Brandermittler

Brandermittler
Folgen eines Großbrandes: Blick auf die zerstörte Dachkonstruktion

Die Brandursachenermittlung dient der Aufdeckung der Ursachen und dem Ablauf von Bränden.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsdefinition

Die Brandursachenermittlung ist eine forensische Tätigkeit, die an Brandorten nach einem Brand erfolgt und aus der Sichtung, Dokumentation, Sicherung und Auswertung der dort zu findenden Spuren auf wissenschaftlicher Basis besteht. Es geht hierbei um die genaue Erklärung eines tatsächlich abgelaufenen Ereignisses aus den Spuren, die dieses Ereignis hinterlassen hat. Die Tätigkeit hat damit eine gewisse Ähnlichkeit zu der Tätigkeit eines Archäologen.

Begriffsabgrenzung

Die Brandursachenermittlung ist von den Aufgaben Brandschutz, Brandbekämpfung und Brandschadenermittlung zu trennen.

Fachleute für den vorbeugenden Brandschutz, Brandbekämpfung (Feuerwehr) oder Brandschadenermittlung sind nicht automatisch auch Fachleute für die Brandursachenermittlung, ebenso wenig wie ein Fachmann für Brandursachenermittlung nicht automatisch Brandschutzplanungen, Brandschauen oder Brandschutzprüfungen durchführen kann. Ein Brandursachenermittler ist ebenfalls nicht automatisch für den Feuerwehrdienst qualifiziert. Die Brandschadenermittlung ist den Bereichen Wertermittlung und Brandschadensanierung zuzuordnen. Die verschiedenen Tätigkeiten beschäftigen sich zwar alle mit dem Phänomen Feuer, dennoch liegen die jeweiligen Schwerpunkte soweit auseinander, dass eine professionelle Tätigkeit auf einem der Gebiete nicht zwangsläufig zu ausreichenden Kenntnissen auf den anderen Tätigkeitsgebieten führt.

Zuständigkeit

Die Zuständigkeit für die Brandursachenermittlung liegt zuerst bei der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft um festzustellen ob eine Straftat, also Brandstiftung vorliegt oder nicht. Die Staatsanwaltschaften bedienen sich hierzu der Kräfte der Polizei, Kriminalpolizei, Kriminaltechnik, der Fachabteilungen der Landeskriminalämter, der Fachabteilung des Bundeskriminalamtes oder externer Sachverständiger. Die Feststellung technischer oder natürlicher Brandursachen dient lediglich dem möglichen Ausschluss einer Brandstiftung und wird, so eine dieser strafrechtlich nicht relevanten Ursachen konkret vorliegt, durch die Staatsanwaltschaft/Polizei nicht weiter verfolgt.

Erst nach einer Freigabe durch die Staatsanwaltschaft kann die Ermittlung von Brandursachen für den zivilrechtlichen Bereich durchgeführt werden, um die Haftung für entstandene Schäden zu regeln. Hierbei geht es um Themen wie Versicherung, Konventionalstrafen, Regress und/oder Produkthaftung. Die zivilrechtliche Bedeutung überwiegt die strafrechtliche naturgemäß bei Weitem, da Brandstiftung nur einen (anzahlmäßig kleinen) Bereich möglicher Brandursachen bildet.

Weiterhin ist die Brandursachenermittlung, zumindest bei größeren Brandereignissen, von Bedeutung um den vorbeugenden Brandschutz zu unterstützen. Ist die Entstehung eines Brandes bekannt, so kann dieses Wissen gegebenenfalls in kommenden Vorschriften und Normen berücksichtigt werden.

Aufgaben

Um die unterschiedlichen Brandursachen erkennen zu können, müssen die vielfältigen Spurenbilder eines Brandes ausgewertet und gesichert werden. Wichtigste Aufgabe dabei ist die Ermittlung des Brandherdes. Hierbei spielt die Rekonstruktion des ursprünglichen Brandentstehungsbereiches eine wichtige Rolle. Bereits die Ermittlung des Brandherdes ist eine nicht ganz einfache Aufgabe, die viel Erfahrung, Unvoreingenommenheit und sorgfältiges, umsichtiges Arbeiten mit Hintergrundkenntnissen verlangt.

Kommt es bereits in diesem frühen Stadium der Ermittlung zu Fehlern (z.B. durch fehlende Gründlichkeit oder mangelnde Kenntnisse des Untersuchenden), so führen diese letztlich zu einem falschen Ergebnis.

Ist der Brandherd bekannt, muss dieser auf mögliche Zündquellen und den dazugehörigen Brennstoff abgesucht werden. Konnte der Brandherd nicht, oder nicht sicher festgestellt werden, muss der gesamte primäre Brandentstehungsbereich entsprechend abgesucht werden. Ist der primäre Brandentstehungsbereich nicht mehr vorhanden, weil er weggebrannt ist (Beispiel: Holzzwischendecke), muss der gesamte darunter liegende Bereich entsprechend abgesucht werden. Grundsätzlich sind dann alle in dem jeweiligen Bereich aufgefundenen Geräte und technische Einrichtungen auf mögliche Defekte und Manipulationen hin zu untersuchen, die zu einer Brandentstehung hätten führen können.

Kann eine Brandursache nicht positiv nachgewiesen werden, ist es evtl. über das Eliminations- oder Ausschlussverfahren möglich, diese Brandursache nachzuweisen, indem alle möglichen anderen Brandursachen bis auf diese ausgeschlossen werden. Jedoch ist das Eliminationsverfahren, das am häufigsten missbräuchlich verwendete Verfahren, da es oft auch dann eingesetzt wird, wenn der Brandherd nicht zweifelsfrei bestimmt werden konnte. Hier muss das Eliminationsverfahren jedoch zwangsläufig versagen, da das zu betrachtende Brandobjekt dann in der Regel viel zu groß ist, um alle möglichen Brandursachen wirklich nachgewiesen ausschließen zu können. Zum Beispiel müssten nach einem Wohnhausbrand noch alle elektrischen Leitungen restlos vorhanden sein um einen technischen Defekt allein am elektrischen Leitungsnetz sicher ausschließen zu können.

