Wisent

Wisent
Wisent
Männlicher Wisent im Wisentgehege Springe.

Männlicher Wisent im Wisentgehege Springe.

Systematik
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Bovinae
Tribus: Rinder (Bovini)
Gattung: Bisons (Bison)
Art: Wisent
Wissenschaftlicher Name
Bison bonasus
(Linnaeus, 1758)

Der Wisent oder der Europäische Bison (Bison bonasus) ist eine europäische Wildrindart. Wisente kamen noch bis in das frühe Mittelalter in den Urwäldern von West-, Zentral- und Südosteuropa vor. Ihr Lebensraum sind gemäßigte Laub-, Nadel- und Mischwälder. Diesem Lebensraum entsprechend ist der Wisent als Herdentier nur in kleinen Gruppen anzutreffen. Typische Herden umfassen zwölf bis 20 Tiere und bestehen aus Kühen und Jungtieren. Geschlechtsreife Bullen halten sich nur während der Brunftzeit bei den Herden auf. Der nächste Verwandte des Wisents ist der amerikanische Bison, mit dem er uneingeschränkt kreuzbar ist.

In den 1920er Jahren war der Wisent vom Aussterben bedroht; der letzte freilebende Wisent wurde 1927 im Kaukasus geschossen. Alle heute lebenden Wisente stammen von nur zwölf in Zoos und Tiergehegen gepflegten Wisenten ab.[1] Die niedrige genetische Variabilität gilt als eine der wesentlichen Gefahren für den langfristigen Erhalt der Art.

Nach Anstrengungen seitens Zoos und Privatpersonen, die Art zu erhalten, konnten die ersten freilebenden Wisentherden 1952 im Gebiet des heutigen Nationalparks Białowieża an der polnisch-weißrussischen Grenze wieder ausgewildert werden. 2004 existierten 31 frei lebende Populationen in einer Gesamtstärke von 1.955 Wisenten. Das entspricht rund 60 Prozent des Weltbestandes.[2] Die Schutzgemeinschaft Deutsches Wild erklärte den Wisent im Jahr 2008 zum Wildtier des Jahres.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Biometrische Daten

Wisentbulle in Białowieża

Der Wisent ist seit der Ausrottung des Auerochsen Europas schwerstes und größtes Landsäugetier und zudem der letzte Vertreter der wildlebenden Rinderarten des europäischen Kontinents. Wisente weisen 14 Rippenpaare und fünf Lendenwirbel auf. Das Hausrind dagegen hat 13 Rippenpaare und sechs Lendenwirbel.[3] Geschlechtsreife Wisentbullen sind wesentlich schwerer und größer als ausgewachsene Kühe. Der auffällige Gewichtsunterschied zwischen Männchen und Weibchen entwickelt sich erst ab dem dritten Lebensjahr. Kuhkälber wiegen bei Geburt durchschnittlich 24 und Stierkälber 28 Kilogramm.[4] In den ersten drei Lebensmonaten verdoppelt sich das Gewicht und beträgt am Ende des ersten Lebensjahres durchschnittlich 175 Kilogramm bei Kühen und 190 Kilogramm bei Bullen. Mit vier Jahren bringen in Gehegezucht gehaltene Bullen dagegen bereits 500 Kilogramm auf die Waage, während die Kühe bei durchschnittlich 400 Kilogramm liegen. Der schwerste in polnischer Gehegezucht gehaltene Bulle erreichte ein Körpergewicht von 920 Kilogramm.[5] Die freilebend im Białowieżaer Reservat gehaltenen Wisente sind dagegen deutlich leichter. Vierjährige Bullen haben ein durchschnittliches Gewicht von 467 Kilogramm, während Kühe 341 Kilogramm wiegen. Der schwerste freilebende Bulle wog 840 Kilogramm.[4]

Die Kopf-Rumpflänge beträgt bei Bullen, die älter als sechs Jahre sind, bis zu drei Meter. Ihre Widerristhöhe kann bis zu 1,88 Meter betragen. Wisentkühe erreichen eine Widerristhöhe von maximal 1,67 Meter und eine Kopf-Rumpflänge von 2,70 Meter.[5][6]

Weitere Merkmale

Rechtes Auge eines Wisents mit querovaler Pupille

Der Rumpf ist bei beiden Geschlechtern verhältnismäßig kurz und schmal. Der Kopf ist tief angesetzt und im Verhältnis zum Körper klein. Auffällig ist bei Wisenten vor allem die vom Widerrist nach hinten abfallende Rückenlinie und die im Vergleich zum relativ schwachen Hinterteil sehr muskulöse Vorderpartie.[7] Wisentkälber sind zunächst hochbeinig und ohne solche disproportionale Unterschiede. Die wisenttypischen Körperproportionen entwickeln sich bei ihnen im Alter von acht bis zehn Monaten.

Bei den Bullen sind die Dornfortsätze der Brustwirbel länger und stärker von Muskeln umgeben, so dass ihr Buckel auffallend größer ist als der der Weibchen.[8] Die Ohren sind kurz, breit, dicht behaart und im dichten Kopfhaar weitgehend verborgen.[9] Beide Geschlechter haben Hörner, die am hinteren Kopfrand stehen. Die Hörner der Kühe sind im Vergleich zu denen der Bullen kürzer und dünner. Hornanlagen sind bereits bei neugeborenen Kälbern entwickelt. Erst ab dem zweiten Lebensjahr biegen sich die Hörner nach innen, dabei bleibt der Abstand zwischen den Hornspitzen größer als an den Hornbasen.[10] Die Hornkrümmung ist bei Kühen stärker entwickelt, so dass der Hornabstand bei den Bullen größer ist. Die Hörner sind in der Regel grauschwarz, bei einzelnen Individuen treten jedoch helle Hornspitzen auf. Ältere Bullen haben häufig abgestumpfte Hornspitzen.[11]

Das Euter der Kühe, das zwei Zitzenpaare aufweist, ist klein und hoch angesetzt. Der Hodensack der Bullen liegt dicht am Unterbauch und ist deutlich kleiner als beispielsweise bei einem Hausrind. Die Vorhaut des Penis endet mit einem Haarbüschel, so dass sich bei Feldbeobachtungen die Geschlechter relativ eindeutig bestimmen lassen. Die Augen sind relativ klein, von brauner Farbe mit einer quer-ovalen Pupille. Die Lidränder und die Bindehaut sind schwarz.[12] Charakteristisch für Wisente ist außerdem ein Moschusgeruch.

Die Haut von Wisenten ist am dicksten am mittleren Halsrücken und extrem elastisch. In der Literatur finden sich Schilderungen von Unfällen oder Kämpfen mit Artgenossen, bei denen die Tiere schwere innere Verletzungen erlitten, die Haut jedoch nicht durchdrungen wurde.[13] Das Lautrepertoire der Wisente ist nicht sehr groß. Charakteristische Laute sind ein brummendes Knören und bei Erregung ein scharfes Prusten.[14] Kühe sind in der Lage, ihre Kälber anhand der Stimmen zu identifizieren, und Kälber können auch innerhalb größerer Herden ihre Mütter anhand deren Stimme finden.[15]

Fell und Haarwechsel

Grasende Wisentkuh im Wildgehege Neandertal
Horn eines Wisents

Die Fellfarbe kann individuell leicht variieren, ist aber bei ausgewachsenen Wisenten überwiegend fahlbraun bis braun. Am dunkelsten sind die Kopfseiten und der untere Teil der Beine. Um Schnauze und Augen sind die Haare kurz und glatt. Oberhalb des nackten Nasenfeldes findet sich in der Regel ein schmaler, hellgrauer Streif.[16]

Am Vorderkörper sind Leit- und Grannenhaare verlängert und bilden entlang der Kehle und der Vorderbrust eine Mähne. Die Stirnhaare sind mit 20 Zentimetern mäßig lang. Sie fallen nach vorne und liegen auf der Stirn fest auf.[17] Der Kehlbart bei ausgewachsenen Bullen kann bis zu 34 Zentimeter lang sein.[18] Am längsten sind die Haare am Schwanzende. Sie können bis zu 50 Zentimeter lang sein und reichen bis zum Sprunggelenk.[8][19] Die Zahl der Woll- und Grannenhaare variiert in Abhängigkeit von der Jahreszeit und ist am höchsten während des Winters. Der Wechsel ins Sommerkleid beginnt meistens Anfangs März. Meist sind es die älteren Bullen, die zuerst ihr Kopf- und Halshaar verlieren. Beim Haarwechsel schiebt sich die abgelöste Unterwolle in Klumpen an den Grannen entlang und hängt am Fell, bis sie vom Wisent abgestreift wird.[20] Der Haarwechsel dauert bei den Bullen durchschnittlich 138 Tage, während er sich bei den Kühen über 183 Tage hinziehen kann.[19]

Kälber sind unmittelbar nach der Geburt rotbraun. Erst wenn sie im dritten oder vierten Lebensmonat erstmals das Haarkleid wechseln, weisen sie eine ähnliche Fellfarbe wie ausgewachsene Tiere auf.

