Äquinoktialstunden

Äquinoktialstunden
Faltbarer Taschenkalender (ca. 1400; SBB-PK, Lib. Pic. A 72) – kompletter Monatsbilderzyklus mit Tierkreiszeichen und Verzeichnis der Stunden mit Tageslicht je Monat.

Als temporale Stunden oder auch ungleiche Stunden (horae inequales) oder römische Stunden wird die Einteilung des Tages in 24 Stunden bezeichnet, bei der die Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang (lichter Tag) und die Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang (Nacht) in jeweils zwölf gleiche Teile aufgeteilt wird. Durch die unterschiedliche Länge von Tag und Nacht im Jahreslauf ändern sich auch die Stundenlängen kontinuierlich.

Die Zählung der 12 Stunden beginnt am Sonnenaufgang beziehungsweise am Sonnenuntergang jeweils wieder bei 1. Mitternacht und Mittag beginnen somit immer mit der 7. Stunde.

Inhaltsverzeichnis

Astronomische Grundlagen

Dem Begriff des lichten Tags entspricht der astronomische Begriff Tagbogen der Sonne. Mit Ausnahme der Position am Äquator hängt die Länge des lichten Abschnitts von der geographischen Breite und der Jahreszeit ab. In unseren Breiten schwankt er zwischen etwa 16 Stunden im Sommer und etwa 8 Stunden im Winter. Ab 66,5° nördl./südl. Breite geht die Sonne nicht mehr an jedem Tag des Jahres über den Horizont und auch nicht mehr an jedem Tag darunter. Näheres zu diesem Sachverhalt siehe Aufgang (Astronomie).

Die Stundenlänge während des Tages und der Nacht ist nur zum Frühlings- und Herbstbeginn (Tag-und-Nacht-Gleiche, Äquinoktien) gleich. Im Sommer sind die Tagstunden länger, im Winter die Nachtstunden.

Geschichte

Temporale Stunden waren in vielen Kulturen üblich.

In unserem Kulturkreis wurden sie von der römischen Zeitrechnung übernommen, und war im europäischen Mittelalter und darüber hinaus gebräuchlich. Sie hat insbesondere im festgelegten Tagesablauf der klösterlichen Ordensgemeinschaften. Diese Zeiteinteilung ermöglichte es, die Arbeiten des Tages - wie Essen, Beten oder Arbeiten - immer zur gleichen (temporalen) Stunde zu verrichten, egal wie lange der lichte Tag war. Diese Zeitrechnung wird auch vom jüdischen Religionsgesetz (Halacha) verwendet.

Mit der zunehmenden Verbreitung und Wichtigkeit der mechanischen Uhren wurden die temporalen Stunden durch die mathematische Stundeneinteilung („gleiche Stunden“, horae equales) mit gleichlangen Stunden über den ganzen Tag abgelöst, der heutigen Uhrzeit.

Uhrwerke für temporale Stundenrechnung

Die astronomische Uhr des Zytglogge in Bern zeigt die temporalen Stunden in goldenen Linien an.

Alte astronomische Uhren die in der Zeit des Umbruchs entstanden sind, wie jene am Ulmer Rathaus, haben Skalen, mit denen sowohl die Gleiche Stunde als auch die Temporale Stunde abgelesen werden kann. Frühe Klosteruhren hatten sogar die Möglichkeit die Geschwindigkeit der Waag Hemmung zu verändern und damit ihre Laufgeschwindigkeit an die aktuelle Tages- und Nachtlänge anzupassen. Dazu hatte die Waag 26 Einstellmöglichkeiten (52 Wochen÷2). Nur in der Woche der Tagundnachtgleiche konnte die Uhr Tag und Nacht mit der mittleren Gewichtsstellung betrieben werden. In allen anderen Wochen mussten die Gewichte jeweils bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in die richtige Lage gebracht werden.

Siehe auch

Literatur

  • Rudolf Wendorff: Zeit und Kultur. Geschichte des Zeitbewußtseins in Europa. Westdeutscher Vlg, Wiesbaden 1980. ISBN 3-531-11515-4

Weblinks


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