Brester Festung

Brester Festung

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Brester Festung
Brester Festung: Cholmer Tor

Brester Festung: Cholmer Tor

Entstehungszeit: 1836-1842, Modernisierung und Erweiterung 1864-1888 und 1914
Burgentyp: Niederungsburg
Erhaltungszustand: teilweise erhalten
Ort: Brest
Geographische Lage 52° 5′ 0″ N, 23° 39′ 10″ O52.08333333333323.652777777778Koordinaten: 52° 5′ 0″ N, 23° 39′ 10″ O
Brester Festung (Weißrussland)
Brester Festung

Die Brester Festung (weißrussisch Брэсцкая крэпасць, russisch Брестская крепость, polnisch Twierdza brzeska), auch bekannt als Festung Brest-Litowsk (der polnische Name der Stadt war Brześć Litewski), ist eine im 19. Jahrhundert erbaute Festung am westlichen Stadtrand von Brest an der Einmündung von Muchawez in den Bug. Heute ist sie eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten von Weißrussland.

Inhaltsverzeichnis

Errichtung und Ausbau

Nicht zufällig konnten in den 1960er Jahren auf dem Gelände der Brester Festung die hölzernen Fundamente einer mittelalterlichen Siedlung freigelegt werden – die Stadt hatte hier, geschützt auf Inseln, ihren Anfang genommen. Für den Festungsbau wurde Brest ohne Rücksicht auf seine Einwohner um etwa zwei Kilometer nach Osten „verschoben“: Die Stadt wurde größtenteils abgerissen oder niedergebrannt [1]. Daher befinden sich in der heutigen Stadt keine Gebäude, die älter als 170 Jahre sind. Einige Gebäude des alten Brest blieben erhalten und wurden für militärische Zwecke angepasst.

Die Festung wurde in den Jahren 1836-1842 [1] zur Sicherung der damaligen Westgrenze des Rußländischen Reiches am Zusammenfluss der Flüsse Muchawez und Bug errichtet. Die später modernisierte und erweiterte Anlage sollte Angreifern den Weg ins Landesinnere versperren. Sie gilt als größte Festungsanlage des 19. Jahrhunderts im Russischen Reich.

Brester Festung und die anliegenden Forts um 1912.

Der Autor des ursprünglichen Projektes war K. J. Oppermann, ein herausragender russischer Militäringenieur deutscher Herkunft. Die Festung besteht aus vier Hauptwerken, die auf zum Teil künstlichen Inseln errichtet wurden. Dies sind:

  • Die sogenannte Zitadelle[2] (Kerninsel) ist von einem ca. 1,8 km langen Ring umgeben, den die aus rotem Backstein gebauten Kasernen bilden. Diese Kasernen waren Teil der Verteidigungsanlagen, mit ihren meterdicken Wänden wirkten sie wie eine gigantische Festungsmauer.
  • Die Nordinsel (Kobriner Befestigung, Kobrinskoe ukreplenie), auf der sich unter anderem zwei hufeisenförmige Forts (Ostfort und Westfort) befinden.
  • Die Westinsel (Terespoler Befestigung , Terespolßskoe ukreplenie).
  • Die Südinsel (Wolhynische Befestigung, Volynskoe ukreplenie), auf ihr befanden sich ein Militärspital und ein ehemaliges Kloster. Auf dieser Insel wurden die Reste des alten Brest entdeckt und museifiziert.

Die Anlage hat eine Gesamtfläche von 4 km² und eine Umfangslinie von 6,4 km. In den Jahren 18641888 wurde die Festung nach einem Projekt von Totleben modernisiert. Ein Ring aus neun Forts im Abstand von drei bis vier Kilometern zur eigentlichen Festung wurde errichtet, um ein Umgehen und den Beschuss durch die sich weiterentwickelnde Artillerie zu erschweren[3], der Gesamtumfang betrug jetzt 32 km. Auf dem Gelände der Zitadelle wurde außerdem eine neue St.-Nikolaikirche errichtet – die alte war gemeinsam mit der Synagoge der Zerstörung der Altstadt zum Opfer gefallen.

