Ahmed Rızâ

Ahmed Rızâ
Ahmed Rızâ, 1909.

Ahmed Rızâ (* 1858 in Istanbul; † 26. Februar 1930 ebenda) war ein osmanischer Politiker, einer der frühen Führer der jungtürkischen Bewegung und der erste Präsident des Abgeordnetenhauses in der zweiten osmanischen Verfassungsperiode.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ausbildung

Ahmed Rızâ war der Sohn Naile Hanıms und Ali Beys. Ali Bey, der aufgrund seines Kleidungsstils İngiliz / ‏انكليز‎ /‚Engländer‘ genannt wurde, war Mitglied des Şürâyı Devlet und des Senats. Nach dem Besuch der Beylerbeyi Rüşdiyesi (etwa Mittelschule), der Mahrec-i Aklâm (Fachschule für Sekretäre) und der Mekteb-i Sultânî arbeitete Ahmed Rızâ kurzzeitig im Übersetzungsbüro der Hohen Pforte. 1884 beendete er sein Studium der Landwirtschaft in Thiverval-Grignon und wurde Beamter im osmanischen Landwirtschaftsministerium und später im Erziehungsministerium.

Exil

Im Jahr 1889 ging Ahmed Rızâ nach Paris, wo er Schriften gegen das absolutistische Regime Abdülhamids II. veröffentlichte sowie an der Sorbonne Vorlesungen über Naturgeschichte und Positivismus hörte. Ab 1895 gab er die „revolutionäre Zeitung“[1] Meşveret / ‏مشورت‎ /‚Beratung‘ und in französischer Sprache die Mechveret Supplément Français heraus, wodurch er als Führer der europäischen Exiljungtürken angesehen wurde. Bedingt durch seine Ablehnung eines Attentats auf Abdülhamid II. distanzierte sich Ahmed Rızâ jedoch von den Istanbuler Jungtürken, sodass Murad Bey, der im ägyptischen Exil die Zeitung Mîzân / ‏ميزان‎ /‚Waage‘ herausgab, fortschreitend an Einfluss auf die Jungtürken im Osmanischen Reich gewann. Auf dem Kongress im Dezember 1896 wurde schließlich Murad Bey zum Vorsitzenden gewählt. Auf dem ersten Pariser Jungtürkenkongress (4.–9. Februar 1902) spalteten sich die Jungtürken unter Prinz Sabahaddin und İsmail Kemal Bey auf der einen und eine Minderheit unter Ahmed Rızâ auf der anderen Seite. Letztere, die eine seitens Prinz Sabahaddin und İsmail Kemal Bey geforderte ausländische Intervention strikt ablehnten,[2] bezeichneten sich als die „Osmanische Gesellschaft für Fortschritt und Einheit“ (Osmanlı Terakkî ve İttihâd Cemiyeti / ‏عثمانلو ترقى و اتحاد جمعيتى‎) und waren, aufgrund ihrer Verbindungen vor allem auf dem Balkan, in der Lage die Führung der jungtürkischen Bewegung zu übernehmen.[3]

Rückkehr aus dem Exil

Nach der erfolgreichen „Jungtürkischen Revolution“ von 1908, infolge welcher die Verfassung de facto wieder in Kraft gesetzt worden war, kehrte Ahmed Rızâ, gefeiert als „Vater der Liberalen“ (Ebü'l-ahrâr / ‏ابو الاحرار‎ / Abū al-Aḥrār; türkisch hürriyetçilerin babası), nach Istanbul zurück. Am 17. Dezember 1908 wählte ihn das neu gewählte Abgeordnetenhaus zum Präsidenten. Seine Meinungsverschiedenheiten nach dem sogenannten „Ereignis vom 31. März“ (siehe Osmanische Verfassung#Gegenputsch) mit dem Zentralkomitee der Jungtürken führten 1910 zu seinem Ausschluss. Am 18. April 1912 wurde er vom Sultan zum Mitglied des Senats gewählt und übte starke Kritik am Komitee für Einheit und Fortschritt. Schließlich brach er mit den Jungtürken nach deren Überfall auf die Hohe Pforte am 23. Januar 1913.

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg ging Ahmed Rızâ am 22. Juni 1919 im Auftrag Mustafa Kemals nach Paris, um dort für die „Türkische Sache“ zu werben. 1926 kehrte er in die am 29. Oktober 1923 gegründete Republik Türkei heim, zog sich in sein Anwesen in Vaniköy im Istanbuler Statdtteil Üsküdar zurück und verfasste seine Memoiren. Am 26. Februar 1930 erlitt Ahmed Rızâ infolge eines Sturzes eine Beckenfraktur und verstarb am gleichen Tag im Şişli-Etfal-Krankenhaus. Beigesetzt wurde er auf dem Kandilli-Friedhof in Üsküdar.