Prinzipiell müssen alle relevanten Spuren und Informationen vorurteilsfrei aufgenommen werden. Anhand dieser Spuren wird eine Hypothese entwickelt, die anhand der gefundenen Spuren und gewonnenen Informationen geprüft wird. Widersprechen Spuren oder Informationen der Hypothese, ergibt sich daraus, dass die Hypothese falsch ist. Es muss dann also nach einer neuen Hypothese gesucht werden. Dies ist ein iterativer Prozess, da die Spuren- und Informationsgewinnung sowie das Aufstellen der Hypothesen parallel ablaufen. Hierbei muss sorgfältig darauf geachtet werden, dass nicht Spuren oder Informationen unterdrückt werden, weil sie nicht zu einer Hypothese passen. Es darf auch keinesfalls dazu kommen, dass nur noch Spuren gesucht werden, die zu einer einmal aufgestellten Hypothese passen, was ein klassischer Ermittlungsfehler wäre.

Strafrechtliche Bedeutung

Da der Strafrahmen bei Brandstiftung in den unterschiedlichen Ausprägungen im deutschen Strafgesetzbuch von Straffreiheit bis hin zu lebenslanger Haft reichen kann und Gerichte sich weitgehend auf die Ermittlungsergebnisse der Brandursachenermittler stützen, kann die Arbeit der Brandursachenermittler für die Beschuldigten sehr weitreichende Konsequenzen haben. Gemessen daran, ist an die Arbeitsgüte bei der Brandursachenermittlung ein extrem hoher Anspruch zu stellen.

Zivilrechtliche Bedeutung

Im Zivilrecht ist die Arbeit der Brandursachenermittler häufig ausschlaggebend dafür ob Versicherungsprämien ausgezahlt werden oder nicht. Hierbei geht es in vielen Fällen um Geldbeträge die für die Existenz Betroffener entscheidend seien können, so dass auch hier ein sehr hoher Anspruch an die Arbeitsgüte bei der Brandursachenermittlung gestellt werden muss.

Ausbildung

Eine geregelte Ausbildung existiert in Deutschland noch nicht. Für die Prüfung zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung als Sachverständiger für Brandursachen ist das Fachgremium der IHK Darmstadt zuständig.

Probleme

Durch die personelle Unterbesetzung im Bereich der Polizeien mit entsprechend qualifiziertem Personal für den Bereich Brandursachen, die sich in den Landeskriminalämtern fortsetzt, leidet die Qualität der Ermittlungsergebnisse aufgrund der hohen Arbeitsbelastung häufig. Manchmal soweit, dass die Ermittlungsergebnisse einer gewissenhaften wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten können.

Durch die in Deutschland nicht geregelte Ausbildung und die Einstufung der Sachverständigen in die Honorargruppe 5 des JVEG, die seit der Einführung dieses Gesetzes im Jahr 2004 einen Stundensatz von 70,- Euro für Aufträge durch Gerichte und öffentliche Auftraggeber festlegt, finden sich kaum noch qualifizierte Sachverständige für Brandursachen, die bereit sind für diesen Stundensatz, der im Bereich der Selbstkosten eines Ingenieurs liegt, tätig zu werden. Betroffen hiervon sind hauptsächlich die Staatsanwaltschaften und Strafgerichte, da hier keine Möglichkeit einer Erhöhung des Stundensatzes gegeben ist. Ein Interesse von Ingenieuren sich für diese Aufgabe zu qualifizieren ist daher nicht gegeben. Mit Stand Februar 2009 gibt es in ganz Deutschland lediglich 28 öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Brandursachen. Das entspricht etwa 0,25 Sachverständigen pro Landgerichtsbezirk beziehungsweise Staatsanwaltschaft.

Der sich aus dieser Situation ergebenden Not gehorchend, werden durch die Staatsanwaltschaften und Gerichte daher vermehrt weniger qualifizierte, manchmal auch völlig unqualifizierte Sachverständige herangezogen, was sich deutlich auf die Qualität der Brandermittlungsergebnisse auswirkt.

Literatur

  • Vytenis Babrauskas, S.J. Grayson: Heat Release in Fires. 1992, ISBN 0-419-16100-7
  • Vytenis Babrauskas: Ignition Handbook. 2003, ISBN 0-9728111-3-3
  • Jörg Cicha: Die Ermittlung von Brandursachen. 2004, ISBN 3-415-03161-6
  • John D. DeHaan: Kirk's Fire Investigation, 6th ed.. 2006, ISBN 013171922X
  • Dougal Drysdale: An Introduction to Fire Dynamics, 2nd ed.. 1999, ISBN 0471972916
  • David J. Icove, John D. DeHaan: Forensic Fire Scene Reconstruction. 2003, ISBN 0130942057
  • John J. Lentini: Scientific Protocols for Fire Investigation. 2006, ISBN 0849320828
  • Jean-Claude Martin: Incendies et Explosions d'Atmosphère. 2008, ISBN 978-2-88074-755-8
  • Dirk Schneider: Brandursachenermittlung. 1998, ISBN 3-170-14872-9
  • Eric Stauffer, Julia A. Dolan, Reta Newman: Fire Debris Analysis 2008, ISBN 978-0-12-663971-1

Weblinks

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