Sinnesleistungen und Fortbewegung

Das Sehvermögen von Wisenten ist nicht sonderlich gut ausgeprägt, dagegen ist ihr Geruchssinn gut entwickelt. So finden versprengte Mitglieder einer Herde zu ihr zurück, indem sie den Fährten der Herdenmitglieder folgen. Ähnlich folgt ein Bulle einer Herde von Kühen, indem er die Fährten der Kühe erschnuppert.[11][15]

Wisente können verhältnismäßig schnell galoppieren und erreichen im Sprint bis zu 60 km/h.[21] Sie können eine so hohe Geschwindigkeit jedoch nur über weniger als 100 Meter halten und müssen in der Regel anschließend schwer atmend pausieren. Typischer ist für sie ein langsames Gehen, wobei das Körpergewicht erst dann auf das vordere Bein verlagert wird, wenn dieses fest auf dem Boden steht[22], die Schrittlänge beträgt dabei etwa 75 bis 115 Zentimeter.[12] Sie sind jedoch so wendig und geschickt, dass sie bis zu zwei Meter hohe Hindernisse und drei Meter breite Gräben überspringen können.[21]

Verbreitung

Die ursprüngliche Verbreitung des Wisents umfasste einen großen Teil des europäischen Kontinents. In vor- und frühgeschichtlicher Zeit reichte sein Verbreitungsareal vom Norden Spaniens über Mitteleuropa und den Süden der skandinavischen Halbinsel bis ins Baltikum; von der Rigaer Bucht verlief die Verbreitungsgrenze südostwärts bis ans Schwarze Meer und zum Kaukasus. Die Verbreitung reichte im Kaukasus vom Meeresniveau bis in eine Höhe von 2100 Metern.[23]

Wisentdarstellung aus dem Jungpaläolithikum in der spanischen Höhle von Altamira

Der Lebensraum der Wisente begann bereits während des Neolithikums vor etwa 6000 Jahren zu schrumpfen. Der Übergang von Jäger- und Sammlerkulturen zu sesshaften Bauern, der im Neolithikum begann, ging mit einer immer stärkeren menschlichen Nutzung und Abholzung von Wäldern einher. Auf Lichtungen und gerodeten Flächen wurden zunehmend Kulturfrüchte angebaut und der Wald als Weidefläche für Haustiere genutzt.[24] In Folge dieser zunehmenden Urbarmachung und Nutzung der Wälder war der Wisent in weiten Teilen Frankreichs bereits im 8. Jahrhundert ausgestorben. Auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands verschwand der Wisent zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert.[25] In Ostpreußen gab es zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch so viele Wisente, dass man im Königsberger Hetztheater anlässlich der Krönungsfeierlichkeiten von Friedrich I. im Januar 1701 mehrere Wisente gegen Bären und Wölfe kämpfen ließ.[26] Der letzte ostpreußische Wisent wurde 1755 erlegt.[27] In Rumänien gab es wildlebende Wisente noch im ausgehenden 18. Jahrhundert.[28][23]

Im Gebiet des heutigen Polens waren Wisente bereits im 11. Jahrhundert selten, Restbestände konnten sich jedoch in größeren Waldgebieten halten, in denen sie als königliches Jagdwild geschützt waren.[23] Besondere Bedeutung für den Erhalt des Wisents hatte der Wald von Białowieża. Bereits im Mittelalter war diese entlegene Region im Grenzgebiet zwischen dem heutigen Polen und Weißrussland ein privilegiertes Jagdgebiet der polnischen Könige. Wisente durften hier nur mit besonderer Bewilligung des polnischen Herrschers gejagt werden.[28] Ab 1795 stand das Gebiet unter strengem Schutz des russischen Zaren. Das Gebiet wurde zwar als Hudewald genutzt, auf Wilderei stand jedoch die Todesstrafe und ab 1803 war in weiten Teilgebieten des Waldes Holzeinschlag untersagt.[29][30] Von 1832 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs wurde der Wisentbestand jährlich gezählt.[31] Er erreichte 1857 mit 1900 Wisenten sein Maximum. Danach kam es durch zwei Epizootien in den Jahren 1890 und 1910 zu einem Rückgang der Bestände. Anfang 1915 lebten noch etwa 770 Wisente in diesem Gebiet. Im Herbst 1917 waren es nur noch 150 Tiere. Unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs fielen die meisten Tiere marodierenden Soldaten sowie Wilderern zum Opfer.[32] Überreste eines gewilderten Wisents sowie Fährten von vier weiteren Tieren wurden letztmals am 4. April 1919 gefunden. Da jedoch während des 19. Jahrhunderts aus Wisentbeständen dieses Gebietes immer wieder Wisente gefangen und an Zoos und Gehege verschenkt worden waren, konnte auf diese Nachkommen Białowieżaer Wisente zurückgegriffen werden, als in den 1920er Jahren die Bemühungen einsetzten, die Art zu erhalten. Die sogenannte Pleß-Linie geht beispielsweise auf einen Bullen und vier Kühe zurück, die 1865 dem Fürsten von Pleß geschenkt und mit denen über einige Jahrzehnte in den Pleßer Wäldern gezüchtet wurde. Große Bedeutung hat in der heutigen Erhaltungszucht der Bulle Plisch mit der Zuchtbuchnummer 229, der 1936 von Pleß wieder nach Białowieża zurückgebracht wurde. Von ihm stammen fast alle zur Zeit im Urwald von Białowieża lebenden Wisente ab.[33]

Wisente in Rumänien

Bereits im 17. Jahrhundert war in Mitteleuropa bekannt, dass es auch in Kaukasien Wisentbestände gab.[34] Erst im 19. Jahrhundert sammelten Naturforscher wie Alexander von Nordmann und Gustav Radde während ihrer Forschungsreisen nähere Einzelheiten über die dort lebenden Wildrinder. Das Verbreitungsgebiet des Kaukasuswisents war der Nordhang des Kaukasusmassivs sowie dessen Vorgebirge. Auf der Südseite des Gebirges kamen Wisente nur im Westen bis etwa zur Grenze von Abchasien vor. Im 19. Jahrhundert lebten von der kaukasischen Unterart noch etwa 2000 Individuen. Die Bestände gingen aufgrund des Kaukasischen Kriegs sowie zunehmender menschlicher Besiedlung des Verbreitungsgebietes mehr und mehr zurück.[35] In den 1890er Jahren existierten nur noch 442 Kaukasuswisente, die vom russischen Zaren unter Schutz gestellt wurden. Nachdem im Jahr 1919 zusätzlich eine Epizootie durch Hausrinder eingeschleppt wurde, verringerte sich die Zahl der Tiere auf 50 Individuen. Der letzte freilebende Kaukasuswisent wurde 1927 getötet.[36][32] Ein Bulle dieser Unterart mit Namen Kaukasus und Zuchtbuchnummer 100 spielte jedoch in der Erhaltungszucht der Wisente eine Rolle. Er wurde mit Flachlandwisenten gekreuzt und begründete damit die Flachland-Kaukasus-Linie.

Wiederansiedlungen von Wisenten erfolgten 1952 im polnischen Teil und 1953 im weißrussischen Teil von Białowieża. 2004 lebten in Polen, Weißrussland, der Ukraine, Russland, Litauen und der Slowakei 29 freie und zwei halbfreie Populationen.[2]

Im März 2010 wurden neun Wisente in Bad Berleburg im Kreis Siegen-Wittgenstein in ein 80 Hektar großes Auswilderungsgehege gebracht. Die aus Zoos und Wildparks stammenden Tiere sollen dort eine Herde bilden und ihre natürliche Scheu zurückgewinnen. Im August 2011 kam dort das erste Kälbchen zur Welt. Der Plan sieht vor, dass sie ab 2013 wieder in die freie Natur ausgesetzt werden.

