- Anker (Geotechnik)
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In der Geotechnik versteht man unter Anker ein Bauteil, das kleine bis sehr große Kräfte in den Untergrund (Boden oder Fels) einleitet.
Für die Anwendung von Ankern ist es unbedingt notwendig, dass ein Fachmann aus dem Gebiet der Geotechnik oder Geologie den Untergrund beurteilt und die Art und Dimension des Ankers festlegt. Da es sehr viele Variationen gibt ist nur ein Fachmann in der Lage eine optimale Planung der Anker auszuführen.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Anker Bzw. Nägel werden als Zugglied in den Untergrund gebohrt oder gerammt. Anschließend werden sie zur Kraftübernahme vorbereitet. Dies geschieht im Prinzip mit drei Möglichkeiten:
- Verkeilung, Spreizung
- Am Ankertiefsten wird eine mechanische Verkeilung oder Verspreizung über Keile oder Gewinde vorgenommen. Man spricht dann von Keil- bzw. Spreizanker (-nägel), die hauptsächlich im Felsbau (Tunnelbau) eingesetzt werden.
- Verklebung
- Es wird ins Bohrlochende eine Klebepatrone (Zweikomponentenkleber) eingeführt, die dann mit dem Ankerstab durchstoßen wird und so der Kleber zu seiner Wirkung kommt. Dies sind dann Klebeanker, die hauptsächlich im Felsbau angewendet werden. Auch im Brückenbau kommen sie häufig bei der Befestigung z.B. der Randbalken oder Geländer zum Einsatz.
- Vermörtelung
- Nach dem einbohren des Ankerstahles wird der Ankermörtel (Zementmörtel) in das Bohrlochtiefste so lange eingepresst bis er bei der Bohrlochöffnung wieder austritt. Nach dem Aushärten des Mörtels ist der Anker bereit Kräfte aufzunehmen. Dieser Anker wird dann Verpressanker genannt. Der Anker kann nach dem Aushärten als vorgespannter oder schlaffer Anker seine Anwendung finden.
Generell werden die Anker von ihrem zeitlichen Einsatz her unterschieden in:
- Temporäranker
- Diese haben eine kurze Nutzungsdauer von meist weniger als drei Jahren und werden daher zur Absicherung von Bauzuständen verwendet.
- Permanentanker
- Diese werden bei langer Nutzungsdauer eingesetzt. Die Haftungsdauer beträgt laut BGB 30 Jahre. Werden Anker länger genutzt, sind Messsysteme zur Überwachung anzuraten.
Es werden für beide Ankerarten die selben Ankersysteme eingesetzt, nur der Ankerausbau ist jeweils der zeitlichen Nutzung angepasst.
Eine Besonderheit bei den Ankern ist die Lasteinbringung. Diese kann auf zwei unterschiedliche Arten erfolgen:
- Schlaffe Anker
- Diese werden in den Untergrund eingebaut und der Anker übernimmt durch die Deformation des Untergrundes, infolge seiner Längung dann eine Kraft. Dabei entstehen Deformationen am Bauwerk und dem umgebenden Untergrund, die nur schwer abzuschätzen sind.
- Vorgespannte Anker
- Diese werden nach dem Aushärten des Ankermörtels auf eine festzulegende Kraft vorgespannt. Es wird somit die Deformation bewusst vorweggenommen, damit am Bauwerk und dem benachbarten Untergrund keine ungewollte Deformation entsteht.
- Bei Stab- und Litzenankern ist oft entlang der Ankerlänge eine unterschiedliche Krafteintragung erwünscht. Dabei verwendet man beim Einbau Glattrohre aus Kunststoff, die man über den Ankerstahl schiebt. Diese Rohre bewirken somit, dass keine Kräfte in den Untergrund eingeleitet werden können. Somit entsteht die sogenannte Freispielstrecke, die beim Ankerkopf im Freien beginnt und in den Untergrund reicht. Darauf folgt dann die Verankerungsstrecke, in der die Kräfte des Ankers in den Untergrund eingeleitet werden.
Besonderes Augenmerk ist bei Dauerankern auf die Erhaltung der Funktion des Ankers zu legen. Hierbei sind Prüfungen vorzusehen, die je nach Bauwerk und auch Ankerart unterschiedlich sein können:
- Dauerkraftmessungen
- Mittels Druckmessdosen (speziell für Anker) wird die Kraft am Anker überwacht. Über die momentane Sicherheit kann keine Aussage gemacht werden.
- Spontankraftmessung
- Mittels einer Ankerpresse wird in größeren Abständen die Ankerkraft überprüft. Über die momentane Sicherheit kann keine Aussage gemacht werden.
