Geisterstadt

Geisterstadt
Geisterstadt Bodie, Kalifornien

Unter Geisterstadt versteht man für gewöhnlich eine völlig aufgegebene, meist abgelegene Siedlung. Typische Geisterstädte bestehen aus halbverfallenen Gebäuden.

Dagegen bezeichnet man (meist im Mittelalter) aufgegebene, heute vollkommen zerstörte Siedlungen oder Wirtschaftsflächen als Wüstung. Solche sind auch die in Syrien befindlichen Toten Städte.

Inhaltsverzeichnis

Weltweit

Geisterstädte befinden sich häufig in Gegenden mit ehemals reichen Bodenschatzvorkommen. Nachdem die Vorkommen – etwa an Gold oder Diamanten – sich erschöpften und der Boom vorbei war, wurden diese Siedlungen häufig von ihren Bewohnern rasch wieder verlassen. Beispiele sind die alten, heute verlassenen Diamantenstädte Kolmanskuppe und Elisabethbucht in Namibia oder viele Ghost Towns in der kalifornischen Sierra Nevada und in den goldführenden Bergbaugebieten Nevadas im Westen der Vereinigten Staaten. Pyramiden ist eine verlassene ehemalige Bergarbeiterstadt auf Spitzbergen, Fordlândia eine gescheiterte Kautschukplantage.

Daneben gibt es „Halb-Geisterstädte“, die noch immer von wenigen Menschen bewohnt werden, die Jahrzehnte nach der Zeit des Goldrausches weiterhin nach einem großen Gold- oder Silberfund suchen.[1]

Eureka, Colorado, ehemals blühende Minenstadt

Geisterstädte konservieren oft wie Freilichtmuseen die Vergangenheit. Manchmal sind ihre Bewohner die einzigen Zeugen, die von der bewegten Geschichte des Ortes und seiner ehemaligen Einwohner berichten können. Einige kümmern sich sorgsam um die Bewahrung des Originalzustandes der Siedlung, obwohl sie selbst diese Zeit nicht mehr erlebt haben. Solche Geisterstädte sind beispielsweise Bodie, Coloma (Gold) und Calico (Silber) in Kalifornien, Rhyolite in Nevada (Gold), Silverton in Australien und Sewell in Chile (Kupfer).

Sonderfälle sind Städte, die aufgrund von Katastrophen evakuiert werden mussten.

Varosha auf der Insel Zypern ist ein Beispiel für die Entstehung einer Geisterstadt als Folge eines militärischen Konfliktes - in diesem Fall der türkischen Invasion im Jahre 1974.[2] Auch Ağdam (Stadt) ist eine aufgrund des Bergkarabachkonflikt verlassene (Haupt)Stadt, die heute anhaltend geplündert wird (Metall, Backsteine, Infrastruktur-Anlagen).[3]

Ein Beispiel für eine aus politischen Gründen entstandene Geisterstadt ist Phnom Penh, die heutige Hauptstadt Kambodschas. Unter der Herrschaft der Roten Khmer wurde 1975 fast die gesamte Stadtbevölkerung aufs Land deportiert, von ursprünglich 2 Millionen Einwohnern lebten nur noch ca. 20.000 Menschen in der Stadt. Städte galten im ideologischen Koordinatensystem der Roten Khmer als konterrevolutionär und mussten daher aufgelöst werden. Erst seit der Vertreibung der Roten Khmer durch vietnamesische Truppen im Januar 1979 begann sich die Stadt langsam wieder zu erholen.

Ciudad Mier ist eine mexikanische Geisterstadt. Nach einer Drohung der Los Zetas, alle Einwohner zu ermorden, flohen die mehr als 4.000 Bewohner und die Stadt wurde aufgegeben.

In Irland, Spanien und den USA gab es einige Jahre lang einen Bauboom / Immobilienboom (siehe auch Immobilienblase, Subprime-Krise). Diese endeten im Zuge der Finanzkrise ab 2007. Unbewohnte (teils nicht-zuendegebaute) Straßen oder Stadtviertel blieben zurück.[4]

Sonderfälle sind Siedlungen, die einem Stausee weichen mussten und häufig an anderer Stelle neu aufgebaut wurden. Beispiele hierfür sind etwa Schulenberg im Oberharz oder Tignes (Frankreich). Allerdings wurden – entgegen populärer Klischees – in der Regel sämtliche Gebäude vor der Flutung abgerissen, so dass meist lediglich Grundmauern, Reste von Straßen und Brückenpfeiler übrig blieben. Eine Ausnahme stellt der Kirchturm des aufgegebenen Dorfes Alt-Graun in Südtirol dar, der aus Denkmalschutzgründen erhalten wurde und noch heute aus dem Reschensee ragt.

Der Entstehung geisterstadtähnlicher Wohngebiete durch heutige lokale Veränderungen will das Quartiersmanagement entgegenwirken.

Deutschland

Wollseifen im Januar 2006
Otzenrath wird abgerissen und weicht einem Braunkohletagebau

Auch in Deutschland entstanden verschiedene Geisterstädte. Gründe sind die Einrichtung von Truppenübungsplätzen (z. B. die Dörfer Bonnland, Lopau und Wollseifen), die Lage im Sperrgebiet der ehemaligen innerdeutschen Grenze oder der Braunkohletagebau. Die Bewohner der betroffenen Dörfer wurden dabei umgesiedelt.

Geisterstädte in Kohleabbaugebieten werden abgerissen, die Bäume beseitigt und Gräber an einen anderen Ort verlegt. Dann tragen die Kohlebagger die Erde unter dem ehemaligen Ort ab. Der letzte auf diese Weise verschwundene Ort ist Otzenrath in Nordrhein-Westfalen. Ein Teil des ehemaligen Ortes ist bereits in der Abbaugrube von Garzweiler II verschwunden (Stand Dezember 2007), ebenso wie ein Teil der Autobahn A44 zwischen dem Kreuz Jackerath und MG-Wanlo.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Geisterstädte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. Die Bewohner verdienen gelegentlich etwas Geld mit Touristen, treten bei Spielfilmen als Statisten auf, oder sie bieten Schürf- und Gelegenheitsfunde wie rohe Halbedelsteine, wettergebleichte Tierschädel oder seltsam geformte Wurzeln zum Verkauf an.
  2. Zypern, Famagusta, Varosha
  3. Agdam: Die Geisterstand im Niemandsland vom 10. August 2010, abgerufen am 10. August 2010
  4. Rheinische Post 5. Mai 2011; zeit.de 2009:Nirgendwo sonst in der EU ballen sich Unternehmens-, Immobilien- und Finanzprobleme so massiv

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