Lebensraum

Wisente im Tierpark Stralsund, 2004

Der Lebensraum der Wisente sind ausgedehnte Laub- und Mischwälder mit einem ausgeprägten Mosaik unterschiedlich dichter Vegetationsstrukturen. Reine Nadelwälder werden nur selten aufgesucht, Mischwäldern wird aber der Vorzug vor reinen Laubwäldern gegeben.[37] Eine Vorliebe zeigen sie für Erlenbruchwälder. Im Wald von Białowieża, der nicht nur die ältesten freilebenden Wisentherden beherbergt sondern auch das ursprünglichste und vom Menschen am wenigsten geprägte Waldgebiet in Mitteleuropa ist, machen tote Bäume etwa 20 Prozent der Gesamtholzmasse aus. Dadurch ist der Wald deutlich lichter als mitteleuropäische Wirtschaftswälder.[38] Entsprechend kann sich eine dichtere Krautschicht entwickeln. Die jahreszeitlich unterschiedliche Entwicklung der Krautschicht in Białowieża prägt das Nutzungsverhalten der Tiere: So halten sich Wisente im Frühjahr überwiegend in Laubwäldern auf, in denen sich die Krautschicht am frühesten entwickelt. Ab Ende Mai nutzen sie bevorzugt frische Mischwälder, in denen die Krautschicht sich später entwickelt und im Juni und Juli in voller Blüte steht.[39] Die Reviergröße einer Gruppe von Wisenten beträgt etwa 4600 bis 5600 Hektar. Die Reviere einzelner Gruppen können sich jedoch zu einem großen Teil überlappen.[40]

Nahrung

Weidender Wisentbulle

Der Wisent ist ein typischer Raufutterverwerter (pflanzliche Nahrung mit Silkateinlagerungen). Dies unterscheidet ihn vom Rothirsch, der den sogenannten Intermediärtyp vertritt, und vom Reh, das als sogenannter Konzentratselektierer nur energiedichte Pflanzenarten und -teile frisst. Die drei Arten sind deshalb keine Konkurrenten um Nahrungsressourcen. Die Literaturangaben über den täglichen Nahrungsbedarf eines ausgewachsenen Wisents reichen von 30 bis 60 Kilogramm.[41]

Während der Vegetationszeit äsen Wisente überwiegend die Krautschicht, und unabhängig vom Waldtyp stellt dies die Hauptquelle der Nahrung dar.[42] Regelmäßig werden auch junges Laub und Triebe gefressen, allerdings macht dies immer einen geringen Teil der Nahrung aus. Baumrinde wird vor allem gegen Ende des Winters abgeschält und gefressen. Bei Populationen, die im Winter kein Heu erhalten – wie die in freier Wildbahn lebenden Wisente im Zentralkaukasus –, stellen Brombeersträucher und unter dem Schnee freigescharrte Krautvegetation den Hauptteil der Nahrung dar. Auch hier steigt der Anteil von Baumrinde in der Nahrung deutlich an, wenn die Schneedecke höher ist.[43]

In Białowieża hat man insgesamt 137 Pflanzenarten identifiziert, die in der Ernährung der Wisente eine Rolle spielen. Dazu zählen Wald-Reitgras, Wald-Segge und Behaarte Segge, Giersch, Große Brennnessel, Wolliger Hahnenfuß sowie Kohl-Kratzdistel. Triebe und junges Laub werden insbesondere von Hainbuche, Salweide, Esche und Himbeere gefressen. Die Baumrinde von Stiel-Eiche, Hainbuche, Esche und Fichten spielt im Winter eine Rolle.[44] Daneben werden im Herbst Eicheln und Bucheckern aufgenommen.

Sozialverhalten

Wisente sind Herdentiere. Lediglich ältere Bullen leben meist einzelgängerisch, während junge Bullen sich gewöhnlich zu kleinen Gruppen zusammenschließen. Die typische Wisentherde ist jedoch eine gemischte Gruppe, die aus Kühen, zwei bis dreijährigen Jungtieren, Kälbern und während der Brunftzeit zeitweise auch erwachsenen Bullen besteht.[45] Die Gruppenzusammensetzung ist nur sehr selten über längere Zeit stabil. Herden vermischen sich, wenn sie aufeinandertreffen, und wenn sie sich wieder trennen, ist häufig ein Teil der jeweiligen Gruppenangehörigen ausgetauscht.[46] Eine Herde wird von einer Leitkuh angeführt. Das Alter ist ein bestimmender Faktor für den Rang, wobei einzelne Kühe ihre Stellung zum Teil über mehrere Jahre innehaben, wie man aus Untersuchungen an freilebenden Herden weiß. Bullen, die während der Fortpflanzungszeit zu den Herden stoßen, haben keinen Einfluss auf die Gruppenhierarchie. Ihre Anwesenheit dient lediglich der Fortpflanzung.[47]

Wisente halten in der Regel einen Abstand von zwei bis drei Meter voneinander. Wird diese Distanz von einem rangniedrigeren Tier etwa beim Passieren einer engen Wegstelle unterschritten, kann das ranghöhere Tier aggressiv reagieren. Kämpfe sind jedoch ausgesprochen selten.[48]

Aktivitätsrhythmus

Studien zur Lebensweise der Wisente liegen nur für solche Tiere vor, die zumindest zeitweise zugefüttert werden. So werden auch die im Urwald von Białowieża freilebenden Wisentherden während des Winters mit Heu gefüttert, bei großen Schneehöhen nehmen die Tiere keine andere Nahrung mehr zu sich.[49]

Jahreszyklus im Nationalpark Białowieża

Äsende Jungkuh im Białowieża-Nationalpark

Die Paarungszeit der Wisente fällt in den Zeitraum August bis Oktober. Ab August schließen sich ausgewachsene Bullen den Herden an. Die Bullen tolerieren dann in der Nähe ihrer Herde keine Rivalen und auch Jungtiere halten sich in dieser Zeit etwas von den Kuhherden entfernt. In diesen Monaten legen Wisente auch die Energiereserven für den Winter an, wobei sie Pilze wie Hallimasche und in großen Mengen Brennnesseln fressen. Im Nationalpark Białowieża beginnen die Wisentherden sich allmählich den Wintereinständen zu nähern, an denen sie traditionell mit Heu gefüttert werden. Ab November halten sie sich in unmittelbarer Nähe dieser Fütterungsstellen auf und wandern auf der Suche nach Grünpflanzen nur in näher gelegene Gebiete, wenn die Schneedecke noch nicht geschlossen ist. Altbullen sind in der Regel die letzten Wisente, die sich an den Fütterungsstellen einfinden. Die Konzentration rund um die Fütterungsstellen währt bis März. Erst im April lösen sich die Wintergruppierungen auf. Die Wisente entfernen sich immer weiter von den Fütterungsstellen und suchen insbesondere in Eichen-Hainbuchen-Wäldern nach den ersten grünen Pflanzen. Eine der wesentlichen Nahrungspflanzen in dieser Zeit ist das Buschwindröschen. Sobald das Laub austreibt, fressen die Wisente auch die frischen Triebe.[50] In den Zeitraum Mai bis Juli fällt die Setzzeit und die Aufzucht der Kälber. Wisente durchstreifen dann sehr weiträumig das Gebiet. Sie legen durchschnittlich aber nicht mehr als fünf Kilometer am Tag zurück und halten sich an Stellen mit reichlichem Nahrungsangebot über mehrere Tage auf.[51] Bei den Wanderungen nimmt die Leitkuh grundsätzlich die Position an der Spitze der Gruppe ein. Die anderen Wisente folgen ihr dicht nebeneinander gehend. Jungwisente und ältere Kälber halten sich dabei meist in der Gruppe auf. Begleitet ein erwachsener Bulle die Herde, geht er in der Regel am Ende.[52]

