- ARD Tagesschau
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Die Tagesschau ist die älteste noch bestehende Nachrichtensendung im Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland. Sie startete offiziell am 26. Dezember 1952, einen Tag nach dem Programmstart des NWDR-Fernsehens und fünf Tage nach der Erstausgabe ihres DDR-Pendants Aktuelle Kamera. Anfangs wurden wöchentlich drei Ausgaben gesendet. Das Programm erreichte damals etwa 1.000 Zuschauer. Heute wird die Tagesschau vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) in Hamburg produziert, sendet bis zu 23 Ausgaben am Tag und hat in der Hauptausgabe um 20:00 Uhr bis zu zehn Millionen Zuschauer. Außerdem ist Tagesschau der Name einer Internetseite mit einem wachsend eigenständigen Anteil an aktuellen Nachrichten, die ebenfalls von der ARD hergestellt wird.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Anfänge
Im Herbst 1951 schloss der NWDR mit der Neuen Deutschen Wochenschau einen Vertrag: Aus dem Filmmaterial der Wochenschau sollte ein Redakteur mit zwei Cutterinnen eine Aktualitätenschau für das geplante Fernsehprogramm zusammenstellen. In einem Kellergebäude in der Hamburger Heilwigstraße arbeitete das kleine Team; die Filmrolle brachte der Redakteur mit der U-Bahn zum Heiligengeistfeld, denn vom dortigen Weltkriegsbunker aus wurde gesendet.
1955 wurde die Redaktion nach Hamburg-Lokstedt verlegt, wo der NDR seine ersten Fernsehgebäude errichtete; der Vertrag mit der Wochenschau lief aus. Jetzt lieferten Agenturen Filmbilder, und im Oktober 1958 begann der Nachrichtenaustausch der Eurovision. Seit Oktober 1956 sendete die Tagesschau täglich montags bis samstags; sie bestand weiterhin nur aus Filmen. Ab dem 2. März 1959 lieferte der NDR-Hörfunk einen fünfminütigen Wortblock dazu; Karl-Heinz Köpcke war der erste Nachrichtensprecher. Ende 1960 wurden Wort- und Film-Nachrichten gemischt – die noch heute gültige Form. „Für Millionen deutscher Staatsbürger ist die Tagesschau des Deutschen Fernsehens zu einer selbstverständlichen Gewohnheit geworden“, schrieb 1962 der damalige ARD-Vorsitzende Hans Bausch zum zehnjährigen Jubiläum der Sendung, die seit September 1961 auch sonntags zu sehen war. „Keine Sendung des Deutschen Fernsehens und keine Sendereihe hat eine so beständig hohe Zuschauerquote aufzuweisen wie dieser tägliche Fernseh-Nachrichtendienst.“
Die ab 1956 verwendete und später abgewandelte Erkennungsmusik der Tagesschau entstammt der Komposition Hammond-Fantasie von Hans Carste und wurde von Rolf Kühn für das Rundfunkorchester arrangiert. Zwischen beiden Komponisten kam es ab 1967 zum Rechtsstreit über beider Anteil an dem Werk.
1970er-Jahre
Seit 1970 sendet die Tagesschau in Farbe, das Design wurde verändert, Illustrationen sollten die Nachrichtenthemen verdeutlichen.
Im Januar 1978 ging die erste Tagesthemen-Sendung über den Bildschirm: Eine längere Sendung am späten Abend, die meist 30 Minuten dauert, neben aktuellen Geschehnissen die Hintergründe im politischen und kulturellen Geschehen beleuchtet. Hanns Joachim Friedrichs, seit Oktober 1985 einer der beiden Tagesthemen-Moderatoren, war bald „Mister Tagesthemen“ und wie Karl-Heinz Köpcke ein Markenzeichen für journalistische Qualität.
1980er-Jahre
Am 25. Juli 1988 verhinderte ein Warnstreik erstmals in der Geschichte der ARD die Ausstrahlung der Tagesschau aus Hamburg (NDR) um 20:00 Uhr. Die Mitglieder der Rundfunk-Fernseh-Filmunion (RFFU) zwangen somit die ARD die Tagesschau durch die Ersatznachrichtensendung Rundschau des Bayerischen Rundfunks aus München ausstrahlen zu lassen.
1990er-Jahre
1992 startete das Frühstücksfernsehen mit Tagesschau-Ausgaben im Halbstunden-Takt. Ab dem 1. März 1995 ersetzte das moderierte Nachtmagazin die Nachtausgabe der Tagesschau. 1997 kam die moderierte Tagesschau um Fünf am Nachmittag, der schnell weitere lange Ausgaben um 12:00 Uhr, 14:00 Uhr, 15:00 Uhr und 16:00 Uhr folgten. 2001 schloss das Erste die Nachtlücke mit zwei aktuell produzierten Tagesschau-Sendungen gegen 2:30 Uhr und 4:45 Uhr – die Tagesschau wurde zum 24-Stunden-Betrieb.
