Bundessozialhilfegesetz

Bundessozialhilfegesetz

Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) regelte von 1962 bis 2004 Art und Umfang der Sozialhilfe für bedürftige Einwohner der Bundesrepublik Deutschland.

Die bisherigen Bestimmungen des BSHG sind ab 1. Januar 2005 von den Bestimmungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) abgelöst worden.

Basisdaten
Titel: Bundessozialhilfegesetz
Abkürzung: BSHG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Sozialrecht
Fundstellennachweis: 2170-1
Ursprüngliche Fassung vom: 30. Juni 1961
(BGBl. I S. 815, ber. S. 1875)
Inkrafttreten am: 1. Juni 1962
Neubekanntmachung vom: 23. März 1994
(BGBl. I S. 646, ber. S. 2975)
Letzte Änderung durch: Art. 25 G vom
23. Dezember 2003
(BGBl. I S. 2848, 2895)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
1. Januar 2004
(Art. 124 G vom
23. Dezember 2003)
Außerkrafttreten: überw. 1. Januar 2005
(Art. 68 G vom
27. Dezember 2003,
BGBl. I S. 3002, 3070)
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Bundessozialhilfegesetz trat am 1. Juni 1962 in Kraft und löste die aus dem Jahr 1924 stammenden Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge (RGr) und die Verordnung über die Fürsorgepflicht (RFV) ab. Seit 1976 ist das Bundessozialhilfegesetz Bestandteil des Sozialgesetzbuches (SGB). Seither finden die allgemeinen Regelungen des SGB (insbesondere SGB I und SGB X) auch auf die Sozialhilfe Anwendung.

Als Grundsätze der Sozialhilfe sind im Bundessozialhilfegesetz die individuelle Hilfe (§ 3), die Befähigung der Bedürftigen zur Selbsthilfe (§ 1 Abs. 2) und das Prinzip der Nachrangigkeit der Sozialhilfe (§ 2) festgelegt.

Im Bundessozialhilfegesetz wird zwischen Hilfe zum Lebensunterhalt (laufende Hilfe sowie einmalige Beihilfen bei wirtschaftlichen Notlagen) und Hilfe in besonderen Lebenslagen (vor allem Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe für behinderte Menschen) unterschieden.

Die Hilfe zum Lebensunterhalt wird errechnet, indem der Bedarf festgestellt wird. Der Bedarf errechnet sich grundsätzlich aus den Regelsätzen aller im Haushalt lebenden Personen, eventuellen Mehrbedarfszuschlägen (z. B. für Schwangere), eventuellen Absetzbeträgen und den Unterkunftskosten samt Kosten der Heizung. Dem Bedarf werden die Einkünfte gegenübergestellt (z. B. Kindergeld, Arbeitseinkommen, Unterhalt oder Rente). Reicht das Einkommen nicht aus, um den Bedarf zu decken, so wird der Differenzbetrag als Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. Die Sozialhilfe verfolgt also den Ansatz der Bedarfsdeckung.

Wichtiger Grundsatz hierbei ist der Nachrang der Sozialhilfe: Eigenes Vermögen muss vorrangig für den Lebensunterhalt verwendet werden, Ansprüche gegenüber anderen Sozialleistungsträgern, Unterhaltsansprüche etc. müssen geltend gemacht werden, zumutbare Arbeit muss angenommen werden.

Träger der Sozialhilfeleistungen sind die kreisfreien Städte und Landkreise; in bestimmten Fällen auch überörtliche Träger (beispielsweise in Nordrhein-Westfalen die Landschaftsverbände). Anträge auf Sozialhilfe sind bei der Gemeinde zu stellen, in der der Bedürftige seinen tatsächlichen Aufenthalt hat. Sofern die Gemeinde nicht selbst Hilfeträger ist, leitet sie den Antrag an die zuständige Behörde weiter.

Sozialhilfeempfänger werden in zunehmendem Maße zu so genannter gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Da diese Art der Tätigkeit überwiegend mangelhaft entlohnt wird, bietet sie wenig Anreiz und wird folglich zumeist als Zwangsarbeit empfunden. Jedoch erhält der arbeitende Hilfeempfänger die Entlohnung in jedem Falle zusätzlich zur ohnehin schon den sozialhilferechtlich geforderten Bedarf deckenden Leistung nach dem BSHG. Im Weigerungsfall kann dem Betroffenen die Hilfe zum Lebensunterhalt gekürzt oder gestrichen werden. Es liegt also ein Zwang im ökonomischen Sinne vor, eine Durchsetzung im Wege des unmittelbaren Zwangs ist aufgrund Art. 12 Grundgesetz ausgeschlossen.

Reform

Im Zuge des Hartz IV-Konzepts wurde zum 1. Januar 2005 die bisherige Arbeitslosenhilfe und die bisherige Sozialhilfe nach dem BSHG zum Arbeitslosengeld II. Die Leistungen sind pauschaliert und betragen im Wesentlichen nur geringfügig mehr als das Niveau der bisherigen Sozialhilfe nach dem BSHG.

Das bisherige BSHG wurde Teil des Sozialgesetzbuches als Zwölftes Buch (SGB XII). Leistungen nach diesem Gesetz erhalten nur noch Menschen, die dauerhaft oder vorübergehend nicht erwerbsfähig sind und Menschen, die bereits älter sind als 65 Jahre. Auch das bisherige Grundsicherungsgesetz (GSiG) wurde Teil des SGB XII.

Leistungen nach den hier genannten Gesetzen sind weitestgehend pauschaliert. Einzelfallbezogene Hilfen, z. B. für defektes Mobiliar oder andere Haushaltsgegenstände, werden nur noch in besonderen Fällen als Darlehen gewährt. Im SGB XII besteht die selten genutzte Möglichkeit, den Regelsatz bei erheblich abweichendem Bedarf abweichend höher oder niedriger zu bemessen. Im SGB II wurde die Pflicht unabweisbare ständige Sonderbedarfe zusätzlich zu berücksichtigen durch das Urteil 1 BvL 1/09 des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 geschaffen und später vom Gesetzgeber übernommen.

Literatur

  • Ulrich-Arthur Birk: Bundessozialhilfegesetz. Lehr- und Praxiskommentar. 4. Auflage. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1994, ISBN 3-7890-3314-6.
  • Friederike Föcking: Fürsorge im Wirtschaftsboom. Die Entstehung des Bundessozialhilfegesetzes von 1961. Oldenbourg Verlag, München 2007, ISBN 978-3-486-58132-4.
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