Tagesrhythmik

Der Tagesrhythmus ist durch lange Ruhephasen bestimmt

Wie für Wiederkäuer typisch ist der Tagesrhythmus von mehreren Phasen des Äsens und Ruhens bestimmt. Die Länge einer einzelnen Äsungsphase ist sehr variabel und kann von 15 Minuten bis zu fünf Stunden dauern.[53] Während der Vegetationsphase verbringen Wisente im polnischen Teil des Nationalparks etwa 60 Prozent ihrer Zeit mit Äsen, im weißrussischen Teil dagegen durchschnittlich 80 Prozent. Dieser Unterschied wird auf das unterschiedliche Nahrungsangebot zurückgeführt.[54] Die erste Äsungsphase beginnt bei Sonnenaufgang, die letzte spielt sich während der Abenddämmerung ab. Bei den im Nationalpark Białowieża untersuchten Wisenten sind während des Tages zwei weitere Äsungsphasen zu beobachten. Länge und Zeitpunkt sind abhängig vom Wetter, von der Belästigung durch Insekten, der Qualität des Nahrungsangebots und der Störung durch Menschen. Im weißrussischen Teil des Nationalparks, der den Tieren eine weniger gute Nahrungsbasis bietet, äsen die Wisente auch nachts. Auch im polnischen Teil des Nationalparks verschieben Wisente bei hohen Tagestemperaturen ihre Äsungsphase in die Abend- und Nachtstunden und ruhen während des Tages.[55]

Im Winter kehrt sich das Verhältnis von Äsungs- und Ruhephasen um. Sie verbringen dann etwa 30 Prozent ihrer Zeit mit dem Fressen von Heu. 60 Prozent des Tages ruhen sie.[54]

Fortpflanzung

Geschlechtsreife und Fruchtbarkeit

Zur Fortpflanzung kommen in der Regel Bullen zwischen dem sechsten und zwölften Lebensjahr. Weder jüngere noch ältere Bullen können sich in den Revierkämpfen gegen ihre männlichen Artgenossen durchsetzen. Unter Gehegebedingungen sind aber auch ältere Bullen noch fortpflanzungsaktiv.[56] Freilebende Kühe gebären ihr erstes Kalb in der Regel im vierten Lebensjahr. Sie bleiben bis ins hohe Alter fruchtbar. Kühe, die noch mit 20 Jahren Kälber werfen, sind auch in der freien Haltung keine Seltenheit.[56] Unter natürlichen Umständen kalben die Kühe durchschnittlich alle zwei Jahre. In Gehegehaltung, wo das Futter ganzjährig reichlich zur Verfügung steht, werfen viele Kühe auch jährlich.

Brunft

Wisentkuh mit Jungtier

Wisente haben ein polygynes Paarungssystem: ein Bulle deckt mehrere Kühe. In der Regel bestehen die Harems aus zwei bis sechs paarungsbereiten Kühen.[57] Die Brunfterscheinungen bei den Weibchen sind nicht sehr auffällig. Die Kühe sind lediglich etwas unruhiger. Bullen sind dagegen deutlich aggressiver und vertreiben beispielsweise auch kleine Vögel, die in der Nähe nach Insekten suchen. Auch Kälber werden gelegentlich von ihnen angegriffen.[58]

Die meisten Deckakte finden zwischen August und Oktober statt.[59] Brunftkämpfe zwischen Bullen sind verhältnismäßig selten, beispielsweise im Vergleich zu Rothirschen. Treffen zwei Bullen von ähnlicher Größe und Kraft aufeinander, geht dem Kampf ein ritualisiertes Verhalten voraus, bei dem sich der hohe Erregungszustand der Bullen unter anderem durch ein Wühlen im Boden mit den Klauen, ein Wälzen an Stellen, die sie zuvor mit Urin getränkt haben oder ein Bearbeiten von Bäumen mit den Hörnern ausdrückt.[60] In der Hauptphase des Kampfes stehen die Bullen frontal mit den Köpfen zueinander, greifen sich in kurzen Zeitabständen mit den Hörnern an und versuchen sich über den Kampfplatz zu schieben. Der Kampf wird in der Regel beendet, wenn einer der beiden Bullen aufgibt. Gelegentlich enden die Kämpfe mit Verletzungen der beteiligten Bullen oder auch tödlich.

Zum typischen Verhalten der Bullen während der Brunftzeit gehört ein Beschnuppern der äußeren Geschlechtsteile der Kühe. Bei diesem sogenannten Flehmen hebt der Bulle den Kopf an, streckt den Hals hoch und zieht die Lippen auseinander. Dabei prüft der Bulle die Konzentration der Sexualhormone im Harn der Kühe, um deren Paarungsbereitschaft zu beurteilen.[61] Eine hochbrünftige Kuh wird für ein oder zwei Tage nahezu ununterbrochen vom Bullen begleitet. Dabei flehmt er wiederholt oder beleckt und beschnuppert ihre Schamgegend. Der hohe Erregungszustand des Bullen drückt sich durch ein Verhalten aus, das den Handlungen kurz vor einem Kampf mit einem anderen Bullen gleicht. Sehr häufig sind von ihnen knörende Rufe zu hören.[62] Während der Brunftzeit fressen Bullen verhältnismäßig selten und verlieren in dieser Zeit erheblich an Gewicht.[57]

Tragezeit, Geburt und Lebenserwartung

Die Kühe tragen in der Regel nur einzelne Kälber aus, welche meistens zwischen Mai und Juli geboren werden. Die Tragezeit beträgt durchschnittlich etwa 264 Tage.[63] Auf Grund der geringen Größe der Kälber und des Körperbaus der Kühe sind Trächtigkeitsanzeichen bei den Kühen nur schwach sichtbar.

Trächtige Kühe sondern sich vor der Geburt von der Herde ab und suchen geschützte Orte auf, um dort zu gebären. Der Geburtsvorgang ist verhältnismäßig schnell und verläuft meist komplikationslos. Die Kälber, die ein Geburtsgewicht von nur 25 bis 30 Kilogramm haben, kommen binnen einer bis zwei Stunden zur Welt.[64] Bereits wenige Minuten nach der Geburt beginnt das Kalb mit Aufstehversuchen. Meist kann es bereits nach 30 Minuten stehen. Die Kühe schließen sich mit ihren Kälbern wenige Tage nach der Geburt wieder den Herden an. Im Gegensatz zu vielen anderen Huftieren wird das Kalb nach dem Säugen nicht versteckt abgelegt, sondern es bleibt ständig in unmittelbarer Nähe der Mutterkuh.[65] Bis zu einem Alter von drei Monaten stellt die Muttermilch die Hauptnahrung der Kälber dar. Beim Säugen steht das Kalb parallel zum mütterlichen Körper. Ab drei Monaten spielt Pflanzennahrung eine zunehmende Rolle in seinem Nahrungsspektrum. Es hält sich ab diesem Zeitpunkt zunehmend weniger in unmittelbarer Nähe der Mutter auf, sondern ist häufiger mit Altersgenossen vergesellschaftet.[66]

Wisentkühe erreichen nur in Ausnahmefällen das 25. Lebensjahr. Bullen werden selten älter als 20 Jahre.[67]

Todesursachen und Krankheiten

Eine Bedeutung als Fressfeind haben heute lediglich Wölfe und Luchse.[68] Als großes Herdenwild ist der Wisent für diese Arten jedoch nur schwer zu erbeuten. Am ehesten werden noch Kälber gerissen. Małgorzata und Zbigniew Krasiński gehen davon aus, dass ein zunehmender Wolfsbestand keinen wesentlichen Einfluss auf die Wisentpopulation hat.[69] Im polnischen Teil des Urwalds von Białowieża sind Verletzungen, Altersschwäche, der Befall durch Parasiten wie etwa Lungenwürmer sowie Wilderei die häufigsten Todesursachen. Bestandsbedrohend können sich ansteckende Krankheiten wie Maul- und Klauenseuche, Wild- und Rinderseuche sowie Rindertuberkulose auswirken. Wisente sind besonders gefährdet, sich mit dem Virus der Maul- und Klauenseuche anzustecken. In den Jahren 1953 und 1954 verendeten 35 Wisente in polnischen Reservaten an dieser Krankheit.[70]

