Bettina (Texas)

Bettina (Texas)

Bettina (Texas, USA) war eine kleine deutsche Siedlung am Nordufer des Llano Rivers im Westen des Llano Countys, die im Jahr 1847 nur wenige Monate Bestand hatte und als Geisterstadt seit 1964 zu den historischen Denkmälern des Bundesstaates Texas gehört.

Inhaltsverzeichnis

Gründung

Die „Vierziger“, eine Gruppe von 40 jungen, mehrheitlich Studenten und junge Intellektuelle aus Hessen-Darmstadt sowie den Universitätsstädten Gießen und Heidelberg, die auf Initiative und mit Unterstützung des „Mainzer Adelsvereins“ nach Texas gekommen waren, gründeten im Jahr 1847 am Nordufer des Llano Rivers eine eigenständige, politisch freie, auf den Idealen des jungen Kommunismus basierende Siedlung.

Die „Vierziger“ gehörten in der Zeit des politischen Umbruchs in Deutschland (siehe Frankfurter Wachensturm oder Märzrevolution) der Gruppe der Revolutionäre und „Freidenker“ an, in der auch Karl Marx (1818-1883) seine ideologischen Wurzeln gefunden hatte, und wollten deshalb dort - völlig losgelöst von politischen Beschränkungen und Vorgaben - als freie Bürger in einem freien Land nach dem Motto „Freundschaft, Freiheit, Gleichheit“ leben. Man benannte die Siedlung nach der liberalen und damals in diesen Kreisen gefeierten Schriftstellerin Bettina von Arnim (1785-1859).

Es war das fünfte deutsche Latin Settlement des „Adelsvereins“ in Texas, nachdem John O. Meusebach (1812-1897), der Generalsekretär des „Adelsvereins“ in Texas, im Frühjahr 1847 seinen berühmten Friedensvertrag mit den Comanchen abgeschlossen hatte.

Zu dieser Siedlergruppe der „Vierziger“ gehörten auch der Botaniker Ferdinand Lindheimer (1801-1879), der Arzt Ferdinand von Herff (1820-1912), der Ingenieur Gustav Schleicher (1823-1879), Jakob Küchler, Christoph Flach, Johannes Hörner, Louis Reinhardt und Friedrich Schenk. Manche der Bettina-Siedler, darunter auch einige Handwerker, Mechaniker und Landwirte, arbeiteten tatsächlich hart am Aufbau ihrer Kommune, doch die meisten, die intellektuellen Abenteurer, hatten niemals zuvor gelernt, für ihr „täglich Brot“ tatsächlich zu arbeiten. Erst in ihrem späteren Leben haben allerdings einige von ihnen - zum Teil auch noch ihre Nachkommen - viel für ihre neue Heimat Texas geleistet.

Untergang

Damals gingen diese Intellektuellen lieber auf die Jagd, führten ausdauernde philosophische Diskussionen oder hielten sich an die lateinischen Zitate „Bibe, post mortem nulla voluptas - Trinke, nach dem Tod gibt es kein Vergnügen“ oder „Carpe diem, quam minimum credula postero! - Nutze den Tag, traue nicht dem nächsten“ (aus: Horaz' „Oden“). Kein Wunder also, dass die utopische Siedlung Bettina nur wenige Monate Bestand hatte.

Es gab Spannungen, die Gruppe der Siedler zerbrach, die meisten zogen nach San Antonio, Austin und New Braunfels, wo sie einem Beruf nachgingen, der eher ihrer akademischen Ausbildung entsprach. Die Siedlung Bettina zerfiel und wurde zu einer Geisterstadt. Im Jahr 1964 wurde sie in die Liste der texanischen Denkmäler aufgenommen.

Literatur

  • Hartmut Heinemann: „Wo der Stern im blauen Felde eine neue Welt verkündet.“ Die Auswanderung der Vierziger aus Darmstadt nach Texas in Jahr 1847 und ihre kommunistische Kolonie Bettina, in: Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde, Heft 52, Historischer Verein für Hessen e.V. (Hrsg.), Darmstadt 1994
  • Louis Reinhardt: The Communistic Colony of Bettina, in: Quarterly of the Texas State Historical Association, Band 3, 1899.

Weblinks

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