- Zainichi-Koreaner
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Die koreanische Minderheit in Japan (jap. 在日 zainichi bzw. 在日コリアン zainichi korian, sowie für Südkoreaner 在日韓国人 zainichikankokujin und Nordkoreaner 在日朝鮮人 zainichichōsenjin) ist die größte Minderheitengruppe Japans. Ihr gehören schätzungsweise 600.000 bis 700.000 koreastämmige Menschen an. Diese sind vor allem während der der Zeit von 1910 und 1945, als Korea eine Kolonie Japans war, eingewandert sind. Noch heute leiden sie und ihre Nachkommen, die mittlerweile in der vierten Generation in Japan leben, unter Diskriminierung und rechtlichen Einschränkungen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Mit der Annexion Koreas 1910 wurde das Land als Provinz Chōsen in das Japanisches Kaiserreich eingegliedert. Dies ermöglichte den Beginn einer regen Völkerbewegung von der Koreanischen Halbinsel nach Japan. Diese geschah teilweise freiwillig, da sich auf den japanischen Inseln bessere Arbeitsmöglichkeiten boten. Andererseits wurden, vor allem während des Zweiten Weltkriegs, hunderttausende Koreaner zur Übersiedlung gezwungen, um dort in der vom Krieg zerrütteten Industrie zu arbeiten. Am Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich schätzungsweise 2,4 Millionen Menschen aus Chōsen auf den japanischen Inseln.
Nach der Kapitulation Japans im August 1945 und dem durch die Alliierten verfügten Entzug der japanischen Hoheitsauthorität über Chōsen kehrten die meisten Koreaner in ihre Heimat zurück. Aufgrund der ungewissen Lage in Korea blieben jedoch 1946 noch ca. 650.000 Koreaner in Japan.[1]
Obwohl Japan bis zum Vertrag von San Francisco im Jahre 1951 (1952 in Kraft getreten) de jure immer noch die Staatenhoheit über die nun de facto ehemalige Provinz inne hatte, wurden der koreastämmigen Bevölkerung im Dezember 1945 das Wahlrecht entzogen. 1947 wurde diesem Bevölkerungsteil ihre japanische Staatsbürgerschaft entzogen, die sie aufgrund des ehemaligen Koloniestatus Koreas erworben hatten. Im Gegensatz zu der sonst üblichen Verfahrensweise nach territorialen Veränderungen die Wahl der Staatsangehörigkeit den Betroffenen in den Gebieten frei zu stellen, wurden sie als Koreaner definiert, obwohl es noch keinen koreanischen Staat gab. Dies ist auch der unterschiedlichen Behandlung der Besatzungsmacht, die die Koreaner auf der einen Seite als befreite Individuen, aber auf der anderen Seite ebenfalls als japanische Staatsbürger und damit als Feind ansahen. Aufgrund der Beziehungen einiger Koreaner zur kommunistischen Partei Japans wurden Minderheitsverbände und von ihnen unterstützte koreanische Schulen sowohl von der japanischen Regierung als auch von der Besatzungsmacht unterdrückt.
Mit dem Ausbruch des Koreakrieges (1950-1953) wurden die in Japan lebenden Koreaner im Prinzip staatenlos; weder Nord- noch Südkorea wurden von der japanischen Regierung als souveräne Staaten anerkannt, da sie die Koreanische Halbinsel aufgrund ihres De-jure-Anspruches immernoch als japanisches Staatsterritorium ansah. Zu der rechtlichen Unsicherheit kam nun noch eine ideologische Trennung der koreanischen Minderheit in Japan hinzu.
1965 nahm die japanische Regierung mit der südkoreanischen Regierung Verhandlungen auf und ermöglichte es der koreastämmigen Bevölkerung und deren Nachkommen, die südkoreanische Staatsbürgerschaft anzunehmen.[1] Da Nordkorea nach wie vor nicht von Japan anerkannt wird[1], konnten Nordkoreaner erst 1981, nachdem Japan die Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen und die Menschenrechtskonventionen ratifiziert hatte, in ihr Herkunftsland (und nach Japan zurück) reisen. Seit 1965 bzw 1981 besserte sich für beide Teile der koreanischen Minderheit die wirtschaftliche Lage, da diese von den entsprechenden Zeitpunkten an vom japanischen Wirtschaftswunder mitprofitieren konnte.
