- Quevri
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Die Quevri (von georgisch ქვევრი = "Amphore") ist ein Tongefäß zum traditionellen Ausbau für die trockenen Weine Georgiens. Außerhalb Georgiens findet dieses Verfahren bei einigen "biodynamischen Weinen" Verwendung. Es handelt sich historisch betrachtet um die weltweit älteste Form der Weinherstellung.
Inhaltsverzeichnis
Historisches
Eine Vorbedingung zur Herstellung von Wein war die Verfügbarkeit entsprechender Gefäße für die Gärung. Nach derzeitigem Wissensstand waren die ersten Gärgefäße Amphoren aus dem Neolithikum, die Weinherstellung war also an die Kunst der Töpferei geknüpft.
Das überlieferte Ausbauverfahren, das seit der Antike in Georgien angewandt wird, besteht darin, Amphoren mit Trauben oder Traubensaft verschlossen im Boden zu vergraben, wo das Produkt monatelang unter konstanten Temperaturen und weitgehendem Sauerstoffabschluss vergärt. Die Abdichtung gegen eine Sauerstoffzufuhr von oben wird traditionell durch Holzasche und Birkenteer erreicht. In heutigen Produktionsbetrieben kommen auch moderne Dichtmaterialien zum Einsatz.
In antiker Zeit wurden die georgischen Weine von zahlreichen Schriftstellern besonders herausgehoben und beispielsweise Strabon betont, dass der Weinbau seinen Ursprung in Georgien hätte.
Geschmackliche Einflüsse
Das Vergraben in der Erde ist eine einfache Methode, um den Wein unter annähernd konstanten Temperaturen zu vergären. Der Platz an denen die Quevris vergraben werden, heißt auf georgisch "Marani" (მარანი). Er kann im Freien oder in einem Gebäude liegen. Die Lage und die Tiefe des Marani beeinflussen sowohl die Gärtemperatur, als auch die Reifung des Weines.
Da der Quevri in der Erde vergraben wird, dringt durch die Poren der Amphore kaum Sauerstoff in den Wein ein, es findet lediglich eine Mikrooxidation statt, die für die Reifung des Weines positiv und wichtig ist. Dafür werden Geschmacksstoffe aus der umliegenden Erde aufgenommen, was dem Wein einen mineralischen Geschmack gibt, der vor allem trockenen Weinen steht. Hinzu kommt, dass Quevri-Wein praktisch ausschließlich im kachetischen Stil, d.h. durch Maischegärung produziert wird. Auch dies wirkt sich erheblich auf den Geschmack aus.
Amphorenproduktion
Bis heute ist die Verfügbarkeit geeigneter Quevris ein wichtiger Faktor bei der Herstellung von Amphorenwein. In Georgien gibt es nur fünf Personen, die Quevris herstellen, nur zwei alte Männer beherrschen dies auf professioneller Ebene[1]. Hintergrund ist die Geschichte Georgiens zu Zeiten der Sowjetunion. Die Weinproduktion wurde damals einseitig auf eine Massenproduktion ausgerichtet und der spezifischen Pflege der georgischen Weinkultur wurde kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Dadurch ist das Handwerk des Quevri-Töpfers nahezu ausgestorben. Einzelne Initiativen[2] bemühen sich darum, junge Menschen unabhängig von der Herkunft für dieses Handwerk zu begeistern. Die noch existierenden Quevri-Töpfer sind bereit, ihr Wissen an junge Menschen weiterzugeben, damit mit den alten Männern nicht auch das gesamte Wissen dieses traditionellen Handwerks stirbt.
Die Amphoren werden traditionell aus Ton gefertigt und anschließend innen mit Bienenwachs verkleidet, das die größeren Poren abdichtet. Die handwerkliche Herausforderung besteht nicht nur darin, Amphoren von teils immensen Ausmaßen zu produzieren, sondern auch darin, die Dicke der Wandstärke und die Auftragung der Wachsschicht aufeinander abzustimmen, damit eine optimale Durchlässigkeit der Poren gewährleistet bleibt.
Maische-Gärung im kachetischen Stil
Die georgische Region Kachetien gilt als Schwerpunkt der georgischen Weinindustrie. Eine Besonderheit der kachetischen Weintradition ist der Ausbau des Leseguts zusammen mit den Schalen, Kernen und Stängeln in Quevris. Auf diese Weise werden zusätzliche Tannine und Polyphenole an den Wein abgegeben, der dadurch sehr lang und körperreich wird. Dies erfordert sehr viel Erfahrung, da die Inhaltsstoffe der festen Bestandteile bei ungenügender Selektion einen üblen Geschmack hervorrufen würden. Darüber hinaus eignen sich nur sehr wenige Traubensorten für den Ausbau im kachetischen Stil. Meistens handelt es sich um georgische Traditionsreben, es existieren aber auch Produktionen mit europäischen Rebsorten (siehe Produzenten).
