Württembergische Landesbühne Esslingen

Württembergische Landesbühne Esslingen
Württembergische Landesbühne Esslingen

Das Theater hat in Esslingen am Neckar eine lange Tradition. In der Zeit des Spätmittelalters schlossen sie sich dem Humanismus an. Es endete plötzlich in der Reformationszeit, als die strengen Pietisten die Herrschaft in der Stadt übernahmen. Peter Florenz Ilgner, der bereits in mehreren anderen deutschen Städten wie Würzburg und Köln Theater praktizierte, wollte 1772 in Esslingen ein Theater bauen und wurde brüsk abgewiesen. 1781 wurde die Prinzipalin Hochkirchin aus einer Schauspielergesellschaft aus Nördlingen unfreundlich abgewiesen, als sie ein Theater erbauen wollte.

Als mit dem Ende der Zeit der Reichsstadt das in starren Zünften organisierte Gemeinwesen verschwunden war, konnte sich so etwas wie ein bürgerlicher Geist entwickeln. 1804 wurde in Esslingen am Ottilienplatz in der ehemaligen Aegidienkapelle die erste feste Bühne eingerichtet, auf der wohl zunächst nur einfache Stücke gespielt wurden. Es hatte noch kein festes Ensemble.

1863 wurde die Theaterbau-Gesellschaft gegründet. Bereits am 3. Januar 1864 kam es zur Eröffnung der neuen Spielstätte in der Strohstraße. Sie bot 644 Zuschauern Platz. Durch Renovierungen und bühnentechnische Verbesserungen konnte das Gebäude mehr als 100 Jahre lang Esslingens Stadttheater bleiben.

Von 1901 bis 1925 war Mathilde Erfurth Theaterdirektorin in Esslingen. Sie trat mit ihrem Ensemble die Nachfolge des Königlichen Hoftheaters Stuttgart an, das zuvor regelmäßig in Esslingen gastierte. Während des Ersten Weltkriegs wurde das Esslingen Theater vorübergehend geschlossen, nahm aber 1918 den Spielbetrieb wieder auf. Die jährlichen Spielzeiten dauerten zwischen sechs und zehn Wochen. Das Programm beinhaltete Opern, Operetten und Schauspiele. Da die Einkünfte in Esslingen nicht ausreichten, musste die Gage der Schauspieler mit Engagements im gesamten süddeutschen Raum aufgebessert werden. Teilweise organisierte Mathilde Erfurth sogar Benefizveranstaltungen für einzelne Schauspieler/Schauspielerinnen.

Nach dem Ersten Weltkrieg 1919 wurde die Schwäbische Theaterbühne gegründet, später wurde sie in Württembergische Landesbühne umbenannt. Sie spielte unter anderem in Esslingen und brachte die breite Bevölkerung in den Genuss von zeitgenössischer Dramatik und Klassikeraufführungen.

Studiobühne am Zollberg

1921 wurde zur Steigerung des theatralischen Effekts und zur Förderung jenes zuschauenden Affekts als Bühnendekoration ein Kerker angeschafft. Weitere Dekorationen waren unter anderem auch fünf Felsen, eine Schneelandschaft und mehrere Zimmereinrichtungen.

Die wirtschaftliche Lage wurde jedoch immer schlechter. 1925 stand das Esslinger Theater kurz vor dem Aus. Obwohl Mathilde Erfurth mit ihrer Truppe künstlerisch durchaus erfolgreich war, wurde ihr Vertrag per Gemeinderatsbeschluss nicht über das Jahr 1925 hinaus verlängert. Im Herbst dieses Jahres wurde beschlossen, dass die Volksbühne e. V. den weiteren Spielbetrieb des Esslinger Theaters bestreiten sollte.

1945 war die Württembergische Landesbühne das erste Theater Deutschlands, das erneut eine Konzession für den Theaterbetrieb erhielt.

In den 70er Jahren gehörte die Württembergische Landesbühne zu den ersten Theatern in Deutschland, die eine eigene Sparte für das Kinder und Jugendtheater gründeten.

1977 entschlossen sich die Stadt und das Land zu einem Neubau des Theatergebäudes. 1979 wurde das alte Gebäude abgerissen. Im Sommer 1982 wurde das neue Schauspielhaus errichtet. Neben dem großen Saal mit 460 Sitzplätzen werden auch noch das Podium I und II für den Spielbetrieb genutzt. Letzteres fungiert heute auch als Kindertheater im Schauspielhaus.

Im Jahr 1990 wurde auf dem Zollberg ein ehemaliges Schulgebäude aus den 50er Jahren für das Theater umfunktioniert. Heute beherbergt es neben der Studiobühne am Zollberg, Spielstätte vor allem für Stücke für ein jugendliches Publikum, u. a. Probenräume, Werkstätten und Lagerräume. Das früher für die Aufführung von Kinderstücken genutzte Studio am Blarerplatz dient heute als Probenraum.

Von 1985 bis 1989 war Friedrich Schirmer Intendant, der in seinem Spielplan das Konzept der Regionalität betonte. Von 1989 bis 1993 leitete Jürgen Flügge das Theater. In vier Jahren führte er sechs Uraufführungen und neun deutsche Erstaufführungen durch.

In der Spielzeit 2004/05 gibt es mit Manuel Soubeyrand einen neuen Intendanten. Er löste Peter Dolder ab, der die WLB 1998 übernommen hatte. Marco Süß fungiert seither als Leiter der Jungen WLB, der Kinder- und Jugendsparte des Hauses, die 2004 mit einem eigenen Ensemble wiedergegründet wurde.

Gespielt werden zeitgenössische Stücke und Klassiker, musikalische Produktionen und Stücke für Jugendliche und Kinder. Jedes Jahr wird ein Stück als Freilichtaufführung in der Esslinger Altstadt präsentiert, abwechselnd im Maille-Park vor der Inneren Brücke und auf dem Südplatz hinter der Stadtkirche.

Als Landesbühne bespielt die WLB nicht nur ihren Sitzort Esslingen, sondern ist mit Abstechern in ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus auch in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, der Schweiz und Liechtenstein unterwegs.

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