Die niedrige genetische Vielfalt der gegenwärtig lebenden Wisente gilt als die größte Bedrohung des langfristigen Fortbestands dieser Art. Eine Inzuchtdepression kann zu einem vermehrten Auftreten genetischer Fehler und einer Schwächung des Immunsystems führen. Möglicherweise sind die bei untersuchten Wisentbullen zunehmend festgestellten Lageanomalien der Hoden, Hodenhypoplasien und Nebenhoden-Zysten auf solche genetischen Ursachen zurückzuführen.[71]

Vermehrt bei männlichen Tieren tritt außerdem eine Vorhaut-Entzündung auf. Diese führt zu nekrotisch-eitrigen Veränderungen an Vorhaut und Penis und im fortgeschrittenen Stadium zu einer Verwachsung der Vorhautöffnung mit Harnfistelbildung und in seltenen Fällen auch Harnverhaltung und Urämie.[72] Bislang sind weder die Übertragungswege erforscht noch die Krankheitserreger eindeutig identifiziert. Die Erkrankung, wegen der bereits in der Ukraine eine Population aufgelöst sowie im Urwald von Białowieża eine Reihe von Bullen gezielt abgeschossen wurden, tritt gelegentlich bereits bei Kälbern auf und wird offensichtlich nicht nur auf geschlechtlichem Wege übertragen.[73][74]

Systematik

Wisente gehören zur Ordnung der Paarhufer, die etwa 150 rezente Arten umfasst. Innerhalb dieser Ordnung werden Wisente der Familie der Hornträger zugeordnet. Die Gattung Bison – das spätlateinische Wort Bison ist vermutlich eine Entlehnung des germanischen Wortes wisund[75] – erschien gegen Ende des Tertiärs im Pliozän in Süd- und Ostasien. Während des Pleistozäns besiedelte die Gattung das Gebiet des heutigen Asiens und Europas und erreichte über die Beringstraße den nordamerikanischen Kontinent.[76] Die ältesten fossilen Wisentknochen datieren aus dem frühen Pleistozän, d. h. sie sind ein bis zwei Millionen Jahre alt.[77] Heute existieren noch zwei Arten, neben dem europäischen Wisent (Bison bonasus) ist dies der amerikanische Bison. Der Steppenwisent (Bison priscus) ist in der Nacheiszeit ausgestorben.[78]

Ein Wisent der Flachlandlinie überquert in Białowieża einen Weg

In älterer Literatur wird noch diskutiert, dass der amerikanische Bison und der europäische Wisent einer Art angehören.[79] Analysen der DNA ergaben jedoch, dass Wisente und amerikanische Bisons sich genetisch teilweise stark voneinander unterscheiden, obwohl beide Formen untereinander uneingeschränkt kreuzbar sind. Während Bisons und Wisente in den paternal vererbten Y-Chromosomen stark übereinstimmen, gibt es bei der Sequenz der maternal vererbten mitochondrialen DNA erhebliche Unterschiede. So bildet der amerikanische Bison bezüglich der mitochondrialen DNA eine Einheit mit dem Yak, während der Wisent hierin mit dem Auerochsen übereinstimmt. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass prähistorische Bisonbullen sich einst mit Verwandten des Auerochsen oder deren Vorfahren kreuzten und so die Vorfahren des Wisents hervorbrachten. Insgesamt deuten diese Untersuchungen darauf hin, dass die Gattungen Bos und Bison paraphyletisch sind und damit zu einer einzigen Gattung Bos zusammengeführt werden müssten.[80]

Drei neuzeitliche Wisent-Unterarten werden in der Literatur erwähnt, von denen nur zwei allgemein anerkannt werden:[81]

  • Flachlandwisent (B. b. bonasus): Das Verbreitungsgebiet der einzigen nicht ausgestorbenen Unterart umfasste noch in historischer Zeit die Waldgebiete West-, Mittel- und teilweise Südosteuropas bis zum Don. Flachlandwisente sind etwas größer als die anderen Vertreter der Art und weisen längliche Klauen auf.[82]
  • Kaukasuswisent oder Bergwisent (B. b. caucasicus): Die Endhaare des Schwanzes sind anders als beim Flachlandwisent gekräuselt.[82]

Als dritte Unterart wird von einigen Autoren der Karpatenwisent (B. b. hungarorum) aufgeführt. Die Beschreibung dieser Unterart erfolgte anhand eines Schädelfragments, das sich in der Sammlung des Nationalmuseums in Budapest befand, aber während der Ungarischen Revolution im Jahre 1956 verlorenging.[36] Die Unterart war in Siebenbürgen sowie in den Karpaten beheimatet. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ausgerottet.[83]

Von den Unterarten ist nur noch der Flachlandwisent reinblütig erhalten. Diese sogenannte Flachlandlinie geht auf nur sieben der zwölf Wisente zurück, die in der Erhaltungszucht eine Rolle spielten. Bei der Flachland-Kaukasus-Linie ist die genetische Vielfalt etwas größer, allerdings haben alle Wisente der Flachland-Kaukasus-Linie den Bullen Kaukasus, den einzigen Kaukasus-Wisent in der Erhaltungszucht, als Vorfahren. Daneben lebt im Zentralkaukasus eine Population von Hybriden von Wisenten und Bisons. Es gibt Vorschläge, die kaukasische Hybridlinie (B. b. bonasus × B. b. caucasicus × B. bison) als neue Unterart Bison bonasus subsp. montanus anzuerkennen.[84]

Mensch und Wisent

Der Wisent in Kunst und Literatur

Darstellung eines Wisents; in Rentierhorn geritzte Zeichnung, ca. 13.000 vor Beginn unserer Zeitrechnung
Kämpfende Wisente von August Gaul in Königsberg (1912), heute ein Wahrzeichen von Kaliningrad
Die Wisentskulptur von Ernst Gorsemann im Bremer Rhododendronpark

Wisente tauchen bereits auf Höhlenmalereien im Südwesten Europas auf, die vor 32.000 Jahren entstanden. Auf 15.000 Jahre alten Wandmalereien sind Wisente neben Wildpferden die am häufigsten abgebildete Tierart.[85] Zu den bekanntesten gehören die Darstellungen in der Altamira-Höhle in Spanien sowie Darstellungen in Höhlen im Départment Dordogne in Südwestfrankreich. Zu den schönsten Darstellungen zählt eine 1910 in der La Madeileine-Höhle gefundene Skulptur aus Rentierhorn. Sie zeigt ein Wisent, das mit zurückgedrehtem Kopf seine Weichen beleckt.

Obwohl der Wisent im Mittelmeerraum schon vor Beginn menschlicher Geschichtsschreibung ausstarb, war sowohl Griechen als auch Römern diese Tierart wegen ihrer Verbreitung in Thrakien und Germanien bekannt. Wisente wurden unter anderem ab 27 v. Chr. nach Rom gebracht, um sie in Tierhetzen zu zeigen.[86] Plinius der Ältere beschrieb den Wisent allerdings noch als ein Rind mit einer Pferdemähne, das so kurze Hörner habe, dass diese im Kampf von keinerlei Nutzen seien. Statt zu kämpfen laufe der Wisent vor jeder Bedrohung davon und hinterlasse dabei über eine Strecke von einer halben Meile unablässig eine Spur von Dung, die bei Berührung die Haut eines Verfolgers verbrenne wie Feuer.[87]

In der mittelalterlichen Literatur ist der Wisent gelegentlich beschrieben worden. Im Nibelungenlied etwa wird die Stimme Dietrichs von Bern mit dem Klang des Horns eines Wisents verglichen und von einer Jagd Siegfrieds wird berichtet, dass er neben vier Auerochsen und einem Elch auch einen Wisent erlegte.[88] In der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Literatur wird zwischen Auerochsen und Wisenten nicht immer eindeutig unterschieden, da mit zunehmendem Verschwinden des Auerochsens dessen Bezeichnung auch für den Wisent verwendet wurde. Das erste literarische Werk der polnischen Literatur beispielsweise, das sich mit Sicherheit auf den Wisent bezieht, ist ein anonym gebliebenes Gedicht aus dem 16. Jahrhundert, das als Auftragsarbeit für Papst Leo X. entstand.[89] Bezeichnet wird der Wisent in diesem Gedicht jedoch als Auerochse. Erst im 19. Jahrhundert trennte die deutsche Sprache mit dem Aufschwung der Zoologie die beiden Rinderarten wieder.