Nach dem Stand archäologischer Funde dürfte es sich beim Ausbau im kachetischen Stil um die älteste Ausbauform der Welt handeln. Da dieser Ausbau auf mehreren Produktionsebenen sehr schwierig und nur für trockene Weine empfehlenswert ist und sich außerdem nur wenige kaukasische Rebsorten für diesen Ausbau eignen, setzte sich außerhalb des Kaukasus nur die Mostvergärung in den Weintraditionen durch.
Zu Zeiten der Sowjetunion wurde diese sehr aufwändige Ausbaumethode nur für den Eigenverbrauch oder den Schwarzmarkt verwendet. Heute gibt es einige Firmen, die ihren Wein in diesem alten, traditionsreichen Verfahren produzieren und auch exportieren. Der Amphorenwein im kachetischen Stil zeichnet sich neben geschmacklichen Besonderheiten, die sehr stark vom europäischen Wein abweichen auch durch eine hohe Konzentration gesundheitlich positiver Polyphenole aus und eignen sich durch die Reaktion der Tannine mit der Mundschleimhaut und der Nahrung exzellent zum gemeinsamen Verzehr mit Fleisch- oder Fischgerichten, die durch diesen Wein besonders bekömmlich werden.
Bio-Wein im Quevri-Stil
Da es sich beim Quevri-Wein um eine besonders alte Ausbaumethode handelt und der Wein nur mit "naturbelassenen" Materialien wie Ton oder Bienenwachs in Kontakt kommt, erfreut sich diese Methode insbesondere bei einigen Herstellern von "biodynamischen Weinen" großer Beliebtheit. Auch geben die auf der Traubenschale vorhandenen Hefepilze gute Möglichkeiten, die Spontangärung zu unterstützen, was den Herstellern von biodynamischen Weinen entgegen kommt, da sie die Verwendung von Reinzuchthefen ablehnen.
Begriffsabgrenzungen
Wie aus den oben genannten Abschnitten ersichtlich, sind die Begriffe "Quevri-Wein" (allgemein), Quevri-Wein im kachetischen Stil und "biodynamischer Wein" nicht identisch, obwohl sie häufig im gleichen Kontext vorkommen. Tatsächlich unterscheiden sich die derzeit verfügbaren Quevri-Weine je nach Rebsorte, Philosophie und geografischer Lage der Hersteller untereinander erheblich. Der quantitativ größte Teil des Quevri-Weins kann übrigens nicht als "Biowein" deklariert werden, weil er aus Gründen der Konservierung oder aus geschmacklichen Gründen leicht geschwefelt oder mit Reinzuchthefen hergestellt wird. Allen Quevri-Weinen gemeinsam ist aber, dass sie sich geschmacklich sehr deutlich vom übrigen Weinmarkt abheben, dass sie an traditionelle Herstellungsverfahren anknüpfen und in Bezug auf die gesundheitliche Wirkung ihrer Inhaltsstoffe zumindest gegenüber den Massenweinen meist einen Vorteil für sich reklamieren können.
Produzenten von Quevri-Weinen
Georgische Produzenten
- Binekhi: Produzent von v.a. traditionellen georgischen Weinen u.a. auch Quevri-Wein [3]
- Telavi Wine Cellar: Produzent von vielerlei Weinen, u.a. auch Quevri-Wein
- Schuchmann Wines: Produzent von vielerlei Weinen, u.a. auch Quevri-Wein [4]
- Pheasant's Tears: Produzent biodynamischer Quevri-Weine. [5]
Produzenten außerhalb Georgiens
- Werlitsch: Österreichischer Produzent u.a. auch von Quevri-Wein[6]
- Ott: Österreichischer Produzent, der neuerdings Grünen Veltliner aus der Amphore anbietet[7]
- Cornelissen: Italienischer Produzent von ausschließlich biodynamischem Quevri-Wein[8]
- Albert Mathier & Söhne, Wallis / Schweiz. Familienbetrieb mit sechs Kvevris [9]
Weblinks
Commons: Quevris – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Quellen
Wikimedia Foundation.