- Borbecker Halblang
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Borbecker Halblang ist eine im Ruhrgebiet verbreitete Bezeichnung für übergroße Kinderkleidung und zweitverwendete Hosen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im 19. Jahrhundert kauften Familien ihren Kindern aus Kostengründen häufig Kleidung auf Zukunft. Besonders die Jungenhosen waren erst zu lang, so dass man in sie hineinwachsen musste. Diese Sitte war vor allem in der vor 1915 selbstständigen und von Essen noch unabhängigen Bürgermeisterei Borbeck verbreitet. Allmählich setzte sich das Borbecker Halblang aber im gesamten Ruhrgebiet als Bezeichnung für diese Mode durch. In der Armut nach dem Zweiten Weltkrieg erweiterte sich die Bedeutung um die Bezeichnung für eine notdürftig auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittene Bekleidung: So schnitt man von älteren Hosen einen Teil ab und machte diese sommertauglich.
Bronzestatue in Borbeck-Mitte
Der Mode des Borbecker Halblang setzte der Bildhauer Franz-Josef Kampmann ein Denkmal. Nach der Verlegung des Marktes vom Borbecker Platz zum neuen Areal vor dem Bahnhof Borbeck wurde die vom Künstler geschaffene Bronzestatue 1982 auf einem sechseckigen Sockel mit Wasserlauf angebracht. Die Statue stellt zwei spielende Kinder in Borbecker Halblang dar.
Borbecker Halblang-Projekt im Rahmen der Ruhr.2010 Kulturhauptstadt Europas
Unter dem Titel Borbecker Halblang – mit offenen Armen und großem Herzen wurde diese Mode vom früheren Ratsmitglied Gudrun Reise und vom jetzigen Stadtverordneten Friedhelm Klix als Projekt für Borbecker Schulen initiiert. Der Leitgedanke ging von folgender Überlegung aus: Schülerinnen und Schüler aller Schulformen sollten die Erfahrung eines künstlerischen Schöpfungsprozesses machen, indem sie den Rohling einer Skulptur farblich gestalten. Die aus Aluminium angefertigten unbearbeiteten Skulpturen stellen Mädchen und Jungen dar, die Borbecker Halblang tragen.
Der Künstler Günter A. Steinmann hat die Figuren entworfen. Praktika der Eisenhüttenkunde sowie Ausbildungen an der Akademie für Werbung und der Folkwang Universität für Musik, Theater, Gestaltung, Wissenschaft in Essen öffneten seinen künstlerischen Blick auch für Belange des Ruhrgebiets und die Möglichkeiten, die Kunst für die Bildung und Erziehung junger Menschen bietet. Die Einbeziehung von Mädchen und Jungen in ein Projekt der Ruhr.2010. Kulturhauptstadt Europas war für Günter A. Steinmann deshalb nur folgerichtig.
Denn das Projekt Essen für das Ruhrgebiet. Kulturhauptstadt Europas 2010 durfte nach den Auflagen der Europäischen Union keineswegs auf die Darstellung von Formen der Hochkultur beschränkt werden. Vielmehr wurde ausdrücklich eine Nachhaltigkeit der für das Jahr 2010 vorgesehenen Aktivitäten verlangt. Diese konnte sich etwa an Schulen in einem Mitgestalten und Erleben künstlerischer Vielfalt in Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern manifestieren. Das Ruhr.2010-Vorhaben Borbecker Halblang – mit offenen Armen und großem Herzen war folglich ein Kooperationsprojekt: Es kam zu einer künstlerischen Vernetzung von Schulen, Künstler, Vereinen und Verbänden, Medien, Firmen, Institutionen und lokalem Parlament, so dass das Motto der Kulturhauptstadt Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel eine breite öffentliche Streuung erreichte.
Sichtbar wurden die Ergebnisse dieses Prozesses durch mehrere Ausstellungen im öffentlichen Raum.
Weblinks
Literatur
- Wolfgang Sykorra: Borbecker Halblang. Ein Schulprojekt der Kulturhauptstadt Europas "Ruhr.2010". Essen: Edition Rainruhr 2011. ISBN 978-3-941676-07-7
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