Back-to-Back House

Back-to-Back House
Back-to-Back-Reihenhaus, Schnittdarstellung. Die parallel zum First verlaufende Wand trennt die beiden Haushälften.

Back-to-Back-House ist die Bezeichnung für das in Großbritannien typische Reihenhaus, wie es im 19.Jahrhundert für die Industrie-Arbeiterschaft massenweise errichtet wurde. Hierbei teilen sich zwei Reihenhäuser eine gemeinsame Rückwand – so sie nicht direkt an eine Fabrik, Schule oder andere Gebäude angelehnt sind. Da die Rückwände am oberen Ende des Daches zusammenstoßen und somit einen gemeinsamen Dachfirst bilden, sehen die Gebäude von der Seite aus wie ein normales Haus.

Inhaltsverzeichnis

Sprachliche Rezeption

In England ist „Back-to-Back“ ein Synonym für Arbeiterwohnungen schlechthin, etwa wie das Wort „Kolonie“ im Ruhrgebiet. Aufgrund seiner oft spartanischen Ausführung (der einfachste Typ bestand lediglich aus zwei Räumen – einem auf jeder Etage), ihrer mangelhaften Belüftung und Belichtung (drei von vier Wänden grenzten an Neben- oder Hintergebäude und hatten daher weder Tür noch Fenster) und ihrer ursprünglich mangelhaften sanitären Ausstattung ist „Back-to-Back“ aber auch ein Synonym für „unmodern“ (ähnlich wie das Wort „Viktorianisch“ lange Zeit abfällig für unmodern, veraltet gebraucht wurde) oder schlicht für Arme-Leute-Gegend, Elendsquartier.

Seit allerdings auch die moderne Bauweise (Wohnblocks u.a.) viel von ihrem Glanz verloren hat, da sie die alten gesellschaftlichen Probleme Großbritanniens nicht lösen konnte, ist die Reputation der noch verbliebenen Reihenhaussiedlungen wieder spürbar gestiegen. Hierbei spielt nicht nur eine gewisse Nostalgie eine Rolle, sondern auch die Abkehr von Wohnmaschinen und Betonbauweise, wie sie überall in Europa stattgefunden hat.

Geschichte

Vorteile und Nachteile

Maximale Raumausnutzung: Back-to-back-Reihenhäuser in Armley, Leeds

Als die Bevölkerungszahl der britischen Industriestädte im 19.Jahrhundert nachgerade explodierte, benötigten Arbeitgeber und Gemeinden eine Wohnform, die in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Menschen in möglichst wenig Raum unterbringen konnte, ohne dass die städtische Infrastruktur völlig aus den Fugen geriet. Die Lösung entstand aus einem Gitternetz aus langen, schnurgeraden Straßen, die parallel zueinander in kurzen Abständen verliefen. Zwischen ihnen verlief nämlich nur eine einzige Häuserreihe – jedoch mit Wohnungen zu beiden Straßen, die an der gemeinsamen Rückwand zusammenstießen: Das Back-to-Back-House war geboren.

Diese Bauform, viele einzelne Häuser direkt nebeneinander zu bauen, ermöglichte es außerdem, diese geraden Parallelstraßen über die Hänge und Kämme des oft hügeligen Baugrundes zu ziehen. Daher stammt auch der englische Begriff für Reihenhaus: terraced house, also Terrassen- oder „stufenförmiges Haus“.

Dieses Grundmuster wurde jahrzehntelang weiter verfolgt, wobei die neueren Viertel mit der Zeit, der englischen Hygiene-Gesetzgebung folgend, größer, solider und komfortabler gebaut wurden – ohne dass jedoch die grundlegenden Probleme der Belichtung und Belüftung gelöst werden konnten. Auch verkamen gerade die ältesten und daher sowohl primitivsten als auch maroden Quartiere immer mehr zu Elendsvierteln, da dort jene Menschen hausten, die sonst nirgendwo anders hin konnten. Schon um 1850 übten Zeitgenossen wie Friedrich Engels („Die Lage der arbeitenden Klasse in England“, 1845) beißende Kritik an den Zuständen in englischen Industriestädten und monierten ausdrücklich die oft schlampige Bauweise der hastig hochgezogenen Massenquartiere.

Slum-Bereinigung und Flächensanierung

Nach dem 1. Weltkrieg organisierten viele britische Städte eigene Programme zur Bereinigung sog. Slums (worunter man zuerst lediglich "überfüllte" (engl. "slum") Wohnquartiere verstand), und ab 1920 begann der großflächige Abriss solcher Wohnviertel zugunsten einer lockereren Bebauung. Doch bis in die 1930er Jahre hinein wurden in Leeds noch Back-to-Back-Houses errichtet.

Der endgültige Niedergang der doppelten Reihenhäuser begann allerdings mit den großangelegten Flächensanierungen nach Ende des 2.Weltkrieges. Bis Mitte der 70er Jahre waren die meisten alten Back-to-Backs aus Englands Straßen verschwunden. In Birmingham etwa, deren eine Million Menschen fast komplett in Reihenhäusern gewohnt hatten, ist lediglich eine Bauflucht von 3 Back-to-Backs übrig geblieben, welche heute unter Denkmalschutz steht. Dagegen sind in Leeds noch einige Wohnviertel erhalten geblieben – eben jene der jüngsten und modernsten Bauart, die bis 1930 ausgeführt wurde.

Blind Backs

„Blinde Rücken“ sind eine Sonderform, die durch den Anbau einer einzigen Häuserreihe an eine Fabrikmauer oder sonstige Gebäude entstand. Zuweilen wurde auch nur eine einzige Häuserreihe ausgeführt, so dass zur Rückseite hin nur die nackte fensterlose Rückwand zu sehen war. Es sah in etwa so aus, als habe jemand die Häuserreihe einfach in der Mitte durchgeschnitten. Oft war dies auch tatsächlich der Fall – viele „Blind Backs“ entstanden durch die Sanierung bzw. den Abriss der anderen Hälfte.

Vorbild für den Kontinent

Wie in fast allen übrigen Belangen der Industrialisierung diente auch der britische Arbeiterwohnungsbau lange Zeit als Vorbild für entsprechende Lösungen auf dem Kontinent. Im Ruhrgebiet beispielsweise wurden bis um 1900 lange Reihenhaus-Ketten aus ein- oder zweistöckigen schmalen Wohnungen, die als "D-Zug-Siedlung" bezeichnet wurden aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit den ungewohnt langen Waggons der damals neu aufkommenden Schnellzug-Verbindungen. In Dortmund-Scharnhorst sind zwei solche, um 1900 von der Zeche Scharnhorst errichtete Einheiten in der Straße "Am Holzgraben" erhalten geblieben - die Ähnlichkeit mit den britischen Vorbildern ist (auch wenn es sich nicht um klassische back-to-backs handelt) unverkennbar.

Literatur

  • Friedrich Engels: "Die Lage der arbeitenden Klasse in England" (1845)
  • Gabriele Unverferth: "Bergarbeiterwohnungsbau im Dortmunder Raum", in: Döring u.a.: "Dortmund entdecken - 25 Stadtrundgänge", Essen 1996; ISBN 3-88474-268-X;

Weblinks


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