Während in deutschsprachiger Literatur der Wisent in einigen neuzeitlichen Jagderzählungen erwähnt wird, spielt diese Tierart in der polnischen Literatur und Kunst eine größere Rolle. Im 1834 erschienen polnischen Nationalepos Pan Tadeusz von Adam Mickiewicz wird der Wisent in mehreren Versen erwähnt.[89] Polnische Maler des 19. Jahrhunderts wie Juliusz Kossak und Michał Elwiro Andriolli haben diese Wildrindart auf ihren Gemälden dargestellt.[89] In Polen finden sich auch mehrere Denkmäler und Skulpturen, die an die Jagden polnischer und russischer Herrscher erinnern. Zugleich entstanden in Deutschland vergleichbare Skulpturen, wie die abgebildete von August Gaul. Während des Dritten Reichs vergab Reichsjägermeister Hermann Göring entsprechende Auftragsarbeiten. Auf diese Zeit gehen das im Bremer Rhododendronpark befindliche Wisentstandbild von Ernst Gorsemann sowie das Wisentrelief von Max Esser zurück, das in der Nähe der Schorfheide steht.[90]

Erhaltungsmaßnahmen

Der polnische Ornithologe und Vizedirektor des Zoologischen Museums in Warschau Jan Sztolcman forderte in einer Rede am 2. Juni 1923 die anlässlich des Internationalen Naturschutzkongresses in Paris Versammelten auf, Anstrengungen zur Erhalt des Wisents zu unternehmen. Der Kongress regte darauf hin die Gründung einer internationalen Gesellschaft an, in der Vertreter der Länder zusammenarbeiten sollten, auf deren Gebiet sich noch Wisente befanden. Knapp drei Monate später, am 25. und 26. August 1923, wurde die Internationalen Gesellschaft zur Erhaltung des Wisents in Berlin gegründet. Der Gesellschaft, zu deren erstem Vorsitzenden der Frankfurter Zoodirektor Kurt Priemel gewählt wurde, traten neben einer Reihe von Privatpersonen unter anderem die American Bison Society, der Zoo in Posen und der Polnische Jägerverband bei.[91] Primäres Ziel der Gesellschaft war es, alle in Gehegen und Zoos gehaltenen Wisente ausfindig zu machen und mit diesen eine Erhaltungszucht zu begründen. Man fand insgesamt 29 Wisentbullen und 25 Kühe. Letztendlich stammen aber alle heute lebenden Wisente von nur zwölf Tieren ab.

Italienische Werbekarte für Liebigs Fleischextrakt mit einer Darstellung der Wisentjagd

Da man befürchtete, auf Grund der geringen Zahl an reinrassigen Wisenten die Art nicht erhalten zu können, kreuzten in den 1920er und 1930er Jahren einige Zoos Wisente mit anderen Arten.[92] So wurde im Wisentgehege Springe, das 1928 unter Anleitung von Lutz Heck, dem Direktor des Berliner Zoos, angelegt worden war, ein Wisentbulle mit mehreren Bisonkühen verpaart. Ziel war es, in Form einer Verdrängungszucht die Bisonerbanlagen durch Rückkreuzungen mittelfristig wieder heraus zu züchten. Dieser Versuch wurde erst 1935 eingestellt, als man reinrassige Wisentkühe erwerben konnte.[93] Auch in Białowieża wurden zeitweilig Wisent-Bison-Hybriden gehalten. Der letzte dieser Mischlinge wurde 1936 im Warschauer Zoo untergebracht.

Nach den ersten Zuchterfolgen in den 1920er und 1930er Jahren führten die Folgen des Zweiten Weltkrieges erneut zu einem starken Rückgang der Wisentbestände. In Białowieża als dem wichtigsten Zentrum der Erhaltungszucht wurde eine weitgehendes Erlöschen der Wisentbestände durch Wilderei vermieden, indem im Juli 1944, als die deutschen Truppen aus der Region vor den herannahenden russischen abzogen, die Gattertore geöffnet und die Tiere in das große Waldgebiet getrieben wurden.[94] Die nach dem Ende der Kriegshandlungen neugeschaffenen polnischen Behörden ergriffen sofort weitgehende Maßnahmen, um die Wisente wieder unter Schutz zu stellen. Bereits 1946 konnten aus dem polnischen Bestand einige Wisente für den Beginn der Wisentzucht im weißrussischen Teil von Białowieża abgegeben werden.[95] 1949 lebten in vier polnischen und zwei sowjetischen Zuchtstätten insgesamt 69 reinblütige Wisente und damit etwas mehr als die Hälfte des Weltbestandes.[96]

Das Zuchtbuch für Wisente gilt als das älteste Zuchtbuch für eine Wildtierart und berücksichtigte von Beginn an die drei heute noch bestehenden Zuchtlinien Pleß-, Flachland- und Flachland-Kaukasus-Linie.[97] Es wurde in den 1930er Jahren von Erna Mohr geführt, die bereits großen Anteil an der Erhaltungszucht des Przewalskipferdes hatte.[98] Nach dem Zweiten Weltkrieg führte es der Warschauer Zoodirektor Jan Żabiński (1897–1974) in Zusammenarbeit mit Erna Mohr fort, wobei das erste Ziel darin bestand, die Ahnenreihen der nach dem Zweiten Weltkrieg noch überlebenden Wisente nochmals zu verifizieren.[99] Heute wird das Zuchtbuch in Białowieża geführt.

Aktueller Bestand und Ziele der Bestandsentwicklung

Transportkiste für Wisente

Im Jahre 2006 standen etwa 3200 reinblütige Wisente im Zuchtbuch. Davon wurden ungefähr 420 in Deutschland, 26 in der Schweiz und 13 in Österreich gehalten.[100] Rund 60 Prozent des Weltbestandes lebte im Jahre 2004 in freilebenden Populationen.[101]

Der heutige Schwerpunkt der Wisentzucht liegt in einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Zuchtstätten und Züchtern. So gibt es seit 1996 ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das Zoo-übergreifend die Zucht der in Gefangenschaft gehaltenen Wisente koordiniert.

Ein weiteres Ziel ist der Aufbau weiterer freilebender Wisentbestände, wobei zwei Aspekte eine besondere Rolle spielen: Wisente in freien Populationen sind in der Lage, die Merkmale ihrer wilden Vorfahren unter den Bedingungen der natürlichen Selektion wiederzuerlangen. Wegen der hohen Kosten der Gehegehaltung ist es nur über Auswilderungen möglich, den Wisentbestand weiter zu erhöhen.[102] So kommt es seit einigen Jahren zu Selektionsabschüssen bei in Gehegen gehaltenen Wisenten, wenn die Kapazitätsgrenze eines Geheges erreicht und für die nachgezüchteten Tiere keine Aufnahmeplätze gefunden werden. Im mecklenburgischen Wisentgehege Damerower Werder beispielsweise, in dem eine Herde von 25 Tieren auf 320 Hektar naturnah gehalten wird, werden dann von Hochkanzeln aus gezielt solche Wisente geschossen, die nicht dem Hegeziel entsprechen.[103] Dabei handelt es sich gewöhnlich um Tiere, die die typische Widerristhöhe nicht erreichen, eine wisentuntypische Hornstellung oder andere Fehlentwicklungen aufweisen. Seit einigen Jahren versucht man bevorzugt, Wisente in Gebieten anzusiedeln, in denen die jeweilige Population eine demographisch notwendige Mindestgröße von 100 Tieren erreichen kann. Wiederansiedlungen in der Tschernobyl-Sperrzone etwa sind gescheitert, nur eine Herde im südlicheren Raum TscherniwziWinnyzja zeigt einen stabilen Bestand von etwas unter 100 Tieren.[104]

Ein Koordinierungsprogramm soll sicherstellen, dass in den bestehenden freien Populationen die genetische Vielfalt erhalten und nach Möglichkeit erhöht wird. Dazu sollen gegebenenfalls Wisente zwischen den einzelnen freien Populationen transferiert werden. Langfristiges Ziel ist es, dass es sowohl von der Flachlandlinie als auch der Flachland-Kaukasus-Linie jeweils 3000 wildlebende Tiere gibt.[105] Pläne für die Auswilderung gibt es unter anderem für Deutschland und Frankreich.[100]

