Beutelbuch

Beutelbuch

Beutelbuch (auch Buch im Beutel, Buchbeutel, Booksbüdel, Gürtelbuch) lat. Libri Caudati, bezeichnet eine ab dem 14. Jahrhundert sehr gebräuchliche Form von eingebundenen Büchern mit meist religiösem Inhalt (etwa Breviere, Gebet- oder Liederbücher und Almanache). Die Beutelform kommt dadurch zustande, dass über den Ledereinband ein zweiter Bezug gelegt wird, der über den Unterschnitt hinausragt. So kann das Buch daran wie ein Beutel getragen und auch am Gürtel befestigt werden.

Beutelbuch im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg; Datierung: 1471; Material: Wildleder und Messingbeschläge über Holz; Beutellänge: 42 cm; (Fotografie)

Die Bücher bestanden aus handbeschriebenen Pergamentseiten, die vom Rubrikator mit prachtvollen Anfangsbuchstaben kunstvoll ausgeschmückt wurden. Beutelbücher entstanden anfänglich nur in Klöstern. Dort gab es die ersten Buchbinderwerkstätten, bevor sich weltliche Buchbinder zu Zünften zusammenschlossen.

Detail aus dem Weingartener Altar von 1493

Die Pergamentseiten wurden mit Nadel und Faden zu einem Buchblock geheftet und erhielten Buchdeckel aus Holz. Die Deckel wurden mit Leder überzogen, die Kanten um die Holzdeckel geklebt und nur am Unterschnitt oder am Schwanz (Gegenteil: Kopf) des Buches um die anderthalbfache Länge überstehen gelassen. Am überstehenden Leder konnte das Buch so getragen oder am Gürtel mit sich geführt werden. Der Einband wurde oft mit Buchbeschlägen versehen, ein bis zwei Schließen aus Metall (meist Bronze oder Messing) sorgten dafür, das sich das Buch nicht von selbst öffnete.

Da sich der überstehende Teil des Leders am unteren Rand des Buches befand, konnte das Beutelbuch auch am Gürtel hängend gelesen werden.

Zeitgenössische Abbildungen zeigen die Trageweise des Beutelbuches in der Hand oder am Gürtel, besonders Kleriker sind häufig so dargestellt.

Um das Herausrutschen aus dem Gürtel zu verhindern, wurde manchmal das überstehende Leder am Ende in schmale Streifen geschnitten und zu einem kunstvollen Knoten geflochten. Die Verdickung erhielt teilweise noch einen runden Messingring, um das Beutelbuch an den Gürtel hängen zu können.

Um Beutelbücher besser in das Bücherregal stellen zu können, wurden diese „Lederlappen mit dem Knoten“ später einfach abgeschnitten und sind dadurch der Nachwelt selten erhalten geblieben.

Im 16. Jahrhundert endete die Gebrauchsform von Beutelbüchern. Eine geringe Anzahl (23 Stück) von Original-Beutelbüchern sind noch heute in den Handschriftenabteilungen verschiedener europäischer Bibliotheken erhalten. So findet sich beispielsweise ein gut erhaltenes Exemplar (1454-1484) in Kremsmünster in Österreich. Ein weiteres, das Gebetbuch der Margarethe von Münsterberg, Fürstin von Anhalt, aus der Zeit um 1500, in der Anhaltischen Landesbücherei Dessau.

Siehe auch

  • Hülleneinband (mittelalterlicher) - Bucheinband mit verlängertem Bezugsstoff
  • Bocksbeutel - Flaschenform deren Namensherkunft - einer Variante nach - vom niederdeutschen Booksbüdel stammen soll

Literatur

  • Lisl Alker, Hugo Alker: Das Beutelbuch in der bildenden Kunst. Ein beschreibendes Verzeichnis. (= Kleiner Druck der Gutenberg-Gesellschaft; Nr. 78). Gutenberg-Gesellschaft, Mainz 1966
  • Ursula Bruckner: Beutelbuch-Originale, in: Studien zum Buch- und Bibliothekswesen 9/1995, Seite 5-23
  • Renate Klausner: Ein Beutelbuch aus Isny. In: Siegfried Joost (Hrsg.): Bibliotheca docet. Festgabe für Carl Wehmer. Verlag der Erasmus-Buchhandlung, Amsterdam 1963, S. 139–145
  • Klaus Müller: Das Beutelbuch. Vom mittelalterlichen Stundenbuch zum aussergewöhnlichen Gästebuch. Selbstverlag, Landau-Nussdorf 2004, ISBN 3-933423-46-5

Weblinks

 Commons: Girdle books – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Beutelbuch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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