Heutige Situation
Da die japanische Gesellschaft auch heute noch sehr auf eine Ideologie der Homogenität setzt, ist sie z.B. gegenüber ethnischen Unterschieden durchweg intolerant eingestellt. Menschen, die als „anders“ oder „unrein“ identifiziert werden, sind oft Ausgrenzung oder Diskriminierung ausgesetzt. Hierbei sind besonders Angehörige von Minderheitsgruppen wie die koreanische Minderheit betroffen.
Viele Koreaner weigern sich (nach wie vor), die japanische Staatsbürgerschaft zu beantragen, obwohl sie mittlerweile in der vierten Generation in Japan leben und oft nicht einmal mehr koreanisch sprechen. Der Ablehnungsgrund liegt in der Art und Weise, in der die japanische Staatsbürgerschaft generell nur beantragt werden kann. Die Übertragung der Staatsbürgerschaft setzt eine vollständige Assimilation voraus, darunter zum Beispiel auch das Annehmen eines japanischen Namens. Dies wird von der koreastämmigen Bevölkerung als Verlust der koreanischen Identität gesehen. Für offene Unterstützer der Nordkorea nahestehenden Minderheitenorganisation Chongryon war es außerdem kaum möglich, die Staatsbürgerschaft zu erwerben. Eine weitere, Südkorea nahestehende Minderheitenorganisation ist Mindan.
Allerdings identifizieren sich in Japan lebende Koreaner ab der dritten und vierten Generation mehr mit Japan als mit Nord- oder Südkorea, da sie in und mit Japan aufgewachsen sind. Diese Annäherung der koreanischen Minderheit an die japanische Kollektivgesellschaft lässt die Situation für die koreastämmige Bevölkerung besser werden.
Die koreanische Minderheit und die Atombombenabwürfe
Unter den Opfern der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki war schätzungsweise jeder zehnte ein koreanischer Zwangsarbeiter. Dies entspricht etwa 40.000 koreanischen Personen. Bei den alljährlichen Zeremonien zum Gedenken an die Abwürfe wird der koreanischen Opfer nicht gedacht. Für sie wurde erst 1970 in Hiroshima ein Mahnmal errichtet. Für die koreanischen Atombombenopfer gab es immer schon eine kostenlose medizinische Versorgung, für die im Ausland lebenden Koreaner gilt dies aber erst seit 1980.[2]
Die beiden koreanischen Staaten verhalten sich diesbezüglich unterschiedlich, sowohl zueinander als auch in Bezug auf Japan. In Nordkorea werden repatriierte Atombombenopfer im Zuge staatlicher Propaganda zu Helden stilisiert und erfahren so ein gewisses Maß an gesellschaftlicher Achtung. In Südkorea erfahren Atombombenopfer keinerlei staatliche oder gesellschaftliche Unterstützung.
Literatur
- Ryang, Sonia: „Koreans in Japan - Critical Voices from the Margin“. Routledge. New York 2000. ISBN 041521999X
- Hammitzsch, Horst: „Japan-Handbuch“. Steiner. Stuttgart 1990. ISBN 3515057536
Filme
- Dear Pyongyang (2005), von Yang Yong-hi[3]
- Inochi (2002), von Shinohara Tetsuo nach der Biografie von Yu Miri
- Go (2001), von Isao Yukisada nach dem gleichnamigen Roman von Kazuki Kaneshiro
- Ao – Chong (青〜chong〜) (2000), von Lee Sang-il
Einzelnachweise
- ↑ a b c Ryang, Sonia: "Koreans in Japan: Critical Voices from the Margin", Ausgabejahr: 2000, Verlag: Routledge (Vereinigtes Königreich)
- ↑ "Sich verleugnen, sich selbst täuschen" vom 14. September 1981 in Spiegel Online
- ↑ Dear Pyongyang - Yang Yong-hi, Japan 2005
Weblinks
- Kazuko Suzuki: The State and Racialization: The Case of Koreans in Japan, San Diego Februar 2003 - Englisch
- Rainer Werning: Verdrängte Schuld: Zehntausende der Atombombenopfer von Hiroshima und Nagasaki waren Koreaner, in: FREITAG. Die Ost-West-Wochenzeitung, 33 vom 8. August 2003.
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