Interaktionen zwischen Wisent und Mensch

Wisent

Vorfälle, bei denen Menschen von Wisenten angegriffen wurden, sind sehr selten und in der Regel waren an solchen Vorfällen Wisente beteiligt, die auf Grund der Gehegehaltung an Menschen gewöhnt waren.[106] In Gehegen wie dem Damerower Werder werden zum Schutz der beteiligten Personen Betäubungsgewehre eingesetzt, wenn Wisente von der Herde abgesondert werden müssen.[107] Freilebende Wisente, die im Wald von Menschen überrascht werden, reagieren grundsätzlich mit Flucht. Meist entfernen sie sich 100 bis 150 Meter im schnellen Lauf und scharen sich dann zusammen. Am scheuesten verhalten sich dabei Herden mit mehreren Jungtieren. Potentiell für den Menschen gefährliche Situationen entstehen, wenn die Tiere überrascht werden und die Fluchtdistanz bereits unterschritten ist. Insbesondere Kühe, die Jungtiere führen und Bullen während der Brunftzeit können bei Unterschreitung der Fluchtdistanz aggressiv gegenüber dem Menschen reagieren. Hierin unterscheidet sich der Wisent nicht von anderen Wildtierarten. Da Wisente wachsame Tiere sind, kommt es zu solchen Situationen nur in Ausnahmefällen. In der Literatur wird eher darauf hingewiesen, wie schwierig es ist, Wisente in freier Wildbahn zu beobachten.[108] Ihre Erregung signalisieren Wisente durch Schütteln des Kopfes, drohendes Knören, Aufwühlen des Bodens mit den Vorderklauen und heftige Schwanzbewegungen. Zieht sich der Mensch dann nicht zurück, kann er vom Wisent angegriffen werden.[109] Im Angriffsfall hat der Mensch dem Wisent auf Grund dessen Größe und Stärke nur wenig entgegenzusetzen.

Zu Konflikten zwischen Wisenten und Menschen kommt es, wenn Wisente landwirtschaftliche Anbauflächen heimsuchen oder Heuschober aufbrechen. In Polen hat man die Erfahrung gemacht, dass selbst eine Umsiedlung der Tiere nicht wirksam ist, da sie an solche nahrungsreichen Orte wieder zurückkehren.[109] Im Bereich des Urwaldes von Białowieża wurden außerdem in einem Zeitraum von knapp 40 Jahren elf Mal Pferde und fünf Mal Hausrinder durch Wisente verletzt. Die Verletzungen resultieren meist aus einem einzelnen Hornhieb eines erwachsenen Bullen gegenüber einem Haustier, das Sozialkontakt suchte. Hunde werden in der Regel ignoriert. Wisente, die sich durch Hunde bedroht fühlen, können diese auf die Hörner nehmen oder zertrampeln.[110][111]

Neuzeitliche Bejagung

Kanuti Rusiecki: Wisentjagd mit Hunden, 19. Jahrhundert, Vilnius

Von den Wildereien nach Ende des Ersten Weltkriegs abgesehen, erfolgte die Jagd auf den Wisent in der Neuzeit überwiegend als aufwendig inszenierte Hofjagd. Bei diesen sogenannten „eingestellten Jagden“ wurden Wisente gemeinsam mit anderem Hochwild über mehrere Wochen auf einer zunehmend kleiner werdenden Fläche zusammengetrieben. Am eigentlichen Jagdtag wurde das Wild so von den Treibern gelenkt, dass es sich optimal für den Abschuss präsentierte. Bei der Hofjagd des polnischen Königs August III. im Jahre 1752 erlegte die höfische Jagdgesellschaft neben einer großen Zahl von Rothirschen, Rehen und Wildschweinen auch 42 Wisente. Allein zwanzig Wisente wurden dabei vom polnischen König und seiner Gemahlin Maria Josepha von Österreich von Kanzeln aus geschossen.[112][113] Obwohl mit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert solche Jagdformen in Europa zunehmend aus der Mode gerieten und vor dem Hintergrund der Romantik die Jagdethik zunehmend ein waidgerechtes Jagen betonte, ließ der russische Hof solche Hofjagden in Białowieża noch bis ins Jahr 1900 veranstalten. Für Zar Alexander II. und seine Gäste aus dem europäischen Hochadel trieben 1860 2000 Bauern im Frondienst über Wochen das Wild in einem großen Gehege zusammen. Auf der letzten, von Zar Nikolaus II. im Herbst 1900 veranstalten Hofjagd wurden noch 40 Wisente auf diese Weise erlegt.[114]

Seit einigen Jahren geben Forst- und Naturschutzbehörden in Weißrussland, Russland, Polen und der Ukraine jährlich wieder freilebende Wisente zum kommerziellen Abschuss frei. Dabei handelt es meist um überalterte Bullen und Kühe.[112] Solche Jagden finden beispielsweise auf der weißrussischen Seite von Białowieża sowie in Masuren, den ukrainischen Karpaten und dem russischen Kaukasus statt. Drück- und Ansitzjagd sind verboten, der zum Abschuss freigegebene Wisent muss auf einer teils mehrtägigen Pirschjagd vom Jäger verfolgt werden, bis dieser zum Schuss kommt. Die Jagd gilt wegen der Scheu der Wisente als ausgesprochen schwierig und setzt beim Jäger insbesondere in den ukrainischen Karpaten und im russischen Kaukasus wegen des schwierigen Geländes hohe körperliche Fitness voraus. Für die Abschusserlaubnis auf einen kapitalen Bullen waren zu Beginn des 21. Jahrhunderts ungefähr 5000 EUR zu zahlen.[115] Kritiker solcher Praktiken sehen einen Widerspruch, wenn die Jagd auf eine vom Aussterben bedrohte Art ermöglicht wird. Befürworter der Bejagung argumentieren, dass bei einem Überschreiten der Kapazitätsgrenzen und zu hohen Bestandsdichten das Gleichgewicht eines Ökosystems gestört wird und das Risiko für Tierseuchen deutlich ansteigt. Der drastische Rückgang der zuvor zu hohen Wisentpopulation in Białowieża um 1890 in Folge einer Epizootie wird dabei häufig als Beispiel genannt. Aus Sicht der Befürworter trägt eine geregelte Bejagung zum Schutz einer Großtierart und ihres Lebensraumes bei und die Abschussprämien finanzieren zumindest teilweise die Kosten des Managements einer Wisentpopulation.[115]

Kreuzung mit Hausrindern

Kopf eines Żubrońs

Bis heute ist es nicht gelungen, Wisente völlig zu zähmen. Selbst Wisente, die aus Populationen stammen, die seit mehreren Generationen unfrei gehalten wurden, behalten ein Misstrauen gegenüber dem Menschen.[102] Diese Erfahrung gilt auch für die wenigen Handaufzuchten im Zuchtreservat Białowieża.[116]

Obwohl in den Zeiten, in denen der Urwald von Białowieża noch als Hutewald genutzt wurde, Hausrinder in der Nähe der Wisente weideten, sind natürliche Hybridengeburten unbekannt. Dies unterscheidet den Wisent unter anderem vom Bison, bei dem dies häufiger vorkommt.[117] Die erste belegte Kreuzung zwischen Wisenten und Hausrindern gelang 1847 dem polnischen Landbesitzer Leopold Walicke, der besonders starke Zugrinder züchten wollte. Die Hybriden, die als Żubroń bezeichnet werden, übertreffen ihre Ausgangsarten an Körpergewicht und -größe. Männliche Żubrońs der ersten Generation sind unfruchtbar, die weiblichen können sich dagegen mit beiden Elternarten fortpflanzen. Żubrońs zeichnen sich durch eine Farbvielfalt in der Behaarung aus und gelten als zäh und widerstandsfähig. Die Zucht von Żubrońs ist jedoch heute weitgehend eingestellt.

