Berliner Antigone

Berliner Antigone

Die Berliner Antigone ist eine Novelle von Rolf Hochhuth. Sie greift ebenso wie das Drama Antigone von Sophokles die Sage der mythologischen Figur Antigone auf, die gegen die geltenden Gesetze ihren Bruder bestattet. Das Werk wurde in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20. April 1963 erstveröffentlicht. 1968 wurde es für das westdeutsche und für das ungarische Fernsehen verfilmt.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Der historische Hintergrund der Erzählung ist die Überstellung von 269 hingerichteten Frauen an die Berliner Anatomie in den Jahren 1939-1945. Die Leichen wurden zu Versuchszwecken missbraucht.

Das Werk enthält auch die Widmung „Für Marianne“; Marianne ist die Tochter von Rose Schlösinger, die Mitglied in einer sozialistischen, antifaschistischen Widerstandsgruppe (Rote Kapelle) war. Sie wurde 1943 für ihren Widerstand durch Enthauptung hingerichtet. Das Schicksal Ilse Schlösingers bildet den biographischen Hintergrund der fiktiven Erzählung "Die Berliner Antigone".

Inhalt

Die Protagonistin der Novelle ist Anne; sie wird angeklagt, weil sie die Leiche ihres Bruders in einer Brandnacht aus der Anatomie entwendet hat, um sie auf dem Invalidenfriedhof zu bestatten.

Anne wird dem Generalrichter unterstellt. Allerdings hat sie sich mit seinem Sohn Bodo gegen sein Einverständnis vor ihrer Tat verlobt.

Bodo versucht, bei seinem Vater die Freisprechung Annes zu erreichen und sie so zu retten; als Richter kann nur er die Verlobte seines Sohnes vor der Hinrichtung bewahren. Vater und Sohn geraten in einen Konflikt; schließlich erschießt sich Bodo im Glauben, dass Anne schon tot sei, in einem russischen Bauernhaus.

Zunächst versucht der Generalrichter jedoch, Anne durch alle ihm möglichen Mittel vor ihrem Tod zu bewahren. Dabei macht er sich aber für andere Organe des NS-Regimes verdächtig; der Staatsanwalt wird auf seine doch sehr mildernde Argumentation bezüglich Annes Tat aufmerksam. Dennoch hat er zu viel Respekt vor dem Generalrichter und er bleibt unbehelligt.

Anne allerdings scheint die Versuche ihres zukünftigen Schwiegervaters nicht wahrzunehmen und geht auf all seine Versuche, ihr entgegenzukommen, nicht ein. Sie hüllt sich über die von ihr allein vollzogene Bestattung in Schweigen und reagiert weder auf Vorwürfe von Mittätern noch auf Fristen, die ihr vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit einräumen.

Sie ist in ihrer Angst und Ausweglosigkeit gefangen; als sie von Bodos Suizid erfährt, verliert sie jegliche Hoffnung, so dass sie auch mit dem Gedanken spielt, sich umzubringen. Sie versteckt eine Glasscherbe unter ihrem Kopftuch, welche aber von der Gefängnisaufseherin gefunden und beschlagnahmt wird.

Annes Gnadengesuch wird abgelehnt und sie wird von einem Henker brutal hingerichtet. In einem Nachtrag wird von der ebenso grausamen Hinrichtung der Hitler-Attentäter des 20. Juli 1944 berichtet, welche gefilmt und der Reichskanzlei zugespielt wurde. Dabei soll selbst Propagandaminister Goebbels "sich mehrmals die Hand vor die Augen" gehalten haben.

Sprache und Stil

Die Novelle wurde in einem sehr sachlichen, nüchternen Stil verfasst, so dass sie eher wie eine Chronik wirkt. Zudem übernimmt Hochhuth den Sprachgebrauch des NS-Regimes (sowohl in direkter als auch in indirekter Rede), um auf die Menschen verachtende Ideologie dieses Machtsystems hinzuweisen.

Literatur

  • Eberhard Hermes: Interpretationshilfen, Der Antigone-Stoff. Ernst Klett, Stuttgart 1992
  • Edgar Neis: Interpretationen motivgleicher Werke. C. Bange, Hollfeld 1976

Weblinks


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