Seit 1913 lief der Bau des zweiten Befestigungsringes, dessen Umfang 45 km lang sein sollte. Jedoch wurden diese Modernisierungsarbeiten durch den Beginn des Ersten Weltkrieges unterbrochen. Die Garnison der Festung bereitete sich auf die Verteidigung vor, allerdings kam es nicht dazu. Im Rahmen eines allgemeinen Truppenrückzuges wurde die Festung geräumt und teilweise gesprengt, im Zuge dessen brannten die abziehenden russischen Truppen auch die Stadt Brest größtenteil nieder. Am 3. März des 1918 wurde im Weißen Palast der Zitadelle der Friedensvertrag von Brest-Litowsk unterzeichnet. Seit 1921 gehörte die Festung zu Polen und hier befanden sich eine Militärgarnison sowie ein Gefängnis für politische Häftlinge.

Verteidigung der Festung 1939

Das Nordtor der Festung wird von polnischen FT-17 Panzern blockiert

Die Eroberung der strategisch wichtigen Festung ereignete sich im Rahmen des Polenfeldzuges während des Zweiten Weltkrieges zwischen dem 14. und 17. September 1939. Nach drei Tagen schwerer Kämpfe konnten sich Teile der polnischen Festungsbesatzung zurückziehen; der Rest kapitulierte gegenüber dem deutschen XIX. Panzerkorps unter General Heinz Guderian.

In Übereinstimmung mit dem Geheimen Zusatzprotokoll zum Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt, übergaben die Deutschen die Stadt Brest mitsamt der Festung am 22. September der Roten Armee. In der Stadt fand eine gemeinsame deutsch-sowjetische Militärparade statt. Die Festung lag nun direkt an der neuen deutsch-sowjetischen Grenze.

Verteidigung der Festung 1941

In der Nacht zum 22. Juni befanden sich in der Kernfestung (Zitadelle und drei ursprüngliche Forts) etwa 9.000 Mann[4] und 300 Offiziersfamilien. An dem gegenüberliegenden Ufer des Grenzflusses Bug lag die 45. Infanterie-Division (etwa 17.000 Mann) unter Befehl von Generalmajor Fritz Schlieper, die den Auftrag hatte, die Festung handstreichartig zu nehmen.

Gedenkstätte "Brester Heldenfestung"

Die nun folgenden Kämpfe spielen in westlichen Narrativen über den Zweiten Weltkrieg kaum eine Rolle. Zu unbedeutend erscheint ihre strategische Bedeutung. In den sowjetischen und post-sowjetischen Diskursen hingegen wird die Verteidigung der Brester Festung als Beispiel für Heldenmut und Widerstandsgeist schlechthin genommen.[5]

Der deutsche Plan, die Festung im Sturm zu nehmen, um auf diese Weise die „Panzerrollbahn 1“ nach Osten zu sichern, ging nicht auf. Die Festungsarchitektur bot Familien und Soldaten in Teilen einen gewissen Schutz, so dass viele den massiven Artillerieangriff überstehen konnten, der sie im Schlaf überrascht hatte. Unter höchst ungünstigen Bedingungen griffen die Rotarmisten zu den Waffen und begannen, sich gegen den Angriff zur Wehr zu setzen; anderen gelang es, die Festung – wie es im Falle eines Angriffs vorgesehen war – Richtung Osten zu verlassen. Die weit ins Festungsinnere vorstürmenden Wehrmachtsangehörigen erlitten unerwartet schwere Verluste, am ersten Tag des Krieges kamen fast 300 von ihnen um. Heftige Kämpfe hielten drei Tage an, am Ende des dritten Tages befanden sich etwa 4.000 Rotarmisten in deutscher Kriegsgefangenschaft. Es folgten zwei weitere Tage, in denen um einzelne Widerstandsherde gekämpft wurde, am 27. Juni herrschte weitgehend Ruhe in der Festung, nur das Ostfort auf der Nordinsel wurde noch verteidigt. Die besondere Architektur machte die Einnahme mit rein infanteristischen Mitteln unmöglich. Die Bombardierung aus der Luft am 29.6. veranlasste die Besatzung des Ostforts zur Aufgabe. Etwa 350 Rotarmisten begaben sich in Gefangenschaft. Nach Beendigung der Kämpfe befanden sich 5.000 bis 6.000 Soldaten der Garnison der Brester Festung in Gefangenschaft, mindestens 2.000 weitere hatten den Tod gefunden. Die Eisenbahnlinie und die Panzerrollbahn Nr. 1 galten den Deutschen aber bereits am Abend des 22.6. als gesichert.[6]