2000er-Jahre
Seit der letzten Umgestaltung des Tagesschau-Designs 2005 gibt es zwei nahezu baugleiche Studios. Im ersten, größeren werden die Tagesausgaben der Tagesschau, die Tagesthemen und der Wochenspiegel produziert; im zweiten Studio die Sendungen der Nachtschiene einschließlich des Nachtmagazins und die Frühausgaben. Bei Überschneidungen im Sendebetrieb, wenn sich im Ersten beispielsweise die 20-Uhr-Ausgabe verschiebt, sie in den Dritten Programmen der ARD aber pünktlich starten muss, sind beide Studios gleichzeitig in Benutzung.
Bei ARD-aktuell – so heißt die Redaktion seit 1977 – arbeiteten 2005 etwa 90 Redakteure. Sie produzieren Tagesschau-Ausgaben für Das Erste und den digitalen Kanal EinsExtra, täglich eine Tagesthemen-Ausgabe, von montags bis freitags gegen 0:00 Uhr oder später ein Nachtmagazin und sonntags den Wochenspiegel – an einem normalen Werktag sind das 240 Minuten Programm. Sondersendungen bei wichtigen Ereignissen gehören zur Routine; nach der Ausstrahlung sind die Sendungen unter „tagesschau.de“ im Internet zu sehen. Dort lässt sich auch die 20-Uhr-Ausgabe als Podcast-Format (Audio und Video) herunterladen.
Die Tagesschau wird seit dem 1. Juli 2007 in 16:9 ausgestrahlt. Außerdem gibt es im Rahmen der neuen ARD-Digitalstrategie eine "Tagesschau in 100 Sekunden", die seit dem 16. Juli 2007 per Handy und im Internet abrufbar ist. Die "Tagesschau in 100 Sekunden" wird von 8:00 bis 18:00 stündlich aktualisiert. Seit Februar 2008 wurde das Nachrichtenangebot von EinsExtra ausgeweitet [1].
Die Tagesschau als Institution
Wenn von der Tagesschau die Rede ist, meint man in der Regel die Hauptausgabe um 20:00 Uhr. Sie definiert nach wie vor den Beginn des Hauptabendprogramms. Ende der 1990er Jahre versuchten u. a. Sat.1 und ProSieben, mit dieser Gewohnheit zu brechen, indem sie ihr Abendprogramm bereits um 20:00 Uhr starteten. Nach nur wenigen Monaten kehrten beide Sender wieder zur gewohnten Zeit um 20:15 Uhr zurück – zu groß war die Gewohnheit der Zuschauer an diese Zeit. Der ehemalige RTL-Chef Helmut Thoma sagte in diesem Zusammenhang einmal den Satz „Die Tagesschau ist keine Sendung, sondern pure Gewohnheit. Die kann man auch in Latein verlesen.“
Die 20-Uhr-Ausgabe der Tagesschau ist die einzige Nachrichtensendung, bei der die Sprecher noch sichtbar vom Blatt lesen und nicht ausschließlich den Teleprompter benutzen, ein Gerät, das ihnen erlaubt, ständig in die Kamera zu blicken und den Text trotzdem abzulesen. Trotzdem sind sämtliche Kameras im Studio mit solchen Geräten ausgerüstet, da einerseits bei den anderen Tagesschau-Ausgaben nicht nur die Moderatoren, sondern auch die Sprecher den Teleprompter benutzen, andererseits dies in manchen Fällen auch in der 20 Uhr-Ausgabe notwendig werden kann. Für die Redaktion ist das Festhalten am Blatt ein Zeichen der Glaubwürdigkeit. Nur langjährigen Sprechern gebührt die Ehre, die 20-Uhr-Tagesschau vorzutragen.
67 % der Zuschauer der Tagesschau sind „programmtreu“, d. h. sie sehen die Sendung zu Ende, wenn sie einmal eingeschaltet haben. Zum Vergleich: Krimis weisen eine Programmtreue von nur 7 % auf.
Der Begriff „Tagesschau“ ist markenrechtlich geschützt. Die taz musste ihre so bezeichnete Rubrik umbenennen, nachdem sie von der ARD verklagt worden war (sie heißt jetzt „verboten“).
Das Vorhaben, die ProSieben-Nachrichten Anfang der 1990er-Jahre „Tagesbild“ zu nennen, wurde aufgrund einer behaupteten Verwechslungsgefahr und Rufausbeutung des Titels „Tagesschau“ durch das Urteil des OLG Hamburg in zweiter Instanz unterbunden. In letzter Instanz unterlag die ARD jedoch im Jahre 2001 vor dem Bundesgerichtshof, der eine Verwechslungsgefahr verneinte. Weiterhin räumte der BGH Konkurrenten der Tagesschau ein, für eine tägliche Sendung einen Titel mit dem Wortbestand „Tages“ zu verwenden, da die Auswahl an aussagekräftigen Titeln begrenzt sei. Das Urteil wurde von ProSieben nicht genutzt, da man während des zehnjährigen Rechtsstreits von dem Projekt „Tagesbild“ Abstand genommen hatte.
