Mainzer Adelsverein

Mainzer Adelsverein
Das Logo des „Mainzer Adelsvereins“
Karl Emich Fürst zu Leiningen, erster Präsident des Adelsvereins
Gründeraktie Nr.4 über 5.000 Gulden
(ausgestellt am 1. Juli 1846 auf den regierenden Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen)
Carl Prinz zu Solms-Braunfels (1812-1875) alias "Texas-Carl", erster Generalkommissar
Otfried Hans Freiherr von Meusebach (1812-1897) alias John O. Meusebach, zweiter Generalkommissar

Mainzer Adelsverein“ war der Kurzname für den „Verein zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas“ (1842–1848), durch dessen Vermittlung zwischen 1844 und 1847 etwa 7.380 Deutsche nach Texas auswanderten.

Inhaltsverzeichnis

Gründung

Die Idee zur Gründung eines überseeischen Siedlungsunternehmens entstand am 20. April 1842 auf einer Versammlung des „Rates deutscher Fürsten und adeliger Herren“ auf Schloss Biebrich in Biebrich am Rhein. Am 25. März 1844 wurde dann in Mainz der Verein in eine Aktiengesellschaft mit zeitweiligem Sitz in Mainz umgewandelt. Die 21 Mitglieder des Vereins und späteren Aktionäre waren ausschließlich Angehörige des Hochadels, weshalb der Verein auch als „Mainzer Adelsverein“ bezeichnet wurde.

Mitgliederliste

Insgesamt gab es zunächst 21, bei Umgründung im Jahr 1844 aber 25 Mitglieder; dazu gehörten:

Vereinszweck

Ziel des Vereines war es, „die deutsche Auswanderung, so viel als möglich nach einem einzigen, günstig gelegenen Punkte hinzuleiten, die Auswanderer auf der weiten Reise zu unterstützen und nach Kräften dafür zu wirken, dass ihnen jenseits des Meeres eine neue Heimat gesichert werde.“ (Quelle: Vereinssatzung) - Man wollte so der akuten Armut und Not in Deutschland begegnen und den Menschen neue Hoffnung geben. Man stellte jeder ausreisewilligen Familie rund 130 Hektar Land in Aussicht, dazu die Versorgung mit Lebensmitteln bis zur ersten eigenen Ernte sowie Kirchen, Schulen und ärztliche Fürsorge. Diese Versprechungen erwiesen sich aufgrund akuter Geldknappheit jedoch sehr schnell als unhaltbar, so dass die Auswanderungswilligen für Transport und Verpflegung dann doch 300 Gulden pro Einzelperson bzw. 600 pro Familie zahlen mussten. Andererseits hatte der Verein selbstverständlich auch ganz materielle Ziele: Mit einer deutschen Kolonie in Texas sollten neue Absatzmärkte für die heimische Wirtschaft eröffnet werden. Schon kurz nach der Vereinsgründung, noch im Sommer 1842, fuhren Viktor Graf von Leiningen und Joseph Graf von Boos-Waldeck nach Texas, um sich vor Ort über die Möglichkeiten zu informieren, und kamen dort im September an. Nach ersten Erkundungen reiste Leiningen im Januar 1843 zur Berichterstattung wieder nach Deutschland zurück, während Boos-Waldeck erste (erfolglose) Investitionen tätigte.

Geschichte

Die Abenteuerlust und subjektive Erwartung überwog alle kritischen Erwägungen, weshalb der „Texasverein“ im Mai 1844 Carl Prinz zu Solms-Braunfels als ersten Generalkommissar nach Texas schickte, der mit seiner Begleitung dort am 1. Juli in Galveston eintraf. Schon am 18. September 1844 segelte das erste Schiff mit Auswanderern aus Bremen los, weitere folgten am 29. September und 12. Oktober 1844. Doch erst am 18. März 1845 gelang es Solms, nahe dem Guadalupe River ein Stück Land für die ersten Siedler zu kaufen, die nach dreimonatigem Treck mit großen Verlusten dort endlich am 21. März 1845 eintrafen, und taufte die neue Siedlung “Neu-Braunfels” (New Braunfels) nach dem Sitz seiner Familie. Allerdings bewies der junge Prinz keine glückliche Hand in Finanzdingen: Er gab das gesamte Geld des Vereins aus, machte zusätzlich Schulden und musste zu guter Letzt auch noch freigekauft werden, nachdem einer der Gläubiger für den Prinzen eine Schuldhaft erwirkt hatte. Solms kehrte am 15. Mai 1845 nach Deutschland zurück, nachdem er von seinem Amtsnachfolger Otfried Hans Freiherr von Meusebach durch Zahlung von 10.000 US-$ freigekauft worden war.