Auf dem weitläufigen und unübersichtlichen Gelände der Festung mit seinen vielen Gebäudekomplexen, Kasematten und Kellern versteckten sich noch vereinzelte kleine Gruppen sowjetischer Soldaten, die bis zum Letzten aushielten, obwohl sie kaum mehr über Munition, Lebensmittel und Wasser verfügten. Sie wurden aber von der Wehrmacht offenbar nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen, schon am 2. Juli zog die 45. Infanterie-Division weiter nach Osten.

An die Stelle dieser Frontdivision rückten Teile der Sicherungsdivision 221 in Brest ein. Ihr war unter anderem das Polizeibataillon 307 unter Führung von Major Theodor Stahr unterstellt, das in den zwei Wochen seines Aufenthaltes (mit Unterstützung von Wehrmachteinheiten) etwa 4.000 jüdische Männer sowie ca. 400 nichtjüdische Kommunisten und sowjetische Funktionsträger ermordete.

Auf dem Gelände der Festung kam es vereinzelt noch zu Schusswechseln. Nach den Erinnerungen von Rotarmisten, die ab Mitte der 1950er Jahre gesammelt wurden, haben sich die letzten Verteidiger der Festung bis Ende Juli 1941 gehalten. Tatsächlich vermerken Wehrmachtsakten für den 24. Juli 1941 die Gefangennahme eines sowjetischen Offiziers in der Nähe des Nordtores der Festung.[7]

Die Heldenfestung

Am 8. Mai 1965 bekam die Festung Brest den Ehrentitel Heldenfestung verliehen.Im September 1971 wurde die Gedenkstätte „Brester Heldenfestung“ eröffnet. 1997 verlieh der Präsident der Republik Belarus', Aljaksandr Lukaschenka, der Gedenkstätte den Status eines "Zentrums der patriotischen Erziehung der Jugend".[8]

Literatur

  • Rostislav Aliev: Šturm Brestskoj kreposti. Moskau 2008.
  • Christian Ganzer, Alena Paškovič: „Heldentum, Tragik, Kühnheit.“ Das Museum der Verteidigung der Brester Festung.“ In: Osteuropa 12/2010, S. 81-96. (Beitrag ohne Abbildungen als pdf zum Download)
  • V.V. Gubarenko [u.a.]: Brestskaja krepost'... Fakty, svidetel'stva, otkrytija. Brest 2005.

Weblinks

 Commons: Festung Brest-Litowsk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. a b V.V. Bešanov: Brestskaja krepost'. Minsk 2005, S. 20
  2. In deutschen Akten aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges wird die ganze Festung als "Zitadelle" bezeichnet, während es im Russischen üblich ist, nur die Befestigung auf der Kerninsel so zu bezeichnen.
  3. V.V. Gubarenko, L.G. Bibik, G.N. Zvarič et al.: Brestskaja krepost’… Fakty, svidetel’stva, otkrytija. 2. Auflage, Brest: Izdatelstvo Akademija, 2005. S. 6 f.
  4. Rostislav Aliev: Šturm Brestskoj kreposti. Moskau 2008, S. 218–238
  5. Christian Ganzer, Alena Paškovič: „Heldentum, Tragik, Kühnheit.“ Das Museum der Verteidigung der Brester Festung.“ In: Osteuropa 12/2010, S. 81-96.
  6. Christian Ganzer, Alena Paškovič: „Heldentum, Tragik, Kühnheit.“ Das Museum der Verteidigung der Brester Festung.“ In: Osteuropa 12/2010, S. 81-96; hier: S. 82f.
  7. Christian Ganzer, Alena Paškovič: „Heldentum, Tragik, Kühnheit.“ Das Museum der Verteidigung der Brester Festung.“ In: Osteuropa 12/2010, S. 81-96; hier: S. 83.
  8. V.V. Gubarenko [u.a.]: Brestskaja krepost'... Fakty, svidetel'stva, otkrytija. Brest 2005, S. 77.

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