- Zaïde
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Werkdaten Titel: Das Serail Originaltitel: Zaide Form: Singspiel Originalsprache: deutsch Musik: Wolfgang Amadeus Mozart Libretto: Johann Andreas Schachtner Uraufführung: 27. Januar 1866 (postum) Ort der Uraufführung: Frankfurt am Main Ort und Zeit der Handlung: Türkei, 16. Jahrhundert Personen Zaide KV 344 (336b) ist ein deutsches Singspiel-Fragment in zwei Aufzügen von Wolfgang Amadeus Mozart nach einem verschollenen Libretto von Johann Andreas Schachtner.
Die „Zaide“ ist ein bis vor einigen Jahren kaum beachteter Vorläufer des zwei Jahre später uraufgeführten erfolgreichen deutschen Singspiels „Die Entführung aus dem Serail“. So wie in diesem geht es auch hier um eine – gescheiterte – Flucht aus einem Sultanspalast, doch Zaide ist eine tragische Version der glücklich endenden Entführung aus dem Serail, das Ende des ernsten Singspiels bleibt ungewiss, weil Mozart die Arbeit an dem Werk kurz vor der Fertigstellung abbrach. Was uns heute vorliegt, ist ein Fragment. Es fehlen die Ouvertüre, die gesprochenen Dialoge und der Schluss.
Inhaltsverzeichnis
Handlung
Sultan Soliman begehrt seine europäische Sklavin Zaide, doch diese liebt nur ihren Leidensgenossen Gomatz und legt dem erschöpft eingeschlafenen Sklaven ihr Bild in den Schoß. Nun verliebt sich auch Gomatz in Zaide und alle Furcht fällt von ihm ab. Er will mit der Geliebten fliehen und wird dabei von Allazim, dem Lieblingssklaven Solimans unterstützt, der sich ebenfalls entschließt, sein eigenes Schicksal mutig in die Hand zu nehmen und mit ihnen zu gehen.
Osmin, der Sklavenhändler, berichtet dem Sultan von der Flucht der Sklaven und ist sicher, dass die Entflohenen nicht weit kommen werden. Soliman rast vor Wut und gekränkter Eitelkeit, dass Zaide ihm einen Sklaven vorzieht, einen „Christenhund“ noch dazu, und will grausame Rache üben. Osmin bietet Soliman zum Trost eine schöne Sklavin an, doch der lehnt das Angebot ab. Der Sklavenhändler kann über die „Dummheit“ des Herrschers nur lachen. Wieder gefangen lehnt sich Zaide wütend gegen den mordgierigen Herrscher auf, der unschuldiges Blut vergießen will. Allazim prangert die Unfähigkeit der Mächtigen an, ihre Untergebenen als „Brüder“ zu erkennen, weil diese nie das schwere Schicksal der Niedrigen erlebt haben. Nun versuchen Allazim, Zaide und Gomatz, den Sultan umzustimmen. Doch alles Flehen um Gnade scheint umsonst, so bleibt den Liebenden nur der Trost, dass sie gemeinsam sterben und so ihre Liebe krönen werden.
Geschichte
Mozart war als 23-Jähriger noch beim Salzburger Erzbischof angestellt. Es ist hinlänglich bekannt, dass er in diesem Dienstverhältnis nicht gerade glücklich war (er selbst bezeichnete es in einem Brief an den Vater als „Sclaverey“). Franz von Heufeld, ein einflussreicher Mann der Wiener Theaterwelt riet ihm, sich am Wiener Hof mit einer komischen deutschen Oper um eine Stelle zu bewerben. Doch Mozart mochte lieber eine ernste deutsche Oper schreiben (was ziemlich gewagt war, schließlich hörte man zu seiner Zeit in Wien ernste Opern nur auf Italienisch – als „Opera seria“).
Anregungen für das geplante Singspiel fand er in folgenden Werken:
- „Zaïre“ (ein Theaterstück mit Musik, Text von Voltaire, Musik von Michael Haydn, 1777 in Salzburg aufgeführt; Leopold Mozart berichtet in mehreren Briefen seinem Sohn von dieser Aufführung) und
- „Das Serail oder Die unvermutethe Zusammenkunft in der Sclaverey zwischen Vater, Tochter und Sohn“' (ein Singspiel von Joseph Friebert, Text von Franz Joseph Sebastiani, 1777 in Wels, östlich von Salzburg, aufgeführt).
Beide Stücke haben eine sozialkritische Handlung, die Mozart fasziniert. Es geht um Sklaverei, Verachtung der „Niedrigen“, Unverständnis und Willkür der Mächtigen. Da alles in das zu dieser Zeit so beliebte „Türkenthema“ verpackt ist, bleiben die Werke unzensiert.
Der Salzburger Hoftrompeter Johann Andreas Schachtner, ein Freund Leopold Mozarts, schrieb das Libretto für das neue Singspiel – vermutlich verwendete er dabei Sebastianis Textbuch "Das Serail" als Vorlage. Im Jahr 1779 konnte Mozart mit der Arbeit beginnen. Mit welcher Begeisterung er ans Werk ging, ist am Ergebnis unschwer zu erkennen (Peter Sellars: „Die Musik vibriert geradezu von seiner glühenden Überzeugung der Notwendigkeit sozialen Wandels, von avantgardistischer Erneuerung der Formen und einer tief anrührenden Zärtlichkeit.“).