Literatur

  • Ziyad Ebüzziya: Ahmed Rızâ. In: Türkiye Diyanet Vakfı İslâm Ansiklopedisi. Bd. 2, TDV Yayını, Istanbul 1989, S. 124–127 (türkisch).
  • Şerif Mardin: Religion, society, and modernity in Turkey. Syracuse University Press, Syracuse, New York 2006, ISBN 978-0-8156-2810-1, S. 165 ff. (englisch).

Einzelnachweise

  1. Meyers Großes Konversations-Lexikon. Bd. 10. Leipzig 1907, S. 376 (online auf zeno.org).
  2. Mehmet Hacısalihoğlu: Die Jungtürken und die Mazedonische Frage (1890–1918). Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2003, ISBN 978-3-486-56745-8, S. 99.
  3. Mehmet Hacısalihoğlu: Die Jungtürken und die Mazedonische Frage (1890–1918). Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2003, ISBN 978-3-486-56745-8, S. 136.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ahmed Riza — Ahmed Riza, a prominent Young Turk, an activist, scientist and the minister of Education from the party Liberal Union during the second Constitutional Era, in the Ottoman Empire. In 1908 his name was among the possible Grand Viziers. He was the… …   Wikipedia

  • Riza — ist ein arabischer männlicher Vorname mit der Bedeutung „Zufriedenheit“[1][2] sowie ein Familienname. Die türkische Form des Namens ist Rıza.[3] Inhaltsverzeichnis 1 Bekannte Namensträger 1.1 …   Deutsch Wikipedia

  • Ahmed — ist als Variante des Namens Ahmad der Familienname folgender Personen: Abdou Mohammed Ahmed (* 1970), dschibutischer Tennisspieler Abdullahi Yusuf Ahmed (* 1934), somalischer Staatspräsident Abdul Latif Ahmed (* 1976), bahrainischer Tennisspieler …   Deutsch Wikipedia

  • Ahmed İzzet Pascha — Ahmet İzzet Pascha oder nach dem Erlass des Namensgesetzes Ahmet İzzet Furgaç (* 1864 in Nasliç bei Bitola; † 31. März 1937 in Istanbul) war ein osmanischer Soldat und Staatsmann albanischer Abstammung und Großwesir in den letzten Tagen des… …   Deutsch Wikipedia

  • Ahmed Rida Khan — Infobox Philosopher region = British India era = Medieval cum Modern era color = #B0C4DE image caption = name = Ahmed Raza Khan birth = 14 June 1856 [ Hayat e Aala Hadhrat , vol.1 p.1] death = 1921 school tradition = Sunni main interests =… …   Wikipedia

  • Riza Schah Pahlavi — Reza Schah Pahlavi Reza Schah Pahlavi (persisch ‏رضاشاه پهلوی‎ [rezɔːˈʃɔːh pæɦlæˈviː]); Reza Schah der Große, geboren als Reza Chan bzw. Reza Khan (persisch ‏رضا خان‎ [ …   Deutsch Wikipedia

  • Riza Shah Pahlavi — Reza Schah Pahlavi Reza Schah Pahlavi (persisch ‏رضاشاه پهلوی‎ [rezɔːˈʃɔːh pæɦlæˈviː]); Reza Schah der Große, geboren als Reza Chan bzw. Reza Khan (persisch ‏رضا خان‎ [ …   Deutsch Wikipedia

  • Melek Ahmed Pasha — (ca. 1604–1662) was an Ottoman official and Grand Vizier during the stagnation of the empire. Contents 1 Early years 2 Grand Vizier 3 Later years 4 Afterma …   Wikipedia

  • Ali Rıza Efendi — (1841, Thessalonique 1888, Thessalonique) est le père de Mustafa Kemal Atatürk. Alors que certaines sources lui attribuent des origines albanaises[1], d autr …   Wikipédia en Français

  • Dukakinzade Ahmed Pasha — Dukakinzade or Dukakinoğlu ( son of Dukagjin ) Ahmed Pasha (Albanian: Ahmed Pasha Dukagjini) was an Albanian Ottoman statesman. He was Grand Vizier of the Ottoman Empire from 1512 1515. [1] References ^ http://www.arnavutum.com/modules …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”