- Korrosionsmessung
- Über eine bereits bei der Herstellung eingebaute Elektrode (CMS-Elektrode) kann die Korrosion bei einem Anker mittels Potentialmessung dauerhaft überwacht werden. Wenn die Messung keine Korrosion zeigt, ist die ursprüngliche Sicherheit des Ankers voll gegeben.
Boden- und Felsnägel
Darunter versteht man meist selbstbohrende Anker. Am Ankerstab ist an der Spitze eine Bohrkrone, die es ermöglicht, je nach Beschaffenheit des Untergrundes, drehend und/oder schlagend in diesen vorzudringen. Die Bohrkrone bleibt normalerweise als verlorene Spitze im Untergrund und dient dort als Verstärkung des Querschnittes des Ankers.
Es werden mit diesen Nägeln Kräfte bis circa 250 kN in den Untergrund eingeleitet. Meist sind Nägel im Querschnitt als Rohr (also innen hohl) ausgebildet, um den Ankermörtel zum Ausinjizieren durch diesen Hohlraum bis zur Bohrkrone leiten zu können, wo er dann austritt und von dort wieder zwischen Nagel und Untergrund (in dem Hohlraum, der durch die Bohrkrone beim Bohren entstanden ist) bis zur Oberfläche gepresst wird. Damit entsteht nach dem Erhärten des Ankermörtels ein kraftmäßiger Verbund zwischen Untergrund und Anker. Über diesen Verbund können die Kräfte in den Untergrund eingeleitet werden.
Eine besonders interessante Variante ist beim Bodennagel die Berücksichtigung der Abrostrate [1]. Dabei kann man bei der Berücksichtigung einer Korrosionsbelastung (niedrig - mittel - hoch) und bei Verwendung von vier unterschiedlichen Nageltypen die Abrostrate entnehmen. Somit kann man eine Nutzungsdauer bis zu 50 Jahren erreichen. Berücksichtigt man die Abrostrate, werden die Nageldurchmesser entsprechend verringert, dies wirkt sich auf die Nutzlast aus.
Stabanker
Hier werden Stahlstäbe mit einem Durchmesser von 20–65 mm und einer Länge bis 16 m in den unterschiedlichsten Stahlgüten verwendet. Es können einzelne Stäbe durch Muffen (Koppelstücke) verlängert werden.
Normalerweise werden für die Anker verrohrte Bohrungen in den Untergrund eingebracht und der Ankerstab dann in diese Verrohrung eingebaut. Anschließend wird mit Zementmörtel ausinjiziert und dabei das Bohrrohr gezogen. Nach dem Erhärten des Ankermörtels wird die Ankerplatte aufgeschoben und anschließend kann der Anker belastet werden.
Litzenanker
Es werden jeweils 7 Stahldrähte aus einem hochfesten Stahl zu einer Litze verwoben. Die handelsüblichen Litzen haben einen Durchmesser von 0,6 bzw. 0,62 Zoll. Je nach geforderter Kraft wird die Anzahl der Litzen festgelegt. Es werden normalerweise 3–15 Litzen in einem Anker verwendet; werden mehr gebraucht, so werden üblicherweise weitere Anker hergestellt. Die Länge kann beliebig, je nach Erfordernis der Situation, hergestellt werden. Es ist somit keine Verlängerung bzw. Stoß des Litzenankers möglich.
Normalerweise werden für die Litzenanker verrohrte Bohrungen in den Untergrund eingebracht und der Litzenanker dann in diese Verrohrung eingebaut. Anschließend wird mit Zementmörtel ausinjiziert und dabei das Bohrrohr gezogen. Nach dem Erhärten des Ankermörtels wird der Ankerkopf aufgebaut und es kann der Anker belastet werden.
Sonderanker
Hier sind unterschiedliche Bauarten möglich, deren Anwendung weit streut:
- Drainageanker
- Ein Bodennagel bzw. ein Stabanker, der statt des Ankermörtels einen Drainagemörtel eingebaut hat. Der Drainageanker wird steigend eingebaut, sodass das Wasser aus dem Untergrund drucklos ins Freie abrinnen kann. Dieser verwendete Drainagemörtel besteht aus einem Einkornmörtel mit einer relativ großen Durchlässigkeit, der in das Ankersystem injiziert wird.
- Spinnanker
- Ankersystem, das schnell und einfach in Lockergestein eingebaut und auch wieder rückgebaut werden kann. Es werden 6 oder 12 gerippte Stäbe in den Boden eingebracht und mit einer Platte verbunden. Es können Zug- Druck- und horizontale Kräfte abgeleitet werden.
- Helixanker
- Diese bestehen aus einem Stahlrohr, an deren Spitze eine oder mehrere Spiralen angeordnet sind. Der Anker wird in den Boden eingebohrt und hält an den Spiralen.
Einzelnachweis
- ↑ Abrostrate bei Bodennägel; GZ. BMVIT-327.120/0022-II/ST2/2006
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