Bestattung von Bad Dürrenberg

Bestattung von Bad Dürrenberg

Die mehr als 7500 Jahre alte mesolithische Bestattung von Bad Dürrenberg ist die älteste in Sachsen-Anhalt. Das ungewöhnlich reich ausgestattete Grab aus der Mittelsteinzeit wurde 1934 bei Arbeiten im Kurpark von Bad Dürrenberg im Saalekreis angeschnitten. Nach unkorrigierten C14-Daten ist es in der ersten Hälfte des 6. Jahrtausends v. Chr. angelegt worden.

Nach der anthropologischen Untersuchung durch H. Grimm handelte es sich um die Doppelbestattung einer jungen Frau und eines sechs bis zwölf Monate alten Kindes. Die Frau war in aufrecht gehockter Haltung (Sitzbestattung), wie sie für die Jäger und Sammler der Epoche nicht ganz untypisch ist, beigesetzt worden. Bei Bottendorf im Kyffhäuserkreis (Thüringen) und bei vergleichbaren Funden hat man auch Erwachsene und Kinder sitzend bestattet. Die Sitzbestattung ist vom Paläolithikum bis in die Eisenzeit belegt. Manche Gräber waren mit sehr reichem Inventar, andere nur mit wenigen Stücken oder ohne Beigaben ausgestattet. Zwischen den Oberschenkeln hielt die Frau einen Säugling. Eine Beschädigung am Hinterhauptsloch verweist darauf, dass sie enthauptet wurde. Aufgrund der Lage der Verstorbenen und der großen Menge an Beigaben, insbesondere dem Rehgeweih, wurde das Grab schon früh einer Schamanin zugeordnet. So sind zum Beispiel die Schamanen der Tungusen in Sibirien für vergleichbar geschmückte Kleider mit einem bisweilen hoch aufragenden Geweih auf dem Kopf bekannt.

Die fast rechteckige Grabgrube von etwa 90 cm und 55 cm Tiefe war etwa 30 cm hoch mit Rötel gefüllt. Die Skelettreste und die Beigaben waren darin eingebettet. Nur die obere Hälfte des Schädels der Frau ragte heraus. Das pulverisierte Mineral ist in kultischem Kontext vielfach nachweisbar. In der Grube fand sich ein 30 g schweres Rötelstück mit einer angetriebenen Fläche. Ein plattiges, dreieckiges Stück aus amphibolitischem Schiefer und ein oval-rundliches Schiefergeröll hatten zum Zerreiben der Farbe gedient. Zwei zusammenpassende Schädelfragmente mit dem Geweih von Rehen und Bruchstücke von drei Unterkieferhälften könnten auf dem Kopf getragen oder an der Kleidung befestigt gewesen sein.

Mehr als 100 Skelettreste von Bibern, Hirschen, Kranichen, Rehen, Wildschweinen, Ur oder Wisent sowie Panzerbruchstücke von mindestens drei Sumpfschildkröten und etwa 120 Schalenfragmente von Fluss-, Maler- und Flussperlenmuscheln stammen von Nahrungsbeigaben oder hatten rituelle Funktion.

In einem Behälter aus dem Langknochen eines Kranichs lagen für die Mittelsteinzeit typische 29 kleine bearbeitete Feuersteinstücke, so genannte Mikrolithen. Es handelt sich dabei um Einsätze in Werkzeuge aus Holz, Knochen oder Geweih (so genannte Kompositgeräte). Neben weiteren Feuersteinklingen und Abschlägen zählen ein als Schlagstein benutztes Quarzitgeröll, eine geschliffene Flachhacke (oder ein Beil) aus schwarzem Hornblendeschiefer, eine Gerätfassung mit Schaftloch aus einem Hirschgeweihstück, vier Knochenpfrieme und eine 22,1 cm lange Knochenspitze zu den Gerätebeigaben.

Der Schmuck bestand aus über 20 Schneidezähnen vom Wildschwein, Ur oder Wisent und zwei Schmuckplatten aus Wildschweinhauern. Sie waren durchlocht und als Halskette oder Schmuckanhänger an der Kleidung getragen worden. Etwa 40 Zähne vom Hirsch und Reh, Ur oder Wisent sowie vier Eberhauer bzw. deren Fragmente weisen keine Durchlochung auf.

Literatur

  • Judith M. Grünberg: Die enthauptete Schamanin von Bad Dürrenberg. In: Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt, Landesmuseum für Vorgeschichte (Hrsg.): Schönheit, Macht und Tod. 120 Funde aus 120 Jahren Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Begleitband zur Sonderausstellung vom 11. Dezember 2001 bis 28. April 2002 im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle/Saale.
  • Judith M. Grünberg, Mesolithische Bestattungen in Europa. Ein Beitrag zur vergleichenden Gräberkunde. Internationale Archäologie 40, Rahden, Leidorf 2000

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