Brauerei Kelbra

Brauerei Kelbra
51.43422911.042299
Eingang zur Brauerei mit denkmalgeschütztem Schornstein

Die neue Brauerei befand sich auf dem Grundstück Jochstraße 3 in der Stadt Kelbra (Kyffhäuser) in Sachsen-Anhalt. Der eigentliche Brauereibetrieb wurde bereits 1926 eingestellt und das Braugebäude 2006 abgebrochen. Erhalten haben sich mehrere Nebengebäude sowie der unter Denkmalschutz stehende Schornstein.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Grundstück erstreckt sich von der Jochstraße bis zur Gartenstraße. Dort befinden sich heute auf einer Grundfläche von ca. 1.200 m² zweigeschossige große Kellerräume. Das eigentliche Braugebäude wurde 2006 abgebrochen.

Historisches Braurecht

Das Braurecht in Kelbra lag auf bestimmten Grundstücken. Die über Kelbra regierenden Grafen vergaben es gegen gewisses Entgelt. Die Reihenfolge des Brauens war für ein Jahr festgelegt. Das jeweilige Grundstück wurde mit einem Strohwisch gekennzeichnet. Noch heute zu sehen ist an der Mittelstraße 10 neben der Eingangstür ein Sandsteinloch zur Aufnahme des Strohwisches. Das Braurecht ist Anfang des 19. Jahrhunderts verloddert – viele Grundstückseigentümer hatten kein Interesse mehr am Bierbrauen. Diesen Umstand machte sich der Kupferschmied Eduard Joch zu nutze und kaufte für 100 Taler das Braurecht in der Stadt Kelbra. 1842 führte er das Lagerbier ein, was häufig getrunken wurde. 1845 erwarbt er den Storkauer Hof für 700 Taler und baut ihn als Brauerei um. Zwei Jahre später erhielt er die Dauerkonzession zum Bierbrauen. Die Produktion vervielfachte sich sehr schnell, so dass der Platz bald nicht mehr ausreichte.

1861 kaufte er von der Stadt Kelbra zwei Morgen Land auf der damals noch unbebauten "Gebreite", südlich der Ortslage gelegen. Hier errichtete er eine neue größere Brauerei mit tiefen, über zwei Etagen führenden, Kellern. Als Außenmaße sind 120 x 22 m zu nennen. Die Kellersohle befindet sich 8m unter dem Gelände. Der Schornstein wurde 1869 errichtet und die Dampfbrauerei (erste Dampfbrauerei der Region) damit eingeweiht.

Die unteren Keller dienten als Eiskeller, welches zur Kühlung bei der Bierherstellung benötigt wurden. Dabei wurden die äußeren hohen Keller durch tiefe Kellerschächte von oben mit Eis befüllt. Die Eisblöcke wurden von den künstlich angelegten Teichen in Thürungen und Sittendorf geholt. Arbeitslose Handwerker brachen das Eis im Winter, wenn es mindestens eine Stärke von 20 cm hatte.

Die Fuhrunternehmen Schröter brachten die Eisblöcke mit schweren Fuhrwerken zur Brauerei.

Entwicklung nach dem Tod von Eduard Joch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges

1880 starb Eduard Joch und die Brauerei wurde von seinen Brüdern übernommen. Von 1887 bis 1926 wurde die Brauerei als Aktiengesellschaft weiterbetrieben. Gebraut wurde hier u.a. das Kyffhäuser-Pilsener, An den Begründer der Brauerei erinnert heute noch ein Denkmal in der Promenade sowie die nach ihm benannte "Jochstraße". Ab 1927 stellte man die Bierbrauerei ein.[1] Die Baulichkeiten dienten der Brauerei Engelhardt aus Halle als Abfüllanlage.

Bierflasche mit Bügelverschluss (1921-1924)

Während des Zweiten Weltkrieges wurden zwischen 1943 uns 1945 die als Außenstelle für das Konzentrationslager Mittelbau-Dora bei Nordhausen genutzt. Zu dieser Zeit wurde von den Häftlingen ein Anschlussgleis zur Kyffhäuser Kleinbahn gelegt. Über diese Bahnanbindung erfolgte die Materialbelieferung für die Raketenproduktion der V2 und der Abtransport der fertigen Teile. Aus der Zeit des Bestehens dieser KZ-Außenstelle ist ein Todesfall aufgrund von Unterernährung bekannt, zahlreiche Häftlinge starben bei den Bombenangriffen auf Kelbra im April 1945. SS-Unterscharführer Walter Christoph fungierte als Lagerführer.[2]

Nachkriegs- und DDR-Zeit

Als es am 16. zum 17. Juli 1945 in Kelbra und Umgebung 93 Liter pro Quadratmeter regnete, lief das Regenwasser nachts die "Gebreite" herunter, wurde durch den aufgeschütteten Bahnbamm der Kyffhäuserkleinbahn gestaut und floss entlang des Gleises zur früheren Brauerei. Dort lief es in die Keller und stand dort mehrere Tage. Nach dem Austrocknen der Keller lagerte man dort Bier, Obst, Gemüse und kurzzeitig auch Fisch in Fässern. Um die mühevolle Beförderung der Fässer über eine Seilwinde per Hand zu beenden, wurde ein Maschinenaufzug eingebaut. Dieser Aufzug ist aber bereits wieder demontiert. Die vorhandenen Wetterschächte sorgen für Frischluftzufuhr.

Seit den 1970er Jahren hatten die Keller keine wirtschaftliche Bedeutung mehr, wo hingegen in der großen Scheune der VEB Stanzerei Kelbra einzog. In den oberen Kellern wurde für die Stanzerei eine Heizung errichtet sowie Kohlen und Holz gelagert. Anfang der 1970er und der 1980er Jahre verkauften die Erben der "Bierbrauerei zu Kelbra", die Familie Rudloff, auf Grund von Erbauseinandersetzungen, Teile des Grundstückes der ehemaligen Brauerei an die volkseigene Betriebe wie Stanzerei, SERO und das Wohnhaus an die LPG.

Gegenwart

Bauwerksskizze

Nach der Wende hat die Stadt Kelbra durch Grundstückskäufe das gesamte Gelände wieder zusammengeführt. Es befindet sich jetzt bis auf den östlichen Teil im Eigentum der Stadt. In den letzten Jahren wurden die desolaten Aufbauten abgerissen, die Keller abgedichtet und der Schornstein als Industriedenkmal saniert.

Heute noch sind kleine Öffnungen in einigen Kellerwände feststellbar. Diese Wände wurden aufgebrochen, weil man hier nach 1990 Teile des verschollenen Bernsteinzimmers vermutete.

Mitglieder des Fördervereins für Heimatgeschichte führen zum Tag des offenen Denkmals oder nach Vereinbarung interessierte Bürger durch die Kelleranlagen und erläutern die Entstehung und die wechselvolle Nutzung der riesigen Kellerräume.

Aller vier Wochen findet auf dem Grundstück der regionale Bauernmarkt statt.

Die ehemaligen Stallungen und die große Scheune werden vom Bauhof der Stadt als Lager und Garagen genutzt. Das Wohnhaus wird noch bewohnt, befindet sich allerdings in einem sanierungsbedürftigen Zustand.

Einzelnachweise

  1. http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1237373792317
  2. Jens Christian Wagner: Außenlager Kelbra, in: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors – Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 7, München 2008, S. 315f.

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