Noch immer strömten deutsche Ausreisewillige in das scheinbar „gelobte Land“. Als Texas im Jahr 1845 in die "nordamerikanische Union" (USA) aufgenommen wurde, war der Traum von einer deutschen Kolonie “Neu-Deutschland” endgültig geplatzt. Doch kamen durch Vermittlung des Vereins bis 1847 knapp 7.400 Deutsche nach Texas, die monatelang unter erbärmlichsten Bedingungen leben mussten. Unzählige fielen Seuchen zum Opfer - so z.B. 1846 in New Braunfels, wo 300 Menschen starben -, andere verhungerten einfach.

Meusebach schaffte es dennoch, die Verhältnisse grundsätzlich zu stabilisieren. 1847 gründete er den Ort “Friedrichsburg” (Fredericksburg), benannt nach Friedrich Prinz von Preußen. Meusebachs größte historische Leistung bestand allerdings darin, mit dem Indianerstamm der Comanchen im Jahr 1847 einen Friedensvertrag auszuhandeln: Die Deutschen kauften Felle und Lebensmittel von den Indianern, während diese im Gegenzug von Plünderungen der deutschen Siedlungen absahen. Einzigartig an diesem Vertrag ist die Tatsache, dass er von beiden Seiten niemals gebrochen wurde. Der denkwürdige Friedensvertrag wirkt sogar bis heute nach: Jeweils am zweiten Samstag im Mai wird in Fredericksburg, der Hochburg der deutschen Auswanderer, der “Founder’s Day” gefeiert. Bei diesem großen Fest treffen sich Meusebachs Nachkommen und die der Comanchen-Häuptlinge, die damals den Vertrag unterzeichneten. Geschenke werden ausgetauscht und gemeinsam raucht man eine Friedenspfeife, um den historischen Vertrag zu bekräftigen.

Die versprochenen großen Landzuweisungen von jeweils 130 Hektar pro Familie blieben allerdings auch weiter aus, da die Leitung des "Mainzer Adelsvereins" mit der organisatorischen Umsetzung völlig überfordert war und bereits nach wenigen Jahren die finanziellen Mittel ausgingen. Als diese Missstände in Deutschland bekannt wurden, war der ohnehin angekratzte Ruf des „Texasvereins“ nicht mehr zu retten.

Meusebach trat am 20. Juli 1847 von seinem Amt als Generalkommissar des "Mainzer Adelsvereins" zurück und wurde von Hermann Spieß abgelöst, dem nichts weiter übrig blieb, als die Zahlungsunfähigkeit des Vereins zu erklären, da es Meusebach nicht gelungen war, die Finanzen zu sanieren. Am 23. Februar 1848 löste sich der "Mainzer Adelsverein" formal auf, die Vermögens- und Schuldenverwaltung wurde am 6. Mai 1848 an die "Deutsche Colonisationsgesellschaft für Texas" in Biebrich übergeben. In Texas führte die "German Emigration Company" die Geschäfte weiter.

Obwohl das „texanische Abenteuer“ also für den Verein schließlich in einem Fiasko endete, entstand rund um die Vereinsgründungen New Braunfels und Fredericksburg im Laufe der Jahre eine blühende Siedlungslandschaft, die für die ausgewanderten Deutschen doch noch zu einer neuen Heimat wurde. Die Deutschen in diesem Gebiet trugen viel zur Entwicklung von Texas bei. Beide Orte waren bereits nach kurzer Zeit florierende Städte und Mittelpunkte des Deutschtums in den USA. Noch um die Wende zum 20. Jahrhundert waren etwa 100.000 Texaner deutschsprachig. Die meisten siedelten in Zentraltexas zwischen Austin und San Antonio. Bis heute gibt es den „German Belt“ in Texas, in dem man “Friedrichsburger Deutsch” spricht, und bis heute ist das texanische Amerikanisch mit deutschen Einflüssen stark durchsetzt.