Belege

Literatur

  • Fritz Gottschalk: Wisentinseln – Lebensbilder des europäischen Urwaldriesens, WAGE Verlag, Tessin, ISBN 3-9807492-5-8
  • Małgorzata Krasińska und Zbigniew Krasiński: Der Wisent, Die Neue Brehm-Bücherei Band 74, Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben 2008, ISBN 978-3-89432-481-0
  • Erna Mohr: Der Wisent, Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig, Leipzig 2003, 2. unveränderte Auflage, Nachdruck der 1. Auflage von 1952, ISBN 3-89432-481-3
  • Jochen Niethammer und Franz Krapp (Hrsg.): Handbuch der Säugetiere Europas - Band 2 Paarhufer (Suidae, Cervidae, Bovidae), Aula Verlag, Wiesbaden 1986, ISBN 3-89104-026-1
  • Klaus Nigge, Karl Schulze Hagen: Die Rückkehr des Königs. Wisente im polnischen Urwald. Tecklenborg, Steinfurt 2004, ISBN 3-934427-46-4
  • Hans Hinrich Sambraus: Exotische Rinder – Wasserbüffel, Bison, Wisent, Zwergzebu, Yak, Eugen Ulmer KG, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-8001-4835-6
  • Bernhard Schmidtmann (Bearbeiter), Planungsgruppe Natur und Umwelt (PGNU): Naturentwicklung mit großen Pflanzenfressern in Niedersachsen. Machbarkeitsstudie. Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Niedersachsen, Hannover 2004
  • Friedrich Türcke: Erhaltung und Zucht der Wisente in Deutschland. In: Deutsche Tierärztliche Wochenschrift. 87/11, 1980, S. 416–419

Weblinks

 Commons: Wisent – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. Krasińska et al., S. 42
  2. a b Krasińska et al., S. 265
  3. Mohr, S. 7
  4. a b Krasińska et al., S. 38
  5. a b Krasińska et al., S. 39
  6. Krasińska et al., S. 40
  7. Mohr, S. 17
  8. a b Krasińska et al., S. 30
  9. Niethammer et al., S. 280
  10. Mohr, S. 9
  11. a b Krasińska et al., S. 33
  12. a b Niethammer et al., S. 281
  13. Krasińska et al., S. 37
  14. Mohr, S. 21
  15. a b Krasińska et al., S. 34
  16. Mohr, S. 18
  17. Mohr, S. 11 und S. 17
  18. Niethammer et al., S. 284
  19. a b Krasińska et al., S. 31
  20. Mohr, S. 18 und S. 19
  21. a b Nigge et al., S. 90
  22. Krasińska et al., S. 35
  23. a b c Niethammer et al., S. 291
  24. Nigge et al., S. 53
  25. Krasińska et al., S. 47
  26. Gottschalk, S. 64 und 65
  27. Krasińska et al., S. 49
  28. a b Nigge et al., S. 54
  29. Nigge et al., S. 79
  30. Gottschalk, S. 70
  31. Gottschalk, S. 71
  32. a b Nigge et al., S. 55
  33. Krasińska et al., S. 22 und S. 23
  34. Gottschalk, S. 79
  35. Krasińska et al., S. 20
  36. a b Krasińska et al., S. 21
  37. Krasińska et al., S. 159
  38. Nigge et al., S. 71
  39. Niethammer et al., S. 303
  40. Wisente in der Landschaftspflege, LEL Schwäbisch Gmünd, aufgerufen am 2. Dezember 2009
  41. Krasińska et al., S. 158
  42. Krasińska et al., S. 156
  43. Krasińska et al., S. 157
  44. Krasińska et al., S. 152
  45. Krasińska et al., S. 170 und S. 173
  46. Krasińska et al., S. 170
  47. Krasińska et al., S. 180 und S. 181
  48. Sambraus, S. 60
  49. Krasińska et al., S. 111
  50. Krasińska et al., S. 109
  51. Krasińska et al., S. 114
  52. Krasińska et al., S. 135
  53. Krasińska et al., S. 113 und S. 114
  54. a b Krasińska et al., S. 112
  55. Krasińska et al., S. 113
  56. a b Krasińska et al., S. 118
  57. a b Nigge et al., S. 92
  58. Sambraus, S. 62
  59. Krasińska et al., S. 121
  60. Krasińska et al., S. 124
  61. Krasińska et al., S. 122
  62. Krasińska et al., S. 123
  63. Krasińska et al., S. 128
  64. Sombraus, S. 63
  65. Krasińska et al., S. 137
  66. Kresinska et al., S. 109 und S. 110
  67. Krasińska et al., S. 41
  68. Niethammer et al., S. 307
  69. Krasinka et al., S. 95
  70. Krasińska et al., S.236
  71. Krasińska et al., S. 228
  72. Krasińska et al., S. 234
  73. Krasińska et al., S. 231
  74. Krasińska et al., S. 233
  75. Kluge-Seebold (2002): Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Aufl. Berlin: De Gruyter
  76. Krasińska et al., S. 19
  77. Nigge et al., S. 34
  78. Gottschalk, S. 53
  79. Siehe beispielsweise Niethammer et al., S. 278 und S. 280
  80. Alexandre Hassanin and Anne Ropiquet: Molecular phylogeny of the tribe Bovini (Bovidae, Bovinae) and the taxonomic status of the Kouprey, Bos sauveli Urbain 1937. Molecular Phylogenetics and Evolution. Volume 33, Issue 3, December 2004, Pages 896-907. online
  81. Z. Pucek, I. P. Belousova, Z. A. Krasiński, M. Krasińska, W. Olech: European bison, current state of the species and an action plan for its conservation. Convention on the Conservation of European Wildlife and Natural Habitats, Strasbourg 2-5 December 2002. Strasbourg T-PVS/Inf 29.2002. (Online-Resource)
  82. a b Niethammer et al., S. 300
  83. Krasińska et al., S. 22
  84. G. S. Rautian, B. A. Kalabushkin, A. S. Nemtsev: A new subspecies of the European bison, Bison bonasus montanus ssp. nov. (Bovidae, Artiodactyla). In: Doklady Biological Sciences. Nr. 375, 2000, ISSN 1608-3105, S. 636–640.
  85. Nigge et al., S. 33
  86. Gottschalk, S. 59
  87. Englische Übersetzung der entsprechenden Textstelle, aufgerufen am 24. November 2009
  88. Gottschalk, S. 56
  89. a b c Gottschalk, S. 83 und S. 84
  90. Gottschalk, S. 84 - 86
  91. Krasińska et al., S. 23
  92. Sambraus, S. 64
  93. 60 Jahre Wisentgehege „Saupark Springe“. In: Niedersächsischer Jäger. Jg. 34, 1989, S. 1431–1435
  94. Mohr, S. 58
  95. Gottschalk, S. 96 und S. 97
  96. Gottschalk, S. 97
  97. Sambraus, S. 16
  98. Krasińska et al., S. 24
  99. Krasińska et al., S. 25
  100. a b Sambraus, S. 17
  101. Krasińska et al., S. 261
  102. a b Krasińska et al., S. 260
  103. Gottschalk, S. 31 und S. 32
  104. S.P. Gashchak (Übers. Oksana Barbarova): What do we know about ox? Coming 2009 is the year of the ox – Let it become the year of the European bison rescue! Offener Brief. In: chornobyl.net. Chornobyl Center, o.D.[2008], abgerufen am 14. April 2011 (englisch).
    Mark Resnicoff: 2009 - Year of the European Bison Rescue. In: Chernobyl and Eastern Europe, chernobylee.com. 8. Dezember 2008, abgerufen am 14. April 2011 (blog-Eintrag, englisch, mit Link auf die Webseite des Kiever Ecological and Cultural Center, russisch).
  105. Krasińska et al., S. 263 - 265
  106. Gottschalk, S. 79
  107. Gottschalk, S. 39
  108. Siehe beispielsweise Gottschalk, S. 43 oder Nigge
  109. a b Krasińska et al., S. 144
  110. Fritz Gottschalk war persönlich Zeuge, wie im Damerower Wisentgehege ein doggengroßer Mischlingshund von einem Wisentbulle getötet wurde, S. 27. Bei Nigge findet sich eine Fotosequenz, die die Tötung eines Wildschweins durch einen Wisentbullen zeigt.
  111. Krasińska et al., S. 147
  112. a b Nigge et al., S. 126
  113. Gottschalk, S. 68 und S. 69
  114. Gottschalk, S. 75
  115. a b Nigge et al., S. 127
  116. Krasińska et al., S. 139 und S. 140
  117. Krasińska et al., S. 292

Referenzfehler: Das in <references> definierte <ref>-Tag mit dem Namen „rothaargebirge“ wird im vorausgehenden Text nicht verwendet.

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