Zeitstudie (REFA)

Zeitstudie (REFA)

Die Zeitstudie oder auch Zeitaufnahme ist laut REFA[1] das Ermitteln von Soll-Zeiten durch Messen und Auswerten von Ist-Zeiten. Das im deutschsprachigen Raum gängigste Verfahren ist die Zeitstudie nach der REFA-Methodenlehre.

Die Ursprünge der Zeitstudie liegen im Industrial Engineering nach Frederick Taylor, wo sie vor allem durch Frank Bunker Gilbreth und dessen Frau Lillian systematisiert wurden.[2]

Inhaltsverzeichnis

Gliederung der Ablaufarten

Zur Durchführung einer Zeitaufnahme werden die Arbeitsabläufe von Mensch und Betriebsmittel in verschiedene Ablaufarten unterteilt (siehe: Zeit je Einheit).

Auf der ersten Ebene sind dies:

  • Im Einsatz:
    Mensch oder Betriebsmittel stehen der Ausführung von Arbeitsaufgaben zur Verfügung.
  • Außer Einsatz:
    Ein Einsatz ist längerfristig während der Arbeitszeit nicht möglich zum Beispiel Krankheit, Urlaub; oder das Unternehmen kann sie nicht beschäftigen etwa wegen eines Auftragsmangels.
  • Betriebsruhe:
    Sind gesetzliche, tarifvertragliche oder betrieblich vereinbarte Arbeitspausen.
  • Nicht erkennbar:
    In diese Klasse fallen Abläufe, deren Art sich nicht feststellen lässt.

In einem weiteren Schritt erfolgt nur mehr eine Unterteilung der Arbeitsträger im Einsatz. Die Haupttätigkeit oder Hauptnutzung dient der planmäßigen, unmittelbaren Erfüllung der Arbeitsaufgabe und ist auf die Bearbeitung der Objekte ausgerichtet. Nebentätigkeiten oder Nebennutzungen dienen nur mittelbar der Erfüllung der Arbeitsaufgabe wie zum Beispiel Umrüsten von Maschinen, Heranholen von Objekten. Der Eintritt und Ablauf von zusätzlichen Tätigkeiten ist unvorhersehbar und kann daher nicht im Voraus bestimmt werden, zum Beispiel Störungen, Reparaturen. Bei den Unterbrechungen werden ablauf-, störungs-, erholungs- oder persönlich bedingte unterschieden.

Zeitermittlung durch Zeitstudie

Für die Ermittlung von Vorgabezeiten wurde von REFA ein Standardprogramm mit fünf Hauptschritten entwickelt.[1]

  1. Beschreibung der zu messenden Arbeit: Es wird eine so genaue Beschreibung des Arbeitssystems gemacht, dass ein ausgebildeter Arbeitsstudienmann vergleichbare Arbeitsbedingungen wieder herstellen könnte. Die durchzuführende Arbeitsaufgabe, das Arbeitsverfahren und die verwendete Arbeitsmethode sind unter Verwendung des oben genannten Gliederungsschemas genau anzugeben. Weiter wird festgestellt, welche Tätigkeiten zur Arbeit gehören und in welche Arbeitsschritte der Ablauf gegliedert werden kann.
  2. Messung der Grundzeiten: Festlegen von Messpunkten, welche den Anfang und das Ende der Arbeitsschritte angeben. Die Messergebnisse werden im REFA-Zeitaufnahmebogen in Form eines Protokolls dokumentiert und anschließend ausgewertet.
  3. Leistungsgradbeurteilung: Die gemessene Leistung wird einer Bezugsleistung, der sogenannten REFA-Normalleistung, gegenübergestellt. Diese stellt allerdings keine Durchschnittsleistung dar, es handelt sich dabei viel mehr um eine Arbeitsausführung, die als besonders ausgeglichen, harmonisch und natürlich erlebt wird. Eine solche REFA-Normalleistung ist dadurch charakterisiert, dass sie von jedem geübten und voll eingearbeiteten Arbeitnehmer auf Dauer und als Durchschnittsleistung einer Schichtzeit erbracht werden kann, und dient dazu, die Soll-Zeit einer Arbeitsleistung zu bestimmen.
  4. Ermittlung der Verteilzeiten: Da die Dauer der Verteilzeiten von persönlichen Bedürfnissen oder Maschinenstörungen abhängig ist, werden sie mit Hilfe einer Verteilzeitaufnahme ermittelt oder statistischer Methoden, wie zum Beispiel Multimomentaufnahmen, geschätzt. Viele Tarifverträge beinhalten pauschale Werte für anzusetzende persönliche und sachliche Verteilzeiten. In solchen Fällen sind sie verhandelt.
  5. Berechnung der Sollzeiten: Die zu einem Arbeitsgang gehörenden Grund-, Erholungs- und Verteilzeiten werden addiert.

Vor- und Nachteile

Vorteile

  • Informationsgenauigkeit statistisch abgesichert
  • Objektivität der ermittelten Information
  • Zeigt Einsparungspotentiale auf

Nachteile

  • Geistige Tätigkeiten können nicht beobachtet werden
  • Hoher Aufwand für Aufnahme und Auswertung
  • Mitarbeiter sind direkter Fremdbeobachtung ausgesetzt

Anwendungsbedingungen

Da es sich um eine sehr aufwändige Methode der Zeitaufnahme handelt, sollte sie eher bei häufig wiederkehrenden materiellen Prozessabläufen angewandt werden. Weiters müssen die Arbeitsabläufe in einzelne Schritte zerlegbar sein, um alle Vorgänge möglichst genau zeitlich erfassen zu können.

Da die Mitarbeiter direkter Fremdbeobachtung ausgesetzt sind, sind sie vorab zu informieren und in den Prozess einzubinden, damit eine möglichst hohe Akzeptanz bei allen Beteiligten gewährleistet wird.

Alternative Zeiterfassungsmethoden

Um die erforderlichen Informationen erhalten zu können, werden abhängig von den jeweiligen Anforderungen verschiedene Techniken eingesetzt.

Die bekanntesten Techniken der Zeitermittlung sind:

Literaturverzeichnis

  • Hartmut F. Binner: Handbuch der prozessorientierten Arbeitsorganisation. Hanser Verlag, München 2004, ISBN 3-446-22703-2
  • Hans-Ulrich Küpper, Stefan Helber: Ablauforganisation in Produktion und Logistik. Schäfer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-7910-2342-X
  • Manfred Schulte-Zurhausen: Organisation. Vahlen Verlag, München 2002, ISBN 3-8006-2825-2

Weblinks

Quellen

  1. a b REFA (Hrsg.): Methodenlehre des Arbeitsstudiums : Teil 2 Datenermittlung. München: Hanser, 1978. - ISBN 3-446-12704-6. S. 81.
  2. Hopp, Wallace J.: Factory Physics : foundations of manufacturing management. 2nd ed. New York: McGraw-Hill Higher Education, 2000. - ISBN 0-256-24795-1. S. 31.

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