Braunschweiger Salmiak

Braunschweiger Salmiak
Johann Heinrich (links) und Christoph Julius Gravenhorst

Braunschweiger Salmiak war ein Produkt der Chemischen Fabrik Gebrüder Gravenhorst, die im Jahr 1759 von den Gebrüdern Johann Heinrich und Christoph Julius Gravenhorst in Braunschweig gegründet wurde und 1762 mit der Herstellung von Salmiak (Ammoniumchlorid, chemische Formel: NH4Cl) in Braunschweig begann.[1]

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Verwendung fand Ammoniumchlorid damals in der Färberei und Gerberei sowie beim Verzinnen, Verzinken und Löten. Bis zur Errichtung der ersten Salmiakfabriken in England und Frankreich wurde Ammoniumchlorid hauptsächlich aus Ägypten eingeführt, wo es in natürlichen Lagerstätten vorkommt.

Herstellungsverfahren

Ammoniumchlorid wurde in der Gravenhorstschen Fabrik aus tierischem und menschlichem Urin hergestellt. Durch Fäulnisprozesse wurde der darin enthaltene Harnstoff zersetzt und in einem mehrstufigen Herstellungsverfahren mit Gips (Calciumsulfat; CaSO4 · 2 H2O) und Kochsalz (Natriumchlorid; NaCl) umgesetzt. Beim Eindampfen der Lösung wurde zunächst Glaubersalz (Natriumsulfat; Na2SO4 · 10 H2O) abgeschieden, danach Ammoniumchlorid.[2]

Das als Nebenprodukt der Salmiakherstellung produzierte Glaubersalz wurde unter den Handelsnamen „Gravenhorst’sches Salz“[3] und „Braunschweig’sches Salz“[4] für pharmazeutische Zwecke, z. B. als Abführmittel, an Apotheken vertrieben.[5]

Zur Reinigung des Ammoniumchlorids wurde das Rohprodukt sorgfältig umkristallisiert. Zur Kristallisation wurde eine hochkonzentrierte Ammoniumchlorid-Lösung in perforierte Keramikformen gefüllt. Nach Auskristallisation erhielt man das Ammoniumchlorid in einem kegelförmigen Block, ähnlich einem Zuckerhut.

Salmiak in Zuckerhutform wurde auch noch nach der Stilllegung des Braunschweiger Unternehmens, im frühen 19. Jahrhundert, als „Braunschweiger Salmiak“ bezeichnet.[6]

Meinungen von Zeitgenossen

„… die Fabrikation des Salmiaks aus Urin, wie dieses früher von den Gebrüdern Gravenhorst in Braunschweig geschah, verbreitet in einem weiten Umkreise einen unangenehmen, erstickend scharfen Dampf und Geruch.“

Johann Anton Heinrich Nicolai: Grundriss der Sanitäts-Polizei, 1835[7]

„Er hat einen stechend salzigen, urinösen Geschmack.“

Justus von Liebig: Handbuch der Pharmacie, 1843[6]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Rolf Walter (Hrsg.): Innovationsgeschichte: Erträge der 21. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 30. März bis 2. April 2005 in Regensburg. F. Steiner, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-515-08928-9, S. 189.
  2. Karl Gottlieb Heinrich Erdmann:Lehrbuch der Chemie und Pharmakologie für Aerzte, Thieraerzte und Pharmaceuten. Band 1, von Veit, Berlin 1841, S. 444–445.
  3. Ernst Horn: Handbuch der praktischen Arzneimittellehre für Aerzte und Wundärzte. 2. Auflage, Oehmigke der Jüngere, Berlin 1805, S. 646
  4. Johannes Leunis: Schul-Naturgeschichte – Dritter Theil. 4. Auflage, Hahn’sche Hofbuchhandlung, Hannover 1870, S. 189
  5. Christoph Schümann: Der Anteil deutscher Apotheker an der Entwicklung der technischen Chemie zwischen 1750 und 1850. Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, S. 117, ISBN 3-631-48212-4
  6. a b Justus von Liebig: Handbuch der Pharmacie. Band 1, 5. Auflage, C. F. Winter, Heidelberg 1843, S. 245.
  7. Johann Anton Heinrich Nicolai: Grundriss der Sanitäts-Polizei. Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1835, S. 401.

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