- Bendis
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Die thrakische Jägerin wird inschriftlich immer wieder als Artemis mit der Epiklese Bendis oder in der lateinischen Form als Diana mit gleichem Beinamen bezeichnet.
Ihr Bild erschien erstmals in archaischer Zeit im attischen Kulturraum. Zu Zeiten Platons (ca. 430 v. Chr.) gab es ein offizielles Fest des Stadtstaates, die Bendideia, das – wie durch Strabon überliefert ist – einmal jährlich stattfand. In einem großen Festzug näherte man sich in einem nächtlichen Fackellauf dem Heiligtum der Göttin, das in Piräus errichtet worden war. Die Einführung ihres Kultes und vor allem die Aufnahme in den offiziellen Kultkalender der Stadt Athen wurde immer anhand der Überlieferung des Thukydides gedeutet. Ihm zufolge wurde der fremden Göttin Bendis aus dem barbarischen Norden – als Dank für die Allianz der Thraker mit den Athenern während des Peloponnesischen Krieges – für kurze Zeit Gastrecht in Athen eingeräumt.
Bendis wurde aber nicht nur in Athen verehrt, sondern gelangte an viele Orte des griechischen Kulturkreises, wie die Kykladen, Kleinasien, Zypern, Ägypten, Unteritalien. Sie erreichte vor dem Hintergrund der Expansionspolitik Athens in spätklassischer Zeit auch Nordgriechenland, ihre Heimat, wieder. Hier konzentrieren sich die Hinweise auf die Präsenz und den Kult der Bendis auf die seit der Archaik von Griechen besiedelten Städte entlang der Küste der Region, wo ihr Kult von den griechischen Bewohnern angenommen und teilweise in den privaten Lebensalltag integriert bzw. in Einzelfällen auch in den offiziellen Kult der Polis aufgenommen wurde. Die Thrakerin büßte allerdings schon zum Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. ihre enorme Popularität ein, ihr Kult kam weitgehend zum Erliegen.
Erst mit Beginn der mittleren Kaiserzeit, das heißt seit dem 2 Jahrhundert n. Chr., wurden erneut Abbildungen gefertigt, auf denen die Thrakerin als Jägerin erscheint. Anhand vereinzelter Weihinschriften weiß man, dass auf diesen Weihtafeln Bendis dargestellt ist, die in Nordgriechenland mit Artemis/Diana gleichgestellt wurde. Sie erscheint hier allerdings nicht mehr als Göttin einer ethnischen Minderheit, wie man sie in Athen kannte, sondern war ein Göttin mit einer weitgehenden Akzeptanz, die gleichwertig von allen Bevölkerungsgruppen der nunmehr römischen Provinz Thracia und Macedonia verehrt wurde.
Literatur
- Georg Knaack: Bendis. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,1, Stuttgart 1897, Sp. 269–271.
- Maria Deoudi: Die thrakische Jägerin. Römische Steindenkmäler aus Macedonia und Thracia, Peleus. Studien zur Archäologie und Geschichte Griechenlands und Zyperns Bd. 51, Harrassowitz, Mainz 2010, ISBN 978-3447062138
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