Handelnde Personen
Die handelnden Personen erinnern sehr an die der späteren „Entführung aus dem Serail“, siehe folgende Gegenüberstellung:
Zaide Entführung Zaide Konstanze Gomatz Belmonte, span. Edelmann, Konstanzes Verlobter Soliman Bassa Selim Osmin Osmin, Palastwächter Allazim (keine Entsprechung, aber ein „Buffopaar“) Aus dem Sklaven Gomatz wird in der Entführung Belmonte, der als freier Mann kommt, um seine Verlobte zu befreien (man beachte, dass auch Mozart dann bereits frei schaffender Künstler in Wien ist!), außerdem fehlt in dem ernsten Singspiel „Zaide“ noch das für den heiteren Teil zuständige Buffopaar.
Schicksal der Oper
Im Jahr 1781 brach Mozart die Arbeit an seinem Werk ab. Vermutlich war ihm klar geworden, dass er mit einer nur ernsten deutschen Oper nicht ankommen konnte. In einem Brief an seinen Vater schrieb er, dass „… man lieber komische Stücke sieht.“ Außerdem hatte er bereits ein neues Angebot mit größerer Aussicht auf Erfolg in der Tasche: Die Entführung aus dem Serail. Sie war ein Auftragswerk (Kaiser Josef II. wünschte sich ein Nationalsingspiel für das Wiener Burgtheater) und hat ein ähnliches Thema, jedoch auch mit vielen heiteren Elementen, und so machte sich Mozart mit Begeisterung an die neue Arbeit, aus der schließlich eine der erfolgreichsten Opern überhaupt entstehen sollte.
Das unvollendete Singspiel Zaide aber wurde zu Mozarts Lebzeiten nie aufgeführt. Schachtners Libretto ist leider verschollen, erhalten sind nur die von Mozart vertonten Gesangsstücke. Es fehlen die Ouvertüre, die gesprochenen Zwischentexte und der – wahrscheinlich als sehr kurz geplante, gesprochene – Schlussteil. Das vorerst noch namenlose Fragment wurde erst 1866 (75 Jahre nach Mozarts Tod!) in Frankfurt am Main als „Zaide“ uraufgeführt, geriet dann aber für lange Zeit fast in Vergessenheit. In den letzten Jahren allerdings hat man die wundervolle Musik der Zaide neu entdeckt und nun wird die Oper immer wieder mit diversen Ergänzungen aufgeführt.
Schluss
In dem Singspiel „Das Serail“ stellt sich heraus, dass die drei Sklaven miteinander verwandt sind: Allazim ist der Vater von Gomatz und Zaide. Daraufhin lässt der Sultan doch Gnade walten und verspricht ihnen eine sichere Rückreise.
Daneben gibt es auch noch die Variante, dass Allazim vom Sultan als sein einstiger Lebensretter erkannt und deshalb zusammen mit Gomatz und Zaide begnadigt wird.
Ergänzungen
In heutigen Aufführungen wird anstelle der fehlenden Ouvertüre zuweilen eine der kurzen Jugendsinfonien Mozarts gespielt und für das Verfassen der gesprochenen Zwischentexte und des Schlussteils zieht man vor allem die Textbücher der beiden Zaide -Vorläufer heran, sowie Mozarts spärliche Notizen auf den gefundenen Notenblättern und diverse Erwähnungen in seinen Briefen. Das Werk wird auch immer wieder konzertant aufgeführt, meist mit erklärenden Worten zwischen den Gesangsstücken.
Italo Calvino
Wenige Jahre vor seinem Tod schrieb Italo Calvino auf Bitten von Adam Pollock, des musikalischen Leiters des Batignano-Festivals, eine Fassung des Stoffes, die einen Erzähler vorsieht, der die überlieferten Fragmente verbindet. In seiner Fassung stellt der Erzähler auch mehrere mögliche Handlungsverläufe und Schlüsse für das Singspiel vor. Diese Bearbeitung wurde auf dem genannten Festival erstmals 1981 aufgeführt.
Gesangsstücke
- Brüder, lasst uns lustig sein (Chor)
- Unerforschliche Fügung (Melolog: Gomatz)
- Ruhe sanft, mein holdes Leben (Zaide)
- Rase Schicksal, wüte immer bzw. Ja, nun lass das Schicksal wüten (Gomatz)
- Meine Seele hüpft vor Freuden (Zaide, Gomatz)
- Herr und Freund, wie dank ich dir (Gomatz)
- Nur mutig, mein Herze, versuche dein Glück (Allazim)
- O selige Wonne (Zaide, Gomatz, Allazim)
- Zaide entflohen (Melolog: Soliman, Osmin)
- Der stolze Löw‘ (Soliman)
- Wer hungrig bei der Tafel sitzt (Osmin)
- Ich bin so bös als gut (Soliman)
- Trostlos schluchzet Philomele (Zaide)
- Tiger! wetze nur die Klauen (Zaide)
- Ihr Mächtigen seht ungerührt (Allazim)
- Freundin! Stille deine Tränen (Quartett: Gomatz, Zaide, Soliman, Allazim)
Literatur
- Italo Calvino, Quint Buchholz: Mozarts Zaide. Eine Geschichte von Liebe und Abenteuern. Hanser, München & Wien 1991, ISBN 3-446-16399-9
Tonträger
- Nikolaus Harnoncourt und der Concentus Musicus Wien; 2006 mit Diana Damrau, Michael Schade ; harmonia mundi
- Paul Goodwin und die Academy of Ancient Music; 2004 mit Lynne Dawson, Hans Peter Blochwitz, Olaf Bär ; harmonia mundi
- Alfons Rischner und das RSO Stuttgart; 1956 mit Maria Stader, Fritz Wunderlich, Petre Munteanu; OPERA D’ORO (2007)
Weblinks
- Zaide: Partitur und kritischer Bericht in der Neuen Mozart-Ausgabe
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