw-Hill Book Company New York 1926.
  • Lore Kutschera: Wurzelatlas mitteleuropäischer Ackerunkräuter und Kulturpflanzen. DLG-Verlag Frankfurt am Main 1960.
  • Friedrich Weller: Die Ausbreitung der Pflanzenwurzeln im Boden in Abhängigkeit von genetischen und ökologischen Faktoren. Eine Literaturauswertung unter besonderer Berücksichtigung der Obstgehölze. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart 1965 = Arbeiten der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim Bd. 32.
  • Josef Nikolaus Köstler, Ernst Brückner und Hans Bibelriether. Die Wurzeln der Waldbäume. Untersuchungen zur Morphologie der Waldbäume in Mitteleuropa. Verlag Paul Parey Berlin und Hamburg 1968.
  • Wolfgang Böhm: Methods of Studying Root Systems. Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1979 = Ecological Studies Vol. 33 (mit umfangreicher Bibliographie zur Wurzelökologie).
  • Root Ecology and its Practical Application. Proceedings of the 3rd Symposium of the International Society of Root Research (ISRR) September 2nd - 6th, 1991 in Wien, Austria. Edited by L. Kutschera, E. Hübl, E. Lichtenegger, H. Persson and M. Sobotik. Published by Verein für Wurzelforschung Klagenfurt 1992.
  • Root Methods. A Handbook. Edited by A. L. Smit, A. G. Bengough, C. Engels, M. van Noordwijk, S. Pellerin and S. C. van de Geijn. Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 2000.
  • Root Ecology. Edited by Hans de Kroon and Eric J. W. Visser. Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 2003 = Ecological Studies Vol. 168.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Erwin Lichtenegger — (* 9. Mai 1928 in Kamp im Lavanttal, Kärnten; † 18. August 2004 während eines Urlaubsaufenthaltes an der Oberen Adria in Bibione, Italien) war ein österreichischer Agrarwissenschaftler. Als …   Deutsch Wikipedia

  • Wolfgang Böhm — (* 19. Juli 1936 in Brünlos) ist ein deutscher Agrarwissenschaftler. Als Hochschullehrer für Pflanzenbau an der Georg August Universität Göttingen ist er vor allem mit Arbeiten zur Wurzelökologie und zur Wissenschaftsgeschichte seines… …   Deutsch Wikipedia

  • Lore Kutschera — Lore Kutschera, geborene Belani; eigentlich Eleonore Kutschera (* 14. September 1917 in Villach, Kärnten; † 16. Oktober 2008 in Klagenfurt) war eine österreichische Botanikerin und international anerkannte Wurzelforscherin. Die von ihr… …   Deutsch Wikipedia

  • Carl Fraas — Carl Nikolaus Fraas (* 6. September 1810 in Rattelsdorf bei Bamberg; † 10. November 1875 in Neufreimann bei München) war ein deutscher Agrarwissenschaftler. Als Universalgelehrter auf dem Gebiet des Landbaus gehörte er zu den literarisch… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Georg Kmoch — (* 9. April 1920 in Goslar; † 2. Dezember 1967 in Bonn) war ein deutscher Acker und Pflanzenbauwissenschaftler. Kmoch studierte seit 1947 Landwirtschaft an der Universität Bonn, promovierte 1952 bei Ernst Klapp mit einer Arbeit über die… …   Deutsch Wikipedia

  • Carl Kraus (Agrarwissenschaftler) — Carl Kraus (* 5. Januar 1851 in Stadtamhof bei Regensburg; † 15. Oktober 1918 in München) war ein deutscher Pflanzenbauwissenschaftler und Pflanzenzüchter. Inhaltsverzeichnis 1 Lebensweg 2 Forschungsleistungen 3 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”