CO2-Narkose

CO2-Narkose
Klassifikation nach ICD-10
T59 Toxische Wirkung sonstiger Gase, Dämpfe oder sonstigen Rauches
T59.7 Kohlenstoffdioxid
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Der medizinische Begriff CO2-Narkose (Coma hyperkapnicum) beschreibt eine Bewusstlosigkeit infolge einer erhöhten Blutkonzentration von Kohlenstoffdioxid (CO2). Diese kann sowohl durch innere Vorgänge als auch durch eine äußerliche CO2-Einwirkung entstehen.

Inhaltsverzeichnis

Physiologie

Kohlenstoffdioxid ist ein Stoffwechselprodukt des Körpers, das in den Zellen entsteht und im Blut gelöst zur Lunge transportiert wird, wo es an die Luft in den Lungenbläschen (Alveolen) abgegeben und mit der Ausatemluft abgeatmet wird. Je nach Aktivität und Stoffwechsellage fällt viel oder wenig CO2 im Körper an, die Atmung muss dem CO2-Anfall angepasst werden. Beim gesunden Menschen geschieht dies in erster Linie über den CO2-Gehalt des Blutes. Ein Anstieg des CO2-Partialdruckes führt (beim gesunden Menschen) zu vermehrtem Atemantrieb und damit auch zu vermehrter Atemtätigkeit, diese wiederum lässt den CO2-Partialdruck sinken. Der Normalbereich für den CO2-Partialdruck des Blutes beträgt 4,6 bis 5,9 kPa (35 bis 45 mmHg; entspricht 4,5 bis 5,8 Volumenprozent bei Normaldruck). Etwa ab einem CO2-Partialdruck von 7,8 bis 9,1 kPa (60 bis 70 mmHg bzw. 7,7 % bis 9,0 %) muss mit einer Bewusstseinstrübung bis hin zur Bewusstlosigkeit gerechnet werden, Patienten mit einer chronischen CO2-Erhöhung können bisweilen auch höhere Werte tolerieren.

Endogene CO2-Narkose

Im medizinischen Bereich treten auch endogene CO2-Narkosen auf, bei denen das Kohlenstoffdioxid dem körpereigenen Atmungsstoffwechsel entstammt. Eine an den aktuellen Bedürfnissen gemessen unzureichende Atmungsbewegung (Hypoventilation) führt zur Anreicherung von Kohlenstoffdioxid im Blut (Hyperkapnie), die in schweren Fällen zur Bewusstseinstrübung, zur Bewusstlosigkeit (Koma) und schließlich zum Tod führen kann. Ursachen einer derartigen Minderventilation können sein:

  • Vergiftungen oder Überdosierungen von Medikamenten oder Drogen, die die Atmung beeinträchtigen
  • Traumatische Ursachen beispielsweise nach schwerer Brustkorbverletzung mit Behinderung der Atmung
  • Tritt eine CO2-Narkose im Zusammenhang mit einer Ateminsuffizienz bei hochgradiger Fettsucht auf, spricht man auch von Pickwick-Syndrom.

Die Gefahr der CO2-Narkose spielt bei Patienten mit chronisch erhöhtem CO2-Partialdruck, meist infolge einer chronischen Lungenerkrankung, eine besondere Rolle. Bei ihnen wird der Atemantrieb wesentlich auch durch den pH-Wert und den Sauerstoffgehalt des Blutes reguliert. Die Zufuhr von Sauerstoff kann diesen Atemantrieb soweit dämpfen, dass es bei Spontanatmung zu einem weiteren Anstieg des CO2-Partialdruckes mit CO2-Narkose kommt. Abhilfe ist dann oft nur durch eine Beatmung möglich.

Durch moderne Konzepte, die eine Ermüdung der Atempumpe als Ursache eines Anstiegs des CO2-Partialdruckes ansehen und die Tagesschläfrigkeit auf einen gestörten Nachtschlaf durch die Atmungsschwäche zurückführen, wird die Rolle der CO2-Narkose als Ursache für die Schläfrigkeit neuerdings in den Hintergrund gedrängt. Eine terminale Hyperkapnie mit Atemstillstand wird hier eher als Zeichen einer Totalerschöpfung der Atempumpe angesehen. Der Atemstillstand kommt hiernach nicht durch eine Hyperkapnie zu Stande, sondern wird durch die zunehmende Hyperkapnie angezeigt. Eine Beatmungstherapie dient nach diesen Konzepten auch nicht primär der Normalisierung des CO2 sondern soll, intermittierend eingesetzt, zur Erholung der Atempumpe beitragen. Mit einer erholten Atempumpe kann dann der Patient im beatmungsfreien Intervall mehr CO2 abatmen, wodurch der CO2-Partialdruck gesenkt werden kann. Die Gabe von Sauerstoff ist hierbei sogar oft hilfreich und notwendig, weil ein solcher Patient, mit einem Atempumpenproblem, ohne das Risiko eines weiteren Sauerstoffabfalls seine Atempumpe weiter entlasten kann, was er durch eine Sollwertverstellung für den CO2-Partialdruck anzeigt.

Exogene CO2-Narkose

Eine CO2-Narkose durch äußere Ursachen (überhöhter CO2-Gehalt in der Umgebungsluft) tritt meist als Unfallgeschehen auf. Bekannte Beispiele sind Todesfälle in Gärkellern, in landwirtschaftlichen Silos und in Brunnenschächten. Oft werden unbedachte Helfer, die an der Unfallstelle eine Person bergen wollen, selbst auch zum Opfer der Narkose durch das geruchlose und daher nicht wahrnehmbare CO2.

Neben der Anwendung von Elektroschock- und Bolzenschuss-Verfahren wird die CO2-Narkose in großem Maßstab zur Betäubung von Tieren vor der Schlachtung eingesetzt.

Siehe auch

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