Zettel's Traum

Zettel's Traum

Zettels Traum ist das 1970 erschienene Monumentalwerk des Schriftstellers Arno Schmidt. Der Titel spielt u. a. auf Shakespeares Mittsommernachtstraum an.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

„Zettels Traum“ ist Schmidts Opus Magnum, seine Antwort auf das große Vorbild James Joyce. Ein Ehepaar, das gerade Edgar Allan Poe übersetzt, besucht mit seiner 16-jährigen Tochter einen alten Freund, den erschreckend belesenen, über alle Maßen besserwisserischen und eigenbrötlerischen Daniel Pagenstecher; ein Alter Ego Schmidts. Einen Tag lang, von Sonnenauf- bis -untergang, spazieren sie durch die Heide, gehen baden, verrichten verschiedene Arbeiten im Haushalt und unterhalten sich dabei über Gott und die Welt und natürlich über Poe. Dass dabei die lolitahafte Tochter den alternden Dichter sexuell mehr als verwirrt, ist nur einer von unzähligen Nebensträngen, die sich durch den gesamten Tagesablauf ziehen.

Stil

Zettels Traum ist der Höhepunkt der Entwicklung von Schmidts Etym-Theorie, die zur sprachlichen Kernvorstellung des Schmidtschen Spätwerks gehört. Schmidt selbst erklärt sie so:

„<Was Worte sind, wißt ihr – ?>;/(sie nickten schnell:!)/(Glückliches Völkchen; mir wars nicht ganz klar,)).:<Also das bw spricht Hoch=Worte. Nun wißt ihr aber, aus FREUDs Traumdeutung, wie das ubw ein eigenes Schalks-Esperanto lallt; indem es einerseits Bildersymbolik, andrerseits Wort-Verwandheiten ausnützt, um mehrere Bedeutungen gleichzeitigwiederzugeben. Ich möchte nun diese neuen, wortähnlichen Gebilde ETYMS heißen: der obere Teil des Unbewußten: spricht ETYMS.“

Arno Schmidt: Zettels Traum

„<Zettels Traum> mußte – allein schon ob der Etym-Basis – ein zu zwei Dritteln humoristisches Buch werden, das aber auch alles mögliche Andere natürlich zeigt: das Flickwerk unserer Eingeweide, und den Schmelz der Interpunktion.“

Arno Schmidt

Das Werk umfasst 1334 dreispaltig mit Schreibmaschine und Hand (Randglossen & Streichungen) beschriebene DIN-A3-Seiten und umfasst acht Bücher:

  • 1. Buch: Das Schauerfeld, oder die Sprache von Tsalal (bis Bl. 138)
  • 2. Buch: In Gesellschaft von Bäumen (bis Bl. 313)
  • 3. Buch: Dän's Cottage; (ein Diorama) sic (bis S. 489)
  • 4. Buch: Die Geste des Großen Pun (bis Bl. 600)
  • 5. Buch: Franziska - Nameh (bis Bl. 755)
  • 6. Buch: 'Rohrfrei!' – (bis Bl. 961)
  • 7. Buch: The tw/oilit of the Guts (bis Bl. 1145)
  • 8. Buch: Im Reiche der Neith (bis Bl. 1330)

Satzzeichen sind für Schmidt Ausdrucksmittel, die seinen Regeln folgen, nicht denen der Rechtschreibung; gleiches gilt für die Worte. Zettels Traum ist Fluchtpunkt und Summe des Autors, ist monumental und umfangreich, Epos und Essay, Übersetzungstheorie und Dichterpsychogramm, Erläuterung zu Poe und Neudichtung, Erzählung und eigene Erzähltheorie in einem. In zehnjähriger Arbeit hat Schmidt dieses Buch mit Hilfe überquellender Zettelkästen komponiert, darauf spielt der Titel ebenso an, wie auf den unseligen Weber Zettel aus Shakespeares Sommernachtstraum, der, durch Zauberei verwandelt, merkwürdige Traumerlebnisse hat. Bei seinem Erscheinen 1970 war das Buch eine Sensation.

Der Raubdruck

Das Werk erschien ursprünglich in einer auf zuerst 2.000 Exemplare limitierten, signierten Auflage im DIN-A3-Format im Stahlberg-Verlag Karlsruhe. Kurz darauf wurde – sehr zum Ärger des Autors – ein Raubdruck des Buchs in halber Größe angefertigt. Bis heute (Stand 2006) ist Zettels Traum – wie vom Autor gewünscht – nur in verschieden skalierten Faksimile-Ausgaben des Original-Typoskripts verfügbar; an einer gesetzten Ausgabe arbeitet der Kassler Typograph Friedrich Forssman seit etlichen Jahren. Arno Schmidt sah sich in seiner prekären Existenz bedroht, da sein Verleger meinte, man könne nicht noch einmal das Wagnis einer weiteren Typoskript-Ausgabe eingehen, wenn sofort mit einem Raubdruck zu rechnen sei.

Ausgaben

  • Das Werk erschien ursprünglich in einer auf zuerst 2.000 Exemplare limitierten, signierten Auflage im DIN-A3-Format im Stahlberg Verlag (1970).
  • 1977 erschien im S. Fischer Verlag die 3. Auflage des Faksimiles mit 1.500 Exemplaren, Gewicht: 8,3 kg.
  • 1992 erschien im S. Fischer Verlag die 5. Auflage des Faksimiles mit 1.500 Exemplaren
  • Im Jahr 2004 wurde vom S. Fischer Verlag eine Leseausgabe bereitgestellt, die beinahe an die Originaldimensionen des Werkes herankommt (1360 Seiten, Gewicht: 7,6 kg).
  • Zwei Hörbuchfassungen in Auszügen mit Jan Philipp Reemtsma bzw. Joachim Kersten als Erzähler.

Dokumente

  • Arno Schmidt: Vorläufiges zu Zettels Traum. Schallplatten-Kassette mit 2 Langspielplatten und einer Faksimile-Beigabe, S. Fischer Verlag 1977.

Literatur

  • Doris Plöschberger: SilbmKünste & BuchstabmSchurkereien! Zur Ästhetik der Maskierung und Verwandlung in Arno Schmidts 'Zettels Traum'. Diss., Universitätsverlag Winter, 2002, ISBN 3-8253-1418-9.
  • Jörg Drews, Doris Plöschberger (Hrsg.): »Des Dichters Aug' in feinem Wahnwitz rollend…«. Dokumente und Studien zu »Zettel's Traum«. 2001, ISBN 3-88377-658-0.
  • Volker Langbehn: Arno Schmidts Zettels Traum: An Analysis. Camden House, Rochester 2003, ISBN 1-57113-261-9.

Weblinks


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