Chefredakteure der Tagesschau
Chefredakteur von – bis Martin S. Svoboda 1952–1960 Hans-Joachim Reiche 1960–1970 Hartwig von Mouillard 1970–1977 Dieter Gütt 1978–1980 Edmund Gruber 1981–1988 Henning Röhl 1988–1991 Gerhard Fuchs 1991–1993 Ulrich Deppendorf 1993–1998 Bernhard Wabnitz 1999–2005 Kai Gniffke seit 2006 Sprecher und Moderatoren
Chefsprecher der Tagesschau
Name Sprecher Chefsprecher Karl-Heinz Köpcke ab 1959 1964–1987 Werner Veigel ab 1966 1987–1995 Dagmar Berghoff ab 1976 1995–1999 Jo Brauner ab 1974 2000–2004 Jan Hofer ab 1986 seit 2004 Derzeitige Sprecher und Moderatoren
Hauptausgabe um 20:00 Uhr
Sprecher Einstieg Hauptausgabe Jan Hofer 1985 seit 1985 Ellen Arnhold 1987 seit 1987 Jens Riewa 1994 seit 1995 Susanne Daubner 1999 seit 1999 Laura Dünnwald 2001 seit 2005 Marc Bator 2001 seit 2005 Caroline Hamann-Winkelmann 2007 seit 2007 Thorsten Schröder 2000 seit 2007 Judith Rakers 2005 seit 2008 Moderierte Tagesschau-Ausgaben
Sprecher Einstieg Anmerkung Claus-Erich Boetzkes 1997 Susanne Holst 2001 Susanne Stichler 2005 Vertretungsmoderatorin Weitere Sprecher (v. a. Nacht- und Frühausgaben)
Sprecher Einstieg Astrid Vits 2004 Michail Paweletz 2004 Tarek Youzbachi 2004 Christine Dohnau 2007 Ehemalige Sprecher und Moderatoren
Sprecher Einstieg Ausstieg Cay Dietrich Voss 1952 1962 Claus Wunderlich 1959 1962 Diether von Sallwitz 1959 1963 Martin Thon 1959 1964 Karl-Heinz Köpcke 1959 1987 Siegmar Ruhmland 1960 1963 Karl Fleischer 1960 1994 Manfred Schmidt 1962 1964 Wilhelm Stöck 1965 1984 Werner Veigel 1966 1995 Lothar Dombrowski 1967 1974 Wilhelm Wieben 1972 1998 Günter Wiatrek 1974 1975 Jo Brauner 1974 2004 Georg Hopf 1975 1985 Dagmar Berghoff 1976 1999 Harry Teubner 1978 1980 Klaus Eckert 1978 1983 Elfi Marten-Brockmann 1981 1984 Daniela Witte 1985 1988 Robert Schröder 1988 1988 Franz Laake 1988 1993 Eva Herman 1988 2006 Susan Stahnke 1992 1999 Gabi Bauer (Mod.) 1997 1997 Silke Jürgensen 2002 2005 Ina Bergmann (Mod.) 1997 2001 Siehe auch
Auszeichnungen
- 1987: Goldene Kamera Beste Fernsehdame 1. Platz für Dagmar Berghoff
- 1997: Goldenes Kabel Publikumspreis in Silber für die beste Nachrichtensendung
- 2000: Deutscher Comedypreis Sonderpreis für unfreiwillige Komik
- 2003: Bayerischer Filmpreis Sonderpreis für die Redaktionen in 50 Jahren
Literatur
- Nea Matzen/Christian Radler: Die Tagesschau. Zur Geschichte einer Nachrichtensendung, UVK, Konstanz 2009. ISBN 978-3-86764-143-2 [2]
- Walter van Rossum: Die Tagesshow. Wie man in 15 Minuten die Welt unbegreiflich macht. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, 208 S., ISBN 978-3-462-03951-1 [3]
- Sylke Tempel: Die Tagesschau erklärt die Welt. Ein Wissensbuch für Kinder und Erwachsene. Rowohlt Verlag, Reinbek 2006, ISBN 3-87134-549-0
- Michael Reufsteck, Stefan Niggemeier: Das Fernsehlexikon. Goldmann, München 2005, ISBN 3-442-30124-6
- Horst Jaedicke: Tatort Tagesschau. Eine Institution wird 50. Allitera-Verlag, München 2002, 234 S., ISBN 3-935877-73-0
Einzelnachweise
- ↑ „ARD beschließt Strategie für die digitale Medienwelt“, ard.de, 19. Juni 2007
- ↑ Rezension: [1], Das Parlamenr, Ausgabe 9/20093
- ↑ Rezension: „Kritik an der Tagesschau. Wo der Zuschauer nur Zaungast ist“, Spiegel Online, 30. September 2007
Weblinks
- tagesschau.de - Nachrichtenportal der ARD
- tagesschau.de-Blog
- Geschichte der Tagesschau mit Bildern vieler Sprecher/-innen
- "Nivea-Dose des Weltgeschehens" – Zeit-Artikel über die Tagesschau, Januar 2003
- Pressemitteilung des BGH zum Rechtsstreit Tagesbild
- Bericht über den Wandel der Tagesschau, Februar 2009
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