- Zinsknechtschaft
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Zinsknechtschaft (englisch: "Interest bondage") und die Forderung nach „Brechung der Zinsknechtschaft“ sind wirtschaftspolitische Schlagworte, die besonders in der nationalsozialistischen Ideologie zum Zwecke der Zinskritik Verwendung fanden und auch heute in zahlreichen Veröffentlichungen von Rechtsextremisten erscheinen. Selbst linke Gruppen wie Attac geraten manchmal unter Antisemitismusverdacht, wenn sie diesen Begriff verwenden [1].
Inhaltsverzeichnis
Begriff
Die Bedeutung der beiden Worte bzw. der Forderung geht maßgeblich auf Gottfried Feder zurück, der 1919 den Deutschen Kampfbund zur Brechung der Zinsknechtschaft gegründet und im selben Jahr sein Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft[2] veröffentlicht hatte. Inhalt seiner Forderungen war jedoch nicht, wie oft vermutet wird, ein Verbot, Zinsen zu erheben, sondern zahlreiche geforderte Veränderungen in der staatlichen Wirtschaftspolitik. Eine Hauptkritik Feders war die Zahlung von Zinsen durch den Staat an Eigentümer von staatlichen Wertpapieren/Schatzbriefen, die diese ja doch nur wieder durch Steuern selbst aufbringen müssten.
Nationalsozialismus
Feder gilt als erster Wirtschaftstheoretiker der NSDAP, seine Veröffentlichungen werden in Adolf Hitlers Mein Kampf mehrfach lobend erwähnt. Für die Nationalsozialisten waren sie besonders interessant, weil er darin zwischen „raffendem und schaffendem Kapital“ unterschied. Feders wirtschaftspolitische Vorstellungen fanden 1920 Eingang in das 25-Punkte-Programm der NSDAP. Unter Punkt 11 wurden hier die „Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens, Brechung der Zinsknechtschaft“ gefordert.
Von Historikern wird jedoch konstatiert, dass Parolen wie diese keine Rolle für die tatsächliche Politik der Nationalsozialisten spielten; sie gehörten
„...ins manipulationsfähige Vorfeld, das der Tarnung, der Verwirrung diente und nach Opportunitätsmotiven mit wechselnden Schlagwörtern bestückt war. Wie zynisch zumindest an der Spitze die Programmgrundsätze mißachtet wurden, erfuhr einer der jungen enthusiastischen Überläufer zur Partei im Gespräch mit Goebbels; auf die Bemerkung, daß Feders Brechung der Zinsknechtschaft doch ein Element des Sozialismus enthalte, bekam er zur Antwort, brechen müsse höchstens der, der diesen Unsinn anhöre.“
– Joachim Fest: Hitler. Eine Biographie. S. 393[3]
Rechtsextreme Szene nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Feders Arbeiten, darunter sein Hauptwerk Kampf gegen die Hochfinanz, von rechtsextremen Verlagen und Antiquariaten vertrieben, aber nur gelegentlich in der rechtsextremen Szene rezipiert. Im Zusammenhang mit der Wandlung weiter Teile der extremen Rechten hin zu einer antikapitalistischen Ausrichtung etwa seit der Jahrtausendwende wurde Feder insbesondere von Neonazis als „Wirtschaftsreformer“ und Repräsentant einer antikapitalistischen Strömung in der NSDAP „wiederentdeckt“. So würdigte beispielsweise die NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme Feder als einen der „Großen“ auf dem Gebiet der Volkswirtschaftslehre. Die Begriffe Zinsknechtschaft und Zinswirtschaft werden in den politischen Programmen und sonstigen Veröffentlichungen wie Reden und Demonstrationsthemen rechtsextremer Parteien wie der DVU oder der NPD und anderer Gruppierungen wie der PNOS, den Jungen Nationaldemokraten, dem Deutschen Kolleg, Schutzbund Deutschland und Kampfbund Deutscher Sozialisten verwendet, wobei der direkte Bezug auf die Arbeiten Feders nicht immer deutlich wird. So findet sich in einer Presseerklärung auf der Website der NPD in Mecklenburg-Vorpommern die Formulierung: „So ist es der DDR ergangen. Durch verantwortungslose Führer geriet sie in die Zinsknechtschaft des BRD Systems (sic!).“[4]
Fußnoten
- ↑ vgl. DIE ZEIT 44/2003
- ↑ Gottfried Feder: Das Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft des Geldes. Huber, Diessen 1919 (PDF; 456 KB)
- ↑ zitiert auf Holocaust-Referenz: Waren die Nazis Sozialisten?
- ↑ NPD Landesverband Mecklenburg-Vorpommern: Produktion in Anklam - früher hochwertige Textilien, heute sinnlose Bewerbungen. 22. Juni 2006
Siehe auch
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