Siehe auch

Literatur

  • Instructionen für deutsche Auswanderer nach Texas: Nebst der neuesten Karte dieses Staates nach den Grenzbestimmungen durch Congreß-Beschluss vom September 1850; sodann einer Special-Karte über den vermessenen Theil des Grants-Gebietes des Texas-Vereins und einzelnen Plänen der Städte Neu-Braunfels, Friedrichsburg und Indianola, herausgegeben vom Verein zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas. Wiesbaden 1851.
  • Friedrich Pauer: Texas: Ein sichrer Führer für Auswanderer, nebst ausführlicher Beschreibung der Viehzucht und der Bebauung der dortigen Landes-Erzeugnisse; sowie Andeutungen der Witterungsverhältnisse und Gesundheitsregeln für neu Eingewanderte; nebst einem Anhange, den Mainzer Verein zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas betreffend, Verlag F.C. Dubbers, Bremen 1846.
  • Carl Prinz zu Solms-Braunfels: Original-Berichte des Prinzen Carl zu Solms-Braunfels, des General Bevollmächtigten des Mainzer Adelsverein, vom 25ten October 1844 bis zum 30ten April 1845 bezüglich der Gründung von New Braunfels, Texas, in: Kalender der „Neu-Braunfelser Zeitung“, 1916.
  • Ludolf Parisius: Schulze-Delitzsch und Alwin Sörgel, Seite 38, Berlin 1899.
  • Friedrich Hertneck: Ein deutscher Kolonisationsversuch in Texas - Die Geschichte des "Mainzer Adelsvereins", in: Deutsches Adelsblatt Nr.46 +48, November 1936.
  • F. Heymach: Die Kolonialversuche des Mainzer Adelsvereins im westlichen Texas, in: Volk und Scholle. Heimatblatt für beide Hessen, V. Jahrgang, 1927.
  • R. Bonnet: Der Mainzer Adelsverein und die nassauische Auswanderung nach Texas um 1850, in: Rudolf Dietz (Hg.): Der Uhrturm. Mitteilungen der Nassauischen Familiengeschichtlichen Vereinigung Wiesbaden, Heft 1, Wiesbaden 1930.
  • Wolf-Heino Struck: Zur Geschichte der Auswanderung nach Texas unter dem Mainzer Adelsverein, in: Genealogisches Jahrbuch, Band XI, Berlin 1971.
  • Ulrich Lampert: Die Vorfahren des letzten deutschen Generalvertreters des sogenannten "Mainzer Adelsvereins" in Texas, in: Archiv für Sippenforschung, XXXVII. Jahrgang, Limburg (Lahn) 1971.
  • F. von Herff: Der Mainzer Adelsverein , in: Deutsches Adelsblatt, Jg.XX. Jahrgang, Kirchbrak 1981.
  • Winfried Schüler: Auswanderung als Geschäft? Herzog Adolf von Nassau und der Adelsverein zum Schutz deutscher Einwanderer in Texas, in: Nassauische Annalen. Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung, Band CV, Wiesbaden 1994.
  • Gilbert Giddings Benjamin: The Germans in Texas. A Study in Immigration, German American Annals, Volume VII, 1909.
  • Wolf Heino Struck: Zur Geschichte der Auswanderung nach Texas unter dem "Mainzer Adelsverein", in: Genealogisches Jahrbuch, Band 11, Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte, Berlin-Frankfurt (Main) 1971.
  • Beate Rese: Texas, Ziel deutscher Auswanderung im 19. Jahrhundert, Centaurus Verlag, 2001, ISBN 389085964X.
  • Helmut Mathy: Der Mainzer Adelsverein oder das Scheitern eines deutschen Siedlungsprojektes in Texas, in: Lebendiges Rheinland-Pfalz, 13. Jahrgang, Heft 3, 1976.
  • Theodor Mandel: Die Tätigkeit der Auswandererorganisationen um die Mitte des 19. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von Südwestdeutschland, Dissertation, Wirtschafts- u. sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Frankfurt am Main, 1922.
  • William von Rosenberg: Kritik der Geschichte des Vereins zum Schutze der Deutschen Auswanderer nach Texas, Austin (Texas) 1894.
  • Helmut Schmahl: Verpflanzt, aber nicht entwurzelt: Die Auswanderung aus Hessen-Darmstadt (Provinz Rheinhessen) nach Wisconsin im 19. Jahrhundert. Frankfurt/Main (u. a.) 2000 (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte, 1)
  • Hatzfeld, Ursula: Von Dillenburg nach Texas; Die Auswanderung im Amt Dillenburg von 1845 bis 1846

Weblinks


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