- Bregenzerwälderhaus
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Das Bregenzerwaldhaus ist die traditionelle bäuerliche Hausform des Bregenzerwaldes (Vorarlberg/Österreich), die auch heute noch die Landschaft der Region prägt. Mit dem Wandel der Wirtschaftsstruktur des Bregenzerwaldes hat dieser Bautypus seine ursprüngliche Bedeutung als Paradigma für das landwirtschaftliche Bauen in der Region verloren. Die Qualitäten dieses Typus werden dennoch auch in der Gegenwart als Vorbild für die zeitgenössische Bautätigkeit in Vorarlberg verstanden, auf neue Bauaufgabe angewendet und weiterentwickelt. Der Gebäudetypus entwickelte sich im vorderen („Vorderwald“) und im hinteren Bregenzerwald („Hinterwald“) aufgrund unterschiedlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und überregionaler Einflüsse unterschiedlich.
Inhaltsverzeichnis
Funktion
Das Bregenzerwaldhaus reiht in einem einheitlichen Baukörper die Funktion Wohnen, Viehhaltung, Vorratshaltung und Geräteaufbewahrung in Firstrichtung aneinander und gehört damit zur Gruppe der in Westösterreich verbreiteten verbreiteten Einhöfe. Der Typus wird zu den sekundären Einhöfen gezählt, da er sich aus Paar- und Gruppenhöfen entwickelt hat, bei denen Wohnhaus, Stadel (Vorratshaltung und Geräteaufbewahrung) und Stall in getrennten Baukörpern untergebracht waren. Anlagen dieses älteren Typus sind vereinzelt im Kleinwalsertal erhalten. Die ursprünglich Trennung der einzelnen Funktionen lässt sich noch im Grundriss älterer Einhöfe nachvollziehen, die zwischen Wohn- und Wirtschaftstrakt eine offengebliebene Durchfahrt, den „Hof“ (Hinterwald) bzw. „Untertenn“ (Vorderwald) aufweisen.
Konstruktion
Wenn es die topographischen und klimatischen Gegebenheiten zulassen, wird das Bregenzerwaldhaus in Ost-West-Richtung, die Wohnseite der Morgensonne zugewandt, erbaut.
Wohntrakt
Der Wohntrakt ist regelmäßig über einem Fundamentbau errichtet, der als Keller genutzt wird. Das Bregenzerwaldhaus weist ein Hochparterre, ein Obergeschoss, jüngere Typen auch ein Dachgeschoss auf. Der Wohntrakt im Hochparterre ist als „Flurküchenhaus“ ausgestaltet. Der in Hausmitte gelegene, von Traufe zu Traufe durchlaufende Flur des Hauses dient zugleich als Küche und Erschließungsfläche für Stube und Schlafzimmer („Gaden“). Traufseitig schließt sich an das Schlafzimmer meist ein „Schopf“ eine „Kammer“ oder ein „Stüble“ an. Im vorderen Bregenzerwald entwickelte sich ein großzügigerer Typus mit giebelseitiger Erschließung und Mittelfur heraus.
Eine Besonderheit des Wohntraktes ist der erwähnte „Schopf“, ein verandaartiger Vorbau mit klappbaren Läden, der sich über die gesamte sonnseitigen Traufseite des Wohntraktes erstreckt. Auf der sonnenabgewandten Seite findet sich der Schopf in geschlossener Bauweise wieder und wird so als „Kammer“ oder als "Stüble" in den Baukörper integriert. Der Schopf dient in der warmen Jahreszeit als Ess- und Aufenthaltsraum, als geschützter Platz für Zier- und Nutzpflanzen und als Hauswirtschaftsraum. In energetischer Hinsicht leistete der „Schopf“ mit heruntergeklappten Läden im Winter einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Wärmehaushalts des Bregenzerwaldhauses.
Im Obergeschoss des Wohntraktes finden sich giebelseitg zwei Kammern, die als Schlafstätten dienen. Die Fortsetzung der beiden „Schöpfe“ im Obergeschoss („Oberschopf“, „Schlupf“) werden als Abstellräume genutzt. Über dem Wohn- und Wirtschaftstrakt trennenden „Hof“ liegt im Obergeschoss der sonnenzugewandten Traufseite das „Sälestüble“, das in seiner ursprünglichen Form dem Ausgedinge der Großeltern dient, oft aber auch als Gästezimmer oder als Werkstatt Verwendung findet.
Wirtschaftstrakt
Im Wirtschaftstrakt findet sich im Erdgeschoss giebelseitig der Stall, und daran angrenzend die als Verkehrszone genutzten „Tenne,, Der „Hof“, eine ursprünglich durchgehende, beidseitig befahrbare Erschließungszone trennt den Wohntrakt vom Wirtschaftstrakt. Bei späteren Formen wird der „Hof“ durch weitere Wirtschaftsräume wie „Holzlage“ oder Pferdestall unterbrochen und stark verkleinert und ist nur noch einseitig zugänglich. Im Obergeschoss des Wirtschaftstraktes befinden sich Bereiche zur Lagerung von Heu („Heudiele“) und landwirtschaftlichen Geräten.
Dach und Fassade
Die Überdachung des Bregenzerwaldhauses wird immer von einem Satteldach gebildet, dass bei älteren Typen flacher (18- 22 Grad), später steiler (45 Grad) ausgestaltet ist. Die Giebelfassade des Bregenzerwaldhauses wird geprägt durch zwei bis drei Reihen großer mit Mittelbalken versehener Fenster. Die Fenster sind, untypisch für einen Blockbau, sehr groß und sind einer der bestimmenden Faktoren für die hohe Wohnqualität des Bregenzerwaldhauses.
Die Fassade des Bregenzerwaldhauses ist ursprünglich unverkleidet und lediglich mit einem Schutzanstrich versehen. Seit dem 19. Jahrhundert werden die Häuser mit einem Holzschindelpanzer versehen, der besseren Wetter- und Wärmeschutz gewährleistet.
Variationen
Im „Vorderwald“ entwickelte sich wohl als Folge von Flurbereinigungen („Flurvereinödungen“) im 18. Jahrhundert ein abgewandelter Typus mit giebelseitigem Mittelfur und großzügigerer Wohnraumgliederung. Bei diesem Typus sind in der Regel beide Schöpfe zur Gänze im Baukörper integriert.
Literatur
Viktor Herbert Pöttler: Vorarlberg im Österreichischen Freilichtmuseum, Selbstverlag des Österreichischen Freilichtmuseums, Stübing 1984, ISBN 3-7749-2183-0
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